Titel: | Ueber eine neue Methode der Salpetererzeugung; von E. Friedr. Anthon, technischer Chemiker und Fabriken-Inspector in Prag. |
Autor: | Ernst Friedrich Anthon [GND] |
Fundstelle: | Band 149, Jahrgang 1858, Nr. XIII., S. 39 |
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XIII.
Ueber eine neue Methode der Salpetererzeugung;
von E. Friedr. Anthon,
technischer Chemiker und Fabriken-Inspector in
Prag.
Anthon, über eine neue Methode der Salpetererzeugung.
I. Geschichtliches.
Es war bereits im Jahr 1840, als ich in Gegenwart des englischen Technikers W. Thompson einige Versuche über die Zersetzung des
salpetersauren Natrons (Chili-Salpeter) durch Chlorkalium (Digestivsalz)
vornahm, zu welchen ich durch die Stelle veranlaßt worden war, welche man der
Salpetersäure in den chemischen Verwandtschaftstafeln der Säuren gegen das Kali
eingeräumt hat. – Diese Versuche lieferten ein sehr günstiges Resultat, indem
sich bald herausstellte, daß das salpetersaure Natron vollständig von Chlorkalium
zersetzt werde. Die Nutzanwendung dieser Thatsache zur vortheilhaften Darstellung
des Kalisalpeters mußte aber unterbleiben, weil damals die Erzeugung desselben in
Oesterreich noch Staats-Monopol war. Es blieb sonach die Sache von mir
unbeachtet und vergessen, bis ich aus dem Bericht der Londoner Industrieausstellung
im Jahr 1851 entnahm, daß unter den ausgestellten Chemikalien sich auch Kalisalpeter
befand, der angeblich aus Chili-Salpeter, durch Umsetzung mit Chlorkalium
dargestellt worden war, was Veranlassung gab, die früher abgebrochenen Versuche
neuerdings aufzunehmen und im Großen durchzuführen.
Das Fabricationsverfahren, welches sich hierbei nun als das vortheilhafteste
herausstellte, erlaube ich mir in Nachfolgendem mitzutheilen.
II. Von den Rohmaterialien.
1) Das salpetersaure
Natron.
Dieses Naturproduct, welches in mächtigen und ausgedehnten Lagern im District
Tampa an der Gränze zwischen Chili und Peru vorkommt und daher auch chilischer
oder peruanischer Salpeter heißt und in sehr großen Mengen nach Europa verführt
wird, ist nicht immer von gleicher Beschaffenheit. Eine von Lecanu untersuchte Probe bestand in 100 Thln.
aus:
salpetersaurem Natron
96,698
Kochsalz
1,302
Wasser
2,000
–––––––
100,000
Wittstein fand in einer offenbar scharf getrockneten
Probe:
salpetersaures Natron
99,633
Kochsalz
0,367
Kalk
Spuren
In den meisten Fällen enthält aber das salpetersaure Natron nicht nur mehr fremde
Salze, sondern auch viel Feuchtigkeit, so daß der wahre Gehalt zuweilen unter 90
Procent sinkt.
Da sich nun die zur Zersetzung einer bestimmten Menge salpetersauren Natrons
nöthige Menge Chlorkalium natürlich nach dem wirklichen Gehalt des ersteren
richtet, so ist es nothwendig, denselben öfters zu bestimmen. Da aber eine
genaue Analyse zu diesem Behufe nicht nothwendig, zudem aber auch zu zeitraubend
ist, so kann man sich mit hinlänglicher Genauigkeit des folgenden Verfahrens
bedienen.
Zuerst breite man 100 Gran des zu prüfenden salpetersauren Natrons auf ein
Uhrglas aus, und lasse selbes so lange in mäßiger Wärme stehen, bis das Gewicht
nicht weiter abnimmt. Der Gewichtsverlust in Granen zeigt den Wassergehalt in
Procenten an.
Alsdann übergieße man circa 3–6 Loth des zu
prüfenden salpetersauren Natrons mit der gleichen Menge Wasser und schüttle,
ohne dabei Wärme anzuwenden, so lange um, bis sich eine concentrirte Lösung
gebildet und die Temperatur derselben wieder mit der der umgebenden Luft ins
Gleichgewicht gesetzt hat.
Man gießt nun die Lösung von dem zu Boden liegenden unaufgelöst gebliebenen
Antheil ab, filtrirt dieselbe nöthigenfalls und bestimmt ihre Dichtigkeit
mittelst des Picnometers oder Tausendgranstäschchens. Ergibt sich dieselbe bei
15° R. zu 1,377, so ist der Natronsalpeter als hinlänglich rein
anzusehen. Ist dagegen die Dichtigkeit eine geringere, so enthält der
Natronsalpeter Kochsalz.
Bei 1 Proc. Kochsalz ist die Dichtigkeit 1,375, – bei 5 Procent Kochsalz
nur 1,369 und bei 32 Proc. gar nur 1,359. – Ein noch größerer
Kochsalzgehalt ist ohne weitern Einfluß auf die Dichtigkeit der Lösung und gibt
sich nicht weiter zu erkennen, was insofern ohne Belang ist, als eine so
bedeutende Verunreinigung mit Kochsalz nicht vorkommt.
Diese Prüfungsmethode beruht darauf, daß das salpetersaure Natron für sich in
Wasser viel löslicher ist, als bei Gegenwart von Kochsalz. 100 Thle. Wasser
lösen z.B. bei 15° R. 88 Thle. salpetersaures Natron auf, dagegen nur
52,82 Thle., nebst 24,98 Kochsalz, zusammen also nur 77,8 Thle., wenn man das
Wasser mit beiden Salzen zugleich sättigt.
Das salpetersaure Natron besteht aus
1 Aeq. Natron
= 31,2
36,6
1
„ Salpetersäure
= 54,0
63,4
––––––––––––––
85,2
100,0
Eine bei 15° R. gesättigte Lösung von salpetersaurem Natron hat eine
Dichtigkeit von 1,377, – eine bei 10° R. gesättigte nur 1,366.
Bei 18 3/4° R. löst sich das salpetersaure Natron in 1,136 Theilen Wasser
auf.
2) Das Chlorkalium.
Wenn es schon bei dem salpetersauren Natron nothwendig ist, sich von dessen
Qualität zu überzeugen, so ist dieses in noch weit höherem Grad der Fall bei dem
Chlorkalium, da dieses in Bezug auf seine Reinheit noch viel beträchtlicheren
Schwankungen unterliegt.
Mit diesem zweiten Rohstoff ist man gewöhnlich auf das schottische Fabrikat
angewiesen, welches aus dem Kelp in großen Mengen dargestellt wird, und dessen
Gehalt meistens mit 80 Proc. garantirt wird. Außerdem kann man aber auch
dasjenige Chlorkalium anwenden, welches in den chemischen Fabriken bei der
Erzeugung des rothen eisenblausauren Kalis als Nebenproduct abfällt. Gewöhnlich
ist dieses reiner als das schottische, aber es ist nicht immer in der nöthigen
Menge zu bekommen.
Endlich kann man auch die Abfälle von der Läuterung des Kalisalpeters benutzen,
welche gewöhnlich als Digestivsalz verkauft werden, die in den meisten Fällen aber
nur gegen 50 Proc. Chlorkalium, und außerdem der Hauptsache nach Chlornatrium
(Kochsalz) enthalten.
Der Seifensiederfluß, welcher sonst aus der Seifensiederlauge durch Abdampfen zur
Trockne für die Alaunerzeugung gewonnen wurde und ebenfalls Chlorkalium war,
kommt nicht mehr im Handel vor, seit die Potasche in den Seifensiedereien fast
gänzlich von der Soda verdrängt worden ist.
Will man sich nun beim Ankauf oder bei der Verarbeitung des Chlorkaliums von
dessen wirklichem Gehalt überzeugen, so hat man sich eines 1/2 bis 3/4 Zoll
weiten Glascylinders zu bedienen, den man in der Weise von Unten nach Oben
calibrirt hat, daß jeder Grad durch den Raum, bezeichnet wird, den das mittelst
1 Gran Kali oder der entsprechenden Menge Chlorkalium aus mit Kalialaun
gesättigter schwefelsaurer Thonerdelösung frisch gefällte Alaunmehl einnimmt,
nachdem es sich durch wiederholtes Aufstoßen des Cylinders nicht mehr dichter
zusammensetzt.
Ein jeder solcher Grad entspricht dem Raum, welchen 8 6/10 Gran Wasser bei
12° R. einnehmen.
Bei der Anwendung dieser Meßröhre verfahrt man nun in der Weise, daß man 100 Gran
des zu prüfenden Chlorkaliums in einer Auflösung von schwefelsaurer Thonerde in
der Wärme auflöst, welche man vorher bei gewöhnlicher Temperatur mit Kalialaun
gesättigt hat, und welche im Zustand von schwefelsaurer Thonerde soviel Thonerde
enthält, daß diese das sämmtliche im Chlorkalium enthaltene Kali selbst dann
vollständig in Alaun umzuwandeln vermag, wenn das Chlorkalium auch ganz rein
war.
Bedient man sich z.B. einer Lösung von schwefelsaurer Thonerde in der gleichen
Menge Wasser, so genügt es, wenn man ungefähr 1000 Gran davon zum Auflösen von
100 Gran Chlorkalium anwendet. Von selbst versteht es sich, daß man bei der
Prüfung das anfängliche Volumen der schwefelsauren Thonerdelösung durch Zusatz
von etwas Wasser wieder herstellen muß, wenn bei der Erwärmung sich ein Theil
verflüchtigt haben sollte.
Gewogen braucht die Menge der schwefelsauren Thonerdelösung nicht zu werden,
sondern es genügt dieselbe annähernd abzumessen, da ein Geringes mehr oder
weniger keinen Nachtheil bringt.
Nach bewerkstelligter Lösung des zu prüfenden Chlorkaliums in der schwefelsauren
Thonerdelösung, wird diese noch warm in den Meßcylinder gebracht, gut verstopft
und unter oft wiederholtem Eintauchen desselben in kaltes Wasser so lange
geschüttelt, als sich noch Alaunmehl bildet und die Temperatur der Lösung noch
nicht die der umgebenden Luft angenommen hat.
Alsdann wird der Cylinder so lange behutsam auf einen hölzernen Gegenstand
aufgestoßen, als sich das Alaunmehl noch in einen engeren Raum
zusammenbegibt.
Man liest dann an der Scala den Gehalt des geprüften Chlorkaliums ab.
Es mögen hier die Resultate einiger auf diese Weise vorgenommenen Prüfungen
beispielsweise Platz finden.
Folgende Sorten Chlorkalium
gaben Alaunmehl
und enthielten sonachan reinem
Chlorkalium in
Proc.
1) ganz reines Chlorkalium
63
(reichlich)
100,0
2) Chlorkalium von der Bereitung des
rothen eisenblausauren Kalis
61
97,0
3) schottisches Chlorkalium
48
76,2
4) „ „ eine
andere Sorte
57
90,5
5) „ „ eine
dritte Sorte
52
82,5
6) Digestivsalz aus einer
Salpeter-Raffinerie
41
65,0
7) „ „
„
„
36
57,1
8) „ „
„
„
32
50,8
Nachdem man sich auf diese Weise von der Beschaffenheit seiner Rohstoffe
überzeugt hat, kann man zur Erzeugung selbst übergehen. Bevor ich aber zur
Beschreibung derselben übergehe, muß ich vorher noch die Zusammensetzung des
Chlorkaliums, sowie einige für uns belangreiche Eigenschaften desselben ins
Gedächtniß zurückrufen. Das Chlorkalium besteht aus
1 Aeq.
Kalium
39,2
52,6
1
„ Chlor
35,4
47,4
–––––––––––
74,6
100,0
oder nach der sogenannten Salzsäuretheorie
1 Aeq. Kali
47,2
63,27
1
„ Salzsäure
27,4
36,73
––––––––––––
74,6
100,00
Es löst sich dasselbe bei 17,5° R. in seiner dreifachen Menge Wasser auf,
zu einer Flüssigkeit von 1,163 Dichtigkeit.
Nach Gay-Lussac lösen 100 Thle. Wasser von
0° Cels. 29,23 Theile Chlorkalium auf und für jeden Grad über 0 noch
weiter 0,2738 Theile.
III. Vom Verfahren selbst.
Um nun die Zersetzung oder vielmehr die Umsetzung des Natronsalpeters in Kalisalpeter
mittelst des Chlorkaliums vorzunehmen, erhitze man in einem gußeisernen Kessel soviel oder etwas mehr
Wasser als man salpetersaures Natron in Arbeit zu nehmen gedenkt, und fange an
dasselbe unter Umrühren einzutragen. Sobald das Eintragen beendigt und die FlüssigkeitFlüssikeit ins Kochen gekommen ist, gebe man unter fortwährendem Rühren das vorher
abgewogene Chlorkalium hinein und erhalte die Mischung während 1/2 Stunde im Kochen.
Hatte das Chlorkalium die Form kleiner lockerer Krystalle, oder war dasselbe grob
pulverisirt und gesiebt, so ist die Zersetzung nach halbstündigem Kochen gewöhnlich
vollendet und es enthält nun die Flüssigkeit Kalisalpeter und Kochsalz.
Was die anzuwendenden Mengenverhältnisse anbelangt, so ist zu bemerken, daß zur
Zersetzung von 85,2 Gewichtstheilen Natronsalpeter 74,6 Theile Chlorkalium
nothwendig sind.
Zu einer klaren Flüssigkeit lösen sich hierbei die Salze nicht auf, da es an der
nöthigen Menge Wasser fehlt, um alles sich bildende Kochsalz in Auflösung erhalten
zu können. Letzteres schwimmt als Krystallmehl in der Flüssigkeit herum und man hat
nun dessen Beseitigung vorzunehmen. Dieses geschieht mittelst thönerner oder
metallener Schalen, welche man an Schnüren oder leichten Ketten schwebend in der
kochenden Flüssigkeit erhält und deren Größe in einem passenden Verhältnis zur Größe
des Kessels steht.
Je nach Umständen kann man in den Kessel eine oder auch mehrere solcher Schalen
hängen.
Sobald diese sich nun mit Kochsalz gefüllt haben, was besonders Anfangs immer schnell
der Fall seyn wird, nimmt man sie heraus, entleert sie, reinigt den Kesselboden mit
einer eisernen Stange, deren Ende zugeschärft und gehärtet ist, von dem sich
allenfalls ansetzenden Kochsalz und bringt hierauf die Schalen sogleich wieder in
den Kessel zurück.
Das heiße Kochsalz füllt man in kleine am Rande des Kessels stehende Bottiche (von
1–2 Eimer Inhalt), auf deren Boden etwas Stroh oder Reisig liegt, welches mit
einer recht groben Leinwand gut zugedeckt ist. Außerdem haben diese Abtropfbehälter
am Boden einige Löcher und sind so aufgestellt, daß alle abtropfende Flüssigkeit in
den Kessel zurückfließt.
Sobald ein Behälter voll Kochsalz ist, wird oben so lange Wasser oder Kochsalzlösung
aufgegossen, als die unten abfließende Flüssigkeit noch warm ist und eine größere
Dichtigkeit als 25° B. zu erkennen gibt. Sobald dieser Zeitpunkt eingetreten,
ist auch alle salpeterhaltige Lauge aus dem Kochsalz verdrängt und man kann
vollkommen darüber beruhigt seyn, daß dasselbe durchaus keinen Salpeter mehr
enthält.
Man fährt mit dem Kochen, dem Beseitigen des niederfallenden Kochsalzes, dem
Losstoßen der sich am Kesselboden anlegenden Salzkrusten, dem Auswaschen des herausgenommenen
Kochsalzes und dem Mitversieden der dabei abfließenden Waschlaugen so lange fort,
bis die Flüssigkeit im Kessel etwa 40–42° B. (heiß gewogen) zu
erkennen gibt.
Man unterbricht nun das Heizen, bedeckt den Kessel und läßt ihn bis zur Klärung der
Flüssigkeit stehen, worauf man diese, noch heiß, mittelst eines bleiernen Hebers
abzieht und in die als Krystallisirgefäße dienenden gußeisernen Kessel (oder
sonstige passende Gefäße) abfließen läßt.
Während des Erkaltens schießt nun der Kalisalpeter an und zwar fast stets ohne
beigemengte Kochsalzkrystalle, da Kochsalz in heißem Wasser nicht löslicher ist als
in kaltem.
Nachdem die Flüssigkeit erkaltet und der auskrystallisirte Salpeter demnach auch an
Menge nicht mehr zunimmt, wird die Mutterlauge ausgeschöpft, der Salpeter
herausgenommen, die Bodenstücke von dem allenfalls unten daran sitzenden Schmutze
befreit und in mehr tiefe als flache hölzerne Abtropfbehälter gebracht, in denen er
so lange bleibt, als noch Mutterlauge abtropft.
Nach gehörigem Abtropfen enthält der so erhaltene Rohsalpeter bereits weniger als 1
Procent Chlornatrium. Um ihn weiter davon zu befreien, wird er in Waschbütten
gebracht, nachdem man ihn leichthin zerkleinert hat, und man gießt gerade nur so
viel möglichst reines Wasser darauf, daß seine Zwischenräume davon ausgefüllt
werden. So bleibt der Salpeter 18–24 Stunden lang stehen, worauf man einen am
Boden befindlichen Zapfen beseitigt und die gebildete Salpeterlösung abfließen läßt.
Durch eine einzige derartige Waschung vermindert sich der Chlornatriumgehalt um circa 75 Proc. (bei großen Krystallen auch wohl nicht
ganz so viel), so daß der gewaschene Salpeter nunmehr nur noch etwa 1/5 Proc.
Chlornatrium enthält.
Nachdem auch das Waschwasser vollständig abgetropft ist, schreitet man zur
Läuterung.
Zu diesem Behufe erwärmt man möglichst reines Wasser (am besten Regenwasser) im
Kessel, trägt unter stetem Rühren von dem gewaschenen und gut abgetropften Salpeter
so lange ein, bis die Dichtigkeit der Lösung 43–45° B. (heiß gewogen)
erreicht hat, bringt die Lösung zum Aufwallen, schäumt sie ab und zieht sie noch
ganz heiß mittelst eines bleiernen Hebers in die vorher gut gereinigten gußeisernen
(oder sonstigen) Krystallisirgefäße ab.
Nach Beendigung der Krystallisation schöpft man die Mutterlauge aus, nimmt den
Salpeter heraus, beseitigt allenfallsige schmutzige Stellen, wäscht ihn noch einmal
leicht ab, läßt, ihn dann abtropfen und endlich trocknen.
Die bei der Läuterung abfallenden Mutterlaugen und Waschwässer werden zum Waschen des
Rohsalpeters benutzt. Die Waschwässer des Rohsalpeters, so wie die Mutterlauge
dieses letzteren, werden stets beim Rohsieden – das ist bei der Umwandlung
des salpetersauren Natrons in Kalisalpeter – zugesetzt und mit versotten.
Da man bei der Ausübung dieses Fabricationsverfahrens nicht immer die hinlängliche
Zeit haben wird die Rohstoffe jedesmal auf ihren wahren Gehalt zu prüfen, so wird es
sich oft treffen daß in der Mutterlauge sich neben Kalisalpeter und Kochsalz auch
einer oder der andere der beiden Rohstoffe, nämlich salpetersaures Natron oder
Chlorkalium vorfindet. Dieses gibt sich, sobald die Menge davon eine bestimmte
Gränze erreicht, dadurch zu erkennen, daß sich auf dem auskrystallisirten
Kalisalpeter entweder die sehr kenntlichen Rhomboeder von salpetersaurem Natron oder
die eben so leicht erkennbaren Würfel von Chlorkalium vorfinden, wo man alsdann beim
Mitversieden der Mutterlaugen den fehlenden Rohstoff nachträglich zufügt.
Die Mutterlauge, welche beim Auskrystallisiren des Kalisalpeters übrig bleibt, ist
ihrer Natur nach eine bei gewöhnlicher Temperatur gesättigte Lösung von Kalisalpeter
und Kochsalz und besitzt, insofern man keinen Ueberschuß von salpetersaurem Natron
oder Chlorkalium angewendet hat, und keine sonstigen Verunreinigungen vorhanden
sind, eine Dichtigkeit von 1,325 (= c. 35 1/2°
B.). – Zusatz von Chlorkalium zu einer solchen Mutterlauge vermag deren
Dichtigkeit nicht zu steigern, weil für das sich auflösende Chlorkalium eine
entsprechende Menge Kochsalz ausgeschieden wird.
Bringt man dagegen in eine solche mit Kalisalpeter und Kochsalz gesättigte Lösung
Natronsalpeter, so löst sich zwar auch nur dieser unter Ausscheidung eines Theils
der beiden genannten Salze auf, doch findet letzteres nur in geringerem Verhältniß
statt, so daß die Dichtigkeit zunimmt und z.B. auf 1,345 steigt, wenn man etwa den
zehnten Theil des Gewichtes der Lösung an Natronsalpeter zusetzt.
Eigenthümlich erscheint es dabei, daß Natronsalpeter viel mehr Kalisalpeter als das
Chlorkalium ausscheidet, während von letzterem viel mehr Kochsalz als Kalisalpeter
ausgeschieden wird.
Aus dem Gesagten ergibt sich daß in den Fällen, wo die Mutterlauge eine größere
Dichtigkeit zu erkennen gibt, als 1,325 (c. 35 1/2° B.) bei 10° R.,
man gewöhnlich den Grund davon in einem Ueberschuß von salpetersaurem Natron zu
suchen hat.
Vortheile dieses Verfahrens.
Diese sind sehr erheblich und bestehen hauptsächlich im Folgenden:
1) Ist die Zersetzung des salpetersauren Natrons durch Chlorkalium eine schnelle und
vollständige.
2) Ist die Befreiung des abfallenden Kochsalzes von dem anhängenden Kalisalpeter eine
außerordentlich leichte und ganz vollständige.
3) Ebenso ist die Reinigung des Salpeters vom Kochsalz sehr einfach und
vollständig.
4) Kommen bei demselben keine Verluste vor, daher denn auch die Ausbeute eine sehr
große und namentlich bedeutend größer als bei allen andern Fabricationsmethoden ist,
so daß man bei Anwendung von gutem Chilisalpeter von 100 Pfd. desselben bis zu 118
Pfd. Kalisalpeter zu erhalten vermag.
5) Bringt die gewöhnliche Verunreinigung der beiden Rohstoffe mit Kochsalz in der
Manipulation keinen Nachtheil, da eben Kochsalz das abfallende Nebenproduct ist.
6) Läßt sich das Verfahren in einer sehr schönen geregelten Weise durchführen und
verursacht die Aufarbeitung der Mutterlaugen keine Mühe. Durch ihr stetes
Mitversieden verarbeitet man dieselben ohne es fast zu bemerken.