Titel: | Ueber die Gewinnung der Soda direct aus Kochsalz; vom Professor Dr. Heeren. |
Fundstelle: | Band 149, Jahrgang 1858, Nr. XIV., S. 47 |
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XIV.
Ueber die Gewinnung der Soda direct aus Kochsalz;
vom Professor Dr. Heeren.
Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
1858 S. 18.
Heeren, über die Gewinnung der Soda direct aus
Kochsalz.
Im Jahre 1838 erhielten die Engländer Dyar und Hemming ein Patent auf eine von ihnen erfundene Methode
der Sodagewinnung direct aus Kochsalz,Die Beschreibung derselben wurde im polytechn. Journal Bd. LXXIV S. 129 mitgetheilt.A. d. Red. welche zwar, wie es scheint, nie zur dauernden Ausführung im Großen gekommen
ist, jedenfalls aber, nächst der allgemein gebräuchlichen Methode von Leblanc, zu den sinnreichsten und am meisten praktischen
Erfindungen im Gebiete der Sodafabrication gehört. Wenn sich gleich, wie mir
bekannt, schon mehrere Chemiker mit Versuchen darüber beschäftigt haben, so sind
doch meines Wissens nie die Ergebnisse solcher Versuche bekannt geworden, und ich
habe daher eine geraume Zeit hindurch mich mit der Prüfung dieser Methode
beschäftigt, um zu sehen, welche Hindernisse ihr etwa im Wege liegen, und ob sie
nicht mit Vortheil zur Ausführung gebracht werden könne. Es sind nun die Resultate
dieser Versuche, welche ich im Folgenden mittheile.
Das ursprüngliche den Erfindern patentirte Verfahren, auf der Zersetzung des Kochsalzes durch kohlensaures Ammoniak beruhend, ist
folgendes: Eine gesättigte Auflösung von Kochsalz wird mit einer, dem Gewicht des
Kochsalzes gleichen Menge fein pulverisirten anderthalb-kohlensauren
Ammoniaks aufs Innigste gemengt und der Ruhe überlassen. Sollte man
doppelt-kohlensaures Ammoniak, welches jedoch selten ist, haben können, so
wäre dieses vorzuziehen, und sie rathen daher auch, bei der nachherigen
Wiedergewinnung des kohlensauren Ammoniaks so zu verfahren, daß so viel wie möglich
doppelt-kohlensaures Salz gebildet werde. Nach Ablauf der nöthigen (nicht
näher angegebenen) Zeit wird die Flüssigkeit abgegossen und die Salzmasse gepreßt.
Sie besteht hauptsächlich aus doppelt-kohlensaurem Natron und kohlensaurem
Ammoniak. Durch Erhitzen in einer Retorte auf etwa 300° R. wird sowohl das
kohlensaure Ammoniak als auch die Hälfte der Kohlensäure des kohlensauren Natrons
ausgetrieben, welche man beide in einen Kühlapparat, z.B. eine Bleikammer, leitet.
Auch der in der gepreßten Masse noch etwa enthaltene Salmiak geht mit über, und es
bleibt in der Retorte nur kohlensaures Natron, verunreinigt wohl mit einer kleinen
Menge Kochsalz.
Die abgegossene und abgepreßte Flüssigkeit besteht hauptsächlich aus einer
Salmiaklösung, entstanden durch die gegenseitige Zersetzung des Kochsalzes und
doppelt-kohlensauren Ammoniaks; sie enthält aber auch noch Kochsalz,
kohlensaures Ammoniak und etwas kohlensaures Natron. Man läßt sie eine Zeit lang
kochen, um das kohlensaure Ammoniak auszutreiben und durch Einleiten in die
Bleikammer wiederzugewinnen, dampft sie sodann zur Trockne ab, pulverisirt den
hauptsächlich aus Salmiak bestehenden Salzrückstand, mengt ihn mit kohlensaurem Kalk
und erhitzt das Gemenge in einer eisernen Retorte, um die Zersetzung des Salmiaks
und seine Umwandlung in kohlensaures Ammoniak zu bewirken, welches entweicht und
ebenfalls in die Bleikammer geleitet wird. Das in der Bleikammer wiedergewonnene
doppelt-kohlensaure Ammoniak wird dann wieder mit Kochsalz gemengt u.s.f.; so
daß demnach, außer den kleinen unvermeidlichen Verlusten an Ammoniak, kein anderes Material als
kohlensaurer Kalk und Kochsalz verbraucht wird.
Das ganze, offenbar außerordentlich sinnreiche Verfahren beruht, wie man sieht, auf
der Schwerlöslichkeit des doppelt-kohlensauren Natrons, in Folge deren es
sich beim Zusammenkommen von Kochsalz und doppeltkohlensaurem Ammoniak als
pulverförmiger Niederschlag abscheidet, während der zugleich entstehende Salmiak in
der Flüssigkeit verbleibt.
Bei näherer Betrachtung dieses Verfahrens ergab sich sogleich, daß die
Wiedergewinnung des Ammoniaks im Zustande des festen doppeltkohlensauren Salzes mit
großen Schwierigkeiten verbunden seyn müsse und daß durchaus kein Grund vorlag, den
viel einfacheren und leichter ausführbaren Weg einzuschlagen, das Ammoniak im
Zustande des neutralen Salzes mit dem Kochsalz zusammenzubringen und dann erst durch
Zuleiten der Kohlensäure die Bildung des doppelt-kohlensauren Natrons zu
bewirken. Es ist daher bei allen meinen Versuchen dieser Weg eingeschlagen und das
Ammoniak theils im reinen, kohlensäurefreien, theils im kohlensauren Zustande in
gesättigter Kochsalzlösung aufgefangen und die Flüssigkeit sodann mit Kohlensäure
behandelt.
Es bieten sich nun, nachdem die erste Haupt-Operation, die Bildung des
doppelt-kohlensauren Natrons (Bicarbonates) beendigt und die Trennung des
Niederschlags von der Flüssigkeit in der weiter unten vorkommenden Art bewirkt
worden, zwei verschiedene Wege der weiteren Arbeit dar, nämlich:
A. Man läßt das Bicarbonat in seinem Zustande, um es
direct als solches in den Handel zu bringen. In diesem Falle muß es von allen etwa
beigemischten Ammoniaksalzen möglichst frei seyn, oder
B. man verarbeitet es auf Soda, indem man durch Erhitzen
die Hälfte der Kohlensäure austreibt. In diesem Falle hat eine kleine Menge
beigemengter Ammoniaksalze keinen erheblichen Nachtheil, weil auch diese beim
Erhitzen ausgetrieben und wiedergewonnen werden.
Die Wiedergewinnung des Ammoniaks kann ebenfalls nach zwei
verschiedenen Methoden stattfinden:
C. indem man die Salmiak haltende Flüssigkeit mit
gebranntem Kalk versetzt und das Ammoniak im kohlensäurefreien Zustande kochend
austreibt, um es von der Kochsalzlösung absorbiren zu lassen;
D. indem man die Flüssigkeit abdampft und den Rückstand
durch Glühen mit kohlensaurem Kalk zersetzt, wobei das Ammoniak als
einfachkohlensaures Salz ausgetrieben und ebenfalls in der Kochsalzlösung
aufgefangen wird.
In beiden Fällen kann auch die Abänderung eingeschlagen werden, die Salmiak haltende
Flüssigkeit erst theilweise einzudampfen, den Salmiak auskrystallisiren zu lassen,
und ihn nun entweder durch gebrannten oder durch kohlensauren Kalk zu zersetzen. Man
erreicht hierdurch den Vortheil, das in der Flüssigkeit noch in nicht unbedeutender
Menge vorhandene Kochsalz wiederzugewinnen, um es demnächst dem Zersetzungsproceß
wieder übergeben zu können, was bei dem Abdampfen der Flüssigkeit ganz zur Trockne
nicht möglich ist.
Die so eben bezeichneten verschiedenen Wege A, B, C, D
bedingen einen wesentlichen Unterschied rücksichtlich der Kohlensäure.
Nach A in Verbindung mit C
muß die sämmtliche Kohlensäure jedesmal als Gas neu hinzugebracht werden.
Nach A in Verbindung mit D
gewinnt man die Hälfte der Kohlensäure (1 Atom) gleich mit dem Ammoniak, und nur die
andere Hälfte muß noch als Gas zugeführt werden.
Nach B in Verbindung mit C
wird die Hälfte der Kohlensäure wiedergewonnen, die andere Hälfte ist also noch
hinzuzubringen.
Nach B endlich in Verbindung mit D werden beide Hälften der Kohlensäure durch den Proceß selbst gewonnen,
und es ist daher ein weiteres Hinzuleiten von kohlensaurem Gas, abgesehen von dem
Ersatz kleiner Verluste, nicht nöthig.
Die Wahl des einzuschlagenden Weges wird daher mit von der Leichtigkeit und
Wohlfeilheit abhängen, mit welcher die Kohlensäure zu erlangen ist. Ihre Darstellung
durch Verbrennen von Kohle halte ich für den vorliegenden Zweck nicht für thunlich,
weil die so gewonnene Kohlensäure durch Stickstoffgas und unzersetzte atmosphärische
Luft so verdünnt ist, daß sie gewöhnlich nur 1/7 des Volumens ausmacht, und in
diesem Zustande so ausnehmend langsam von der ammoniakalischen Flüssigkeit absorbirt
wird, daß dadurch eine unerträgliche Verzögerung der Fabrication entstehen müßte. Da
ferner nur wenigen Fabriken die Gelegenheit geboten seyn wird, natürliche
Ausströmungen von Kohlensäure zu benutzen, so werde ich im Folgenden von der
Voraussetzung ausgehen, daß die Kohlensäure aus Salzsäure und Kalkstein gewonnen
werde. Da in allen Sodafabriken, die nach dem gewöhnlichen System arbeiten,
Salzsäure in solchen Quantitäten gewonnen wird, daß man wegen ihres Verkaufs oder
Verbrauchs oft in Verlegenheit sich befindet; da auch oft ein Theil der Salzsäure
durch die bestehende Methode der Condensation für andere Verwendungen zu schwach
ausfällt, so würde man diesen Ueberschuß sehr gut zur Kohlensäurebereitung verwenden
können, wie dieß ja auch schon häufig bei Bereitung von Bicarbonat auf gewöhnliche
Art geschieht.
Nähere Betrachtung der einzelnen Operationen.
Zersetzung des Kochsalzes. Es eignet sich hierzu entweder
eine gesättigte Auflösung von fertigem fabricirtem Kochsalz oder Steinsalz, oder, wo
solche vorkommt, eine gesättigte Soole. Um ein reineres Product zu erhalten, ist es
nöthig, die Soole oder Salzlösung mit einer ganz kleinen Menge Soda zu versetzen,
wodurch Magnesia und Kalk gefällt werden. Da sich der Niederschlag außerordentlich
langsam absetzt, so ist es rathsam, ein Taylor'sches
Filtrum anzuwenden, wie solches bei der Zuckerraffinerie Anwendung findet. Die klare
Salzlösung wird nun in eine kleine Bleikammer gebracht, in welcher sie mit reinem
oder kohlensaurem Ammoniak geschwängert wird, welche beide in gasförmigem, also
möglichst wasserfreiem Zustande hinzugeleitet werden.
Das Mengenverhältniß zwischen Salz und Ammoniak ist keineswegs gleichgültig. Man
sollte auf den ersten Blick es für das Beste halten, sie zu gleichen Atomen, also
auf je 100 Gewichtstheile Salz 44 Theile reines Ammoniak anzuwenden; allein, und
hierin liegt ein wesentlicher Uebelstand, die Zersetzung (nach der Behandlung mit
Kohlensäure) erfolgt dann nur theilweise, und zwar zu etwa 2/3, so daß aus 100
Gewichtstheilen Salz nur etwa 105 (statt der theoretischen 158) Bicarbonat erfolgen.
Fügt man dagegen dem Salz nur die Hälfte der vorher angegebenen Menge Ammoniak
hinzu, oder mit anderen Worten, wendet man auf jedes Atom Ammoniak zwei Atome
Kochsalz an, so erfolgt die Zersetzung hinsichtlich des Ammoniaks vollständiger, und
zwar zu 4/5. Es entgeht aber dann über die Hälfte des Salzes der Zersetzung, welches
allerdings, wie schon oben gezeigt wurde, wiedergewonnen werden kann, dabei aber
jedenfalls Weitläufigkeiten veranlaßt. In Fällen also, wo der Preis des Salzes oder
der gesättigten Soole ein sehr niedriger ist, man also den Verlust von mehr als der
Hälfte nicht zu achten braucht, wird man zwar das letztere Verhältniß in Anwendung
bringen können, sonst aber jedenfalls das erstere von 100 Salz auf 44 Ammoniak
beizubehalten haben. Es ist wohl nicht zu bezweifeln, daß man bei einem Ueberschuß
voll Ammoniak dahin kommen könnte, die Zersetzung des Salzes ziemlich vollständig zu
erreichen, es würden aber beim Arbeiten mit so großen Mengen Ammoniaks die Verluste
desselben sich in gleichem Maaße steigern, weßhalb es, bei dem so großen
Preisunterschiede zwischen Salz und Salmiak, zweckmäßiger seyn wird, einen Antheil
Salz aufzuopfern, als die Menge des in Arbeit befindlichen Ammoniaks über Gebühr zu
vergrößern.
Nachdem nun die Salzlösung mit der erforderlichen Menge Ammoniak, sey dieses nun rein
oder kohlensauer, geschwängert worden, muß es der Behandlung mit Kohlensäure
unterworfen werden. Beim bloßen Hindurchleiten von kohlensaurem Gase wird dieses so
äußerst langsam aufgenommen, daß ein fabrikmäßiger Betrieb darauf wohl nicht zu
gründen wäre; selbst bei lebhafter Bewegung erfolgt, besonders gegen das Ende der
Sättigung, die Absorption der Kohlensäure ungemein langsam. Es würde daher wohl
unvermeidlich seyn, die Kohlensäure unter Druck mit der
Flüssigkeit in Berührung zu bringen, wie sich dieses auch bei meinen Versuchen im
Kleinen als äußerst wirksam bewahrt hat. Es wird sich dazu im Großen eine ähnliche
Einrichtung empfehlen, wie sie zur Anfertigung von kohlensäurehaltigen Wassern schon
längst in Gebrauch ist, nur würde der Apparat größer und von Gußeisen, im Innern mit
Blei ausgefüttert, auszuführen seyn.
Trennung des Bicarbonats von der Flüssigkeit. Das
doppelt-kohlensaure Natron scheidet sich in Gestalt eines feinen
krystallinischen Niederschlages aus, während allerdings ein kleiner Theil in
Auflösung verbleiben mag. Durch bloßes Filtriren die Trennung und Auswaschung zu
bewirken, würde sehr lange dauern, weil wegen der Feinheit des Niederschlages die
Flüssigkeit sehr langsam und unvollständig abfließt. Man würde daher zur
Beschleunigung zu künstlichen Mitteln seine Zuflucht nehmen müssen, unter welchen
eine Centrifugalmaschine oder ein Saugwerk (sogenannter Nutschapparat) sich am
besten eignen dürfte. Ich habe bei meinen Versuchen mich des letzteren bedient und
sehr rasche Wirkung erhalten. Da aber eine möglichst vollständige Entfernung des
Salmiaks als wichtige Bedingung vorliegt, so sind, nach dem Absaugen der ersten
Flüssigkeit, noch mehrmalige, etwa 4 Waschungen erforderlich, welche mit gesättigter
Bicarbonatlösung gemacht werden müssen und zwar am besten nach der Methode der
continuirlichen Auslaugung, in der Art also, daß man zur ersten Waschung die
Flüssigkeit verwendet, welche bei der vorhergehenden Operation zur zweiten Waschung
diente, u.s.f., und nur die letzte Waschung mit reiner Bicarbonatlösung verrichtet.
Die von der Luftpumpe aufgesogene Luft enthält eine geringe Menge kohlensauren
Ammoniaks, welche sich zwar leicht wiedergewinnen ließe, aber so gering ist, daß
sich die damit verbundenen Weitläufigkeiten kaum bezahlt machen dürften.
Das durch mehrmalige Waschungen ziemlich gereinigte Bicarbonat wird schließlich in
leinenen Säcken mit einer starken Schrauben-, oder besser hydraulischen
Presse gepreßt, welches vorzüglich leicht von Statten geht und es in Gestalt einer
fast trocknen, ganz harten Masse zurückläßt.
Wiedergewinnung des Ammoniaks. Es ist bereits oben
angeführt, daß nach der ursprünglichen Methode von Dyar
und Hemming
das Ammoniak im
kohlensauren Zustande wiedergewonnen werden soll, daß aber seine Wiedergewinnung im
reinen ätzenden Zustande bei weitem bequemer ist; ich werde daher dieses letztere
Verfahren zuerst anführen.
1) Gewinnung des Ammoniaks im reinen Zustande. Die auf dem Nutschapparat abgesogene
oder durch die Centrifugalmaschine gewonnene erste concentrirte Salmiaklösung,
welche auch noch eine gewisse Menge kohlensauren Ammoniaks enthält, wird in einer
eisernen Blase mit der nöthigen Menge zu Staub gelöschten Kalkes versetzt und bis
zur vollständigen Entfernung des Ammoniaks gekocht. Man leitet das übergehende
Ammoniakgas in einen mit Blei ausgefütterten geschlossenen Behälter, in welchen
vorher die Kochsalzlösung gebracht ist, und worin sich das Ammoniak verdichtet. Da
aber bei der Entwickelung des Ammoniaks aus der kochenden Flüssigkeit eine ziemlich
bedeutende Menge Wasser mit verdampft, welche eine nachtheilige Verdünnung der
Salzlösung zur Folge haben wurde, so ist es rathsam, nur einen Theil des Salzes als
Lösung, den anderen Theil in festem Zustande anzuwenden. Bei Verarbeitung von
gesättigter natürlicher Soole dagegen läßt sich ihre Verdünnung durch mit
übergehendes Wasser fast ganz vermeiden, wenn zwei Blasen
vorhanden, und in solcher Art verbunden sind, daß man, wie bei den neueren
Brenn-Apparaten, aus der einen in die andere destilliren kann. Bezeichnen wir
dieselben mit A und B. Zu
Anfang füllt man beide mit Salmiaklösung und Kalk, treibt das Ammoniak A in B über, entleert A, läßt den Inhalt von B
welcher nun die doppelte Menge Ammoniak enthält, in A
abfließen, füllt B mit neuer Flüssigkeit und beginnt
wieder mit der Destillation aus A. Jetzt aber läßt man
die erste Hälfte des Ammoniaks, welche fast wasserfrei entweicht, zu der Salzsoole
gelangen, die letztere Hälfte dagegen, welche viel Wasserdampf mitnimmt, in die
Blase B. Nach völliger Erschöpfung der Flüssigkeit in
A wird sie abgelassen, der Inhalt von B auf A gebracht, B neu gefüllt, u.s.f.
2) Gewinnung des Ammoniaks im kohlensauren Zustande. Zu diesem Ende ist die
salmiakhaltende Flüssigkeit entweder ganz zur Trockne, oder bis zur Krystallisation
des Salmiaks abzudampfen, der Salmiak mit der doppelten Gewichtsmenge Kreide oder
sehr fein gemahlenen Kalksteins zu mengen, und in eisernen Retorten bei gelinder
Glühhitze zu zersetzen. Da jedoch das rückständige Chlorcalcium in der Glühhitze
erweicht und nicht gut aus den Retorten zu entfernen seyn würde, so ist es rathsam,
eine dem Gewicht des Salmiaks gleiche Menge feuchten Thones zuzusehen, und aus
dieser Mischung von Salmiak, Kreide und Thon in einer Form kurze Cylinder zu
schlagen, deren Durchmesser um etwas geringer seyn muß, als jener der Retorten. Diese thonhaltigen
Kuchen erweichen nicht und sind nach beendigter Operation leicht aus den Retorten zu
entfernen.
Ich werde mich aber bei diesem Proceß der Wiedergewinnung des Ammoniaks im
kohlensauren Zustande nicht länger aushalten, weil er aus mehreren Gründen, theils
des bedeutenden Aufwandes an Brennmaterial und Arbeitslohn, theils eines
unvermeidlichen Verlustes von etwa 2 Proc. Ammoniak wegen, nicht empfehlenswerth
ist.
Nachdem nun also das Ammoniak wiedergewonnen und von der Salzlösung absorbirt worden,
fängt der Cyclus von vorn wieder an.
Stellt man über die wahrscheinliche Rentabilität der Fabrication von Bicarbonat und
von Soda nach der beschriebenen Methode eine Berechnung auf, so ergibt sich für Soda
ein ziemlich ungünstiges, für Bicarbonat dagegen ein günstiges Resultat.
A. Für Soda, eine tägliche
Production von 1000 Pfd. angenommen) in jährlich 300 Arbeitstagen.
Zinsen eines Anlagecapitals von 30,000
Rthlr.
1200 Rthlr.
Amortisationsfonds
800 „
Reparaturkosten des Gebäudes
120 „
Abnutzung und Reparaturen der
Apparate
1800 „
Zinsen eines Betriebskapitals von 5000
Rthlr.
200 „
Kochsalz, täglich 1650 Pfd., à 8 g Gr., pro Ctr.
1650 „
Salmiak
450 „
Kalkstein, à 1 gGr. pro Ctr.
250 „
Feuerung, täglich 30 Ctr., à 8 gGr.
3000 „
Arbeitslohn, 12 Arbeiter à 12 gGr.
1872 „
Werkführer
500 „
Erleuchtung
100 „
Fastage
500 „
Fuhrlohn
200 „
––––––––––––––––––
Summa 12,642 Rthlr.
Gewonnen 3000 Ctr. Soda, welche sich demnach zu etwa 4 1/4 Rthlr. calculirt, wogegen
der jetzige Verkaufspreis zu 5 1/2 Rthlr. angenommen werden kann.
Es ist in dieser Rechnung die zur Bereitung der Kohlensäure nöthige Salzsäure aus
demselben oben angeführten Grunde nicht mit in Anschlag gebracht, aus welchem auch
Comptoir- und Handlungskosten nicht mit in Anschlag gebracht sind. Sollte die
Fabrication allein für sich betrieben und zu dem Ende die Salzsäure angekauft
werden, so würden täglich etwa 3000 Pfd. 15grädiger Säure nöthig seyn, welche, zu 8
gGr. veranschlagt, die
jährlichen Fabricationskosten um etwa 3000 Rthlr. erhöhen würden. Dazu noch
Comptoir- und Handlungskosten mit etwa 500 Rthlr. würde sich die gewonnene
Soda auf beinahe 5 1/2 Rthlr. calculiren, der Gewinn sich also auf 0 reduciren.
Günstiger berechnet sich die Fabrication von Bicarbonat, für welche jedoch des
geringeren Absatzes wegen die Fabrication in einem kleineren Maaßstabe stattfinden
müßte. Legen wir eine tägliche Production von 500 Pfd. zu Grunde, so würden sich die
Kosten etwa folgendermaßen vertheilen:
Zinsen des Anlagecapitals von 20,000
Rthlr.
800 Rthlr.
Amortisationsfonds
Amortisatisationsfonds
533 „
Reparaturkosten des Gebäudes
80 „
Abnutzung der Apparate
1000 „
Zinsen eines Betriebscapitals von 3000
Rthlr.
120 „
Kochsalz, täglich 4 3/4 Ctr., à 8 gGr.
475 „
Salmiak
400 „
Kalkstein
120 „
Feuerung, täglich 12 Ctr.
1200 „
Arbeitslohn, 10 Arbeiter à 12 gGr.
1500 „
Werkführer
500 „
Erleuchtung
100 „
Fastage
300 „
Fuhrlohn
100 „
–––––––––––––––
Summa 7228 Rthlr.
Gewonnen 1500 Ctr. Bicarbonat, welches sich demnach zu 4 Rthlr. 20 gGr. berechnet.
Müßte die zur Kohlensäurebereitung erforderliche Salzsäure angekauft werden, deren
Kosten sich auf etwa 1700 Rthlr. beliefen, so würden sich die Gestehungskosten des
Bicarbonats auf reichlich 6 Rthlr. calculiren; so daß, bei einem Verkaufspreis von 8
Rthlr., im ersten Fall ein Gewinn von 3 Rthlr. 4 gGr., im letzten Fall dagegen ein
Gewinn von 2 Rthlr. pro Ctr. verbleiben würde.
So günstig sich aber auch diese Berechnung herausstellt, so trage ich dennoch
Bedenken, die Fabrication des Bicarbonates nach dem beschriebenen Verfahren
unbedingt zu empfehlen, weil es noch sehr in Frage steht, ob nicht die gewöhnliche,
ohne Vergleich einfachere, mit höchst einfachen Apparaten und ganz ohne
Brennstoffverbrauch ausführbare Darstellung durch Behandlung von krystallisirter
Soda mit Kohlensäure den Vorzug verdient.