Titel: | Ueber verbesserte Vorrichtungen zum Schließen der Wasserleitungsröhren; von O. Beylich in Kaiserslautern. |
Autor: | O. Beylich |
Fundstelle: | Band 148, Jahrgang 1858, Nr. XXXVIII., S. 173 |
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XXXVIII.
Ueber verbesserte Vorrichtungen zum Schließen der
Wasserleitungsröhren; von O.
Beylich in Kaiserslautern.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Beylich's Vorrichtungen zum Schließen der
Wasserleitungsröhren.
Die bekannten Vorrichtungen zum Schließen der Wasserleitungsröhren größeren Kalibers
erfüllen ihren Zweck noch keineswegs vollkommen. Von einer derartigen Vorrichtung
müssen folgende Eigenschaften verlangt werden: 1) sie soll dicht schließen und sich
dicht schließend erhalten; 2) sie darf der Verstopfung nicht ausgesetzt seyn; 3) das
Schließen und Oeffnen soll möglichst wenig Kraft erfordern, und 4) darf sie im
geöffneten Zustande die Richtung des Wasserlaufes nicht ändern.
Gewöhnliche Drehhähne sind bei großem Kaliber untauglich, sie ermangeln stets der
Eigenschaft 3), verlangen zeitweise Schmierung, die ihnen ohne Störung nicht gegeben
werden kann, sind in Ermangelung derselben dem Einfressen ausgesetzt, und werden
dann auch der Eigenschaft 1) verlustig.
Ventile leiden an Verstopfung, wozu, wenn das Messer selbst auch ziemlich rein ist,
das Material der Röhren den Stoff liefert. In Folge dessen leisten sie auch das
Erforderniß 1) nicht, und das Erforderniß 4) erfüllen sie nie. Bei gewissen
Constructionen ist die Ablenkung des Wasserlaufes von der angemessenen Richtung sehr
beträchtlich, und deßwegen von sehr nachtheiligem Einflüsse auf den Effect der
Wasserleitung.
Sowohl Klappen als auch die gewöhnlichen Schieber haben ihre Fehler bezüglich der
Punkte 1) und 2) mit den Ventilen gemein. Der für den Verschluß nothwendige Absatz,
die Sitzfläche, bildet im geöffneten Zustande einen Anstoß für die im Wasser
suspendirten, und besonders im unteren Theile der Röhre treibenden festen
Körperchen, als Sand, Rost, vegetabilische Gebilde u.a., welche mehr oder weniger
stets vorkommen. In Folge dessen häufen sich diese Körperchen bei der
Schließvorrichtung an, und bedecken namentlich die am unteren Theile befindliche
Sitzfläche, so daß ein dichter Verschluß nicht mehr möglich ist. Diese Erscheinung
zeigt sich überhaupt, früher oder später, bei allen den Schließvorrichtungen, wo der
untere Theil der Röhre einen Absatz bildet. Bei der gewöhnlich geringen
Geschwindigkeit des Wasserlaufes verstopft sich überdieß nicht allein die für den
Anschlag der Klappe oder des Schiebers bestimmte Vertiefung, sondern die sich
anhäufenden, aneinander adhärirenden Körperchen verengen sogar schließlich die
Röhre.
Die beste unter den angewandten und bekannten Vorrichtungen zum Schließen größerer
Wasserleitungsröhren ist unstreitig eine Modification von v. Ertels HahnBeschrieben im polytechn. Journal Bd.
LXXXII S. 419. welcher eigentlich ein im Hohlcylinder um dessen Achse drehbarer gekrümmter
Schieber ist. Die Aenderung der ursprünglichen Construction, welche nur den Zweck
eines kleinen Ablaßhahnes erfüllen sollte, zu dem hier behandelten Zwecke besteht in
der Anbringung einer Stopfbüchse beim Durchgange der Achse durch das Hahngehäuse,
statt der Dichtung vermittelst geschliffener Flächen. Nebenbei sey hier bemerkt, daß
dieser Hahn leider allzuwenig bekannt ist, und viel seltener angewandt wird, als er
es verdient. Auch als Dampfhahn eignet er sich außerordentlich gut, indem er einen
sehr genauen Schluß hervorbringt, und seine Drehung, unabhängig vom Einfluß des
Temperaturwechsels, stets schnell und mit wenig Kraft bewirkt werden kann, weßwegen
auch die Abnützung gering ist. Als Mittel zum Schließen von Wasserleitungsröhren ist
dieser Hahn jedoch ebenfalls, wenn auch in geringerem Grade als andere
Vorrichtungen, dem Fehler unterworfen, daß er von Unreinigkeiten leidet, und des
dichten Schlusses mit der Zeit verlustig wird.
Die nachstehend beschriebene Vorrichtung meiner Construction vereinigt in sich die
Eingangs angeführten wünschenswerthen Eigenschaften, weßwegen ich sie hiermit
empfehlen möchte. Es ist ein Schieber, welcher senkrecht zur Röhrenrichtung
angedrückt und dessen Schluß durch elastische Bänder bewirkt wird. Dieser Schieber
ruht mit einem Theile seines Umfanges auf der in ihrer Form unverändert gelassenen
unteren Röhrenfläche, so daß ein Absatz an der Stelle, wo die Ablagerung fremder
Körper sonst stattfindet, nicht vorhanden ist, und daher diese nicht eintreten kann.
Die Fläche des Schiebers hat eine aus dem Quadrate und dem Kreise zusammengesetzte
Form, wobei die elastischen Bänder überwiegend gegen ihre Auflagflächen angedrückt
werden, und die Längendehnung derselben auf einen, gerade wünschbaren geringen Grad
beschränkt bleibt.
Die Fig. 1,
2, 3 und 4 auf Tab. IV
veranschaulichen die Vorrichtung vollständig; letztere zeigt einen horizontalen
Durchschnitt durch den Schieber allein, die anderen stellen verschiedene
Durchschnitte durch den ganzen in die Röhrenleitung eingefügten Apparat dar.
Der Schieber besteht zunächst aus zwei gußeisernen ausgehöhlten Platten a und a¹, welche
dicht aneinander schließend durch Schrauben verbunden sind. (In Fig. 1 ist der Schnitt
durch die Berührungsfläche gelegt.) Am unteren Umfange haben die verbundenen Platten
einen schwalbenschwanzförmigen Einschnitt, in welchen ein dickes Kautschukband b eingeklemmt ist. Auf der oberen Umfangsfläche des
Schiebers ist eine, dieselbe nach allen Seiten etwas überragende Kautschukplatte c aufgelegt, und vermittelst des Sattels d, welcher gleichermaßen über die obere Umfangsfläche
vorsteht, sowie durch einige Schrauben befestigt. Das Kautschukband b stößt auf solche Weise an die Kautschukplatte c an. Wenn nun der überstehende Rand des ersteren gegen
eine entsprechende concav geformte Grundfläche im Inneren der Röhre und der
vorspringende Rand der letzteren gegen eine entsprechend convex geformte äußere
Fläche fest angedrückt werden, so ist der Verschluß hergestellt. Diese nach der Form
des Schiebers gebildeten Flächen finden sich einestheils in den seitlichen
Erweiterungen der Röhre bei e und e¹, dann anderntheils auf dem an der Röhre angegossenen Sattel f, welcher mit einer Oeffnung für den Durchgang des
Schiebers versehen ist. Der dichte Schluß der beiden Kautschukbänder an den zwei
Punkten ihres Zusammenstoßes wird durch die beim Andrücken erfolgende geringe
Längendehnung begünstigt.
Ein volles Viertheil der Röhrengrundfläche bleibt in seiner Form ungeändert, und
dieses ist mehr als hinreichend, um den im geöffneten Zustande der Vorrichtung am
Boden treibenden Körperchen als Straße zu dienen. Geringe Ablagerungen, wie sie
sonst nur noch vorkommen können, sind bei der Elasticität des dichtenden Materiales
keine Hindernisse des guten Schlusses.
Die übrigen Einrichtungen sind selbstverständlich. g ein
Gehäuse, welches den erhobenen Schieber aufnimmt, mit Nuthen zur Führung desselben
versehen. h Schraube zum Heben des Schiebers, deren
Mutter im Sattel d eingeschnitten ist, und deren Hals
sich in der Stopfbüchse i dreht. Die aus der Zeichnung
anschauliche einfache Construction der letzteren ist bei sehr großen Schiebern
besser durch die gewöhnliche zu ersetzen, wobei der Schraube noch ein Lager gegeben
werden muß.
Daß außer der behandelten Form des Schiebers auch noch andere den Zweck erfüllen,
unterliegt keinem Zweifel. So wird sich z.B. die in Fig. 5 angedeutete Form,
welche den Vortheil etwas bequemerer Herstellung gewährt, ebenfalls als brauchbar
erweisen, jedoch verlangt sie entweder eine unverhältnißmäßige Breite des Schiebers
oder weniger vortheilhafte Verhältnisse der Winkel.
Auch für Röhren kleineren Kalibers lassen sich Schließvorrichtungen meines Systems in
vielen Fällen mit Vortheil benützen. Bis zu 12 Centimeter Durchmesser der Röhre ist
die in Fig. 6,
7 und 8 dargestellte
vereinfachte Construction anwendbar. Die Kautschukbänder sind aus einem einzigen
rechteckigen Stücke (s. Fig. 6) gebildet, in
welchem in einigem Abstande von den Enden zwei Längeneinschnitte r und r¹ angebracht
wurden. Dieses Band wird über den auch aus einem einzigen Stücke bestehenden
Schieber s derart gestreift, daß der mittlere Riemen die
untere gekrümmte Fläche, und die beiden äußeren die obere umspannen. Letztere Riemen
überragen die Fläche des Schiebers seitlich. Zur Befestigung der Kautschukbekleidung
dient der auf die obere Fläche des Schiebers geschraubte, ebenfalls überragende
Sattel t und eine auf der unteren Fläche angebrachte
flache Vertiefung von der Breite des Bandes. Die Hebung und Senkung dieses kleinen
Schiebers kann wie beim großen durch eine Schraube, oder auch durch noch einfachere
Mittel geschehen.
Was die Herstellungskosten meiner Schieber betrifft, so glaube ich, daß dieselben
diejenigen der einfachsten sonstigen Vorrichtungen für denselben Zweck kaum
überschreiten, sie werden sich aber für große Kaliber entschieden niedriger ergeben,
als diejenigen für Hahnen irgendwelcher Construction. Muster jeder Größe können aus der
mechanischen Werkstätte der k. b. Kreis-Landwirthschafts- und
Gewerbschule dahier bezogen werden.
Kaiserslautern, im März 1858.