Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 148, Jahrgang 1858, Nr. , S. 315 |
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Miscellen.
Miscellen.
Verfahren zur Verhinderung der Steinbildung in
Dampfkesseln.
W. G. Newton ließ sich zu diesem Zweck folgende
Anwendungsart des Catechu am 13. Juli 1857 als
Mittheilung in England patentiren.
In einen Dampfkessel von 100 Pferdekräften gibt man beiläufig ein halbes Pfund
Catechu, und läßt es darin, bis das Wasser eine helle röthlichbraune Farbe
angenommen hat; man erhält das Wasser beiläufig eine Woche lang so nahe als möglich
auf dieser Färbung dadurch, daß man täglich kleine Stückchen von Catechu zugibt. So
lange als das Wasser diese Farbe behält, kann sich an den Seiten des Kessels keine
Kruste anhäufen, und der Kessel wird vollkommen rein bleiben. Man braucht nicht mehr
Catechu anzuwenden, als gerade hinreicht um das Wasser hell röthlichbraun zu färben.
– Wendet man das Catechu in derselben Quantität und auf gleiche Weise in
Dampfkesseln an, in welchen sich schon eine Kruste von einiger Dicke angesetzt hat,
so wird die Kruste so zertheilt, daß sich der Stein von den Seiten des Kessels
ablöst und als Schlamm am Boden desselben sammelt, daher durch den Ausblasehahn
leicht weggewaschen werden kann. (Repertory of
Patent-Inventions, Mai 1858, S. 374.)
Ueber die Anwendung der Messingdrahtseile zu Blitzableitern;
von O. Beylich in Kaiserslautern.
Schon mehrmals habe ich Klagen darüber vernommen, daß die zu Blitzableitern
verwendeten Messingdrahtseile, nachdem sie sich einige Zeit ganz gut gehalten,
plötzlich auf eigenthümliche Weise zerstört worden seyen. Einen derartigen Fall,
dessen interessante Umstände geeignet seyn dürften einiges Licht auf die Ursache der
Erscheinung zu werfen, hatte ich jüngst Gelegenheit zu betrachten. Auf dem zum
hiesigen Centralgefängnisse gehörigen neuer bauten Haftgebäude für weibliche
Sträflinge befinden sich seit etwa sechs Monaten Blitzableiter der erwähnten Art.
Die vier Ableitungsstränge sind auf derselben Frontseite angebracht Die Drahtseile
sind aus einem grad gelassenen Drahte von 2 Millimeter Dicke und sieben mit mäßiger
Spannung darum gewundenen Drähten von 1 2/3 Millimeter Dicke gebildet. Der
verwendete Messingdraht ist aus einer der renommirtesten Fabriken Deutschlands
bezogen worden, und hatte alle wünschenswerthen Eigenschaften.
Seit Kurzem zeigen sich nun die beiden mittleren Ableitungsstränge schadhaft, während
die beiden äußeren noch unversehrt sind. Die Drähte der ersteren lassen zahlreiche
Querrisse wahrnehmen, in der Höhe mehr als unten, und in der Nähe der Fangstangen
ist die Zerstörung vollständig, auch bei den Verbindungen dieser Dabei erscheinen
die gewundenen Drähte an der Außenseite geschwärzt, während die innere Seite, sowie
der Kern noch den ursprünglichen Metallglanz besitzen. Auffallend ist, daß die
Veränderung sich nicht aus den ganzen Umfang der Seile gleichmäßig erstreckt,
sondern der Länge nach auf einer Seite entschieden stärker hervortritt. Der frische
Bruch eines solchen Drahtes ist sehr verschieden von dem eines unversehrten. Der
letztere läßt unter der Loupe ein gleichmäßig feinfadiges Gefüge von graugelber
Farbe und wenig Glanz erkennen, dagegen zeigt sich der erstere nach der geschwärzten
Außenseite zu krystallinisch, goldgelb bis röthlich und metallisch glänzend; nach
der inneren Seite zu geht er aber in den Bruch des gesunden Drahtes über.
Ein Einschlagen des Blitzes in diese Blitzableiter ist zwar nicht beobachtet worden;
dennoch scheint dasselbe erfolgt zu seyn. Wenigstens lassen sich die angegebenen
Erscheinungen kaum auf andere Weise erklären. Die Veränderung welche der
Messingdraht erlitten hat, ist allem Anschein nach weniger eine chemische als eine
mechanische, an der Oberfläche allerdings eine Oxydation (die Farbe gleicht ganz
derjenigen des
sogenannten schwarzen Messings), im Inneren eine durch höchst intensive
Erschütterung, unter Begünstigung der gleichzeitigen Erhitzung, hervorgebrachte
Lagenveränderung der Molecüle.
Es fragt sich nun: Wie läßt sich solchen fatalen Zerstörungen vorbeugen? –
Jedenfalls wird massiver Messingdraht bei demselben Querschnitte bessere Dienste
thun als ein Drahtseil. Uebrigens ist die Elektricitäts-Leitungsfähigkeit des
wohlfeileren Eisendrahtes, selbst bei starker Oxydation,
von der auch das Messing nicht frei ist, im Vergleich mit derjenigen der
benachbarten Baustoffe noch immer weit überwiegend.Prof. Schafhäutl hat den Vorschlag gemacht, die
Messingdrahtseile durch kupferne zu ersetzen, von
welchen nicht anzunehmen ist, daß sie in den krystallinischen Zustand
übergehen und dadurch brüchig werden (polytechn. Journal Bd. CXVI S. 348). A. d. Red.
Ueber die Flüchtigkeit des Goldes unter verschiedenen
Umständen.
Es ist eine bekannte Thatsache, daß in sehr hohen Temperaturen das Gold flüchtig ist,
aber man pflegt anzunehmen, daß dasselbe wenig über seinen Schmelzpunkt erhitzt,
beständig sey. Dieß ist nach den Versuchen J. Napier's
(Quart. Journal of the Chem. Loc. vol. X Nr. 39 p. 229) nicht der
Fall. Vielmehr verflüchtigt sich das Gold ganz merklich, wenn es in Tiegeln bei
gewöhnlichem Feuer geschmolzen wird, und noch weit mehr, wenn es mit Kupfer legirt
ist. Der Verf. hat die Tiegel, in denen das Schmelzen geschah, mit Kapellen von
Knochenasche überdeckt und diese waren stets mit einer Purpurfarbe überzogen. Man
konnte in dem Ueberzug selbst mit der Loupe keine Goldkügelchen wahrnehmen, aber aus
demselben ließ sich ein Körnchen ausschmelzen; es bleibt daher unentschieden, ob es
bloß fein zertheiltes Metall gewesen oder irgend eine Verbindung.
Der Gewichtsverlust des Goldes, welches behufs seiner Reinigung zuvor mit Silber und
Blei abgetrieben und dann durch die Quart geschieden war, belief sich auf
0,12–0,15 Proc. und war natürlich nicht gleichmäßig, je nach dem Unterschied
der Zeit, während welcher geschmolzen wurde, und dem Schwanken in dem Hitzegrad.
Wurde aber das Gold mit Kupfer vermischt und in der Muffel erhitzt, so betrug der
Verlust an Gold bei eben ausreichender Schmelzhitze und 12 Proc. Kupferzusatz 0,234
Proc.; bei 10 Proc. Kupferzusatz und etwas stärkerer Hitze 0,210 und bei stärkster
Hitze 0,80 Proc. Hält man über eine schmelzende Goldkupferlegirung, die eben zum
Ausguß in die Form bereit ist, einen inwendig befeuchteten Glascylinder, so
verdichtet sich in ihm ein Pulver, welches gegen 94 Proc. Gold enthält.
In Legirung mit Silber verliert das Gold beim Schmelzen nichts, im Gegentheil zeigte
sich ein größerer Goldgehalt. Wenn aber die Legirung Silber, Kupfer und Gold
enthält, so ist der Goldverlust nach dem Schmelzen sehr bemerklich. (Journal für
praktische Chemie, 1858, Bd. LXXIII S. 376.)
Kitt für die Gasretorten, überhaupt zur Verbindung von
Eisenstücken welche der Hitze ausgesetzt sind.
In der Mainzer Gasanstalt hat sich zur Verbindung der Aufsteigröhren mit den Muffen
des Retortenkopfes, sowie zur Verdichtung der Retortenköpfe bei ihrem Befestigen an
der Retorte, überhaupt zur Verbindung von der Hitze ausgesetzten Eisenstücken,
folgender Kitt als sehr empfehlenswerth erwiesen:
12 Pfund
Eisenfeilspäne,
2 „
Cement,
1 „
Gyps,
4 Loth
Salmiak,
3
„
Schwefel,
1 1/2
Schoppen Essig.
Diese Mischung ist mit wenig warmem Wasser anzurühren.
Es ist nicht nothwendig, die angegebenen Quantitäten der einzelnen Substanzen genau
einzuhalten. Die Richtigkeit der Mischung läßt sich daran erkennen, daß der Kitt
beim Trocknen an der Oberfläche braune Bläschen erhalten muß.
Durch diesen Kitt verbundene Gegenstände dürfen jedoch der Feuchtigkeit nicht
ausgesetzt werden, denn ich habe die Erfahrung gemacht, daß Muffe, welche
vermittelst der erwähnten Kittmischung mit den Aufsteigröhren verbunden, von einem
Ofen abgenommen und an einen ziemlich feuchten Ort niedergelegt wurden, dadurch
zersprangen, daß der Kitt Feuchtigkeit aus der Luft einsog und sich ausdehnte.
A. Bernard.
Verfahren zum Reinigen des Paraffins mittelst
Schwefelkohlenstoff.
Ein Verfahren zum Raffiniren des Paraffins mittelst Schwefelkohlenstoff (worin das
Paraffin unauflöslich ist) ließ sich E. Alcan in London
am 16. Septbr. 1857 als Mittheilung für England patentiren.
Man bringt in ein geschlossenes Gefäß, das mit Blei gefüttert und mit einer
Rührvorrichtung versehen ist, eine Quantität rohes Paraffin, welches mittelst Dampf
geschmolzen wird, den man durch ein im Gefäß angebrachtes Schlangenrohr leitet.
Nachdem das Paraffin (bei 40 bis 43° C.) geschmolzen ist, setzt man den
Schwefelkohlenstoff zu und mischt ihn mittelst der Rührvorrichtung dem Paraffin
vollkommen bei: dann gießt man das erhaltene Gemisch in Formen; nach dem Erkalten
wird es in Säcken mittelst der hydraulischen Presse stark ausgepreßt. Die erste
Behandlung mit Schwefelkohlenstoff reicht bisweilen schon hin, um das Paraffin von
seinem Gehalt an Pech und wesentlichen Oelen zu reinigen; meistens ist es aber
nothwendig den Proceß zweimal, manchmal sogar ihn dreimal vorzunehmen. Für das erste
Waschen des Paraffins sind 10 bis 25 Proc. Schwefelkohlenstoff, für jedes folgende
Waschen 5 bis 15 Proc. erforderlich.
Die Flüssigkeiten, welche man beim Auspressen des Paraffins erhält, enthalten Pech
und wesentliche Oele, in Schwefelkohlenstoff aufgelöst; man unterzieht dieselben der
Destillation, um den Schwefelkohlenstoff davon abzusondern.
Wenn das Paraffin durch einmalige oder mehrmalige Behandlung mit Schwefelkohlenstoff
hinreichend gebleicht ist, so schmilzt man es in einer Kufe mittelst gewöhnlichen
oder überhitzten Dampfs, um ihm den Schwefelkohlenstoff, welchen es ungeachtet des
starken Auspressens zurückhält, vollständig zu entziehen; nachdem alle Spuren
desselben verjagt sind, muß man die Temperatur noch unterhalten, so daß das Paraffin
in geschmolzenem Zustande bleibt, bis sich das condensirte Wasser und die
verschiedenen anderen Unreinigkeiten aus demselben abgesetzt haben. Das Paraffin
wird dann abgegossen und mit thierischer Kohle behandelt, hernach filtrirt, um es
vollkommen rein zu erhalten. (Repertory of
Patent-Inventions, Mai 1858, S. 413.)
Nachträgliche Bemerkungen über mein neues Reagens auf
Traubenzucker und Rohrzucker; von Prof. Böttger.
Obwohl mir von den verschiedensten Seiten über die (im polytechn. Journal Bd. CXLIV S. 368 mitgetheilte) neue
Zuckerprobe, bezüglich ihrer unverkennbaren Vorzüge, insbesondere bei der Auffindung
und Nachweisung der geringsten Mengen von Zucker im Harn,
vor allen anderen bis jetzt bekannt gewordenen qualitativen Zuckerproben, die
schmeichelhaftesten Zuschriften zu Theil geworden sind, so hat sich doch seitdem
auch eine Stimme gegen die unbedingte Zulassung dieser
meiner neuen Zuckerprobe vernehmen lassen. Hr. Dr. Grischow theilt nämlich in Blei's Archiv der Pharmacie Bd. CXLI S. 281 mit, daß ihn bei der
Untersuchung eines stark albuminhaltigen Harns meine
Zuckerprobe im Stich gelassen habe, indem ein solcher, gleich einem zuckerhaltigen Harne, das von mir empfohlene basische
Wismuthnitrat in ganz ähnlicher Weise afficire.
Lassen wir einstweilen dahingestellt seyn, ob hier vielleicht der geringe Schwefelgehalt, ja selbst ein geringer Zuckergehalt in dem Albumin (nach Lehmann enthält das gewöhnliche normale Eiweiß 0,5 Proc. Krümelzucker)
jenes von Dr. Grischow
untersuchten Harns die von demselben beobachtete Schwärzung oder Braunfärbung des
Wismuthsalzes zu Wege brachte, so sollte ich meinen, müßte die erwähnte scheinbar
auffallende Reaction eher zu Gunsten meiner Zuckerprobe,
als zu deren Nachtheil sprechen. Hätte Hr. Dr. Grischow, was doch so nahe lag, jenen Harn nur einige
Minuten lang im Sieden erhalten, ihn dann von dem
coagulirten Albumin abfiltrirt und nun meine Zuckerprobe darauf in Anwendung
gebracht, so würde er sich überzeugt haben, daß sie auch
selbst in Fällen, wo in einem Harn das Albumin vorwaltend ist, sich als völlig
brauchbar erweist und nichts zu wünschen übrig läßt. (Jahresbericht des
physikalischen Vereins zu Frankfurt a. M. für 1856–1857.)
Backwerk aus Mehl von gemalztem Weizen.
Es ist in England gebräuchlich, zu feinem Gebäck statt des gewöhnlichen Weizenmehls
das Mehl von Weizenmalz anzuwenden. Durch das Malzen wird in den Körnern Zucker
entwickelt und sonst auch noch wohl manche Veränderung hervorgebracht, die das
daraus bereitete Backwerk vorzüglich wohlschmeckend macht. Auf jeden Fall kann der
Bäcker dabei viel an Zucker ersparen, weil er ein schon an sich süßes Mehl
verarbeitet. Die Art, wie man sich in England dieses Malz bereitet, ist fast
dieselbe, wie man bei uns dergleichen zum Weizenbier bereitet, nur daß man noch
etwas mehr Sorgfalt darauf verwendet. Der Weizen wird erst durch Sieben von fremden
Beimengungen möglichst gereinigt, dann wird er noch gewaschen, um allen Staub zu
entfernen. Hierauf überschüttet man ihn in einem tauglichen Gefäß mit Wasser, so daß
dieses etwa vier Zoll darüber steht. Dieses Wasser wird wenigstens alle 12 Stunden
erneuert. Nach 24 bis höchstens 36 Stunden, je nachdem es wärmer oder kälter ist,
sind die Körner so angeschwollen, daß man sie leicht mit den Fingern zerdrücken
kann. Dann läßt man das Wasser ab und legt den Weizen auf reine Breter in Haufen von
8 bis 10 Zoll übereinander. Hier entwickeln sich nun die Keime, wobei man den Haufen
mitunter ausbreitet und umwendet, um zu starke Erhitzung zu vermeiden. Die Keime
dürfen nicht lang werden, sobald sie daher etwa 2 1/2 Linien gewachsen sind, breitet
man die Körner an einem luftigen und schattigen Orte aus und läßt sie hier welk
werden. Nachher trocknet man den gekeimten Weizen auf einem mäßig warmen Ofen, wobei
jedoch jedes Rösten, welches ein dunkles Mehl liefern würde, sorgfältig zu vermeiden
ist. Hernach werden die Keime nur noch durch Reiben zwischen den Händen oder
mittelst einer geeigneten Vorrichtung entfernt und hierauf das Malz wie gewöhnlicher
Weizen gemahlen. (Böttger's polytechnisches Notizblatt, 1858, Nr. 6.)
Verfahren, in aus Wolle und Seide bestehenden Geweben die
Menge der letzteren zu bestimmen; von Ch. Bareswil.
Der Verf. benutzt, um Wolle und Seide zu unterscheiden, seit mehreren Jahren die
gewöhnliche, im Handel vorkommende Salpetersäure, welche, bei gewöhnlicher
Temperatur mit diesen Faserstoffen in Berührung gebracht, die Seide rasch auflöst,
die Wolle dagegen nicht angreift. Bis auf die letzte Zeit hatte man ein derartiges
Verfahren für die Untersuchung von Geweben kaum nöthig, denn das bloße Ansehen
genügte, die Gegenwart der Seide zu erkennen, und die Mengenbestimmung derselben
erfolgte durch mechanische Absonderung der beiden Faserstoffe, von denen die Seide
in dem Gewebe ausschließlich die Kette (als Florettseide) oder den Figurschuß
bildete. Jetzt verfertigt man aber Gewebe, in denen Wolle und Seide so mit einander
gemischt sind, daß
man sie nicht durch Auslesen von einander trennen und durch bloßes Ansehen ohne
Hülfe des Mikroskops die Seide nicht zwischen der Wolle unterscheiden kann.
Wenn man es mit einem derartigen Gewebe, z.B. einem solchen, dessen Schuß aus Wolle
und dessen Kette aus einer Mischung von Wolle und Florettseide besteht (was man
durch das Mikroskop erkennen kann), zu thun hat, so sondert man die Kettenfäden von
den Schußfäden ab und behandelt letztere nacheinander mit Salpetersäure, Wasser,
Ammoniak und zuletzt wieder mit Wasser behufs des Waschens; diese Behandlung wird
zweimal wiederholt, damit man der vollständigen Entfernung der löslichen Stoffe
versichert sey. Man behandelt die Kettenfäden in derselben Weise, indem man alle
Vorsicht anwendet, nichts davon zu verlieren, worauf man sowohl die Schußfäden als
die Kettenfäden trocknet und wagt. Der Gewichtsverlust, den die Schußfäden erlitten
haben, besteht aus Farbstoff, Appretür etc., der Gewichtsverlust der Kettenfäden
außerdem aus der darin enthalten gewesenen Seide. Die Menge der letzteren erfährt
man nun, indem man von dem Gewichtsverlust der Kettenfäden verhältnißmäßig so viel
abzieht, als dem Gewichtsverlust der Schußfäden entspricht. Noch besser ist es, das
Gewebe, bevor man es in Schuß und Kette zerlegt, durch Behandeln mit Wasser,
schwacher Lauge, verdünnter Säure, Alkohol und Aether möglichst von fremdartigen
Stoffen zu befreien. Das Trocknen kann man sehr beschleunigen, indem man die Fäden
nach dem letzten Waschen mit Wasser ausdrückt und sie dann erst durch concentrirten
Alkohol und darauf durch wasserfreien Aether hindurch nimmt, welcher an der Luft
rasch verdunstet und die Fäden trocken zurück läßt.
Mittelst des hier beschriebenen Verfahrens und der Anwendung von Salzsäure kann man
Gewebe aus Wolle. Seide und Baumwolle analysiren. Salpetersäure löst die Seide, Kali
löst Wolle und Seide, Salzsäure löst die Baumwolle auf. Bekanntlich werden
gegenwärtig wollene Lumpen zum Theil auf die Weise wieder verwerthet, daß man die
Wollfasern aus einander trennt und wieder verspinnt und verwebt. (Die daraus
verfertigten Gewebe nennt man tissus de renaissance. Die
alten Wollfasern werden aber wohl gewöhnlich mit neuer Wolle vermischt.) Dabei kommt
auch Behandeln mit heißer verdünnter Salzsäure in Anwendung, um die den Wollfasern
etwa beigemischte Baumwolle zu zerstören, die beim Färben des Productes sich dadurch
zu erkennen geben würde daß sie die Farbe nicht so gut annimmt, als die Wolle. Durch
die Behandlung mit Salzsäure zerfällt die Baumwolle zu Pulver, welches nachher
mechanisch entfernt wird, entweder durch Waschen mit Wasser, oder durch Ausklopfen
im trockenen Zustande. (Journal de Pharmacie, August
1857, S. 123.)
Ueber die Zerstörung von Baumwolle und Leinen in gemischten
Wollenzeugen; von Prof. Böttger.
Handelt es sich darum, Baumwolle und Leinen in alten abgetragenen gemischten
Wollenstoffen, unbeschadet der Wolle (etwa behufs einer Benutzung der letztern zu
sogenannter Kunstwolle), gänzlich zu zerstören, so zeigt sich hierzu die concentrirte Schwefelsäure im hohen Grad geeignet. Aus
dem Verhalten derselben zur Baumwolle in Leinengeweben, bei der bekannten
Leinwandprobe, war zu schließen, daß, da erfahrungsgemäß Schafwolle von
concentrirter Schwefelsäure bei gewöhnlicher Temperatur nicht corrodirt wird, diese
Säure ein brauchbares Mittel abgeben werde, den genannten Zweck zu erreichen. Dem
ist in der That so. Ueberschüttet man zu dem Ende die gehörig sortirten wollenen,
zum Theil mit Leinen und Baumwolle untermischten, völlig getrockneten Lumpen in
einem bleiernen oder gußeisernen wohl zu bedeckenden Gefäße mit concentrirter
Schwefelsäure in der Art, daß dieselben durch und durch von Säure imprägnirt
erscheinen, und überläßt sie so beiläufig 10 bis 15 Minuten sich selbst, so findet
man, daß alles Leinen und alle Baumwolle zerstört und in eine kleisterähnliche Masse
verwandelt, dagegen die Wolle völlig erhalten ist. Preßt man nun von dem feuchten
Magma die überflüssige Säure sorgfältig ab, wirft die etwas auseinander gerissene
Masse sodann portionweise mittelst eines gabelförmig gestalteten Eisens in eine
größere Menge kalten Wassers, wäscht sie darin, unter jeweiligem Erneuern des Wassers,
oberflächlich einigemal aus, und überschüttet sie dann schließlich noch mit einer
verdünnten Lösung von Soda, so sieht man die Wolle, in Folge der hierbei
tumultuarisch entweichenden Kohlensäure, sich lockern und zugleich in einen Zustand
versetzt, in welchem sie sofort zu dem oben angedeuteten Zweck verarbeitet werden
kann. (Jahresbericht des physikalischen Vereins zu Frankfurt a. M. für
1856–1857.)
Bralle's Verfahren, Hanf zu rösten.
Dieses seiner Zeit außerordentlich gerühmte Verfahren, welches wir dem 12. Bande des
„Magasin
encyclopédique“ entnehmen, besteht in Folgendem. Man
erhitzt Wasser bis auf 72 bis 75° R. und löst darin Schmierseife (grüne
Seife) in dem Verhältniß zu den zu röstenden Hanfstengeln wie 1 : 48 auf. Die
Quantität Wasser, welche man nöthig hat, beträgt 14 Theile auf 1 Theil Hanfstengel.
Den Hanf bringt man in das genannte bis auf den bezeichneten Temperaturgrad erhitzte
Seifenwasser, deckt das Gefäß, worin die Procedur vorgenommen wird, zu und läßt
hierauf das Feuer ausgehen. Zweistündiges Verweilen in dem Seifenbade ist zur
Röstung hinreichend. Dieses Rösten kann in demselben Bad viele Male hintereinander
verrichtet werden, wenn man nur jedesmal die erforderliche Menge Seife hinzufügt und
das Bad stets auf den angegebenen Grad erhitzt.
Wenn die Hanfbündel aus dem Bade kommen, bedeckt man sie mit einer Strohmatte, damit
sie allmählich erkalten, ohne ihre Feuchtigkeit zu verlieren. Den folgen Tag breitet
man die Bündel auf einer Tenne aus und schiebt die Bänder bis gegen die Spitze der
Stengel zurück, hierauf läßt man mehreremale eine steinerne oder beschwerte hölzerne
Walze darübergehen, um sie platt zu machen und die Faser vorzubereiten, sich leicht
von den Scheben zu trennen, was vermittelst einer Flachsbreche geschieht und sowohl
im feuchten wie im trocknen Zustande sehr gut erfolgt.
Der feucht gebrochene Hanf wird bündelweise an der Spitze zusammengebunden und diese
Bündel dann auf einem Rasen ausgebreitet. Man wendet sie um und bringt sie nach 6
bis 7 Tagen ins Magazin. Auch der Hanf, den man trocken brechen will, muß, nachdem
er gewalzt worden, auf den Rasen gelegt werden, dieß ist durchaus nothwendig, um die
Faser zu bleichen und die Absonderung der Scheben zu erleichtern.
Diese hier gegebenen Vorschriften sind das Resultat einer großen Anzahl von
Versuchen. Das Rösten erfolgt um so schneller, je näher das Seifenbad beim
Eintauchen des Hanfes dem Siedepunkte war. Läßt man den Hanf länger als zwei Stunden
rösten, so kann man die Hanffaser zwar ebenfalls noch sehr gut von den Scheben
befreien, aber sie nimmt eine dunklere Farbe an und verliert etwas an ihrer Stärke.
Bringt man den Hanf gleich anfangs in das noch kalte Seifenbad und erhitzt es
zusammen bis auf den angegebenen Temperaturgrad, so geschieht das Rösten minder
vollständig, wie stark man das Bad nachher auch erhitzen möge. Wenn man die
Hanfbündel senkrecht in das Bad stellt, so erfolgt das Rösten gleichförmiger als bei
waagrechter Schichtung.
Der Röstproceß kann übrigens sehr wohl auch in Fässern verrichtet werden, in welchen
man den Hanf auf die angedeutete Weise zurecht legt und dann das siedende
Seifenwasser hineinlaufen läßt. Auf solche Art erhitzt man ein neues Bad in einem
besonderen Kessel, während man ein zweites und drittes Faß bereit macht, und so läßt
sich diese Arbeit wechselweise mit Leichtigkeit ausführen.
Die beschriebene Methode hat den Vortheil, daß das Rösten in jeder Jahreszeit
geschehen kann, daß man Zeit und selbst Kosten erspart, daß man mehr gehechelten
Hanf erzielt, und daß dadurch endlich die Nachtheile verhindert werden, welche das
Rösten auf die gewöhnliche Art durch Verderbniß der Luft und des Wassers auf
Menschen und Thiere hervorbringt. F. (Böttger's polytechnisches Notizblatt, 1858,
Nr. 7.)