Titel: | Ueber die von Clement Colas erfundene Maschine zur Verfertigung der vergoldeten Tapezier-Nägel; Bericht von Hrn. Duméry. |
Fundstelle: | Band 148, Jahrgang 1858, Nr. LX., S. 281 |
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LX.
Ueber die von Clement Colas erfundene Maschine zur Verfertigung
der vergoldeten Tapezier-Nägel; Bericht von Hrn. Duméry.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Juni 1857, S. 411.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Ueber Colas' Maschine zur Verfertigung vergoldeter
Tapezier-Nägel.
Die erste Idee zur fabrikartigen Verfertigung von Tapeziernägeln mittelst einer
Maschine hatte der Fabrikant gestanzter Gegenstände, Hr. Carmoy zu Paris, und eine hierzu geeignete Maschine hat der Mechaniker C.
Colas zu Belleville erfunden und construirt.
Die vergoldeten (auch versilberten – weißen) Tapeziernägel bestehen aus einem
halbkugelförmigen hohlen Kopf und aus einem spitzen Stift, der den eigentlichen
Nagel bildet.
Bis jetzt wurden diese Nägel fast ausschließlich durch Gießen verfertigt und hatten
daher den Charakter der Unregelmäßigkeit aller gegossenen Gegenstände; überdieß
besaßen die Köpfe zu wenig feste Nägel, die sich beim Einschlagen in die Meubeln
leicht umbogen oder abbrachen, während die rauhen und scharfen Ränder der Köpfe die
Ueberzugstoffe leicht beschädigten.
Die Aufgabe, welche sich Hr. Carmoy stellte, war daher
folgende:
1) runde, gleichartig lange und möglichst dünne und spitze Stifte herzustellen;
2) gleichartige Köpfe mit regelmäßigen Rändern zu erzielen, welche aus anderen
Materialien als die Stifte bestehen und mit diesen ohne Gießen und Löthen verbunden
werden.
Um diese Aufgabe zu lösen, wandte Hr. Carmoy drei
Operationen an, nämlich ein Ausschlagen oder Ausstoßen und zwei Prägungen.
Da der halbkugelförmige Kopf etwa 1/4 Millimeter stark seyn muß, so nimmt Hr. Carmoy Kupferblech von 1 Millimeter Dicke und stoßt
daraus Scheibchen aus, welche kleiner als die Entwickelung des Kopfes sind. Hernach
macht er dieselben mittelst einer ersten Präge- oder Stanzarbeit dünner und
dehnt sie zu der erforderlichen Dimension aus. Die Matrize aber, welche diese Arbeit
ausführt, hat in der Mitte eine ringförmige Vertiefung, in welche das Material
eintritt, so daß das Product das Ansehen eines runden Hutes mit breiter Krempe
erhält, dessen Unteres
geschlossen ist, während sich die Oeffnung am obern Theil befindet. Bei dieser
ersten Prägarbeit werden also nicht nur die Ränder verdünnt, sondern es wird
zugleich das Material in der Mitte zusammengedrängt und höher, so daß das Stück hier
1 1/3 Millimeter stark ist, während das Kupfer vor dem Stanzen nur 1 Millimeter
Dicke besaß.
Die zweite und letzte Prägung besteht darin, diese kleine Scheibe in den runden Falz
einer Matrize zu legen, welche die Form, die der Nagelkopf erhalten soll, vertieft
besitzt; man steckt dann in den kleinen Cylinder in der Mitte der Scheibe einen
Pariserstift mit breitem Kopf.
Man hat also nun drei Stücke:
1) die Matrize;
2) die in den Falz derselben eingelegte und zur weitern Bearbeitung bereite
Scheibe;
3) den vertical gestellten Stift mit der Spitze nach oben.
Hr. Carmoy übt nun auf die flache Scheibe, mit einem
convexen Stempel, der äußerlich die innere Form des Nagelkopfes hat, einen Druck
aus, welcher hinreicht um die Ausbauchung oder die Verwandlung derselben in ein
halbkugelförmiges Käppchen oder Hütchen zu bewirken.
Der vertiefende Stempel ist in der Mitte mit einer Oeffnung versehen, welche den
Nagelstift aufnimmt, während der Kopf des Nagels rund geprägt wird. Damit sich aber
der Stift im Verlauf der Operation nicht in die Höhe begibt, wird er durch eine
kleine Springfeder, die in der Mitte des Prägestempels angebracht ist, gegen die
Scheibe und in deren Hülse festgehalten.
Der Prägestempel beschränkt sich aber natürlich nicht darauf, die Metallscheibe
auszutiefen, und in eine Art von Halbkugel zu verwandeln, sondern er drückt auch so
gegen den kleinen Cylinder oder die Hülse in der Mitte, daß er das Material gegen
den Kopf des Stiftes drängt und die Hülse in eine Art Kegel verwandelt, welcher
diesen Kopf festhält. Auf diese Weise erhält man weit leichtere und auf der äußeren
Oberfläche vollkommen glatte, in die Möbelstoffe nicht einschneidende Nägel, welche
Regelmäßigkeit mit dünnen Stiften und mit einer Festigkeit und Widerstandsfähigkeit
verbinden, wie man sie bei den jetzt im Handel vorkommenden Nägeln nicht
antrifft.
Hr. Carmoy fabricirt diese Nägel von verschiedenen
Materialien: von Kupfer, von Zink, mit Goldplattirung, von Eisen und von Stahl; sie
sind sehr gesucht und sein tägliches Fabricationsquantum beträgt jetzt wenigstens
1300 bis 1400 Gros.
Das von Hrn. Carmoy ersonnene Product entsprach allen
Anforderungen, um es aber mit Vortheil im Großen zu fabriciren, mußte es mechanisch erzeugt werden.
Diesen zweiten Theil der Aufgabe hat Carmoy dem
Mechaniker Colas zu Belleville anvertraut, welcher ihn
auf folgende Weise löste:
Bei den Münzpressen werden die Platten, aus denen die Münzen geprägt werden,
gewöhnlich in eine senkrechte Röhre außerhalb des Prägepunktes gelegt, und eine Art
metallener Hand, die eine kreisförmige Bewegung macht, bringt bei jeder Drehung der
Maschine eine von diesen Platten zwischen die Stempel.
Hr. Colas hat vor seiner Presse nicht bloß einen, sondern
zwei solcher mechanischer Zubringer angebracht, den einen zur Rechten und den andern
zur Linken. Die Scheiben werden in den linken Zubringer gelegt, welcher eine jede
zuerst in den Falz der Matrize oder des Unterstempels legt und dann wieder an seinen
Platz zurückkehrt. Die Stifte werden dem rechten Zubringer übergeben, welcher sie in
die Mitte der schon an ihrem Platze befindlichen Scheibe bringt und in dieser
Stellung beharrt, bis der Oberstempel einen Theil seines Niederganges vollendet hat
und mit Hülfe der inneren Feder auf die Spitze des Nagels einen Druck ausübte, der
den Nagel in Berührung mit der Scheibe erhält. Sobald der Stift an beiden Enden
festgehalten ist, geht der Zubringer, welcher ihn herbeigebracht hat, zurück, der
Oberstempel vollendet seinen Weg und erfüllt den doppelten Zweck, dem Nagelkopf die
halbkugelige Gestalt zu geben und die Hüse in seiner inneren Mitte so zusammen zu
drücken, daß sie den Stift mittelst seines Kopfes festhält.
Nach jeder Operation nimmt ein dritter Arm den vollendeten Nagel aus der Matrize weg
und macht einem neuen Platz.
Eine solche Maschine fabricirt täglich 20,000 Stück oder etwa 140 Gros, während durch
Handarbeit täglich nur 6000 Stück oder etwa 40 Gros vollendet werden können. Die
Maschine ist einfach, gut ausgedacht, und wirkt ohne Geräusch und ohne Stöße.
Beschreibung der Maschine.
Fig. 21 ist
die Ansicht von der vordern Seite der Maschine.
Fig. 22 ist
der Grundriß des vordern Theiles der Maschine, welcher die Gestellplatte, so wie
alle darauf angebrachten mechanischen Organe darstellt.
Fig. 23 ist
der senkrechte Durchschnitt nach der Linie X, Y der Fig. 21.
Fig. 24 ist
ein Durchschnitt nach W, Z der Fig. 22, welcher die zur
Gerüstplatte gehörenden Theile im doppelten Maaßstabe darstellt.
Fig. 25 ist
der Durchschnitt der Matrize und des Stempels von Stahl, welche die Blechscheibe und
den Stist vor der Prägung aufnehmen; dieser Durchschnitt ist (wie die nachfolgenden Figuren) in
natürlicher Größe ausgeführt.
Fig. 26 ist
der Aufriß und Grundriß einer, aus einer Kupferblechplatte ausgeschlagenen
Scheibe.
Fig. 27 ist
der Aufriß und Grundriß einer Scheibe, welche die erste Operation des Prägens
erlitten hat.
Fig. 28 ist
der senkrechte Durchschnitt und Grundriß eines Nagels, so wie er aus der Maschine
kommt, welche die Verbindung des Kopfes mit dem Stift bewirkt.
A, A Säulen des Gerüstes.
B, B gußeiserner Bogen mit doppelter Verstärkungsrippe,
welcher die Säulen A, A. verbindet.
Der obere Theil des Gerüstes trägt eine schmiedeeiserne Welle C, deren Mitte die Warze einer Kurbel bildet.
D ist eine mit dieser Warze verbundene Lenkstange,
welche unten in eine Kugel E ausläuft.
E Kugel, die mit dem Kopf des Kolbens F verbunden ist.
F Kolben, welcher denselben Zweck wie bei einem
gewöhnlichen Durchschnitt hat.
G Stempel, welcher mit dem Kolben F (Fig.
23) verbunden ist, mittelst eines Muffes i, in
welchen er eingelassen ist. Der Muff ist in den Kolben eingeschraubt und mit einer
durch seine Achse gehenden cylindrischen Höhlung versehen.
H Matrize (Unterstempel), welche den Nagel durch den
Druck des Stempels G bildet. Fig. 23 zeigt deutlich,
wie sie auf der Platte des Gerüstes befestigt ist und wie sie nach Belieben
ausgewechselt werden kann.
a (Fig. 25) Scheibe, welche
bereits eine erste Prägung erlitten und dadurch ihre frühere, in Fig. 26 dargestellte Form
in die, durch Fig.
27 angedeutete verwandelt hat. Diese Scheibe wird auf die Matrize H gelegt und erlangt dann durch den Stempel G die verlangte Form. Sie hat, wie man sieht, in ihrer
Mitte eine kleine hülsenartige Verstärkung, welche zur Aufnahme des Stiftkopfes
dient.
b Stift des Nagels, dessen Kopf in die Hülse der Scheibe
a eingelassen ist, während die Spitze in die
röhrenförmige Oeffnung des Stempels G tritt.
Man begreift nun, daß wenn unter solchen Umständen sich die Welle G bewegt, die Lenkstange D
den Kolben F senkt. Da nun der Stempel G auch niedergeht, so ertheilt er der Scheibe a die bestimmte Form und drückt zu gleicher Zeit die
Ränder der Hülse gegen den Stift b, welcher dadurch fest mit dem Kopf
verbunden wird. Der nun fertige Nagel hat die in Fig. 28 dargestellte Form
und kann jetzt vergoldet werden.
In Fig. 23 und
25
bemerkt man eine Springfeder, welche in einer Höhlung in der Mitte des Muffes i liegt. Diese Feder, welche an ihrem untern Ende mit
einem kleinen Kolben versehen ist, dessen Stange sich in der hohlen Achse des
Stempels G befindet, hat den Zweck, während der
Operation einen solchen Druck auf den Stift b auszuüben,
daß er mit der Scheibe a in Berührung bleiben muß, ohne
jedoch zerdrückt zu werden.
Wir gehen nun auf die Vorrichtungen über, mittelst deren die vorher verfertigten
Scheiben und Stifte auf mechanische und ununterbrochene Weise unter den Stempel
gelangen.
Der Mechanismus, welcher diese Operationen verrichtet, ist auf der Platte des
Gerüstes angebracht und besteht aus folgenden Organen (Fig. 22 und 24):
1) einem Cylinder oder Becher o, der die Scheiben a aufnimmt, welche mittelst der wiederkehrend
kreisförmigen Bewegung einer sectorförmigen Platte d
nacheinander dem Stempel H zugebracht werden;
2) einer eisernen Zange n, ebenfalls mit einem
Zubringebecher f versehen, welche die Stifte b unter den Stempel G und in
die Stellung bringt, welche sie in der Mitte der Scheiben einnehmen müssen;
3) einem Stück j, welches, wenn die Zange n auf ihren Platz zurückkommen muß, sie öffnet, damit
sie den Stift, den sie der Scheibe zugebracht hat, verläßt;
4) einem Arm in Winkelform v, welcher, wenn der Nagel
vollendet ist, ihn von der Matrize wegnimmt, um ihn in einen Korb fallen zu
lassen.
Das Spiel dieser vier Maschinentheile wird mit Hülfe von vier Excentrics O, N, J, V bewirkt, die auf der Welle P angebracht sind, welche genau dieselbe Anzahl von
Umdrehungen macht wie die Welle C.
Die Bewegungsmittheilung ist folgende (Fig. 21 und 23):
R Welle, welche direct von der Dampfmaschine mittelst
der Treibrolle K und eines Riemens umgetrieben wird.
K Rolle, welche lose auf der Welle R angebracht ist, die sie in Umdrehung versetzt.
L Muff zum Ein- und Ausrücken des Schwungrades
M und der Rolle K.
K' zweite lose Rolle, welche aber von dem Schwungrade
M unabhängig ist, so daß man nach dem Ausrücken nur
den Treibriemen auf diese Rolle zu schlagen braucht, wenn auch die Drehung des
Schwungrades aufhören soll.
Die Welle R bewegt die Welle C mittelst des Getriebes 1 und des Rades 2, und die Welle C ihrerseits überträgt die Bewegung auf die Welle P mittelst des Zwischenräderwerts 3.
Wir haben nun noch die oben erwähnten Theile o, n, j, v
zu beschreiben.
Der Zubringer der Scheibeno. – Nachdem die Scheiben, eine nach der andern,
von einem vor der Platte sitzenden Arbeiter in den Becher o gelegt worden sind, fallen sie auf die Platte d, welche sie in Folge ihrer Kreisbewegung auf die Matrize H in die in Fig. 25 angegebene
Stellung bringt. Diese Platte wird vom Excentricum O
bewegt, dessen regelmäßige kreisrunde Form die hingehende und zurückkehrende
Bewegung in genauer Aufeinanderfolge und ohne Aufenthalt bewerkstelligt.
Die Zangen, welche die Stifte
zubringt. – Sobald der die Maschine bedienende Arbeiter eine Scheibe in
den zu seiner Linken angebrachten Becher o gelegt hat,
stellt er auch in den zu seiner Rechten befindlichen Becher f einen Stift, den Kopf nach unten, welcher durch den Trichter des Bechers
hinab zwischen die Schenkel der Zange n gelangt. Diese
wird in eine hin- und hergehende Bewegung gezogen, welche derjenigen der
Platte d analog ist und von dem Excentricum N bewirkt wird; sie nimmt den Stift mit, welcher, um aus
dem festen Trichter zu treten, ein kleines kippendes Stück r (Fig.
22, 23 und 24) hebt. Der Stift gelangt also unter den Stempel, in der Mitte der
Scheibe, und in diesem Augenblick wirkt das Stück j,
welches in dem Moment wo die Zange n an ihren Platz
zurückkommen muß, dieselbe nöthigt sich zu öffnen und die Spitze fahren zu
lassen.
Das Excentricum ist nicht kreisrund, wie das vorhergehende; es wirkt in einem Rahmen
z, dessen Rückgang durch eine Feder u bewirkt wird (Fig. 23).
Spiel des Theilesj. – Wenn der Stift durch die Zange n in die Mitte der Scheibe und in die in Fig. 24 angegebene
Stellung gebracht worden ist, so stößt das Stück j, von
seinem Excentricum J getrieben, an den kurzen Schenkel
der Zange n, gegen welchen eine Feder s fortwährend drückt, und nöthigt auf diese Weise die
Zange den Stift fahren zu lassen.
Das Excentricum J ist eigentlich weiter nichts als ein
Daumen, der gegen das Stück j wirkt, welches von der
Feder t (Fig. 22) fortwährend in
die frühere Stellung zurückgeführt wird.
Spiel des Theilesv. – Nachdem die Scheibe a und der Stift b in die gehörige Stellung auf
der Matrize H gebracht worden sind, bewirkt der Stempel
G das Formen des Kopfes und dessen Verbindung mit
dem Stift. Kaum
beginnt der Stempel wieder seine aufgehende Bewegung, indem er mit dem Kolben F emporgezogen wird, so stößt der Arm v, in Folge des Rückganges des gegliederten Winkels, mit
welchem er verbunden ist, gegen die Spitze des Nagels, treibt diesen von der
Matrize, woran er wegen der Versenkung der Scheibe festhängt, und gelangt durch die
entgegengesetzte Bewegung des Winkels sogleich wieder in seine Stellung zurück.
Das Excentricum V, welches diesen Winkelhebel bewegt, ist
nicht kreisrund; es gewährt eine Ruhezeit, so daß das Stück v seine Function sehr schnell und in der Zeit welche zwischen dem
Auf- und Niedergange des Kolbens F verstreicht,
verrichten kann.