Titel: | Beschreibung der Maschinen zum Kämmen der Wolle und Baumwolle von Josua Heilmann. |
Fundstelle: | Band 150, Jahrgang 1858, Nr. XXVIII., S. 96 |
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XXVIII.
Beschreibung der Maschinen zum Kämmen der Wolle
und Baumwolle von Josua
Heilmann.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Juni 1858, S. 421.
(Schluß von Bd. CXLIX S. 431.)
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Heilmann's Kämmmaschine.
4. Kämmmaschine für kurzstapelige
Faserstoffe.
Fig. 1, Tab.
II, stellt einen senkrechten Durchschnitt der Maschine nach einer Ebene dar, die
senkrecht auf der Achse der Kämmtrommel steht. Man erkennt auf den ersten Blick
wieder den größten Theil der Organe, aus denen die früher beschriebenen Maschinen
für mittelstapelige und langstapelige Faserstoffe bestehen.
Wir wollen zuvörderst den Gang des Faserstoffes und die Wirkung, welche auf denselben
in den verschiedenen Theilen der Maschine ausgeübt wird, verfolgen und dann auf die
Bewegungsübertragungen übergehen, welche aus Fig. 1 bis 8 auf Tab. II ersichtlich
sind.
Gang des Faserstoffs.
Die Baumwolle in Vließen oder Bändern, wie sie der
Kämmmaschine zugeführt wird, enthält kurze Fasern, Knoten und viele Unreinigkeiten.
Die Aufgabe der Maschine ist nun, diejenigen Fasern auszuscheiden, welche die
gewünschte Länge nicht haben, ferner alle Unreinigkeiten zu entfernen und ein Band
zu erzeugen, welches nur aus gleich langen und unter sich vollkommen parallel
liegenden Fasern besteht.
Gleiche Buchstaben und Zahlen bezeichnen dieselben Organe in den Figuren 1–8.
X Gestell der Maschine.
A eine Wickelwalze mit einer Anzahl Baumwollbänder oder
einem Baumwollvließe; sie liegt auf zwei hölzernen Walzen B und C, welche das Vließ in der gewünschten
Länge abwickeln und intermittirend wirken.
D ist ein Führer, welcher das von der Walze A sich abwickelnde Vließ aufnimmt und zwischen die
beiden Speisewalzen a und b
leitet. Die untere Walze a ist geriffelt und hat eine
abgesetzte rotirende Bewegung; die obere Walze b erhält
ihre Bewegung von der Walze a, gegen welche sie
angedrückt wird.
Wenn das Vließ aus den Walzen a und b hervortritt, so gelangt es in die Zange, welche aus
zwei Backen besteht, einer obern metallenen c, und einer
untern, mit Leder bekleideten d; letztere wird durch die
Federn x beständig gegen die erstere angedrückt.
Die obere Backe c erhält eine schwingende Bewegung um die
Achsen 1 und 2, und die untere Backe d folgt ihr in
dieser Bewegung, bis sie gegen die festen Punkte 3 am Gestelle trifft; alsdann geht
nur noch die Backe c aufwärts und es öffnet sich daher
die Zange.
In diesem Augenblicke lassen die Walzen a und b das Vließ vorrücken, dessen Kopf zwischen die Zange
gelangt und über dieselbe noch in solchem Maaße hinausgeht, wie es durch Regulirung
der Speisung bestimmt wurde.
Hierauf geht die Backe c wieder niederwärts, legt sich
gegen die Backe d, klemmt das Band fest, und die ganze
Zange dreht sich in Folge der schwingenden Bewegung, welche die obere Backe erhält,
um die Achse 1, bis der Kopf des Bandes den parallelen Kämmen E, womit ein Theil der Kämmtrommeloberfläche besetzt ist, dargeboten
wird.
Die Kämmtrommel ist zum Theil mit Kämmen E besetzt,
während ein anderer Theil derselben E' geriffelt ist.
Sie sitzt auf der Welle Z und erhält eine regelmäßige
und ununterbrochene Drehbewegung. Wenn die Kämme in das Vließ eintreten und durch
dasselbe hindurchgezogen werden, entfernen sie nicht nur alle Unreinigkeiten,
sondern nehmen auch die zu kurzen Fasern ab, welche die Zange nicht zurückhält.
e ist ein fester Kamm.
Sobald die Kämme E der Kämmtrommel gewirkt haben, geht
die Zange wieder in die Höhe, öffnet sich, wie wir schon oben sahen, und der feste
Kamm e tritt etwas weiter vorn in den schon gereinigten
Theil des Bandes.
In demselben Augenblick legt sich eine mit Leder überzogene Walze f, welche um die Achse einer geriffelten Walze g schwingt, fest gegen das geriffelte Segment E' der Kämmtrommel. Dadurch wird der Kopf des Bandes
zwischen zwei Flächen eingeschlossen, und da diese ihre Drehbewegung fortsetzen, so
wird das gefaßte Bandstück von dem festen Kamme e
abgezogen und also von dem dahinter liegenden Theile des Bandes vollständig abgetrennt. Der dadurch
gebildete Kammzug wird dann zwischen der Walze g und
einer andern geriffelten Walze h, welche hinter der
Walze f liegt, gefaßt.
In Folge dieses Abreißens bleiben alle Unreinigkeiten, welche noch im Kammzug
vorhanden waren, hinter dem festen Kamme e zurück, und
gehören nun demjenigen Theile des Bandes an, welcher bei der nächsten Operation zur
Bearbeitung gelangt, wobei sie von den Kämmen E der
Trommel ausgekämmt werden.
Die verschiedenen, nach einander abgerissenen Kammzüge vereinigen sich auf folgende
Weise zu einem vollkommen reinen Bande. Nach dem Abreißen machen die Abreißwalzen
f und g, zwischen denen
der Zug eingeklemmt ist, eine kleine rückgängige Bewegung, so daß ein Theil des
abgerissenen Kammzuges frei gemacht wird; auf diesen frei liegenden legt sich der
vordere Theil des folgenden Kammzugs auf und vereinigt sich unter der Einwirkung der
Walzen f, g, h mit demselben. Durch beständige
Fortsetzung dieser Operationen wird ein vollständiges fortlaufendes Band gebildet,
dessen Länge der Differenz zwischen den Quantitäten der Bewegungen, welche die
Abreißwalzen g und h
vor- und rückwärts machen, gleich ist.
Das neue Band gelangt nun zwischen die Zugwalzen F, F',
welche eine langsame und gleichförmige oder auch abgesetzte Drehbewegung haben und
das Band aus der Maschine entfernen.
G ist eine Walzenbürste, welche sich auf der Welle H in derselben Richtung wie die Kämmwalze dreht, jedoch
schneller als diese. Diese Bürste nimmt von den Kämmen E
die zu kurzen Fasern, die Knoten und alle übrigen Abfälle ab. Zur Reinigung
derselben dient das mit Kratzenbeschlag versehene endlose Band H, welches um die Walzen 5 und 6 läuft.
J schwingender Kamm auf dem Hebel J, um die Achse 7 drehbar, welcher wieder die Abfälle von dem endlosen
Bande H abnimmt und sie in einen Kasten fallen läßt.
Bewegungsübertragungen.
Wir wollen nun mit Hülfe der Figuren 1–8 die zur
Ausführung der beschriebenen Operationen dienenden Bewegungsmechanismen
erläutern.
Zuführung oder Speisung. – Die Walzen B und C (Fig. 1) und die
Speisewalzen a und b müssen
bei jeder Umdrehung der Kämmtrommel erst in Bewegung gesetzt, dann aber in Ruhe
erhalten werden, damit die Speisung in den erforderlichen Perioden vor sich geht,
wie schon oben bemerkt wurde; sie müssen also eine abgesetzt drehende Bewegung
erhalten. Diese Bewegung wird der Spindel der Walze a
durch ein Rad a' (Fig. 2 und 3) mitgetheilt, welches
auf der Achse dieser Walze steckt und in ein Getriebe k
eingreift.
Die Welle, auf welcher das Getriebe k befestigt ist,
liegt in dem Lager l und trägt ein Rad k' mit fünf Kerben, welches vermittelst eines
Einzahnrades y zeitweilig von der Welle Z der Kämmtrommel in Bewegung gesetzt wird.
Andererseits treibt die Spindel der Walze a die beiden
Walzen B und C durch ein
Winkelrad K (Fig. 7 und 8), welches mit einem
andern Winkelrade K' auf der geneigt liegenden Welle L im Eingriff steht.
Die Welle L dreht sich einestheils in dem an dem Gestell
befestigten Lager Y und anderntheils wird sie in einem
Zapfenlager L' gehalten und trägt ein Winkelgetriebe m, welches ein auf der Welle 8 befestigtes Winkelrad
bewegt, das endlich die Walzen B und C mittelst der Stirnräder 9 und 10 in Betrieb setzt.
Die abgesetzte Bewegung der Walze a kann aber auch auf
eine andere Weise erlangt werden (Fig. 4 und 5), indem man auf die
Welle Z der Kämmtrommel ein nur auf einen gewissen Theil
des Umfangs verzahntes Rad aufsteckt und dasselbe mittelst eines Getriebes n mit dem Rade a' auf der
Achse der Walze a in Verbindung setzt.
Die zweite Speisewalze b (Fig. 1 und 5) hat keine
selbstständige Bewegung, sondern wird durch die Hebel M,
deren Drehachsen 11 am Gestell befestigt sind, und die Federn N gegen die erste Walze a so stark angedrückt,
daß sie an der Bewegung derselben Theil nimmt.
Zange. – Die Backen c
und d der Zange (Fig. 1) müssen sich nach
einander schließen, senken, erheben und endlich öffnen. Diese Bewegungen werden
mittelst des Excentricums 12 auf der Welle 13 (Fig. 4 und 5) hervorgebracht; dieses
Excentricum wirkt mittelst des Hebels 14, der Welle 15, des Arms 16, der Stange 17
und des Hebels 18 auf die obere Backe c; der Hebel 18
steht in unmittelbarer Verbindung mit ihr. Beide drehen sich um die Achse 2 über dem
ebenen Theile der untern Backe d; und diese letztere ist
wieder um die Achse 1 beweglich. Die Federn x bewirken,
daß sie der Bewegung der obern Backe c so lange
beständig folgt, bis sie gegen die durch Schrauben regulirbaren festen Punkte 3
trifft.
In dem Augenblick wo sich die Zange öffnet, dreht sich die obere Backe c um die Achse 2 nach Oben, so daß der feste Kamm e sich dem Ende der Zange möglichst nähern kann. Ist die
Zange einmal geschlossen, so ist ihre schwingende Bewegung dem Durchkämmen des
Kammzugs deßhalb besonders günstig, weil dieselbe in tangentialer Richtung gegen die
Kämme E der Trommel vor sich geht.
Fester Kamm. – Der feste Kamm e (Fig. 1, 4, 5 und 6) ist an dem Hebel O befestigt, welcher sich um die Achse 19 dreht; diese
wird durch den Arm P bewegt, und letzterer durch das
Excentricum p auf der Welle Z der Kämmtrommel. Damit der Kamm nicht unter eine gegebene Stellung
niedergeht, ist der Hebel O mit einer Stell- oder
Regulirschraube versehen, welche gegen einen festen Punkt am Gestell trifft, sobald
diese Stellung erreicht ist.
Abreißapparat. – Die Abreißwalze f (Fig. 1) muß fortwährend
gegen die Walze g angedrückt werden, damit beide
zusammen den abgerissenen Kammzug festhalten und in einem gewissen Zeitpunkte sich
gleichzeitig gegen das geriffelte Segment E der
Kämmtrommel anlegen, um das Abreißen zu bewirken. Da die drei Walzenachsen parallel
zu einander sind, so können beide Pressungen mittelst des gemeinschaftlichen
Gewichts W hervorgebracht werden, welches vermittelst
der Hakenstangen v auf den Sattel der Walze f wirkt. Ueberdieß ruht die Walze f auf einer schiefen Ebene i. In dem
Augenblick wo das Abreißen erfolgen soll, dreht sich diese schiefe Ebene um die
Achse s nach Unten, und dieß hat zur Folge, daß die
Walze f auf das Segment E
der Trommel niederfällt, auf welchem sie so lange liegen bleibt, bis sie durch die
schiefe Ebene wieder gehoben wird. Ausgeführt wird diese Bewegung durch das
Excentricum 20 (Fig.
4 und 5), welches auf der Welle 13 sitzt, den Arm 21, die Welle 22 (Fig. 1), den
Arm 23 und die Stangen Q, R.
Man begreift, daß die Walze f, wenn sie auf dem Segment
E' der Trommel liegt und an dessen Bewegung Theil
nimmt, gleichzeitig mit der Walze g in Berührung bleiben
muß, und es muß daher Sorge getragen werden, daß in dieser Periode die
Umfangsgeschwindigkeiten von g und E' gleich groß sind.
Sobald die Walze f das geriffelte Segment E' in Folge des Emporhebens der schiefen Ebene i verlassen hat, folgt sie nur noch der Bewegung der
fest aufgelagerten geriffelten Walze g, und diese
letztere muß ihr nun die rückgängige Bewegung mittheilen, wodurch die Verbindung des
neu gekämmten Kammzugs mit dem Ende des schon gekämmten Bandes bewirkt wird. Zu
diesem Zwecke dienen folgende Mechanismen (Fig. 2 u. 3):
1) ein großes Excentricum 24 auf der Welle 13 mit einer Ruth auf einer der ebenen
Flächen;
2) ein großer Hebel S, der von dem Excentricum 24
mittelst einer Frictionsrolle bewegt wird und sich um eine feste Achse 25 dreht;
3) ein Haken q, welcher um die Achse 26 am oberen Ende
des Hebels S drehbar ist und durch die Feder r das Bestreben erhält, sich in die Einschnitte am
Umfange der Scheibe V zu legen;
4) eine auf der Welle 25 befestigte Scheibe mit Einschnitten V am Umfange;
5) ein excentrisches Ringstück 27 an der äußeren Seitenfläche des Excentricums
24;
6) ein Hebel w, an seinem untern Ende mit einer
Frictionsrolle versehen, gegen welche das Ringstück 27 trifft; mit dem anderen Ende
fest auf der Achse 26 und in Verbindung mit dem Haken q.
Da der Haken q durch die Feder r in die Einschnitte der Scheibe V eingedrückt
wird, so ertheilt der Hebel S, welcher sich um die Achse
25 dreht, indem er der Bewegung der Ruth im Excentricum 24 folgt, der Scheibe eine
hin- und hergehende Bewegung, und zwar würde die Größe der Bewegung nach
vorwärts derjenigen nach rückwärts gleich seyn, wenn nicht während eines Theiles des
Rückgangs der Haken q durch das Ringstück 27 aus dem
Eingriffe mit dem Kerbenrade V ausgehoben würde; während
der Haken q auf diese Weise ausgehoben ist, folgt er der
rückgängigen Bewegung des Hebels S, indem er dabei auf
der Peripherie der Scheibe V fortgleitet; ehe er aber
seinen Weg vollendet hat, kommt er dem folgenden Einschnitt gegenüber zu liegen,
fällt in Folge der Einwirkung der Feder r in denselben
ein und vollendet nun erst seine Schwingung, wobei er der Scheibe eine Rückbewegung
ertheilt, die um so größer ist, je größer seine eigene Bewegung von dem Augenblicke
an ist, wo er in den Einschnitt einfällt.
Vermittelst der Achse 25, des innen verzahnten Rades 28 und des Getriebes 29 erhält
die Riffelwalze g ihre Bewegung, welche hienach in einem
Vorgang, einem kurzen Stillstand und endlich einem kleinen Rückgang besteht. Der
Theil der excentrischen Ruth 24, welcher der Vorwärtsbewegung entspricht und sie
hervorbringt, ist so bestimmt, daß die Bewegung, einmal auf die Peripherie der
Abreißwalzen g und f
übertragen, gleichförmig und die Umfangsgeschwindigkeit dieser Walzen selbst der
Umfangsgeschwindigkeit des geriffelten Segments E' der
Kämmtrommel gleich wird.
Fig. 6 stellt
eine andere Vorrichtung dar, um der Walze g die
gewünschte Bewegung zu ertheilen. Die Scheibe ist hier mit einer Ruth versehen, in
welcher das Getriebe 29 liegt. Dieses Getriebe wird durch die mit der Scheibe
concentrischen verzahnten Ringstücke abwechselnd nach rechts und links bewegt. Schlumberger und Comp. widerrathen jedoch diese
Vorrichtung, weil beim jedesmaligen Eingriff des Getriebes nachtheilige Stöße
veranlaßt werden.
Abzugssystem. – Die Zugwalzen F, F' (Fig. 1) erhalten ebenfalls
ihre Bewegung von dem Kerbenrad V (Fig. 2 und 3), und zwar mittelst des Zahnrades 30 und
des Getriebes 31. Diese Transmission wird dann angewendet, wenn man den Abzugswalzen
dieselbe Bewegung ertheilen will, wie den Abreißwalzen. Will man ihnen dagegen eine
gleichförmige Drehbewegung ertheilen, so treibt man sie durch ein Zahnrad auf der
Excentricumwelle 13, welches im unmittelbaren Eingriff mit einem Zahnrad an der
Zugwalze F steht.
Kämmtrommel. – Die Trommelwelle Z (Fig. 1–6) erhält ihre
continuirliche Drehbewegung durch das Rad 32 und das Getriebe 33 von der Hauptwelle
T aus, welche ihrerseits mittelst der Riemenscheiben
U, U (Fig. 3) vom Motor aus
bewegt wird.
Putzapparat. – Das auf der Welle 4 angebrachte
Bürstenrad G erhält ebenfalls eine ununterbrochene
Drehbewegung von der Welle T aus. Hierzu dienen die
Stirnräder 34, 35 und 36. Das Rad 35 (Fig. 4) ruht in einem
Stelleisen t. Auch das mit Kratzenbeschlag versehene
endlose Tuch H (Fig. 1, 7 und 8) hat eine continuirliche
Drehbewegung, welche der Achse 5 durch die Trommelwelle Z vermittelst der conischen Räder 37 und 38, der geneigt liegenden Welle
u, der endlosen Schraube 39 und des Schraubenrades
40 mitgetheilt wird. Zur Bewegung des Putzkamms j dient
die Kurbelwarze 41 am Rade 37, die Bleuelstange 42, der stellbare Arm 43 und die
Achse 7, an welcher vermittelst des Armes J der Kamm j befestigt ist.