Titel: | Direct wirkende Wasserhaltungs-Dampfmaschine mit Schiebersteuerung ohne Schwungrad; von P. Rittinger, k. k. Sectionsrath. |
Fundstelle: | Band 149, Jahrgang 1858, Nr. LXXI., S. 242 |
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LXXI.
Direct wirkende
Wasserhaltungs-Dampfmaschine mit Schiebersteuerung ohne Schwungrad; von P. Rittinger, k. k.
Sectionsrath.
Aus der Zeitschrift des österreichischen
Ingenieur-Vereins, 1858 S. 9.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Rittinger's direct wirkende Wasserhaltungs-Dampfmaschine mit
Schiebersteuerung ohne Schwungrad.
Die in Fig. 1
und 2
dargestellte direct wirkende Wasserhaltungsmaschine ist seit October 1857 am
ärarischen Kohlenschachte Nr. 1 zu Wegwanow (bei Radnitz) in Böhmen im Gange. Sie
wurde nach meinem Entwurfe in der fürstlich Salm'schen Maschinenfabrik zu Blansko
ausgeführt und unterscheidet sich wesentlich von andern Dampfmaschinen gleicher Art
durch ihre Steuerung; letztere wird nämlich nicht wie gewöhnlich mittelst Ventilen,
die durch ein complicirtes Hebelwerk in Bewegung versetzt werden, sondern mittelst
eines entlasteten Schiebers bewerkstelligt, den eine sehr kleine, gleichfalls direct wirkende
Dampfmaschine in die erforderlichen Stellungen bringt.
Zur Erläuterung der beiden Figuren mag Nachstehendes dienen: A ist der Treibcylinder, 30 Zoll im Durchmesser; derselbe ruht auf zwei
gußeisernen Tragbalken B, B, die über den Schacht
gespannt sind, denen die Platten C zur Unterlage
dienen.
Der Kolben D hat einen Lauf von 6 Fuß und ist mit einer
Metallliederung versehen.
Das untere Ende der Kolbenstange d geht durch einen
gußeisernen Kreuzkopf E, der von einer Doppelmutter e getragen wird. Dieser Kreuzkopf stößt in der höchsten
Lage des Kolbens nach Oben auf starke hölzerne Polster (die in der Zeichnung nicht
erscheinen), wodurch das Kolbenspiel in dieser Richtung begränzt wird.
Mit dem Kreuzkopf steht das hölzerne Gestänge G mittelst
zweier Schraubenlaschen g in solider Verbindung, und es
sind weiter unten an das Gestänge zwei hölzerne Zulagen angeschraubt, welche das
Spiel des Kolbens nach Unten begränzen.
H ist der entlastete Vertheilungsschieber; der Dampf
tritt durch das Rohr I in den Schieberkasten K, von da durch den Hals L
in den Treibcylinder, und aus diesem bei der gezeichneten Stellung des Schiebers
durch den Canal M in das Abstoßrohr N. Letzteres communicirt bei n mit dem obern Theile des Dampfcylinders, wodurch bei außerordentlichen
Ausschreitungen des Dampfkolbens eine elastische Prellung gegen den obern
Cylinderdeckel ermöglicht wird.
Den Hin- und Hergang des Schiebers bewirkt die kleine direct- und doppeltwirkende
Dampfmaschine
O, deren Schieber P mittelst
dünner Stangen und Hebeln von dem Kreuzkopfe E in den
extremen Stellungen des Treibkolbens in Thätigkeit gesetzt wird. Zu diesem Ende
befinden sich nahe an den Enden der Stange Q in einem
dem Kolbenhube nahe gleichen Abstande zwei verstellbare Hülsen R, die von einer an dem Kreuzkopf befestigten Knagge S erfaßt werden. Der Steuerungsschieber kann auch
übrigens mittelst des Hebels T vom Maschinenwärter
gehandhabt werden, was jedoch nur beim Anlassen der Maschine nothwendig wird.
Die kleine Dampfmaschine O erhält den Dampf aus dem
Dampfrohre I durch das Röhrchen i und gibt denselben, nachdem er gewirkt hat, durch ein zweites Röhrchen
an das Abstoßrohr N ab. Beide Röhrchen sind mit Hähnen
h versehen, mittelst deren der Zu- und Abfluß
des Dampfes regulirt werden kann. Letzterer Zweck wird jedoch weit vollkommener
durch einen kleinen Wasserregulator
Z erreicht, der oberhalb der kleinen Dampfmaschine O angebracht ist, und dessen Kolben mit dem Kolben der
letzteren in directer Verbindung steht. Der Kolben des Regulators besteht aus zwei
durchbrochenen Scheiben, welche über einander sich verschieben lassen, so daß die
Communicationsöffnungen zwischen den zu beiden Seiten des Kolbens befindlichen
Räumen dadurch sich beliebig erweitern lassen. Da der Uebertritt des Wassers aus einem dieser Räume in
den andern hiedurch mehr oder weniger verzögert wird, so zwingt man auf diese Art
den durchbrochenen Kolben und mit ihm zugleich den Kolben der kleinen Dampfmaschine,
sich langsamer oder schneller zu bewegen, wie es gerade das Spiel der Maschine
wünschenswerth macht.
Zur weitern Regulirung der Dampfmaschine in ihrem Gange dienen ein Ventil und eine
Drosselklappe, wovon ersteres in dem Rohre I bei F angebracht ist, und mittelst des Handrädchens M sich bewegen läßt, während letztere bei V im Abstoßrohre N sich
befindet, und mittelst des Handrädchens w gehandhabt
wird.
Durch diese Anordnung der Steuerung ist der Bau der ganzen Maschine wesentlich
vereinfacht; außerdem stehen alle Steuerungsbestandtheile mit dem Treibrade in einer
starren Verbindung, was die Aufstellung der Maschine sehr erleichtert. Das
Gesammtgewicht dieser Maschine beträgt 257 Ctr. und es kostete dieselbe loco Fabrik 7450 fl.
Sie zeichnet sich insbesondere durch ihren ruhigen Gang und leichte Regulirbarkeit
desselben vortheilhaft aus.