Titel: | Nickeloxydulammoniak, ein Unterscheidungsmittel von Seide und Baumwolle; von Prof. Dr. J. Schloßberger. |
Fundstelle: | Band 149, Jahrgang 1858, Nr. XXXIX., S. 144 |
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XXXIX.
Nickeloxydulammoniak, ein Unterscheidungsmittel
von Seide und Baumwolle; von Prof. Dr. J. Schloßberger.
Aus dem Journal für praktische Chemie, 1858, Bd. LXXIII S.
369.
Schloßberger, über die Wirkung des Nickeloxydulammoniaks auf
Seide.
Die blauviolette Auflösung von frischgefälltem Nickeloxydulhydrat in starkem Ammoniak übt eine
höchst merkwürdige Einwirkung auf Seide aus. Werden
nämlich Seidefäden mit einem Tropfen jener Lösung unter dem Mikroskope
zusammengebracht, so nimmt man alsbald eigenthümliche wurmförmige Bewegungen an
denselben wahr, gleichzeitig quellen sie ansehnlich auf und erhalten eine gelbe Färbung. Bald darauf erblassen die Conturen, zum
Theil (bei der Rohseide) unter ziemlichen Aufblähungen oder Einrissen der äußersten
Hüllen der Fäden, endlich erfolgt eine vollständige Lösung. Wird Seide im
Reagensglas mit der blauen Nickellösung vermittelst des Glasstabs durchknetet, so
wird die Seide bald braungelb, etwa wie die Farbe des Eisenoxydhydrats gefärbt, sie
wird schlüpfrig, gallertartig, zuletzt erhält man eine braungelbe vollkommene Lösung.
Werden die Seidenfäden im ersten Stadium ihrer Veränderung durch mein neues Reagens
mit Wasser ausgesüßt, so hört jede weitere Einwirkung auf; sie werden auch noch
später in demjenigen Stadium durch das Auswaschen fixirt, in welchem sie sich eben
befinden. Dasselbe erfolgt durch einen Tropfen schwacher Säure, wobei zugleich der
Faden etwas an Volumen wieder einbüßt und farblos wird.
Auflösungen von Alkalisalzen fällen die Seidenlösung nicht; ebensowenig
Zucker- oder Gummilösung. Bemerkenswerth ist, daß eine Lösung von Salmiak der
braungelben Lösung der Seide in Nickeloxydulammoniak wieder die blauviolette Färbung
zurückgibt, ohne irgend etwas abzuscheiden. – Die Nickelseidelösung wird
durch Säuren reichlich, und wenn die Säuren nicht zu stark sind, bleibend (in
farblosen Flocken, von dem Aussehen des Thonerdehydrats) niedergeschlagen; die
Flüssigkeit zeigt jetzt eine grünliche Farbe.
Cellulose (Baumwolle) wird selbst bei mehrtägigem
Verweilen in der Nickeloxydulammoniaklösung durchaus nicht
verändert; die Baumwollfasern zeigten nach dreitägigem Stehen darin unter
dem Mikroskop noch vollständig die ursprüngliche Form; von Aufquellen, von Färbung
keine Spur. Auch Kartoffelstärke quoll darin nicht auf; dagegen wurde Inulin
allmählich darin gelöst.
Bis jetzt ist es mir nicht gelungen, mit Lösungen von Kobaltoxydul, von Zinkoxyd, von
Thonerde in Ammoniak irgend eine analoge Wirkung auf Seide zu erzielen, wie ich sie
eben von der Nickeloxydullösung beschrieb. Für die Färbung, das Aufquellen und die
Lösung der Seide durch letztere ist es im Wesentlichen gleichgültig, ob Rohseide
oder solche Seide angewandt wird, die durch Auskochen entgommt worden.