Titel: | Ueber Elektromagnete mit zwei Drähten und ihre Anwendung in der elektrischen Telegraphie; von Hrn. Eduard Regnard. |
Fundstelle: | Band 148, Jahrgang 1858, Nr. XII., S. 38 |
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XII.
Ueber Elektromagnete mit zwei Drähten und ihre
Anwendung in der elektrischen Telegraphie; von Hrn. Eduard Regnard.
Aus dem Cosmos, Januar 1858, Bd. XII S.
127.
Regnard über Elektromagnete mit zwei Drähten.
Meine neue Construction hat den Zweck, mit Armaturen von weichem Eisen alle Vortheile
magnetisirter Armaturen, jedoch ohne die Uebelstände welche letztere darbieten, zu
erzielen. Ich wende zu diesem Behuf Elektromagnete an, welche von zwei gleich dicken
parallelen Drähten umgeben sind. Einer dieser Drähte nimmt den Strom der Linie auf,
welcher durch den Manipulator umgekehrt oder unterbrochen wird; der andere Draht
wird beständig von dem Strom einer kleinen Localbatterie durchlaufen, dessen
Intensität mit derjenigen des Stroms der Linie ins gehörige Gleichgewicht gesetzt
ist. Haben beide Ströme gleiche Richtung, so ist die Magnetisirung doppelt so stark,
als wenn der Localstrom allein thätig wäre; haben sie entgegengesetzte Richtung, so
neutralisiren sich beide Wirkungen und der Elektromagnet ist unwirksam. Ich bringe
eine Armatur von weichem Eisen zwischen zwei Elektromagnete dieser Art, welche so
angeordnet sind, daß die Ströme den einen in gleicher Richtung, den andern in
entgegengesetzter Richtung umkreisen. Die Magnetisirung des einen ist daher
verdoppelt, während diejenige des andern neutralisirt ist, und die Armatur wird je
nach der Stromrichtung nach der einen oder der andern Seite angezogen, ohne durch
irgend eine Gegenkraft zurückgehalten zu werden. Um die Intensität der beiden Ströme
ins Gleichgewicht zu bringen, taucht man nach Maaßgabe des Ausschlages eines Differential-Galvanometers den Zinkcylinder der Localbatterie mehr oder
weniger ein. Diese Regulirung, welche nicht sehr genau zu seyn braucht, läßt sich
mit größter Leichtigkeit bewerkstelligen.
Da keine Gegenfeder vorhanden ist, so haftet die Armatur an demjenigen von den beiden
Elektromagneten, welcher sie zuletzt angezogen hat; aber in gewissen Fällen ist es
nöthig, daß sie in eine feste Anfangsstellung zurückkehre. Ich bringe alsdann die
Armatur aus weichem Eisen zwischen einen Elektromagneten, welcher von dem Draht der
Telegraphenlinie umwunden ist, und einen Elektromagneten mit zwei Drähten, welchen
die beiden Ströme in entgegengesetztem Sinne umkreisen. Wenn der Strom der Linie
unterbrochen wird, so zieht der zweidrähtige Elektromagnet unter dem Einflusse des
Localstroms die Armatur nach seiner Seite hin; ist dagegen der Strom geschlossen, so
wird der zweidrähtige Elektromagnet neutralisirt, und der andere zieht die Armatur
an. Der zweidrähtige Elektromagnet vertritt demnach hier den Dienst einer
Gegenfeder, welche im Momente der Anziehung nicht mehr wirksam ist. Läßt man einen
entgegengesetzten Strom in die Telegraphenleitung übergehen, so wird dadurch die
Magnetisirung des Elektromagneten mit den zwei Drähten verdoppelt und die Armatur
bleibt an ihrer Stelle.
Durch Anordnung zweier ähnlichen Systeme, so daß das eine durch den positiven, das
andere durch den negativen Strom der Linie in Thätigkeit kommt, erhält man vom einen
und vom andern, je nach der Stromrichtung, unabhängige und getrennte Wirkungen,
welche zur Herstellung telegraphischer Signale combinirt werden können.
Ich habe nach diesem Princip ein Vertheilungsrelais
construirt, welches den Strom einer Localbatterie zwischen drei verschiedenen
Elektromagneten vertheilt; die beiden ersten Elektromagnete bilden die
telegraphischen Signale mittelst Combinirung oder Abwechslung ihrer Bewegungen; der
dritte führt den zu druckenden Buchstaben unter den Apparat, druckt ihn ab, entfernt
ihn u.s.w.