Titel: | Ueber die Leistungen der Backöfen gewöhnlicher Construction und die Mittel zu deren Verbesserung. |
Fundstelle: | Band 148, Jahrgang 1858, Nr. LXXIX., S. 351 |
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LXXIX.
Ueber die Leistungen der Backöfen gewöhnlicher
Construction und die Mittel zu deren Verbesserung.
Von den HHrn. Gebrüder Völker, Besitzer der Brodfabrik und Maschinen-Werkstätte in Stuttgart.
– Aus dem württembergischen Gewerbeblatt, 1858, Nr. 21.
Ueber die Leistungen der Backöfen gewöhnlicher Construction und die
Mittel zu deren Verbesserung.
Die Einsender, welche durch ihre mit vielem Fleiße betriebenen Fabriken sich reiche
Erfahrungen auf diesem Gebiete der Technik erworben haben, geben in Nachstehendem
Mittheilungen, welchen wir gerne unsere Spalten öffnen, da die Wichtigkeit einer
guten Construction der Backöfen sowohl hinsichtlich der Qualität des Brodes, als
namentlich auch wegen der dadurch zu erzielenden Ersparniß an Brennmaterial viel
allgemeinere Beachtung verdient, als dieses bis jetzt noch der Fall ist, die
wissenschaftliche Behandlung eines solchen Gegenstandes aber die sicherste
Gewährschaft vor der Verfolgung falscher Wege leistet.
„Ein mittlerer Backofen, der ungefähr 200 Pfd. Brod in Laiben von 3 Pfund
faßt, soll das Bild zur Abhandlung seyn.
Die vom Feuer berührte Fläche, welche Oberfläche des Ofens genannt wird, ist
beiläufig 100 Quadratfuß.
Der Ofen muß, um 200 Pfund Brod in einer Stunde auszubacken, folgende Wärmemengen
abgeben:
I. diejenige, womit 800 Loth Wasser in einer Stunde verdampft werden; diese 800
Loth Wasser bilden den Gewichtsunterschied zwischen den in den Ofen kommenden
Teigbroden und den ausgebackenen Broden, welcher Wassergewicht genannt wird; ein
Laib von 3 Pfd. ausgebackenen Brodes wiegt als Teigbrod 3 Pfd. 12 Loth. –
Die mittlere Temperatur des Ofens während des Backens sey zu 160° C. und
diejenige der in denselben kommenden Teigbrode zu 20° C. angenommen.
Besagte 800 Loth oder 25 Pfd. Wasser werden nun während des Backens in
überhitzten atmosphärischen Dampf von 160° C. verwandelt und beträgt die
Wärmemenge, welche nothwendig ist, um 1 Pfd. solchen Wassers zu verdampfen 550 +
160 – 20 = 690 oder bei 25 Pfd. Wasser = 17250
Wärme-Einheiten;
II. muß der Ofen die Wärmemenge abgeben, welche das Brod unmittelbar nach dem
Herausbringen noch über die ursprünglichen 20° C. enthält. 1 Pfd. solchen
Brodes kann 1 Pfd. Wasser um 40° C. erhöben; die hier gebundene Wärme
beträgt somit in obigen 200 Pfund Brod 200 × 40 = 8000
Wärmeeinheiten.
III. Durch das Ausstrahlen von Wärme am Ofen selbst und durch das Oeffnen des
Ofens während des Ein- und Ausbringens der Brode verliert dasselbe
ungefähr 5 Proc. von 25250 Wärme-Einheiten, also 1262
Wärme-Einheiten.
Damit 200 Pfd. Brod in einer Stunde ausbacken, müssen
nach Nr. I.
17250,
„
II.
8000,
„ III.
1262,
––––––
zusammen
26512
Wärmeeinheiten abgegeben werden und zwar von 100 Quadratfuß Fläche; von 1
Quadratfuß Backofen-Heizfläche also 265,12 Wärme-Einheiten, oder
was dasselbe ist, es verdampft 1 Quadratfuß Backofen-Heizfläche 0,3842
Pfd., 100 Quadratfuß Backofen-Heizfläche 38,42 Pfd. Wasser in 1
Stunde.
In einem gewöhnlichen Backofen, in welchem nacheinander viermal gebacken und
geheizt wird, muß durchschnittlich auf 4 Pfd gebackenen Brodes 1 Pfd. trockenes
Holz verbrannt werden und sind demnach bei unserer Annahme 50 Pfd. Holz
nothwendig um 200 Pfd., Brod zu backen, welche 38,42 Pfd. Wasser verdampfen
können.
1 Pfd. Holz, in einem solchen Backofen verbrannt, verdampft also 38,42/50 =
0,7684 Pfd. Wasser.
1 Pfd. Holz, getrocknet, entwickelt circa 3000
Wärme-Einheiten.
Bei gewöhnlichen Dampfkessel-Anlagen werden immerhin 3/5, also 1800
Wärme-Einheiten nutzbar gemacht; 1 Pfd. trockenen Holzes verdampft
demnach in solchen circa 2,77 Pfd. Wasser.
Der Nutzeffect bei einer Dampffessel-Feuerung ist also 3,6 mal größer als
bei der Feuerung eines Backofens.
Die Wirkung der Verbrennung bei einer jeden ordentlichen Feuerung ist besonders
bedingt:
1) durch ein richtiges Verhältniß der Größe der Heizfläche zu einem in gewisser
Zeiteinheit zu verbrauchenden Quantum Brennmaterial; wenn man übrigens von dem
Material der Heizfläche absieht,
2) durch die Wärmeaufnahme-Fähigkeit der Heizfläche.
Das erste Verhältniß ist bei beiden Arten von Feuerung annähernd gleich. Die Mängel bei einer Backofenfeuerung müssen deßhalb
auf Nichtberücksichtigung der zweiten Grundbedingung basirt seyn.
Nach Gesagtem nehmen 100 Quadratfuß Backofen-Heizfläche durch Verbrennung
von 50 Pfd. getrockneten Holzes in circa 30 Minuten
265l2 Wärme-Einheiten, 100 Quadratfuß Dampfkessel-Heizfläche bei
gleichen Bedingungen circa 90000
Wärme-Einheiten auf. Die Wärmeaufnahms-Fähigkeit einer
Dampfkessel-Heizfläche gegenüber einer Backofen-Heizfläche unter
übrigens gleichen Verhältnissen ist 90000/26512 = 3,43mal größer.
Wenn nun der Nutzeffect der Verbrennung in Backöfen demjenigen in
Dampfkessel-Anlagen bei denselben Bedingungen gleichkommen soll, so muß
die wirksame Heizfläche in den ersteren mindestens 3,43mal vergrößert seyn.
– In diesem Falle könnten mit 1 Pfd. Holz circa 13 Pfd. Brod gebacken werden.
In Württemberg werden zur Bäckerei in einem Jahr circa 90000 Klafter Holz verwendet. – Nehmen wir nur 1/3
Ersparniß durch eine verbesserte Construction der Backöfen an, so betrüge solche
per Jahr 30000 Klafter, ein Quantum, das den
Bedarf unserer Eisenbahnen vollständig decken würde.“
Die Einsender erbauen Backöfen, deren Construction diesen Grundlagen angepaßt ist,
und garantiren neben ausgezeichneter Leistungsfähigkeit mindestens 1/3 Ersparniß an
Brennmaterial gegenüber den gewöhnlichen Backöfen.