Titel: | Ueber die Elektricitäts-Leitungsfähigkeit von käuflichen Kupferdrähten aus verschiedenen Bezugsquellen; von Professor W. Thomson. |
Fundstelle: | Band 149, Jahrgang 1858, Nr. CIV., S. 364 |
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CIV.
Ueber die Elektricitäts-Leitungsfähigkeit
von käuflichen Kupferdrähten aus verschiedenen Bezugsquellen; von Professor W. Thomson.
Aus dem Philosophical Magazine, Juni 1858, S. 472, durch
die Zeitschrift des deutsch-österreichischen Telegraphenvereins, 1858 S.
137.
Thomson, über die Elektricitäts-Leitungsfähigkeit von
käuflichen Kupferdrähten aus verschiedenen Bezugsquellen.
Bei der Messung des Widerstandes verschiedener für submarine Leitungen bestimmten
Kupferdrähte fand ich zu meinem Erstaunen Unterschiede von solchem Belange, daß sie
auf die praktische Leistungsfähigkeit der verschiedenen Drähte für den
beabsichtigten Zweck erheblichen Einfluß haben mußten. Anfangs schien es, daß die
Erklärung dieser Unterschiede in den Processen des Verspinnens zu einem Drahtseile
und der Bekleidung mit Gutta-percha zu suchen sey, denen mehrere der Proben
unterlegen hatten. Eine sorgfältige Untersuchung einer Anzahl von Kupferdrahtlitzen,
deren einige überzogen, andere nicht überzogen, andere mit Kautschuk gefirnißt und
noch andere durch starkes Ausglühen mit einer Oxydhaut bekleidet waren, lehrte
indeß, daß keiner dieser Umstände einen merklichen Einfluß auf den
Leitungswiderstand hat; man fand, daß das für die atlantische Kabel angefertigte
Drahtseil (entsprechend Nr. 14 der Drahtlehre, aus 7 Drähten Nr. 22
zusammengewunden, und pro Fuß im Ganzen durchschnittlich
109 bis 125 Grains wiegend) durchschnittlich ungefähr eben so gut leitete, wie
massiver Draht von demselben Querschnitt. Aber bei der größeren Anzahl von
Drahtproben, die bei dieser Gelegenheit zur Untersuchung gelangten, traten noch weit
beträchtlichere Unterschiede im Leitungsvermögen hervor, als früher beobachtet
worden. Da hiernach sicher erschien, daß diese Unterschiede von der Beschaffenheit
des Kupferdrahtes selbst herrührten, so wurde es von Wichtigkeit zu ermitteln, von
wo Draht der besten Qualität zu beziehen sey. Es wurden demnach Proben von einfachem
Draht Nr. 22 und von daraus gesponnenen Seilen, die aus verschiedenen Fabriken
herrührten, der Untersuchung unterworfen, welche für die einfachen Drähte Nr. 22 aus
vier verschiedenen Fabriken folgende Resultate lieferten:
Textabbildung Bd. 149, S. 365
Bezeichnung der Fabrik; Gewicht von
7 Fuß des Drahtes; Grains; Widerstand; bei gleicher Länge; reducirt auf gleiche
Länge und gleichen Querschnitt; Leitungsvermögen bei gleicher Masse und Länge
(umgekehrter Werth des Widerstandes); Der englische Grain ist sehr nahe der
7720ste Theil eines neuen Zollpfundes (= 1/2 Kilogramm)
Die aus den Drähten dieser vier Fabriken gesponnenen Seile zeigten nahe dasselbe
Verhältniß mit einer einzigen Ausnahme, wo das Verhältniß der Fabriken B und D gerade das
Umgekehrte war, und welche vermuthlich in einer zufälligen Vertauschung der
Bezeichnung der Proben ihren Grund hatte.
Je zwei andere Proben, welche etwa 10 Tage später ohne Auswahl aus großen von den
gedachten vier Fabriken gelieferten Drahtbeständen entnommen worden, wurden mit
anderen Instrumenten untersucht, ergaben aber, so genau als die Schätzung möglich
war, dieselben relativen Werthe. Es scheint somit, daß die Beschaffenheit des von
ein und derselben Fabrik gelieferten Drahtes sich ziemlich gleich bleibt, während
die Erzeugnisse einzelner Fabriken denen anderer an Qualität weit überlegen sind. Es
braucht nur hervorgehoben zu werden:
daß eine submarine Leitung aus Draht der Qualität wie ihn die
Fabrik A liefert, bei nur 1/21 Zoll Durchmesser und bis
zu 1/4 Zoll Durchmesser mit Gutta-percha bekleidet, unter Benutzung derselben
Stromquelle mehr leisten würde als eine andere, welche aus Draht der Qualität der
Fabrik D 1/16 Zoll dick angefertigt und bis zu einem
Durchmesser von 1/3 Zoll mit Gutta-percha bekleidet worden,
um zu zeigen, wie wichtig es für Unternehmer von submarinen
Telegraphen-Anlagen ist, nur den besten Kupferdraht zu diesem Zweck zu
verwenden. Die Beschaffung desselben in großen Massen in gleichförmiger, tadelfreier
Beschaffenheit wird durch die Thatsache ermöglicht, daß Drähte aus derselben Fabrik
stets nahe gleicher Güte sind, indem bei den obigen Messungen zwei von den Fabriken, deren
Erzeugnisse bis jetzt einer Prüfung unterworfen worden, Draht von bester oder nahezu
bester Qualität lieferten, die Beschaffenheit der Drähte aus den beiden anderen
Fabriken aber geringer war, und zwar in nahe constantem Verhältniß.
Die Aufklärung des Grundes dieser Verschiedenheit im
Elektricitäts-Leitungsvermögen würde für die Praxis wie für die Wissenschaft
von größter Wichtigkeit und hohem Interesse seyn. Sollte in der chemischen
Zusammensetzung der Grund zu suchen seyn, so müßten schon sehr geringe
Verunreinigungen große Aenderungen im Leitungsvermögen des Kupfers herbeiführen;
nach einer Analyse der HHrn. Mattley und Johnson hatte ein Kupfer, dessen Leitungsfähigkeit ich
sehr gering gefunden hatte, folgende Zusammensetzung:
Kupfer
99,75
Blei
0,21
Eisen
0,03
Zinn oder Antimon
0,01
––––––
100,00
Die gesammten Drahtvorräthe, von denen die gedachten Proben entnommen worden, waren
von den verschiedenen Fabrikanten als besonders rein bezeichnet worden, und da sie
in mechanischer Beziehung allen Anforderungen genügten, so hatte man eine
Ungleichförmigkeit ihres Werthes zu telegraphischen Zwecken in keiner Weise
geargwohnt, bis ich zuerst die Verschiedenheit ihres Leitungsvermögens
entdeckte.
Daß selbst die schlechtesten derselben manchen im Handel vorkommenden Kupfersorten,
wenn auch nicht allen käuflichen Kupferdrähten an Leitungsfähigkeit überlegen sind,
geht aus der nachfolgenden Reihe von Versuchen hervor, bei welchen ich Enden des
Kupferdrahtes Nr. 22 aus der Fabrik A, von dem der
laufende Fuß 17,3 Grains wog, mit gewöhnlichem, in Glasgow gekauften Kupferdraht,
feinem Kupferblech, wie es beim Calicodruck gebraucht wird, und gewöhnlichem
Kupferblech verglich.
Textabbildung Bd. 149, S. 367
Länge des Maaßdrathes Nr. 22. Zoll;
Bezeichnung der Kupferprobe; Gewicht derselben pro
Fuß; Grains; Länge derselben in Zollen, welche denselben Widerstand haben würde
wie der Maaßdraht; nach Rechnung bei gleicher Leitungsfähigkeit; nach dem
Versuch; Leitungsfähigkeitgegen Draht Nr. 22 als 100; Gewöhnlicher Draht Nr. 18;
Streifen von feinem Kupferblech; Streifen von gewöhnl. Kupferblech
Um zu entscheiden, ob die mechanische Beschaffenheit des Metalls, Härte oder
Weichheit, einen Einfluß auf seine Elektricitäts-Leitungsfähigkeit hat, wurde
folgender Versuch angestellt: von einem weichen Kupferdraht Nr. 18, der pro Fuß ein Gewicht von 57,5 Grains hatte, wurde ein
Ende abgeschnitten und durch angehängte Gewichte bis zum endlichen Zerreißen
gestreckt; der dadurch gehärtete Draht wog jetzt nur 44,8 Grains pro Fuß. Diesem Gewicht gemäß mußten, wenn die
Leitungsfähigkeit unverändert geblieben, 24 Zoll des so gehärteten Drahtes gleichen
Widerstand bieten, wie 30,8 Zoll des weichen; und genau dieß Resultat ergab auch der
Versuch.
Dieß Ergebniß zeigt, daß der höchste Grad von Härte, der durch Spannung
hervorgebracht wird, die Leitungsfähigkeit noch nicht um 1/2 Procent ändert; ein
ähnlicher Versuch zeigte, daß auch beim Flachhämmern eines Drahtes keine merklichere
Aenderung des Leitungsvermögens eintritt. Leichte Aenderungen der Leitungsfähigkeit
sind bei jeder Anspannung und auch nach Aufhörung der spannenden Kräfte ohne Zweifel
vorhandenOn the Electro-dynamic Qualities of the
Metals. Philosophical Transactions for 1856.; und ich habe bereits eine theilweise Untersuchung dieser Wirkungen bei
Kupfer-, Eisen- und Platindrähten angestellt, fand sie aber in allen
Fällen so außerordentlich gering, daß obiges Resultat für Kupferdraht nicht anders
zu erwarten war.
Es wäre wohl von Interesse zu ermitteln, ob die spiralförmige Windung, welche die
einzelnen Drähte beim Verspinnen zu einem Seile erhalten, überhaupt irgend einen
erheblichen Verlust an Leitungsvermögen herbeiführt, oder nicht, indem man den
Widerstand einfacher gerader Drähte sehr sorgfältig mit dem Widerstande von Seilen
vergleicht, die aus Draht von derselben Rolle gesponnen sind. Hiezu habe ich noch
keine Gelegenheit gehabt; aber aus den folgenden Versuchen erhellt, daß die Abnahme
an Leitungsfähigkeit, welche der Strang bei sorgfältiger Vergleichung mit geraden
massiven Drähten etwa zeigen möchte, gar nicht in Betracht kommt neben den
Unterschieden, welche eine Anzahl ohne Auswahl aus einem Vorrath von massiven
Drähten und Seilen in verschiedenen Stadien der Fabrication entnommene Proben
darbieten.
Versuche mit massivem Draht Nr. 16. Untersucht wurden je zwei Proben von 1000 Zoll Länge
in verschiedenen Stadien der Fabrication.
Widerstände.Die Messung des Widerstandes wurde
mittelst eines Joule'schen
Tangentengalvanometers mit 400 Windungen von feinem Kupferdraht
ausgeführt. Als Maaßeinheit diente ein Normalwiderstand von
Kupferdraht, den Prof. W. Weber so
freundlich gewesen ist für mich nach absolutem Maaß zu bestimmen und
zwar auf 20,055000 seiner Einheit, oder auf 6,580000 wenn diele
Einheit auf brittisches Maaß (engl. Fuß) reducirt wird. Die Zahlen
der letzten Spalte geben die Widerstände der verschiedenen Drähte
bei 1 Fuß engl. Länge und 1 Grain Gewicht nach absolutem Maaß in der
letztgedachten Einheit an. Die Wichtigkeit und der praktische Werth
des Systems der Bestimmungen nach absolutem Maaß, welches W. Weber (siehe dessen Abhandlung
„Messungen galvanischer Leitungswiderstände nach einem
absoluten Maaße“ in Poggendorffs Annalen, 1851, Bd.
LXXXII S. 337) in der Elektricitätslehre eingeführt hat, kann nicht
hoch genug geschätzt werden.
Gewicht pro
Fuß.
Grains.
Spec. Widerstand aufabsolut. Maaß reducirt.
Unbedeckter Draht
E₁ = 0,2036E₂ = 0,1995
0,2015
74,6
11,850000
einmal überzogen
F₁ = 0,2054F₂ =0,1999
0,2026
77,55
12,410000
zweimal überzogen
G₁ = 0,1963G₂ = 0,1963
0,1963
77,2
11,970000
dreimal überzogen
H₁ = 0,1893H₂ = 0,1916
0,1904
77,73
11,680000
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Mittel
0,1977
76,78
11,980000
Versuche mit Drahtseilen aus 7 Drähten Nr. 22 zur Dicke von Nr. 14 des Drahtmaaßes zusammengesponnen. Untersucht wurden je zwei
Proben von 100 Zoll Länge in verschiedenen Stadien
der Fabrication.
Widerstände.
Gewicht pro
Fuß. Grains.
Spec. Widerstand aufabsolut. Maaß reducirt.
Unbedeckter Draht
K₁ = 0,1595
K₂ = 0,1634
0,1614
115,82
14,750000
einmal überzogen
L₁ = 0,1037
L₂ = 0,1043
0,1040
109,37
8,964000
zweimal überzogen
M₁ = 0,1426M₂ = 0,1424
0,1425
111,95
12,590000
dreimal überzogen
N₁ = 0,1092N₂ = 0,1085
0,1088
121,30
10,430000
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Mittel
0,1294
114,61
11,680000
Die specifischen Widerstände der Kupferdrahtproben aus den Fabriken A, B, C und D, deren
relative Werthe oben angegeben worden, habe ich endlich durch Vergleichung mit dem
Widerstande F₂, dessen Werth nach absolutem Maaß
0,1999 × 6580000 oder = 1,316000 beträgt, nach absolutem Maaße bestimmt. Die
verschiedenen Resultate, reducirt auf Widerstände, der Grain als Einheit der Masse,
der engl. Fuß als Einheit der Länge angenommen, sind nebst vier Bestimmungen von Weber nachstehend zusammengestellt:
Bezeichnung
der Proben.
Specifischer Widerstand.
Kupferdraht Nr. 22 aus der Fabrik A
7,600000
Draht aus galvanoplastisch
niedergeschlagenem
Kupfer nach
Weber (1)
7,924000
Kupferdraht Nr. 22 aus der Fabrik B
7,940000
Gewöhnlicher Kupferdraht Nr. 18
8,100000
Kupferdraht Nr. 22 aus der Fabrik C
8,400000
Weber's Kupferdraht (Weber 2)
8,778000
Drahtseilprobe, einmal überzogen
8,960000
Kirchhoff's Kupferdraht (Weber 3)
9,225000
Drahtseilprobe, dreimal überzogen
10,400000
Jacobi's Kupferdraht (Weber 4)
10,870000
Kupferdraht Nr. 16, dreimal
überzogen
11,700000
„
„ zweimal
überzogen
11,970000
„
„ unbedeckt
11,850000
„
„ einmal
überzogen
12,410000
Drahtseilprobe, zweimal überzogen
12,590000
Streifen von feinem Kupferblech
13,600000
Kupferdraht Nr. 22 aus der Fabrik D
13,800000
Drahtseilprobe, unbedeckt
14,750000
Streifen von gewöhnlichem
Kupferblech
22,300000