Titel: | Ueber die Entdeckung des Natronsalpeters in einem damit verfälschten Kalisalpeter; von Ernst Friedrich Anthon. |
Autor: | Ernst Friedrich Anthon [GND] |
Fundstelle: | Band 149, Jahrgang 1858, Nr. LVII., S. 190 |
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LVII.
Ueber die Entdeckung des Natronsalpeters in einem
damit verfälschten Kalisalpeter; von Ernst
Friedrich Anthon.
Anthon, über die Entdeckung des Natronsalpeters in einem damit
verfälschten Kalisalpeter.
Unter den Methoden den Salpeter auf seine Reinheit zu probiren, hat diejenige des
Artilleriehauptmanns Huß die meiste Verbreitung gefunden
und ist dieselbe gesetzlich vorgeschrieben, um den vom österreichischen Aerar
einzulösenden Salpeter bei der Uebernahme zu prüfen.
Diese Methode beruht auf der Annahme, daß gleiche Mengen Wasser, bei einer bestimmten
und gleichen Temperatur, stets gleiche Mengen Salpeter auflösen, ohne daß
gleichzeitig vorhandene fremde Salze einen abändernden Einfluß dabei zu veranlassen
im Stande sind – und daß jede gesättigte Auflösung von Salpeter in Wasser
sofort Salpeter in Krystallen abzusetzen anfängt, sobald ihre Temperatur unter den
Sättigungspunkt fällt.
Bei der Ausübung des Verfahrens löst man 40 Theile des zu prüfenden Salpeters in 100
Theilen gelinde erhitztem Wasser auf und läßt diese Auflösung unter stetem Umrühren
allmählich auskühlen, um hierbei unter Anwendung eines sehr genauen Thermometers
scharf den Temperaturgrad zu beobachten, bei welchem sich Salpeter in Krystallen
auszuscheiden anfängt. Der Temperaturgrad bei welchem dieses geschieht, entspricht
einem bestimmten Salpetergehalt, welcher aus einer von Huß entworfenen Tabelle ersichtlich ist.
Man ersieht hieraus daß es sich bei dieser Methode, welche man die
„österreichische oder Artillerie-Salpeterprobe“
nennt, nicht darum handelt, eine bestimmte Verunreinigung oder Verfälschung des
Kalisalpeters nachzuweisen, sondern um die Ermittelung des wirklichen
Procentengehaltes in dem Kalisalpeter.
ToelPolytechn. Journal Bd. CXLII S.
284. änderte diese Methode in der Art ab, daß man damit das Vorhandenseyn von
Natronsalpeter in einem damit verfälschten Kalisalpeter nachzuweisen vermag. Es
geschieht dieses in der Weise, daß man den zu prüfenden Salpeter zweimal der Huß'schen Probe unterwirft und zwar einmal für sich und
das zweitemal, nachdem man dessen Lösung eine halbe Stunde lang mit etwas
kohlensaurem Kali gekocht und das dabei verdampfte Wasser wieder ersetzt hat. War
Natronsalpeter vorhanden, so stellt sich heraus, daß bei der zweiten Probe der
Krystallisationspunkt gestiegen ist.
Von dieser Methode gibt jedoch Toel selbst an, daß sie zur
procentarischen Bestimmung des Natronsalpeters nicht ausreiche, sondern eben nur die
Gegenwart desselben überhaupt nachweise. Außerdem ist diese Methode aber auch
zeitraubend und umständlich, und erfordert ein in Viertelgrade eingetheiltes genaues
Thermometer.
Es war somit auch durch diese Methode dem Bedürfniß nach einem einfachen, schnell und
leicht ausführbaren und hinlänglich genauen Verfahren zur Bestimmung des
Natronsalpeters im Kalisalpeter nicht abgeholfen, – ein Bedürfniß, welches um
so fühlbarer ist, als die absichtliche Verfälschung des Kalisalpeters mit
Natronsalpeter gegenwärtig sehr häufig vorkommt und eben deßwegen im
Geschäftsverkehr hierauf bezügliche Streitigkeiten entstehen.
Ich glaube daher denjenigen, die sich mit dem Verkauf des Salpeters befassen oder
denselben verarbeiten, einen besonderen Dienst zu erweisen, wenn ich ihnen eine
Methode angebe, mittelst welcher man sich schnell, ohne besondere Vorbereitungen,
ohne erhebliche Gewandtheit im Experimentiren und dennoch hinlänglich genau davon
überzeugen kann, ob ein Kalisalpeter rein sey oder Natronsalpeter, und zwar wie viel
von demselben enthalte.
Mein Verfahren beruht darauf, daß eine bei gewöhnlicher Temperatur vollkommen
gesättigte Lösung von Kalisalpeter in Wasser ein immer gleiches specifisches Gewicht
zu erkennen gibt, dieses aber sich um so höher herausstellt, je mehr Natronsalpeter
in dem Kalisalpeter enthalten ist.
Eine bei 13° R. völlig gesättigte Lösung von reinem Kalisalpeter zeigt ein
specifisches Gewicht von 1140. Eine solche Lösung enthält in 100 Gewichtstheilen
nahe 29 Gewichtstheile Salpeter, und es steigt das specifische Gewicht durch Zusatz
von Natronsalpeter in folgender Weise:
durch 1 Proc.
Natronsalpeter
auf
1142
„ 3 „
„ „
1147
„ 6 „
„ „
1153
„
10 „
„ „
1161
Obgleich nun diese Zunahme an Dichtigkeit von der Art ist, daß man darnach schon den
Procentengehalt eines Kalisalpeters an Natronsalpeter erfahren kann, so erscheint
dieselbe doch noch zu gering um die Probe recht augenfällig zu machen.
Man kann aber die Dichtigkeit in einem viel größeren Verhältniß wachsen lassen und
dem Verfahren dadurch mehr Genauigkeit verleihen, wenn man mit dem zu prüfenden
Salpeter in der Art eine concentrirte Lösung bereitet, daß man denselben mit recht
wenig Wasser behandelt, so daß diesem ein großer Ueberschuß von Salpeter dargeboten
ist. Die Folge davon wird alsdann die seyn, daß das Lösungswasser, während es sich
mit Kalisalpeter sättigt, und einen großen Theil desselben unaufgelöst liegen läßt,
auch diesem letzteren den Natronsalpeter entzieht und eine um so dichtere Lösung
liefern muß, je größer die angewendete Menge Salpeter im Verhältniß zum Wasser
war.
Wendet man hierbei zur Bereitung der concentrirten Salpeterlösung die doppelte Menge
Salpeter gegen das Wasser an, so ergeben sich bei einer Temperatur von 13° R.
folgende Dichtigkeiten:
bei reinem Salpeter
1140 = nahe
18° Baumé
„ 1 Proc.
Natronsalpeter
1163 = „
20 1/2° „
„ 3
„ „
1195 = „
23 1/3° „
„ 6
„ „
1217 = „
26° „
„ 10
„ „
1242 = „
28 1/8° „
„ 40
„ „
1436 = „
44° „
„ 45
„ „
1464 = „
46° „
„ 47
„ „
1475 = „
47° „
Es sind dieses Zunahmen die so bedeutend sind, daß das Verfahren schon mit dem bloßen
Aräometer ausführbar ist, da z.B. 10 Procent Natronsalpeter schon eine Erhöhung der
Dichtigkeit um circa 10° B. veranlaßte und sonach
schon mittelst desselben 1/2 Proc. Natronsalpeter im Kalisalpeter nachgewiesen
werden kann. Bei Anwendung des Picnometers oder Tausendgranfläschchens ist es sogar
möglich, selbst 1/10 Proc. Natronsalpeter nachzuweisen, – eine Genauigkeit
die sicher nichts zu wünschen übrig läßt.
Um jedoch diesen Grad der Genauigkeit zu bewirken, ist es nothwendig, zu der zur
Prüfung zu bereitenden Salpeterlösung auf 2 Theile Salpeter nur 1 Theil Wasser zu
nehmen.
Hat man den Salpeter etwas zerkleinert, so genügt ein 5–10 Minuten langes
Schütteln, um eine bei gewöhnlicher Temperatur gesättigte Lösung herzustellen,
welche man nöthigenfalls durch ein Stückchen Leinwand filtrirt und mittelst des
Aräometers oder auf beliebige andere Weise auf die Dichtigkeit prüft. Natürlich muß
man hierbei so viel Salpeter anwenden, daß man die zur Vornahme der Probe
nothwendige Menge concentrirter Lösung erhält. Bei Anwendung eines Aräometers und einer nicht zu
weiten Hülse genügt es, sich eine Lösung von circa 20
Loth Salpeter mit der halben Menge Wasser darzustellen.
Bei Benutzung eines Tausendgranfläschchens reicht es hin, sich eine Lösung aus
10–12 Loth Salpeter mit der halben Menge Wasser zu bereiten.
Wer bei der Anwendung des Aräometers nicht so viel Salpeter anwenden will, oder so
viel zur Verfügung hat, der kann das Verfahren auch in der Weise ausführen, daß er
zur Herstellung der Lösung gleiche Mengen von Salpeter und Wasser nimmt.
Es genügen dann schon circa 10 Loth Salpeter und eben so
viel Wasser. Natürlich fällt die Zunahme der Dichtigkeit in diesem Falle auch nur
halb so groß aus, als wie oben angegeben, immer aber noch so bedeutend, daß die
Probe in fast allen Fällen genügen wird.
Die Frage, wie groß der Gehalt an Natronsalpeter im Kalisalpeter seyn dürfe, um durch
diese Methode noch ermittelt werden zu können, ist dahin zu beantworten, daß die
Gränze dahin fällt, wo die anzuwendende Menge Wasser (nämlich das halbe Gewicht von
dem zu prüfenden Salpeter) nicht mehr hinreicht, um allen in dem Kalisalpeter
enthaltenen Natronsalpeter aufzulösen. Diese Gränze ist 47 Proc., wo man dann eine
Lösung von 1475 spec. Gewicht erhält. Bei einem Gehalt von 48 Proc. bleibt bei
13° R. schon ein geringer Theil Natronsalpeter unaufgelöst, und noch größere
Mengen desselben üben keinen weiteren Einfluß auf das spec. Gewicht aus, indem
dasselbe sich stets nun so herausstellt, wie es eine Lösung besitzt, die man dadurch
erhält, daß man dem Wasser einen Ueberschuß von Kalisalpeter sowohl als von
Natronsalpeter darbietet.
Daß das Gesagte jedoch nur insofern gilt, als man die halbe Menge von Wasser gegen
den zu prüfenden Salpeter anwendet, versteht sich von selbst, da man bei Anwendung
von gleichen Mengen von Wasser und Salpeter auch die höheren Gehalte procentarisch
nachzuweisen vermag.
Schließlich muß ich nur noch bemerken, daß man bei dieser Prüfung sich von der
Abwesenheit erheblicher Mengen von Chloriden zu überzeugen hat, um sicher zu seyn,
daß die Zunahme der Dichtigkeit ihren Grund wirklich in vorhandenem Natronsalpeter
und nicht in der Gegenwart von Kochsalz oder Digestivsalz habe – Fälle die
jedoch nur äußerst selten vorkommen werden.