Titel: | Ueber die trockne Destillation der Braunkohlen und anderer bituminösen Fossilien, in Retorten, Schacht- und Schwelöfen, und Beschreibung eines mir für den preußischen Staat und das Königreich Sachsen patentirten Theerschwelofens; von Louis Unger, Chemiker und technischer Dirigent in Döllnitz bei Halle a. S. |
Autor: | Louis Unger |
Fundstelle: | Band 150, Jahrgang 1858, Nr. XL., S. 131 |
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XL.
Ueber die trockne Destillation der Braunkohlen
und anderer bituminösen Fossilien, in Retorten, Schacht- und Schwelöfen, und
Beschreibung eines mir für den preußischen Staat und das Königreich Sachsen patentirten
Theerschwelofens; von Louis
Unger, Chemiker und technischer Dirigent in Döllnitz bei Halle a.
S.
Unger, über die trockne Destillation der Braunkohlen etc. in
Retorten, Schacht- und Schwelöfen.
So wie alles Neue sich in der Regel nur langsam und nach vorhergegangenem Kampfe mit
Vorurtheilen und entgegengesetzten Interessen Bahn bricht, welche Erfahrung sich
gerade beim Besseren oft am meisten bestätigt, ebenso und noch mehr wird ein neuer
Industriezweig mit den mannichfachsten Schwierigkeiten zu kämpfen haben, ehe er zur
vollen Geltung gelangen kann und den davon gehegten Erwartungen entsprechen
wird.
Den schlagendsten Beweis hiefür liefert unstreitig die, trotz so hoher Belastung doch
so günstige Resultate ergebende Rübenzuckerfabrication, welche in dem ersten
Decennium ihres Entstehens so enorme Verluste für die Unternehmer herbeiführte,
durch unermüdetes Vorwärtsstreben aber jetzt zu so hoher Vollkommenheit gediehen
ist, und so lohnende Exträge gibt, wie nicht leicht ein anderer Industriezweig der
neueren Zeit, obwohl die immer noch gemachten Fortschritte und Verbesserungen der
Fabricationsmethode, besonders behufs der höheren Ausnutzung der werthloseren
Nebenproducte, den Beweis liefern, daß man auch hierin den Culminationspunkt noch
nicht erreicht hat.
Ein Gleiches läßt sich von dem, seit einigen Jahren bei uns ins Leben gerufenen
Industriezweige, der Fabrication von Photogen und Paraffin und den hierbei zu
gewinnenden sonstigen, zum Theil einer ausgedehnten Verwendung in den Gewerben,
sowie zum täglichen Gebrauch fähigen Producten der trockenen Destillation
bituminöser Fossilien erwarten, wenn sich auch die anfänglich und oft durch
illusorische Berechnungen hervorgerufenen, übermäßigen Hoffnungen einer hohen
Rentabilität bis jetzt nicht, wenigstens nicht in dem Maaße verwirklicht haben, als
dieß mancher Unternehmer hoffte, was sicher nicht in der Sache selbst, sondern in
Nebenumständen, und wohl hauptsächlich in den noch mangelhaften Einrichtungen und
den erst noch zu sammelnden, für einen vollkommenen und lohnenden Betrieb aber
unumgänglich nöthigen Erfahrungen liegt.
Die Mittheilung solcher, sowie gemachter Fortschritte und Verbesserungen, kann daher
wohl nur erwünscht und für das Ganze fördernd seyn, was mich zu gegenwärtiger
Abhandlung bewog, in welcher ich die specielle Erörterung bereits anderweit
besprochener Punkte umsomehr unterlasse, als sie nur zu Wiederholungen führen würde.
Dem Sachverständigen, und namentlich jedem erfahrenen technischen Chemiker ist es
hinreichend bekannt, daß das Gelingen der einfachsten chemischen Operationen und der
günstige Erfolg derselben oft nur von genauer Beobachtung anscheinend unbedeutender
praktischer Handgriffe abhängt, und bisweilen nur langjährige praktische Erfahrung
und Uebung es möglich macht, günstige Resultate und die erwarteten Erträge zu
erzielen, was insbesondere bei allen pyrochemischen Operationen, z.B. der
Blutlaugensalz-, Soda-, Ultramarin- etc. Fabrication mehr oder
weniger der Fall ist, da wir es hierbei mit Elementen zu thun haben, deren
vollständige und gleichmäßige Reactionen nur bei genauer Erfüllung der hiezu
erforderlichen Bedingungen erreicht werden können.
So einfach an sich die trockne Destillation bituminöser Fossilien, insbesondere der
Braunkohlen und diesen nahe verwandter Stoffe ist, so haben die zeitherigen
Erfahrungen doch zur Genüge bewiesen, daß in der größeren
Praxis, d.h. dem fabrikmäßigem Betriebe, sich auch viele und öfters nicht
so leicht zu beseitigende Schwierigkeiten entgegenstellen; dieß wird in um so
höherem Grade der Fall seyn, als man sich hiebei zu complicirter Apparate und
Feurungseinrichtungen bedient, die eine größere Intelligenz der Arbeiter, mehr
Aufmerksamkeit und eine strengere Controle des Betriebs erfordern, was nur selten
vollständig zu erreichen ist. Es beruht daher ein günstiger Erfolg nicht allein auf
zweckmäßiger Construction und guter Beschaffenheit der Apparate, sondern
hauptsächlich auch auf einem gut geleiteten Betriebe, sowie auf Erfahrung,
Pünktlichkeit und Gewissenhaftigkeit der Arbeiter und des mit deren Beaufsichtigung
betrauten Personals, indem ohne eine strenge Controle, diese theils aus Trägheit,
theils aus Unkenntniß sich häufig Fehler zu Schulden kommen lassen, welche nicht zu
ersetzende Verluste herbeiführen.
Meine früher und in neuerer Zeit sowohl selbst als auch durch Mittheilung mir
befreundeter Techniker und durch mir gewordene Kenntniß verschiedener Etablissements
hierüber gemachten Erfahrungen bestätigen die eben ausgesprochenen Ansichten
hinreichend, da es sich fast überall herausstellte, daß die Anlage von Retortenöfen,
in denen wir bei der Fabrication von Leuchtgas, welche ja auf ganz entgegengesetzten
Principien beruht, eine größere Anzahl, z.B. 4 bis 8 Retorten über einem Feuer
legen, selbst bei sorgfältig geleiteter Operation ungünstige Resultate liefert, und
daß dadurch eine Ersparniß an Brennmaterial bei gleich hoher Ausbeute an Producten
keineswegs erzielt wird.
Als Beweis hiefür mögen die von mir dagegen bei einfacher Einrichtung erzielten
Resultate dienen, worauf auch schon von anderen erfahrenen Technikern aufmerksam
gemacht worden ist.
Bei der von mir gemachten Einrichtung wurden, bei einem genau controlirten Betriebe,
zum Abschwelen von circa 9500 Tonnen Braunkohlen von
größtentheils knorplicher Beschaffenheit, unter Mitverwendung der abgeschwelten
Kohks, nur circa 3000 Tonnen Kohle, demnach circa 30 Proc., als Feurungsmaterial verbraucht, während
nach mir von anderer Seite gemachten Mittheilungen bei nach obigem Princip
construirten Oefen 80 bis 100 Proc., ja in einigen Fällen sogar 200 Proc. hierzu
verbraucht und dabei keineswegs befriedigende Ausbeuten erzielt wurden. Verwendet
man Retorten von größeren Dimensionen (die meinigen haben bei 10' Länge 30'' Breite und
15'' Höhe, welche Dimensionen nicht füglich
überschritten werden können, und bilden im Querschnitt ein vollkommenes flaches
Oval, da diese Form dem nachtheiligen Einflusse ungleichmäßiger Spannung am besten
widersteht), so erscheint es daher am zweckmäßigsten, für jede Retorte eine
besondere Feuerung anzulegen, da man hierbei zugleich durch gehörige Unterstützung
mittelst einer in der Mitte der Retorte, unter derselben der ganzen Länge nach
hinlaufenden Zunge von Charmottesteinen, welche auf dem über der Feuerung
angebrachten schachbretartig durchbrochenen Charmottesteingewölbe ruht, sowohl ein Senken der Retorte,
als Ausbauchen derselben an einzelnen Stellen, sowie eine Berührung der Decke, resp.
oberen Wandung mit dem Feuer und eine dadurch bedingte nachtheilige Ueberhitzung,
durch Uebermauern, ganz vermeiden kann; verwendet man dagegen kleinere Retorten, so
können wohl auch zwei über einem Feuer angebracht werden, beim Einlegen einer
größeren Zahl werden sich jedoch die Schwierigkeiten im Betriebe sowohl, als im
Schutz derselben vor Ueberhitzung und schnellerer Abnutzung vermehren, während
andererseits keine Ersparniß an Brennmaterial erreicht wird, wenn auch durch
Raumersparniß einiger Vortheil gewährt werden dürfte.
Hat nun überhaupt die Destillation in horizontalliegenden Retorten verschiedene nur
schwierig, zum Theil aber gar nicht zu beseitigende Nachtheile, die jeder hierin
erfahrene Techniker zur Genüge kennt, so waren doch die seitherigen Bemühungen
dieselben durch andere Einrichtungen zu ersetzen, noch nicht von entsprechendem
Erfolg.
Im Wesentlichen bestehen dieselben erstens darin, daß man nur einen geringen Theil
des kubischen Inhalts derselben nutzbringend verwenden kann, wodurch sowohl Verluste
an dem zur Herstellung nothwendigerweise überflüssig verwendeten Material als an
Product entstehen, da insbesondere die zur Fabrication sich vorzüglich eignende
erdige Braunkohle von pulveriger Beschaffenheit höchstens in einer 4 bis 5 Zoll
hohen Schicht eingetragen werden darf, indem sie sonst entweder nicht gehörig
durchschwelt, oder sich andererseits eine größere Menge permanenter Gase bildet, es
wird demnach der größte Theil des Raumes der Retorte unbenutzt bleiben; zweitens
darin, daß die vollkommen gleichmäßige Vertheilung des Materials große
Aufmerksamkeit und Uebung erfordert, ferner daß es nur schwierig ist den Gang der
Operation zu beobachten und den richtigen Zeitpunkt der Beendigung derselben genau
zu treffen, was man bei Arbeiten im Laboratorium oder bei kleineren Versuchen durch
angebrachte Vorrichtungen, Gasprobehähne etc. wohl erreichen kann, welche jedoch
beim Arbeiten im Großen und bei einem geregelten Fabrikbetriebe nicht praktisch
ausführbar sind, oder wenn sie vorhanden sind, von den Arbeitern nicht gehörig
benutzt werden. Wir müssen uns daher auf den empirisch ermittelten Zeitpunkt
beschränken, in welchem ein vollständiges Abschwelen erfolgen kann; wie manche
Stunde wird aber hiebei, zumal bei den complicirteren Einrichtungen, die nie ein
gleichmäßiges Abschwelen aller Retorten erreichen lassen, das Feuerungsmaterial
unnütz verbrannt werden, wie manches Pfund des berechneten Productes andererseits
verloren gehen, was dann im Jahresdurchschnitt Tausende nicht gewonnenen Capitals
beträgt. Man hat diesen Uebelständen theilweise durch möglichst niedrige Retorten zu begegnen gesucht, es
stellen sich jedoch bei deren Verwendung wieder andere Nachtheile heraus, welche
dieselben ganz unpraktisch erscheinen lassen. Ferner aber erfordern sie zur
Bedienung einen großen Aufwand an Arbeitskräften, wobei die Productionsfähigkeit
immerhin im Verhältniß zum verwendeten Anlage- und Betriebscapital eine nur
geringe ist, da dieselben nach Verhältniß ihrer Größe und der Beschaffenheit des zu
verarbeitenden Materials nur mit einer viertel, halben, bis höchstens 1 1/2 Tonne
Kohlen beschickt werden können; es gehört daher zu einem einigermaßen umfänglichen
Unternehmen die Beschaffung und Unterhaltung einer großen Anzahl Retorten, wobei der
Betrieb nicht nur öfters gestört, sondern auch die Ueberwachung desselben bedeutend
erschwert wird. Man war daher längst auf die Benutzung anderer Einrichtungen bedacht
und es wandte schon Selligue (siehe Dumas' Handbuch der Chemie Bd. VII) einen Ofen mit sechs aufrecht
stehenden Cylindern zur Destillation der bituminösen Schiefer an; später construirte
de la Haye einen Ofen von ähnlicher Einrichtung,
welcher sich jedoch nach den Angaben des Dr. Vohl (polytechnisches Journal Bd. CXXXIX S. 216) eben so wenig bewährte,
als dieß mit den von Bellford, Grane und Anderen
construirten, sogenannten Schachtöfen der Fall war, welche letztere insbesondere den
Uebelstand haben, daß die Destillation unter theilweiser Verbrennung der
Destillationsproducte und unter Zutritt von atmosphärischer Luft stattfindet, was
von um so größerem Nachtheile ist, als dadurch nicht nur die quantitative Ausbeute
verringert, sondern auch qualitativ schlechtere Producte erzielt werden, indem durch
den Einfluß des Sauerstoffs der hinzutretenden atmosphärischen Luft, Karbolsäure und
andere brandsaure Verbindungen in größerer Masse gebildet werden, die nicht nur
einen sehr untergeordneten Werth haben, sondern auch die Reinigung der Hauptproducte
wesentlich erschweren und einen größeren Aufwand hierzu zu verwendender Chemikalien
nöthig machen. In neuerer Zeit hat man zuerst in Böhmen und später auch anderwärts
einen ganz aus Charmottesteinen (nach hierüber vorliegenden Erfahrungen ist jedoch
die Verwendung gut gebrannter Backsteine vorzuziehen) construirten, einem
flachgewölbten Backofen ähnlichen Ofen mit ziemlich günstigem Erfolg angewandt,
derselbe hat jedoch mit den liegenden Retorten mehrfache Nachtheile gemein, und
kann, einmal außer Betrieb gekommen, ohne vorherigen Umbau nicht wieder in Gang
gebracht werden, da eine Reparatur gar nicht oder nur sehr schwierig zu bewirken
ist, wenn er auch andererseits den Vortheil einer billigen Anlage bietet.
Längst davon überzeugt, daß bei der die Basis des ganzen Fabricationszweiges
bildenden Theerproduction Verbesserungen am nöthigsten seyen, machte ich es mir zur
Aufgabe, einen möglichst einfachen Schwelofen zu construiren, der die in
Vorstehendem in der Kürze erwähnten Uebelstände beseitigt, dabei die Vortheile einer
billig herzustellenden Anlage mit größerer Productionsfähigkeit und geringerem
Aufwande an Arbeitskräften und Brennmaterial in sich vereinigt, sowie die Leitung
des Betriebs so vereinfacht, daß es weniger von der Intelligenz und Pünktlichkeit
der Arbeiter abhängt einen guten Erfolg mit Sicherheit zu erzielen.
Von wie großer Wichtigkeit dieß für die Rentabilität eines derartigen Unternehmens
ist, wird Jedem leicht einleuchten, der bereits genauere und auf einen größeren
Betrieb basirte Rentabilitätsberechnungen gemacht hat; zur Begründung lasse ich eine
solche von mir gemachte unten folgen, die auf genauen und im Größeren ausgeführten
sorgfältigen Ermittlungen beruht und daher für ähnliche Verhältnisse als maaßgebend
betrachtet werden kann; daß unter anderen Verhältnissen sich die Resultate auch
anders gestalten werden, bedarf keiner besonderen Auseinandersetzung. Dasselbe gilt
aber auch für die Wahl des zu verarbeitenden Materials, da es natürlich von eben so
großem Nachtheil seyn wird, wenn man hierbei keine sorgfältige Prüfung und Sonderung
schlechten Materials von dem besseren vornimmt.
Schon früher haben Wagenmann und Andere hierauf aufmerksam
gemacht und es hat sich diese Erfahrung hier sowohl als bei mehreren anderen
Unternehmen in unserer Provinz hinreichend bestätigt.
Es sind nicht unerhebliche Verluste dadurch entstanden, daß die Unternehmer öfters
von der irrigen Ansicht ausgingen, daß gerade das Material, was wegen schlechterer
Beschaffenheit sich anderweit nicht mit Vortheil verwerthen lasse, durch die
Verarbeitung auf Leuchtstoffe sich immer noch nutzbringend verwenden lassen
werde.
Es bedarf für den Sachverständigen, sowie richtig berechnenden Geschäftsmann keiner
weiteren Auseinandersetzung, wie falsch diese Ansicht ist, und doch sind mir mehrere
Beispiele bekannt, wo dieselbe, natürlich zum größten Nachtheil des Unternehmens,
geltend gemacht wurde, zumal häufig die Kohle besserer Beschaffenheit und von
größerm Gehalt an bituminösen Stoffen schwieriger zu fördern ist, indem solche
gewöhnlich nur in schwächeren Schichten und in den tiefer gelegenen Flötzen
vorkommt, was jedoch auch wechselt, so daß solche eben so oft oben auf lagert; es
gehört daher eine genaue Kenntniß der Verhältnisse und der Beschaffenheit des zu
verarbeitenden Materials dazu, um die Rentabilität eines solchen Unternehmens zu
sichern und zu erhöhen.
Die große Anzahl der uns vorliegenden Analysen geben hierzu genügende Belege, und
wird durch dieselben hinreichend bewiesen, wie bedeutend oft der Gehalt der Kohle ein und
derselben Grube wechselt, es sind mir sogar Beispiele bekannt, wo die Differenz von
3 1/2 bis 15 und mehr Procent beträgt.
Nach meinen hierüber angestellten Ermittlungen wird bei einer Anlage von mittlerem
Umfange, welche zu ihrer vollständigen Einrichtung einen Capitalaufwand von 40,000
Rthlr. erforderte, in einem jährlichen zu 300 Arbeitstagen berechneten Betriebe ein
Brutto-Ertrag von circa 30,800 Rthlr. erzielt,
wenn hierbei 24,000 Tonnen Kohle abgeschwelt werden, welche per Tonne von 300 Pfd. Gewicht 14 Pfd. = 4 1/2 Proc. Theer geben, woraus
als Hauptproducte 1 Pfd. 6 Loth Photogen, 1 Pfd. 10 Loth Paraffin und 8 Pfd. 4 Loth
schwere Oele erhalten werden, wobei dieselben nach den jetzt laufenden
Durchschnittspreisen, resp. ihrer möglichen Verwerthung zu anderen Fabrikaten
berechnet wurden.
Reducirt sich jedoch die Theerausbeute um 1/3 Proc. = 1 Pfd. Theer per Tonne, so wird derselbe um circa 2200 Rthlr. vermindert; ist man daher genöthigt ein Material zu
verarbeiten, welches nur einen Gehalt von 10 Pfd. = 3 1/3 Proc. hat, so wird sich
derselbe um circa 9000 Rthlr. niedriger stellen.
Stellen sich nun ferner nach den meinen Ermittlungen zu Grunde liegenden Thatsachen
die Unkosten folgendermaßen:
a)
24,000 Tonnen Kohle zum Schwelen à 3
Sgr.
2400 Rthlr.
b)
8000 Tonnen Kohle zur Feuerung
800 „
c)
Arbeitslöhne
3600 „
d)
Gehalte und Comptoirspesen
1700 „
e)
Chemikalien, Frachten, Versicherung etc.
1500 „
f)
Zinsen vom Anlagecapital à 5
Proc.
2000 „
g)
Abnutzung der Utensilien und Gebäude 10 Proc.
4000 „
–––––––––––
Summa:
16,000 Rthlr.
so wird im günstigen Falle, d.h. bei 14 Pfd. Ausbeute per Tonne ein Nettogewinn von 14,800 Rthlr. bleiben,
während derselbe im zweiten Falle auf 5800 Rthlr. sinkt. Hierbei sind außerdem die
Zinsen des nöthigen Betriebscapitals sowie außergewöhnliche Unkosten und Verluste
nicht mit berücksichtigt, die außerdem bei der Schlußbilanz noch in Abrechnung
gebracht werden müssen. Es leuchtet hieraus ein, wie wichtig die Berücksichtigung
solcher Erfahrungen ist, da sich einestheils durch mangelhaften Betrieb,
andererseits durch Verwendung schlechten Materials leicht so ungünstige Resultate
herausstellen können, daß dadurch die Rentabilität des Unternehmens zweifelhaft
wird, zumal da die volle berechnete Ausbeute wohl nur höchst selten erreicht
wird.
Es liegt hierin wohl zugleich der Beweis für die zeither vielseitig gemachte
Erfahrung, daß selbst bei Verarbeitung eines viel besseren Materials, als des mir zu
Gebot stehenden, viel niedrigere Erträge erzielt worden sind, als nach den darüber
vorher angestellten Berechnungen zu erwarten gewesen wären, was jedenfalls in den
bereits früher erwähnten Mängeln seinen Grund hat.
Nicht minder aber stellt sich hierbei heraus, wie wichtig und nothwendig es ist,
billigere, mehrproducirende und geringere Betriebskräfte erfordernde Anlagen zu
schaffen, die zugleich die Mängel der zeitherigen Einrichtungen beseitigen.
Durch den von mir construirten Schwelofen, auf welchen mir bereits für den
preußischen Staat und das Königreich Sachsen Patente ertheilt worden sind, hoffe ich
einen entsprechenden Fortschritt in dieser Beziehung gemacht zu haben; indem ich nun
dessen wesentlichste Einrichtung nachstehend mittheile, erlaube ich mir zu bemerken,
daß ich zu weiteren speciellen Mittheilungen hierüber, sowie zu Unterhandlungen über
die Benutzung meiner Patentrechte gern bereit bin, und meine hierfür zu stellenden
Ansprüche auf billige Grundsätze basire.
Die Construction desselben gestattet dessen Aufstellung an jedem dazu geeigneten Orte
im Freien, wodurch von vornherein das Anlagecapital für kostspielige Gebäude, wie
sie seither zum Betrieb mit Retorten nöthig waren, erspart wird.
Die innere Einrichtung desselben ist so, daß das abzuschwelende Material sich
zwischen den Wandungen zweier concentrischen, etwas conisch zulaufenden Mäntel von
Guß- und Schmiedeeisen befindet, welche nach Beschaffenheit desselben in
größerem oder geringerem Abstande von einander aufgestellt sind.
Als Basis dient ein Kreis starker gußeiserner Platten, mit welchen beide Mäntel dicht
verschraubt werden, und eben solche bilden die Decke.
In diesen sind die nöthigen Oeffnungen zum Füllen und Entleeren angebracht, welche
durch gut passende Schieber geschlossen werden können.
Der innere freie Raum dieses, die Retorten bildenden Cylinders enthält einen
Centralrost, welcher von einem gut construirten Charmottesteingewölbe überdeckt
wird, das an seinem ganzen, nach der Wandung des Cylinders gerichteten Umfange
schachbretartig durchbrochen ist, so daß die auf dem darunter befindlichen Feuerherd
entwickelte Hitze ganz gleichmäßig nach den inneren Wandungen des Cylinders
ausgestrahlt werden muß, und zwar so, daß hauptsächlich der untere Theil desselben
am stärksten erhitzt wird.
Das Charmottesteingewölbe setzt sich in etwas größerem Abstande kegelförmig bis
ziemlich zu der vollen Höhe des Cylinders fort, so daß zwischen demselben und der
den Ofen überwölbenden Kuppel, in deren Mitte sich der aus Eisenblech construirte
Schornstein befindet, nur der nöthige Raum zum Abzuge der Feuerluft bleibt.
Der von beiden Mänteln gebildete doppelte Cylinder wird im Innern durch acht
verticale Scheidewände in acht gleiche Abtheilungen, welche acht stehende Retorten
repräsentiren, getheilt, in deren jeder sich zwei in verschiedener Höhe angebrachte
Abzugsrohre befinden.
Die Abführung der entwickelten Gase, Theer- und Wasserdämpfe, wird außerdem
durch zwei an der Rückwand angebrachte geradaufsteigende und unmittelbar unter dem
Abzugsrohr ausmündende Röhren, welche wiederum mit schräglaufenden, dachtraufartig
vorstehenden Blechrippen verbunden sind, so daß sie die aus den darüber
herabgleitenden Kohlen entwickelten Dämpfe aufnehmen und dem geradaufstehenden Rohre
zuführen, vermittelt.
Durch diese, sowie sonst entsprechende Vorrichtungen wird vollständig verhindert, daß
Kohlen oder aufsteigender Kohlenstaub in die Abzugsrohre geführt werden, was um so
weniger der Fall seyn wird, wenn man klare erdige Braunkohle abschwelt, da bei deren
Verwendung ein continuirlicher Betrieb stattfinden kann, indem dann das in einem
über den Mündungen der Retorten angebrachten Fülltrichter befindliche Material
zugleich einen hinreichenden Verschluß bildet und fortwährend von selbst in dem
Maaße nachsinkt, als das abschwelende Material sich setzt und die enttheerten Kohks
unten abgelassen werden.
Um beim Entleeren den Zutritt der atmosphärischen Luft vollständig zu vermeiden, ist
eine hiezu geeignete Vorrichtung angebracht, durch welche zugleich diese Arbeit ganz
sicher und gefahrlos für den Arbeiter, sowie leicht ausgeführt werden kann.
Die abgeschwelten Kohks fallen auf einen Vorherd, von welchem sie, wenn dieselben zur
Feuerung geeignet sind, sogleich nach dem Rost gestoßen oder im entgegengesetzten
Falle nach Außen gezogen werden können.
Um den Gang des Ofens stets genau controliren zu können, wird ein Beobachtungsrohr,
dessen Mündung bis an die Wand des inneren Cylinders reicht, angebracht, so daß der
Arbeiter stets beurtheilen kann, ob der richtige Punkt der Rothglühhitze im Innern
des Cylinders vorhanden ist.
Ziemlich am Fuß der Retorte ist behufs der Einführung wenig gespannter Wasserdämpfe
ein Dampfzuführungsrohr angebracht, was hier um so zweckmäßiger erscheint, als die eingeführten Dämpfe
die schon größtentheils enttheerten Kohks ihrer ganzen Höhe nach durchstreichen
können und zur Entwickelung der letzten Theerantheile wesentlich beitragen, wodurch
gleichzeitig eine Zersetzung der paraffinreicheren Producte in leichtere Oele und
permanente Gase vermieden wird, da zu deren vollständigen Gewinnung es nicht der
Anwendung eines so hohen Hitzegrades bedarf.
Wo bei den liegenden Retorten diese Vorrichtung angebracht ist, wird sie von um so
geringerem Erfolg seyn, als sie eigentlich nur dazu dienen kann, die bereits
entwickelten Theerdämpfe rascher und vollständiger fortzuschaffen, indem der Dampf
bei der geringen Höhe der Kohlenlage nur einen kleinen, ja den kleinsten Theil
derselben zu durchstreichen im Stande ist; demunerachtet ist der praktische Nutzen
gleichzeitiger Anwendung von Wasserdämpfen bereits hinreichend bewiesen, und wird
dieß namentlich durch die ausführlicheren, wenn auch nur in kleinem Maaßstabe
angestellten vergleichenden Versuche des Chemikers Hrn. Thenius bestätigt (siehe polytechn.
Centralblatt, 1858 S. 353).
Da bei Verarbeitung von Braunkohlen der lichte Raum zwischen den Wandungen des
Cylinders 6 Zoll, dagegen die mittlere Breite jeder Abtheilung 3 Fuß 6 Zoll und die
Höhe desselben 16 Fuß beträgt, so hat jede Abtheilung einen Inhalt von circa 28 Kubikfuß, der sich nach Abrechnung der nicht
füllbaren Räume auf circa 25 Kubikfuß reducirt, und ist
demnach der ganze Ofen bei continuirlichem Betriebe stets mit 24 bis 26 Tonnen Kohle
gefüllt; wird daher der Betrieb gut geleitet und regelmäßig im Gange erhalten, so
können in einem Ofen täglich mindestens 80 bis 100 Tonnen Kohle abgeschwelt werden,
da nicht nur ein rascheres, sondern auch gleichmäßigeres Abschwelen stattfindet,
indem eine möglichst große Heizfläche dargeboten ist, was auch durch Versuche mit
einzelnstehenden cylindrischen Retorten, die nach ganz ähnlichem Princip construirt
wurden, hinreichend ermittelt ist, sondern es werden auch mehr und bessere Producte
erzielt werden, indem die Bildung permanenter Gase dadurch wesentlich vermindert
wird, daß die Theerdämpfe nicht mit leeren und deßhalb überhitzten Flächen in
Berührung kommen können, weil dieselben stets nach der von dem Feuer nicht berührten
Rückwand abgeführt werden.
Ein vollständiges Abschwelen wird auch um so mehr stattfinden als die bereits
beschriebene Vorrichtung zum Auffangen und Abführen der Dämpfe zugleich den Zweck
erfüllt, das herabsinkende Material zu wenden und der inneren vom Feuer erhitzten
Fläche zuzuführen.
Bei der Leichtigkeit der auszuführenden Operationen werden, zumal wenn die Kohlen
durch eine Fördermaschine sogleich auf die Bühne des Ofens geschafft werden können,
zur Bedienung von zwei Oefen nur drei Arbeiter für die Schicht erforderlich seyn,
was die bedeutendste Ersparniß gegen den zeitherigen Betrieb bedingt.
Selbstverständlich werden die angegebenen Dimensionen nach Beschaffenheit des
Materials Abänderungen erleiden, da z.B. für Stichtorf der Abstand der beiden
Cylinder auf mindestens 9 Zoll genommen werden kann.
Ich halte es für überflüssig, die weitere Einrichtung der Ableitungsrohre,
Kühlapparate etc. zu beschreiben, da diese den allgemeinen Verhältnissen angepaßt
und zweckmäßig eingerichtet sind; nur bemerke ich noch, daß hiebei die Anwendung
eines Exhaustors nicht nur zweckmäßig, sondern sogar um so nöthiger ist, als bei
einem continuirlichen Betriebe aller Gegendruck so viel als möglich vermieden werden
muß.
Wie ich bereits beiläufig erwähnte, hat man in neuerer Zeit zu gleichem Zweck große,
einzelnstehende Cylinder, von entsprechender Höhe und im Innern nach, dem meinigen
sehr ähnlichen Princip construirt, mit recht günstigem Erfolg verwendet; es tritt
hiebei jedoch besonders der Nachtheil ein, daß ein vollständiges Abschwelen in
diesen nur schwer oder mit einem größeren Aufwande an Feuerungsmaterial zu erreichen
ist, was dadurch herbeigeführt wird, daß die Flamme den Cylinder nur von Außen
umspült und die Feuerluft einestheils an den gerade aufsteigenden Wandungen
desselben nicht gehörig ausgenutzt, andererseits aber von der den Feuercanal
bildenden Ummauerung absorbirt wird und ungenutzt verloren geht; auch kann eine
etwas zu hohe Temperatur des unteren Theils des Cylinders, bei welcher das Eisen
bereits weich zu werden anfängt, nur sehr schwer vermieden werden, wenn gleichzeitig
ein vollständiges Abschwelen erfolgen soll, in welchem Falle es leicht vorkommen
kann, daß das bedeutende Gewicht des oberen Theils zu stark auf den unteren, wenn
auch stärkeren Cylinder drückt, und dessen Defectwerden herbeiführt; auch können
leicht Verstopfungen des die Dämpfe abführenden inneren Rohres vorkommen, wodurch
alsdann Explosionen herbeigeführt werden, was zwar bei gehöriger Vorsicht zu
vermeiden seyn dürfte. Diese Uebelstände werden durch meinen Apparat insofern
beseitigt, als die sich im Innern des Cylinders
entwickelnde Wärme nach allen Seiten vollkommen gleichmäßig an die Wandungen
desselben strahlt und fortwährend an diesen weiter geführt, daher um so
vollständiger absorbirt wird, zumal er nach oben conisch zuläuft; wodurch ferner
erreicht wird, daß nicht das ganze Gewicht des oberen Cylinders auf den unteren Theil
desselben drückt, indem der Schwerpunkt sich nach Innen vertheilt. Jedem
Sachverständigen wird es leicht einleuchten, daß die Dauer meines Apparates eine um
so größere seyn wird, als eine Ueberhitzung und damit wechselnde zu schnelle
Abkühlung um so weniger vorkommen kann, als derselbe stets gefüllt bleibt, und das
von Oben kommende kältere Material nur allmählich nach unten sinkt und eben so
allmählich bis zum höchsten erforderlichen Hitzegrade erwärmt wird, eben dadurch
werden auch die vom Feuer berührten Flächen mehr vor der nachtheiligen Einwirkung
desselben geschützt; kommt es aber im Laufe der Zeit vor, daß einzelne Platten, aus
denen der innere Cylinder zusammengesetzt ist, defect werden, so lassen sich
dieselben leicht auswechseln, was um so weniger Störung im Betriebe verursacht, wenn
man von jeder Größe der verwendeten Platten einige vorräthig hält.
Eben so wenig kann ein Verwerfen oder nachtheiliges Ausbauchen der Platten
stattfinden, da deren Form eine gleichmäßige Ausdehnung gestattet.
Die Rückwand, welche vom Feuer gar nicht berührt wird, ist aus mäßig starkem
Kesselblech construirt und wird eine um so längere Dauer haben, als eine wesentliche
Abnutzung nicht stattfinden kann.
Nach vorstehenden Erörterungen wird es nicht nöthig seyn, die weiteren Vortheile
meiner Einrichtung hervorzuheben; ich kann nur noch versichern, daß mir von Seiten
competenter Sachverständigen die günstigste Beurtheilung derselben zu Theil wurde,
so daß ich nur noch den Wunsch hege dieselbe baldigst weiter verbreitet zu
sehen.