Titel: Ueber die Verwendung des Steinkohlentheers zur Leuchtgas-Fabrication; von A. Bernard.
Autor: A. Bernard
Fundstelle: Band 148, Jahrgang 1858, Nr. LXIV., S. 292
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LXIV. Ueber die Verwendung des Steinkohlentheers zur Leuchtgas-Fabrication; von A. Bernard. Mit Abbildungen auf Tab. V. Bernard, über die Verwendung des Steinkohlentheers zur Leuchtgas-Fabrication. Da der Theer im Mainzer Gaswerk sich in großem Vorrath anhäufte, so hatte deren Direction solchen schon früher vermittelst Handspritzen auf die nach der Vergasung der Steinkohlen zurückbleibenden Kohks gebracht und dadurch eine ziemlich reiche Ausbeute von Gas erzielt. Diese einfache Operation führte auf den Gedanken, den Theer in einem stetigen feinen Strahle in die Retorte zu bringen, um dadurch die Unreinlichkeit und Mühe welche die Benutzung einer ziemlich rohen Handspritze veranlaßte, zu vermeiden, und die Vortheile welche die Vergasung des Theers in Aussicht stellte, in vergrößertem Maaßstabe zu gewinnen. Zu dem Ende wurde an die vorhandene Dampfmaschine eine doppeltwirkende Druckpumpe nebst Windkessel angehängt, und von letzterm aus eine Röhrenleitung nach dem Ofen geführt, so daß für jede Retortenreihe eine Seitenröhre sich abwärts zog, welche in der Höhe der einzelnen Retorten mit abschließbarem Ausflusse versehen war; sämmtliche Seitenröhren wurden durch die der Ofenfronte entlang laufende Hauptröhre gespeist. – Die Einströmung in die Retorte geschah durch den Retortendeckel, welcher zu diesem Zwecke durchbohrt und mit einem Abschließhahn versehen war, der an dem Ende, wo er mit einem Röhrenstücke, welches die Leitung des Theers von dem Ausflußhahn in die Retorte zu vermitteln hatte, verbunden werden mußte, ein Kugelgelenk besaß, damit die Verbindung durch ihre Steifheit nicht nothleide. Im Innern des Hahns wurde, vor dem Zusammenschrauben der Verbindung, ein eiserner Ausflußschnabel mit feiner Oeffnung angebracht, durch welche sich der Theer in einem dünnen Strahle preßte. Nachdem diese Vorrichtung in Thätigkeit gesetzt war, zeigte sich bald der Mißstand, daß eine ungeheure Menge Ruß frei wurde, welcher die Aufsteigröhren an ihrem Wasserabschlusse erfüllte und dadurch das Durchströmen des Gases aufhob. Um dieser Kohlenstoff-Entwicklung zu begegnen, wurde Wasser in verschiedenen feinen Strahlen und unter einem hydrostatischen Druck von beiläufig 6 Fuß mit dem Theer in die Retorte geleitet und dadurch die Verstopfung zwar in weitere Perioden hinausgedrängt, aber nicht ganz beseitigt. Wasserdampf, welcher wahrscheinlich ersprießlichere Dienste geleistet haben würde, sowie weitere Abänderungen in der Zuströmung des Wassers, konnten wegen der Nähe des Winters und der dadurch erhöhten Thätigkeit in der Fabrication, nicht mehr erprobt werden. Die Aufgabe bestand nun darin, ohne die Versuche weiter fortzuführen, ein Verfahren anzuwenden, vermittelst dessen, den Winter über, die aus den bisher erlangten Resultaten sich ergebenden Vortheile gewonnen werden konnten, und dieser Aufgabe wurde durch die Construction eines Rußkastens Genüge geleistet, welcher den Zweck hat, den frei werdenden Ruß zu verhindern in die Aufsteigröhren zu gelangen. Der Erklärung dieses Rußkastens muß ich vorausschicken, daß die im Gebrauch befindlichen Retorten, von beiläufig 20 Fuß Länge, an beiden Enden zugleich mit Kohlen beschickt werden, weßhalb ohne besondere Schwierigkeit an demjenigen Ende der Retorte, wo sich die Aufsteigröhre anschloß, der Kasten anzubringen war, während an dem andern Ende die Vorrichtung zur Theer-Einspritzung ohne irgend welche Abänderung belassen werden konnte. Ferner ist zu bemerken, daß ein Saugapparat zum Ansaugen des Gases aus den Retorten in Thätigkeit war. Fig. 6 ist ein Grundriß des Rußkastens; Fig. 7 ein Längenschnitt desselben, vor der inneren Scheidewand; Fig. 8 eine vordere Ansicht, und Fig. 9 ein Querdurchschnitt desselben. Der Rußkasten besteht aus starkem Eisenblech und ist an dem hintern Theil nach der inneren Form und Größe des Retortenkopfes, in welchen er eingeschoben wird, gehalten; der vordere Theil dieses Kastens ist größer, damit er bei dem Anbringen leichter an den Retortenkopf gedichtet werden kann. Durch die Scheidewand A, in welcher sich die Oeffnung a befindet, wird der Kasten in zwei communicirende Räume getheilt, von denen der eine B durch die Oeffnung b mit der Retorte, und der andere C durch c mit der Aufsteigröhre in Verbindung steht. Nachdem der Kasten in den Retortenkopf eingeschoben und vermittelst einer Kette, welche durch das an den Retortenköpfen zum Aufschrauben der Retortendeckel angebrachte Oehr geht, gehörig angepreßt ist, wird er durch die schließbaren Oeffnungen e und e' bis an den obern Rand der Oeffnung a mit Wasser gefüllt. An der vordern Fläche des Kastens sind noch Putzlöcher angebracht und durch Deckel gut verschlossen. Die Function des Kastens ist leicht zu verfolgen. Das erzeugte Gas strömt durch b in den Kasten und muß durch a gehend in das Wasser eintauchen, um durch c in die Aufsteigröhren zu gelangen. Bei seinem Durchströmen durch das Wasser wird der Ruß zurückgehalten und derselbe kann, wenn nach einiger Zeit der Kasten weggenommen wird, durch die Putzlöcher leicht entfernt werden. Die Arbeit mit den Kästen selbst ist eine sehr mühelose und befriedigende. Gaswerke mit kleinen, nur von einer Seite ladbaren Retorten, können allerdings diesen Kasten in der beschriebenen Gestalt zugleich mit der Theer-Einspritzung nicht verwenden; für dieselben kann es aber schon genügen, den Theer vermittelst guter Handspritzen auf die glühenden Kohks zu bringen, wodurch bei der kleineren Quantität des verwendeten Theers Verstopfungen so leicht nicht entstehen. Die mit dem Theer erzielte Gasausbeute, von 800 bis 1000 Kubikf. per Centner, ist in vielen Anstalten die vortheilhafteste Verwendung desselben, daher die Theer-Vergasung wohl Beachtung verdient.

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