Titel: | Neue Einrichtung und Behandlung der Silos (Korngruben), von L. Doyère in Paris. |
Fundstelle: | Band 148, Jahrgang 1858, Nr. LXXVIII., S. 346 |
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LXXVIII.
Neue Einrichtung und Behandlung der Silos
(Korngruben), von L.
Doyère in Paris.
Patentirt für das Königreich Hannover am 11.
Septbr. 1856. – Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
1858 S. 35.
Mit Abbildungen aus Tab.
VI.
Doyère's neue Einrichtung und Behandlung der
Silos.
Das Verfahren des Erfinders findet Anwendung auf Samen und Körner jeder Art,
insbesondere auf Getreide (Weizen, Roggen, Hafer etc.), Hülsenfrüchte (Bohnen,
Erbsen, Linsen), Oelsamen (Rübsamen, Leinsamen) u.a.
Es besteht darin, daß diese Früchte
1) in Räumen oder Gruben eigenthümlicher Bauart, welche besondere
Gruppirungen gestatten, aufbewahrt werden;
2) mit ihnen zugleich sogenannte anästhetische Dämpfe angewendet
werden können, welche nach den Erfahrungen des Erfinders die Insecten sowie
deren Eier tödten und die Verderbniß der Körner selbst verhindern oder
wenigstens verzögern.
Bau der Silos.
Am besten legt man solche Korngruben im Erdboden an, weil unter der Erdoberfläche die
Temperatur niedriger und zugleich geringeren Aenderungen unterworfen, auch die
Anlage mit geringeren Kosten verbunden ist, als über der Erde.
Jeder einzelne Silo, deren übrigens, wie später gezeigt werden wird, eine beliebige
Anzahl in Verbindung gebracht werden kann, besteht nach Fig. 6: 1) in einer Hülle
von Metallblech, welche als innere Verkleidung dient und sowohl für Luft als für
Wasser in flüssigem oder dampfförmigem Zustande völlig undurchdringlich ist. Als
Material dieser Hülle empfiehlt der Patenträger Zink, Gußeisen, Eisenblech oder
galvanisirtes Eisenblech; 2) in einer zweiten Hülle, bestehend aus einer hinreichend
dicken und festen Schicht einer elastischen Harzmischung, aus Theer, Asphalt oder
Kohlentheer mit Sand oder Kreide. Diese zweite Hülle wird unmittelbar auf die
Metallhülle aufgetragen, macht diese fest, schützt sie äußerlich vor Oxydation und
schließt alle Fugen, welche beim Zusammenfügen der Metallhülle noch geblieben seyn
könnten, was den Vortheil gewährt, daß das Zusammenfügen der Metallstücke nicht so
ängstlich genau gemacht
zu seyn braucht, und demnach nicht sehr kostspielig ist; 3) in einer dritten
Umhüllung von Mörtel oder irgend einer anderen Art Mauerwerk, welche die vorigen
beiden Hüllen umschließt. Sie hat zum Zweck, sowohl den Druck der Getreidemasse von
Innen, als auch den der Erde von Außen und von Oben auszugleichen.
Die Grubengefäße müssen hermetisch verschlossen seyn, zu welchem Ende der weiter
unten beschriebene Verschluß angewandt wird; das in Fig. 6 dargestellte ist
ganz einfach mit einer Platte verschlossen, die oben angebracht und mittelst
hydraulischen Kittes befestigt ist; auf ihr lagert Erde und eine Belegung von Mörtel
oder einem ähnlichen Stoffe, auch kann sie in einer Höhlung oder in einem Raume von
Mauerwerk liegen, der oben mit einem Deckel von Gußeißen oder Stein verschlossen
wird. Fig. 13
zeigt einen ähnlichen Raum, in welchem der Hals des Silo durch einen aufgeschraubten
Deckel geschlossen ist. An den Hals a, a ist ein
eiserner Ring n, n genietet, auf welchen sie die breite
Kante des Deckels m, m auflegt, der durch einen
zwischengelegten Ring von vulcanisirtem Kautschuk oder von Leder oder Werg die
nöthige Dichtung gibt. Mittelst einer Schraube, die durch einen beweglichen Bügel
p, p geht, wird der Deckel fest angezogen.
Die Oeffnung der Silos läßt sich auch außerhalb des Erdbodens anbringen, indem man
dieselbe mit ihrer dreifachen Einhüllung etwas über das Niveau des Erdbodens
hervortreten läßt und sodann ringsum so wie über dieselbe Erde aufhäuft, die ein
Dach von hinreichender Dicke darauf bildet. Dieß ist besonders in solchen Gegenden
nöthig, wo der Erdboden zu sehr von Wasser durchdrungen ist.
Man könnte in solchen Fällen Keller oder andere schon vorhandene Räumlichkeiten in
Silos nach dem neuen System umwandeln, indem man sie inwendig, da das Mauerwerk
selbst schon die dritte Hülle bildet, mit der zweiten Kitthülle und diese mit der
ersten Metallhülle auskleidete.
Besondere Einrichtungen. Diese bestehen zunächst in den
Oeffnungen und den Aufsichtsröhren, welche gestatten mit einer Sonde an allen
Stellen die eingegrabenen Früchte zu untersuchen, in welchem Zustande sie sich
befinden. Solche Aufsichtslöcher sind in Fig. 6, 10 und 11 mit o bezeichnet. Die Sonde, Fig. 14 und 15, hat eine
solche Einrichtung, daß man aus jeder beliebigen Tiefe eine Probe nehmen kann.
Dieselbe besteht aus zwei concentrischen Cylindern A und
B, von welchen sich der ersten innerhalb des zweiten
herumdrehen und durch einen Zapfen mit Schraube a
feststellen läßt. Der innere Cylinder ist bei c an einer
Stange befestigt, die aus mehreren an einander zu fügenden Stücken besteht; der
äußere Cylinder dreht sich frei auf dem inneren und wird nur durch die Schraube a an dem Abfallen gehindert; er ist an seiner Außenseite
mit einem Schneckengewinde ausgestattet, durch welches beim Drehen nach rechts die
Sonde hinab, beim Drehen nach links dagegen hinauf geschroben wird. Beide Cylinder
enthalten eine etwa 1/3 ihrer Peripherie einnehmende Spalte oder Durchbrechung, so
daß, wenn dieselben correspondiren, eine Oeffnung entsteht, durch welche sich der
innere Raum mit Getreidekörnern füllt, während bei nicht correspondirenden
Oeffnungen, wie dieß in Fig. 15 dargestellt ist,
der innere Raum geschlossen bleibt. Eine Hemmung hindert den äußern Cylinder, sich
frei um den innern zu drehen, und gestattet ihm nur, sich entweder so zu drehen, daß
beide Spalten zusammenfallen, oder daß dieß nicht der Fall ist. Wird nun die Sonde
in den Silo hinab geschraubt, so ist sie geschlossen, und es kann nichts in ihren
inneren Raum fallen; so wie man aber anfängt links zu drehen, um die Sonde
zurückzuschrauben, so kommen die Spalten der Cylinder vorübergehend in die
correspondirende Lage, wodurch sich der innere Raum mit Körnern füllt, bei noch
weiterem Drehen aber schließt sich der Raum wieder. Damit dieser Verschluß nicht
etwa durch sich einklemmende Körner gehindert werde, so sind die betreffenden Ränder
der Cylinder scharf geschliffen, wodurch sie ungefähr nach Art einer Schere wirken
und die eingeklemmten Körner durchschneiden.
Um nach Erforderniß eine Lüftung bewirken zu können, ist ein Rohr A, B, C (Fig. 6) vorhanden, welches
die Luft von Außen nach einem Raume D führt, der aus
einem mit Drahtgewebe umkleideten kastenförmigen Behälter besteht. Die Luft wird
durch einen Ventilator oder durch irgend eine Art Gebläse hineingetrieben und
streicht durch die aufgehäufte Masse, bis sie oben durch die Mündung, welche
natürlich so lange geöffnet werden muß, austritt. Der Zweck dieser Lüftungen geht
dahin, theils den Inhalt der Grube abzukühlen, wenn er sich über Gebühr erwärmt
haben sollte, theils aber auch beliebige Gasarten und Dämpfe einleiten und sie, nach
vollbrachter Wirkung, wieder verjagen zu können.
Verschiedene Gestalten und Einrichtungen der
Korngruben.
Fig. 6 stellt
eine Grube der einfachsten Form dar, ähnlich einer Flasche mit einem Halse und einer
einzigen Oeffnung zum Ein- und Ausfüllen. Um jedoch das Ausfüllen von Unten
bewerkstelligen zu können, sind besondere Einrichtungen erforderlich, wie solche in
den Figuren 7,
8, 9 und 10, 11, 12 dargestellt
sind. Die ersteren drei zeigen eine Zusammenstellung von sieben flaschenförmigen,
die letzteren drei dagegen ein System von cylindrischen Silos. Bei beiden Systemen
erfolgt die Entleerung mittelst eines Tunnels T, in
welchen die Entleerungsöffnungen r und u, u, u
ausmünden. Fig. 9 stellt
einen horizontalen Durchschnitt in der Höhe E, F der
Fig. 7 und
8, diese
letzteren dagegen Verticaldurchschnitte nach den Linien AB und CD des Horizontaldurchschnittes
dar. Die mittleren drei Gruben sind etwas höher angebracht als die vier übrigen. Den
Verschluß der unteren Oeffnungen bewirkt man am besten mittelst Schieber, die mit
Glaserkitt oder irgend einem anderen geeigneten Kitt luftdicht verstrichen werden.
Man ersieht in Fig.
9 aus den punktirten Linien GH und IK die Richtung des Tunnels und die Art, wie
sämmtliche sieben Gruben in denselben einmünden. Die Masse wird beim Entleeren
leicht aus den Gruben herausfallen; zum Schluß muß ein Arbeitsmann in die Grube
hinabsteigen, und indem er den Rest nach der Ablaßöffnung hinschaufelt, die Grube
gänzlich entleeren.
Eine andere Gestalt der Silos, welcher der Erfinder den Vorzug vor der beschriebenen
einräumt, ist die in Fig. 10, 11 und 12 abgebildete
cylindrische. Es sind dieß horizontal liegende Cylinder, welche durch Scheidewände
a, a, a, a in mehrere Abtheilungen getheilt sind.
Diese Scheidewände können entweder fest oder beweglich seyn, so daß man sie je nach
der gewünschten Größe der einzelnen Abtheilungen verschieben kann.
Alles Uebrige ergibt sich aus den Zeichnungen und bedarf keiner weiteren Erklärung.
Die Richtung des Tunnels ist in Fig. 12 durch die
punktirten Linien GH und IK angedeutet.
Zustand der aufbewahrten Früchte.
Wie lange und wie gut sich die Früchte erhalten, hängt hauptsächlich von ihrem
Feuchtigkeitsgrade ab. Getreide, das weniger als 16 Procent Feuchtigkeit enthält,
wird in seiner Dauer unbeschränkt seyn, wogegen bei größerem Feuchtigkeitsgehalt die
Dauer verhältnißmäßig abnimmt. Getreide mit beträchtlich mehr als 16 Proc.
Feuchtigkeit fühlt sich schon feucht an und kann zwar auch für einige Zeit
aufgespeichert werden, jedoch mit der Vorsicht, daß man den Zustand desselben durch
die oben angegebenen Mittel von Zeit zu Zeit prüft. Sobald man durch Geruch oder
Geschmack eine Verschlechterung wahrnimmt, kann man es nicht ferner aufbewahren. Es
ist daher sowohl bei Getreide als auch anderen Samen durchaus zu rathen, sie nur in
hinreichend trockenem, erforderlichenfalls durch künstliche Trocknung erzieltem
Zustande den Silos zu übergeben.Man vergl. den Bericht, welchen Hr. Doyère
über seine Silos der französischen Akademie der Wissenschaften erstattete,
im polytechn. Journal Bd. CXXXIX S.
450. A. d. Red.
Vertilgung der Insecten.
Insecten, so wie deren Eier vertilgt man, indem man in die Gruben hierzu sogenannte
anästhetische Mittel hineinbringt. Die für diesen
Zweck in Hinsicht auf Wirksamkeit und Wohlfeilheit geeignetsten sind:
Schwefelkohlenstoff und Chloroform. Von jedem dieser beiden Mittel werden 5 Gramme
auf den Hektoliter (also etwa 1 Loth auf je 12 Kubikfuß) Rauminhalt zur Erreichung
des Zweckes genügen. Nimmt man aber die doppelte Dosis, so werden die Insecten oder
Eier in weniger als 24 Stunden vertilgt.Ueber die Anwendung der anästhetischen Mittel zu diesem Zweck vergl. man Doyère's Notiz im polytechn. Journal Bd. CXLVI S. 385. A. d. Red.
Diese anästhetischen Mittel gewähren außer jenem Hauptnutzen noch einen zweiten, kaum
geringeren Vortheil; sie verzögern nämlich und verhindern sogar die Gährung, so daß
man bei ihrer Anwendung auch solche Stoffe aufbewahren kann, welche man eigentlich
erst künstlich austrocknen müßte, wenn man sie ohne Anwendung solcher Mittel
aufbewahren wollte.
Ueber die Art und Weise, wie er diese Mittel zur Anwendung bringt, gibt der
Patentträger keine nähere Auskunft. Es wird wahrscheinlich genügen, die angemessene
Quantität Schwefelkohlenstoff in das Ventilationsrohr A
(Fig. 6)
zu gießen und nun längere Zeit hindurch einen Luftstrom langsam hindurchzutreiben,
in welchem der Schwefelkohlenstoff bei seiner außerordentlichen Flüchtigkeit schnell
verdampft. Nach Einführung des Schwefelkohlenstoffdampfes wird die Grube überall
geschlossen und 24 bis 48 Stunden so gelassen, worauf man sie wieder öffnet, und so
lange frische Luft hindurchtreibt, bis kein Geruch nach Schwefelkohlenstoff mehr zu
bemerken ist.
Ob übrigens die vollständige Entfernung des Schwefelkohlenstoffes leicht gelingen
werde, und ob seine Anwendung nicht vielleicht von nachtheiligem Einfluß auf den
Geschmack des Getreides seyn könne, muß die Erfahrung lehren. Chloroform würde in
dieser Hinsicht wohl empfehlenswerther seyn, aber der ziemlich hohe Preis steht
seiner Anwendung entgegen. Dr. Heeren.