Titel: | Ueber die Krankheit des Weinstocks; von Hrn. Marès. |
Fundstelle: | Band 150, Jahrgang 1858, Nr. XLIII., S. 147 |
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XLIII.
Ueber die Krankheit des Weinstocks; von Hrn.
Marès.
Aus dem Journal de Pharmacie et de Chimie, Mai 1857, S.
355.
Marès, über die Krankheit des Weinstocks.
Alle bisherigen Versuche über Schutzmittel gegen die Traubenkrankheit wurden von dem
Secretär der Ackerbaugesellschaft zu Montpellier, Hrn. Marès, sorgfältigst wiederholt, wobei er
zu dem Resultat kam, daß zur Bekämpfung des Schimmelpilzes, des Oïdium, der
Schwefel das einzige wahrhaft wirksame Mittel bleibt.
Er wendete den Schwefel im J. 1854 vom 18. April bis zum 17. August und im J. 1855
vom 19. Mai bis zum 14. August an, ohne daß jemals der Erfolg ausblieb. Es waren
dieß keine Treibhausversuche, denn dieselben erstreckten sich über 72 Hektaren
Weinstöcke aller Art.
Die Hauptpunkte seiner umfangreichen AbhandlungIn den Mémoires de la Société
impériale et centrale d'agriculture. sind in Folgendem zusammengestellt.
Zeit der Schwefelung. – Dieselbe muß vorgenommen
werden, sobald an den Reben die Krankheit sichtbar wird. Sie läßt sich
folgendermaßen erkennen.
Carignan. – Von allen Rebensorten wird diese am
leichtesten von der Krankheit ergriffen. Sehr oft ist sie die zuerst vom
Oïdium befallene, wo sie dann späterhin dasselbe auf andere Sorten
fortpflanzt. Sie kann in dieser Hinsicht als der wahre Keimträger des Pilzes
betrachtet werden und erheischt daher besondere Aufmerksamkeit.
Bei den von der Krankheit befallenen Carignan- oder hartholzigen Reben findet
man anfangs hier und da Schößlinge, die vom Monat April an, einige Tage nach ihrem
Hervortreten, mit dem Oïdium bedeckt sind. Ein solcher Weinstock wird später
unfehlbar sehr stark von der Krankheit befallen. Im Monat Mai nimmt die Anzahl der
vom Oïdium befallenen Schößlinge zu; man findet sie überall, sowohl auf dem
Körper und den Armen des Stocks, als auf den beim Schneiden stehen gebliebenen
Ranken. Alle diese
Schößlinge müssen entfernt und geopfert werden und unmittelbar darauf wird
geschwefelt. Die abgeschnittenen Schößlinge hätten wohl noch geheilt werden können;
sie haben aber schon eine solche Veränderung erlitten, daß sie stets Krüppel bleiben
und nur wenig Ertrag liefern können.Der Verf. hat
im J. 1854 Carignan-Schößlinge geheilt, welche am 12. Mai schon so
angegriffen waren, daß ein grauer Staub sie über und über bedeckte;
dieselben waren kaum 1 Decimeter lang; ihre Trauben gelangten vollkommen
gesund zur Reife, aber die Schößlinge sind, wiewohl geheilt, stets dünn
geblieben; es reichte hin, sie im ersten Monat beständig geschwefelt zu
erhalten und sie dann alle 14 Tage zu schwefeln. Von dieser Zeit (dem Mai) an ist, wenn die Sonne nur einige Stunden den
geschwefelten Stock bescheint oder der Schwefel 48 Stunden lang auf dem Stock
bleibt, ohne durch den Regen abgewaschen zu werden, die Wirkung eingetreten. Sie
wird aber erst nach einigen Tagen augenscheinlich; man findet dann, daß die
befallenen Schößlinge den, dem Oïdium eigenthümlichen, die Krankheit
charakterisirenden Schimmelgeruch verloren haben. Bei aufmerksamer Untersuchung der
jungen Blätter findet man, daß die weißen Flecken grau geworden und frei von Staub
sind, auch ihren Geruch verloren haben.
Der Krankheit ist alsdann auf ungefähr drei Wochen Einhalt gethan. Nach deren Verlauf
sind die Schößlinge herangewachsen und müssen sorgfältig untersucht werden. Wird man
gewahr, daß die jungen Blätter an deren Enden auf ihrer Rückseite und um ihre
Randausschnitte herum sich mit weißen Flecken bedecken, so kann man sicher seyn, daß
die Krankheit bald von neuem ausbricht; es muß dann eine neue allgemeine Schwefelung
des Rebholzes, der Blätter und der Trauben vorgenommen werden, welche, wenn es warm
genug ist und kein Regen sie sogleich wieder wegschwemmt, ebenso wirkt wie die
erste. Ihre Wirkung wird, wenn der Schwefel einige Tage auf den Reben liegen bleibt,
wenigstens drei Wochen lang anhalten.
Von dieser Zeit an muß die Ueberwachung fortgesetzt, es muß eine dritte und
nöthigenfalls auch eine vierte Schwefelung vorgenommen werden. Im Klima von
Montpellier reichen die nach dem 15. Juli vorgenommenen Schwefelungen, gleichviel
bei welcher Rebensorte, bis zur Lese aus, ohne daß weitere nothwendig wären.
Aramons. – Die Aramons werden später von der
Krankheit befallen, als die Carignans; erst in der zweiten Hälfte des Mai's lassen
sich vom Oïdium angegriffene Schößlinge daran finden, und auch dann nur
wenige, hier und da zerstreute (diese sind es, was der Winzer Fahnen [drapeaux] nennt und sie müssen
entfernt und vertilgt werden); später, im Juni oder Juli, wird der Stock sich von der
Krankheit angegriffen erweisen. Das Auftreten derselben zeigt sich anfangs durch ein
deutliches Gelbwerden des Laubes, begleitet von kleinen weißlichen Flecken um den
Rand der jungen Blättchen herum am Ende der Schößlinge und durch ein schwaches
Krauswerden dieser Blätter. Man muß dann eine allgemeine Schwefelung vornehmen,
welche unter den oben bei den Carignans angegebenen Bedingungen ausgeführt, von
sicherer Wirkung ist. Nach Verlauf von 8 bis 10 Tagen sieht man den Weinstock seine
schöne grüne Farbe wieder annehmen und jeder weiße Beschlag an den Blattenden oder
auf den Trauben wird verschwunden seyn. Der Krankheit ist damit für 20–30
Tage, je nachdem das Wetter günstig ist, Einhalt gethan. Nach Verlauf dieser Zeit
treten gewöhnlich die Zeichen eines neuen Ausbruchs derselben ein: Gelbwerden der
Ranken, weiße Flecken auf der Rückseite der jungen Blätter, hier und da
Traubenbeeren die weiß werden. Man muß dann eine zweite Schwefelung vornehmen.
Wartet man damit zu lange, so nimmt das Gelbwerden überhand, die Blätter krausen
sich und längs des Rebholzes kommen neue Schößlinge mit dünnem, zusammengerolltem
Blatt (entrefeuilles genannt) hervor.
Letzteres Zeichen ist für die Krankheit charakteristisch, wie der den Schimmel
begleitende Geruch; endlich überziehen die auf der Traube befindlichen weißen
Flecken dieselbe ganz und werden grau. Zur Zeit der Reife springt diese erkrankte
Traube dann sehr gern auf. Bei diesem Zustand der Traube kann eine Schwefelung den
Stock wohl wieder herstellen; sie wird ihn aber nicht in seinem ursprünglichen
Zustand erhalten, wie es der Fall gewesen wäre, wenn man sie einige Tage früher
vorgenommen hätte. Zu dieser Zeit des Angriffs muß man sogar die Schwefelung in
kurzen Zwischenräumen wiederholen, wenn man den regelmäßigen Wachsthum wieder
hergestellt sehen will. Die Schwefelung muß jederzeit mittelst des Blasebalgs
bewerkstelligt werden und eine allgemeine seyn, d.h. auf alle grünen Theile
angewendet werden.
Wurde aber die zweite Schwefelung rechtzeitig und nach dem 15. Juli vorgenommen, so
sind weitere Schwefelungen überflüssig.
Alicantes, Aspirants, Mourastels, Orillades, Braun-Fourcat etc. etc. – Auf gleiche Weise
wie den Aramon beobachte und behandle man die meisten rothen Rebensorten; man wird
bei denselben die nämlichen Stadien der Krankheiten eintreten sehen, das Gelbwerden
und Kräuseln der Blätter, die Zwischenblätter, den Angriff der Traube, aber oft
minder deutlich.
Muskat. – Der Muskat muß eben so beobachtet
werden, wie der ihm sehr ähnliche Aramon. Doch wird man finden, daß seine Frucht viel schneller Schaden
leidet als diejenige des Aramon und daß Versäumnisse in der Schwefelung sehr
nachtheilig werden.
Piquepouls. – Diese Rebensorte erfordert ganz
besondere Aufmerksamkeit; sobald sich bei derselben die Krankheit zeigt, bemächtigt
sie sich so rasch der Frucht, daß, wenn man sie zum Ausbruch kommen läßt, die Ernte
verloren ist. Das Rebholz und die Blätter sind stets weniger angegriffen als die
Traube.
Gleich Anfangs Juni, sobald man das Grün der Ranken erblassen sieht und auf den
jungen Blättern Flecken wahrnimmt, muß eine Schwefelung vorgenommen werden, wodurch
der Krankheit auf drei Wochen oder einen Monat Einhalt gethan wird. Die Schwefelung
muß dann, je nachdem man es nothwendig findet, wiederholt werden.
Terrets. – Das Verhalten der Terrets bei der
Krankheit ist ganz eigenthümlich. Man findet an denselben vor der Zeit des
allgemeinen Ausbruchs der Krankheit keine kranken Schößlinge. Die Krankheit bricht
gewöhnlich erst zur Blüthezeit (25. Juni) oder vom 1. bis 5. Juli aus; manchmal aber
schon früher, in den ersten Tagen des Juni; bisweilen kömmt sie nicht zum
vollkommenen Ausbruch, wo dann der Weinstock von selbst wieder gesund wird.
Der Angriff kündigt sich durch ein schwaches Gelbwerden der Ranken an; die Blätter an
deren Enden bedecken sich mit weißen Flecken, hauptsächlich an den Ausschnitten; auf
den Trauben zeigt sich sowohl vor als nach der Blüthe der Oïdiumstaub. Sobald
sich diese ersten Symptome zeigen, muß man ohne Verzug die Schwefelung vornehmen;
einige Tage Verzögerung können schon großen Nachtheil veranlassen, denn die
Traubenkrankheit zeigt sich auf den Terrets plötzlich in einer neuen und
schrecklichen Gestalt: das Wachsthum der Reben hört auf, das Blatt wird roth,
trocken und fällt ab; die Frucht vertrocknet oder schrumpft ein und verschwindet;
sehr oft fährt sie langsam fort sich mit grauem Staub zu bedecken; die Beeren fallen
eine nach der andern ab oder bleiben ganz klein, es bleibt kaum die Spur von einer
Traube zurück. Manchmal hört die Entwickelung der Traube auf und sie bleibt im
Zustand der unvollendeten Reife, aber auch ohne mit Oïdium bedeckt zu
seyn.
Diese besondere Form der Krankheit wird im Departement der Hérault gegenwärtig
mit den Namen Rougeau bezeichnet; sie ist die Folge des
Oïdium, und wird auch geheilt wenn man, sobald dieses zum Vorschein kommt,
die Terrets sogleich schwefelt, der Rougeau stellt sich
dann nicht ein. Selbst wenn man den Schwefel bei einem vom Rougeau schon befallenen Weinstock anwendet, und die Krankheit ist nicht
schon so weit vorgeschritten, daß er ganz verloren ist, so nimmt nach Verlauf von
etwa 10 Tagen das
Wachsthum wieder seinen Verlauf, der Rougeau hält inne
und die noch nicht verschrumpfte Traube conservirt sich und kommt zur Reife. Dieß
ist mir im Jahr 1854 begegnet; ich habe damals vom Rougeau stark ergriffene, graue Terrettrauben vom 17. bis zum 19. Juli
geschwefelt; sie wurden wieder hergestellt und man erhielt noch die Hälfte eines
gewöhnlichen Products. Im selben Grundstück gieng, was nicht geschwefelt war,
gänzlich zu Grunde. Wird der Schwefel unter den erwähnten Umständen für die anderen
Rebensorten angewendet, so hält er die Krankheit etwa 25 Tage lang auf. Nach Verlauf
derselben zeigen sich, wenn die Zeit des Grünwerdens (25. August) noch nicht
eingetreten ist, auf den jungen Blättchen am Ende der Weinranken und auf den Trauben
neue Anfälle der Krankheit, oft sogar Anzeichen von Rougeau; man muß dann eilends eine zweite Schwefelung vornehmen, welche
bis zur Ernte nachhalten wird.
Die Röthe (le Rougeau) wüthet am stärksten zur Zeit der
größten Hitze, vom 15. Juli bis 15. August. Von allen Formen der Krankheit ist sie
die verderblichste.
Im Jahr 1855 beobachtete ich mit der größten Sorgfalt die Weinstöcke, welche im J.
1854 geschwefelt worden waren, im Vergleich mit den nicht geschwefelten. Auf beiden
zeigte sich das Oïdium zu derselben Zeit und in gleicher Stärke. Mehrere
Stöcke waren vom 7. bis zum 17. August geschwefelt worden, also spät genug daß diese
Operation präservirend hätte wirken können, und doch fand ich im folgenden Jahr
schon im Monat Mai mit Oïdium behaftete Schößlinge an diesen Stöcken. Die
Anwendung des Schwefels, welche hinreichte, um die Krankheit des Weinstocks zu
bekämpfen und deren Wirkungen aufzuheben, schützt ihn also für das folgende Jahr
nicht dagegen.
Der Schwefel, von einem Jahr zum andern angewandt, ist also
kein Schutzmittel gegen die Krankheit; er ist es auch nicht, wenn er beim Beginn
des Weinwuchses angewandt wird; die Anwendung desselben, wenn sie gute Resultate geben soll, muß ziemlich häufig
erneuert werden.
Der Schwefel ist bloß ein vorzugsweise das Oïdium
zerstörender Körper; dasselbe stirbt ab, wenn es mit dem Schwefel in Berührung
gebracht wird. Die Wirkung des Schwefels ist mithin eine lediglich
heilende.
Das beste Verfahren, den Schwefel auf den kranken Weinstöcken zu verbreiten, ist die
Anwendung des Blasebalgs. Der geeignetste dürfte der von Hrn. Vergnes construirte seyn, bei welchem das Ventil
des gewöhnlichen Blasebalgs weggelassen und die Höhlung als Behälter des Schwefelpulvers benutzt ist. An
der Basis der Ausblaseröhre wird ein Sieb von grobem Eisendraht angebracht, damit
der Schwefel nicht in Klumpen austreten kann; ein feineres Metallgewebe würde zu
schnell zerstört werden. Der Ein- und Austritt der Luft findet durch die
Ausblaseröhre statt, welche an der Basis einen ziemlich starken Durchmesser haben
und etwas conisch zulaufen muß. Das Pulver wird durch die Oeffnung eingebracht,
welche man alsdann mit einem starken Pfropf schließt.
In einen gewöhnlichen Blasebalg bringt man ungefähr 1/4 Kilogr. Schwefelblüthe, damit
kann man etwa 30 kräftige Stöcke schwefeln, wie sie im Monat Juli sind, wo die Reben
sich kreuzen und beinahe den ganzen Boden bedecken.
Zur Anfertigung dieser Blasebälge muß man das beste Leder wählen; das gewöhnliche
bekommt durch den Gebrauch bald Löcher und wird von der den Schwefelblumen
anhängenden Säure durchgefressen.
Vorschriften.
Folgende Vorschriften wird man bei Behandlung der erkrankten Weinstöcke mit Vortheil
befolgen:
1) Die erkrankten Weinstöcke bedürfen einer besonderen Pflege. Es darf kein Unkraut
zu sehen und der Boden muß immer locker seyn. Alles was das Wachsthum schwächt,
begünstigt die Krankheit, z.B. schlechtes Beschneiden, zu weniges oder schlechtes
Hacken etc. Das Auftreten der Schimmelpilze stört das Wachsthum; dasselbe muß daher
durch die Pflege neu angeregt und gegen das Oïdium der Schwefel in Anwendung
gebracht werden.
Wenn ein kranker Weinstock gedüngt wird, muß er auch mit besonderer Sorgfalt gepflegt
und geschwefelt werden.
2) Besser ist es, etwas zu früh als zu spät zu schwefeln.
3) Das Schwefeln zur Zeit der Blüthe ist am wirksamsten; es scheint überdieß von
heilsamer Wirkung auf dieses Stadium des Wachsthums zu seyn. Ich glaubte in den
Jahren 1854 und 1855 zu beobachten, daß Weinstöcke, welche geschwefelt wurden, ihre
Trauben besser ansetzen, als die anderen. Da eine solche Schwefelung das
Oïdium zu einer Zeit zerstört, wo es an den Trauben die größten Verheerungen
anstellt, so ist sie auch um so wirksamer.
4) Die Schwefelung muß stets sorgfältig geschehen und alle Theile der Stöcke, das
Rebholz, die Blätter und Früchte erreichen. Die Schwefelblüthe darf dabei nicht
gespart werden; man bläst das Pulver auf den Stock von zwei entgegengesetzten Richtungen aus, oder
während man ganz um denselben herumgeht.
Die Schwefelung ist gehörig bewerkstelligt, wenn irgend eine Traube oder ein Blatt,
gegen das Licht gehalten, viele kleine Staubkörnchen wahrnehmen läßt. Man darf nie
außer Acht lassen, daß der Schwefel das Oïdium nur dann zerstört, wenn er mit
demselben in Berührung kommt.
5) Bei einem Weinberg, der erst geschwefelt wurde, sollte man wenigstens einige Tage
warten, bevor man ihn hackt. Das auf den Boden gefallene Schwefelpulver verflüchtigt
sich zum Theil, wenn es von den heißen Sonnenstrahlen getroffen wird und verdichtet
sich dann auf den beschatteten Theilen des Weinstocks; auf diese Weise dringt der
Schwefel täglich in viele Stellen, an welche er durch das bloße Hinblasen nicht
gelangt wäre. Dieser Vortheil gienge verloren, wenn man den Schwefel durch das
Hacken untergraben würde.
6) Wenn der Schwefel an demselben Tage wo er aufgeblasen wurde, vom Regen theilweise
weggewaschen wird, so kann man zwischen der ersten und der sie ergänzenden
Schwefelung ohne Anstand einige Tage verstreichen lassen. Die Wirkungen der ersten
Schwefelung sind trotz des Regens erheblich, sofern die Temperatur
16–20° R. erreicht. Wenn der Weinstock einmal gut belaubt ist, z.B. im
Juli, verhindern starke Regen die Wirkung des Schwefels nicht, derselbe hängt den
mit Oïdium besetzten Oberflächen so fest an, daß das Wasser ihn nur sammt dem
Pilze fortreißen kann. Vom Monat Juli an schadet folglich der Regen nicht mehr.
Selbst in den Monaten Mai und Juni ist er kein so bedeutendes Hinderniß als man
glauben könnte.
7) Wegen des Windes darf man eine ohne Verzug erforderliche Schwefelung nicht
aufschieben. Ich habe Weinstöcke, die noch wenig behangen waren, im Juni bei starkem
Winde geschwefelt, und bin gut dabei gefahren. Nur sollte man in diesem Falle etwas
mehr Schwefel auftragen als bei ruhigem Wetter.
8) Die Wirkung des Schwefels läßt sich beiläufig 10 Tage nach der Operation
beurtheilen. Man muß nämlich dem Wachsthum Zeit lassen, seinen normalen Gang wieder
anzunehmen und sich neuerdings zu entwickeln.
9) Das Schwefeln ist kein absolutes Schutzmittel gegen die Krankheit; es verhindert
deren Entstehung nicht, denn man muß es in ziemlich regelmäßigen Zwischenräumen
wiederholen. Man muß immer die ersten Anzeichen der Krankheit abwarten, bevor man es
vornimmt, um nicht in den Fall zu kommen, das Mittel nutzlos und vergebens angewandt zu haben.
10) Nach dem 10. August ist (bei dem Klima von Montpellier) die Wirkung des
Schwefelns auf die rothen Traubensorten, wenn diese stark angegriffen sind, keine
sehr merkliche mehr.
11) Wenn die Trauben die Zeit des Grünwerdens erreicht haben, ohne vom Oïdium
befallen worden zu seyn, so sind sie gegen dessen Angriffe gesichert. Sind aber die
Trauben zur Zeit des Grünwerdens vom Oïdium schon befallen, so setzt dasselbe
seine Verheerungen fort. Aus dem Vorhergehenden erklärt es sich, warum die nach dem
15. Juli und zur rechten Zeit vorgenommenen Schwefelungen
die Trauben bis zur Lese gegen den Angriff des Oïdium schützen. Diese
Thatsache hat die Erfahrung seit dem Erscheinen der Traubenkrankheit jährlich
bestätigt.
Das Grünwerden fällt im Hérault-Departement je nach der Lage, dem
Jahrgang und der Rebensorte, zwischen den 5. und 25. August.
Das Schwefeln kann, sofern es nicht regnet, zu jeder Tageszeit vorgenommen werden. Es
ist dabei einerlei, ob die Oberflächen, auf welche der Schwefel geblasen wird,
trocken oder feucht sind, seine Wirkung bleibt dieselbe. Wenn nur die Temperatur
nicht unter 20° R. beträgt, so zerstört er das Oïdium überall, wo er
mit ihm in Berührung kommt.
Die geeignetsten Umstände für die Schwefelung, damit sie schnell und kräftig wirkt,
sind jedoch ein warmer und recht sonniger Tag, ein sanfter Wind (welcher zur
Zerstreuung des Schwefels beiträgt, ohne jedoch bei der Arbeit hinderlich zu seyn)
und trockene Oberflächen zur Aufnahme des Schwefels. Derselbe haftet überall
hinreichend, wo das Oïdium sein Fadennetz angesetzt und seine Stengelchen
entwickelt hat; dieselben bilden eine sammetartige Oberfläche, deren Zwischenräume
jeden feinen Staub fest in sich aufnehmen.
Mein jährlicher Verbrauch an Schwefel per Hektare war
folgender: im Monat Mai 15 Kilogr., im Juni 50 Kil., im Juli 70 Kil., zusammen 135
Kil. à 27 Centimes = 36 Frcs. 45 Cent., wozu noch
14 Taglöhne für Frauen à 1 Frc. per Tag kommen.
Wenn der Schwefel aus dem Blasebalg sehr trocken und ohne Klümpchen getrieben wird,
so vertheilt er sich besser und man braucht daher weniger.