Titel: Verbesserte Construction von Sicherheits-Ventilen für Dampfkessel; von J. Clarkson Kay zu Bury.
Fundstelle: Band 150, Jahrgang 1858, Nr. XLVI., S. 168
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XLVI. Verbesserte Construction von Sicherheits-Ventilen für Dampfkessel; von J. Clarkson Kay zu Bury. Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, April 1858, S. 126. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Kay's Construction von Sicherheitsventilen für Dampfkessel. Die Mangelhaftigkeit der bisherigen Sicherheitstheile in Folge ihrer beschränkten Wirksamkeit, weßhalb sie bei angehäuftem Druck nicht die angemessene Dampfmenge entweichen lassen können, hat zur Construction von drei Arten neuer Sicherheitsventile geführt, welche im Folgenden beschrieben werden sollen. Der Zweck des ersten Ventils ist, eine dem Querschnitt der Röhre oder des Ventils entsprechende Dampfausströmung zu erhalten, ferner die Anwendung von Hebeln gänzlich und großentheils auch die Anwendung von todten Gewichten zu beseitigen. Der Zweck des zweiten Ventils ist, eine dem Querschnitt der Röhre oder des Ventils entsprechende Dampfausströmung zu erhalten, die Anwendung von Hebeln und großentheils auch die der todten Gewichte zu vermeiden, ferner wenn im Kessel ein Vacuum entsteht, die Atmosphäre in demselben Verhältniß zum Querschnitt zuzulassen, in welchem die erwähnte Dampfausströmung stattfindet. Der Zweck des dritten Ventils ist, eine dem Querschnitt der Röhre oder des Ventils entsprechende Dampfausströmung zu erhalten, ferner die Anwendung von Hebeln zur Belastung zu vermeiden, wodurch die todten Gewichte beträchtlich vermindert werden können, und überdieß bei eintretendem niedern Wasserstande eine sichere Wirkung zu erzielen, wie der Dampfdruck im Kessel zu dieser Zeit auch beschaffen seyn mag. Bei dem ersten und zweiten Ventil wurde das Princip angewendet, die Belastung durch Dampf anstatt durch todte Gewichte oder Hebel zu bewirken. Beim dritten Ventil ist das Princip des todten Gewichts beibehalten, aber in Folge der verminderten Größe des Ventils für die unbeschränkte Dampfausströmung ist auch das todte Gewicht beträchtlich vermindert. Die erste Form des neuen Sicherheitsventils ist in Fig. 17 dargestellt. A ist eine mit dem Kessel verbundene Röhre, welche bei B mit dem Sitz für das Ventil C versehen ist. Dasselbe sitzt auf einer Röhre D, welche, nachdem sie durch einen Scheider E gegangen ist, ein zweites Ventil, oder vielmehr einen Kolben F führt, dessen obere Seite sich in einem, mit einem Deckel verschlossenen Raum G befindet. Zwischen dem als Führer wirkenden Scheider E und dem Ventil C befindet sich eine Oeffnung H, durch welche der zu entleerende Dampf ausströmen kann. Ueber dem Scheider E und unter dem Kolben F befindet sich ebenfalls eine Oeffnung I, die zu dem Raume K führt, worin sich ein Ventil L befindet, welches durch ein Gewicht M in dem Kessel auf seinem Sitz festgehalten wird. Die untere Seite des Ventils L ist mittelst der Röhre N dem Dampfdruck im Kessel unterworfen, und oben ist dieses Ventil mit einem cylindrischen Theil versehen, welcher in den Raum O nicht ganz dampfdicht, sondern der Art hineinreicht, daß etwas Dampf in diesen Raum eintreten kann, welcher mit der Atmosphäre in Verbindung steht. Die Wirkung ist folgende: Wenn bei der in der Figur angegebenen Stellung des Ventils der Dampf einen Druck unter der bestimmten Gränze hat, so wird das Ventil C auf seinem Sitz zurückgehalten. Dieß wird durch Dampf bewirkt, welcher aus dem Kessel durch die Röhren A und D in den Raum G strömt und dort einen Druck auf den obern Theil des Kolbens F ausübt. Da letzterer einen größern Querschnitt als das Ventil C hat, so wird dieses geschlossen gehalten. Stellt sich aber ein übermäßiger Druck im Kessel ein, so wird das gering belastete Ventil L gehoben und der Dampf kann alsdann durch die Röhre I in den Raum über dem Scheider E strömen, wodurch die untere Seite des Kolbens F einem Druck ausgesetzt wird, welcher gleich dem auf seine obere Fläche wirkenden ist, daher das Gleichgewicht hergestellt wird. Das Ventil C ist alsdann nicht mehr durch Dampfdruck belastet, so daß es frei aufgehen und eine Dampfentleerung durch H erfolgen kann. Nachdem der Druck des Dampfes auf seine bestimmte Gränze vermindert worden ist, fällt das belastete Ventil L wieder in seinen Sitz zurück, es strömt dann nicht länger Dampf durch die Röhre I, und der unter dem Kolben F gebliebene entweicht nach und nach durch den Raum O in die Atmosphäre. Das Gleichgewicht des Kolbens F ist alsdann aufgehoben und das Ventil C in die Stellung zurückversetzt, welche die Figur nachweist. Wie schon erwähnt, ist der cylindrische Theil des Ventils L nicht ganz dampfdicht, so daß Dampf in den Raum O gelangen kann, welcher mit der Atmosphäre in Verbindung steht. Der Zweck dieser Einrichtung ist, den in die Röhre I gelangenden Dampf zu verhindern auf den obern Theil des Ventils L zu drücken; denn in diesem Falle würde auf die obere und untere Fläche des Ventils derselbe Druck wirken und folglich das Ventil auf seinen Sitz zurückgedrückt und unwirksam werden; wenn andererseits das Ventil unmittelbar mit der Atmosphäre in Verbindung stände, so würde der Dampf ausgeblasen, ohne unter den Kolben F zu gelangen. Die zweite Form des Sicherheitsventils ist in Fig. 18 dargestellt. A ist eine, an dem Kessel angebrachte Röhre und auf derselben ist ein Raum B gebildet, aus welchem eine Röhre C, die an einem Ende offen ist, in die Atmosphäre vortritt. Die Röhre C ist mit einem Sitz versehen, auf welchem ein Kugelventil D aufliegt, das in die cylindrische verschlossene Büchse E hineinragt. Mit der Röhre A ist ein Canal F verbunden, worin sich eine Spindel G mit einem Gewicht H, welches im Kessel hängt, befindet. Diese Spindel ist mit einer Scheibe I versehen, die sich in einem kurzen Cylinder K bewegt und einen solchen Durchmesser hat, daß eine geringe Dampfmenge durchgehen kann; über dieser Scheibe befindet sich ein Ventil L, welches auf einem Sitz liegt, der in Verbindung mit dem Raume M über dem Kugelventil D steht. Die Wirkung ist folgende: – Wenn das Ventil die in der Figur dargestellte Stellung hat, so strömt Dampf aus dem Kessel durch die Röhre A in den Raum B und drückt dort auf den untern Theil der Kugel D, sucht also dieselbe zu heben; dieß wird aber durch den Druck verhindert, welchen der zwischen der Scheibe I und dem Cylinder K in den Raum M gelangte Dampf auf die obere Fläche der Kugel ausübt; und hierzu wird auch Dampf durch den Zwischenraum der Kugel D und des Cylinders E geliefert, indem diese Theile nicht dicht aneinander schließen. Der Apparat wird daher in seiner Stellung beharren bis in dem Kessel ein zu hoher Druck entsteht, wodurch das Ventil L gehoben wird; da nun die hierdurch geöffnete Fläche größer ist, als die Oeffnung zwischen der Scheibe I und ihrem Cylinder, so kann der Dampf in den Raum M entweichen und dadurch wird der Druck von dem obern Theil der Kugel D entfernt, so daß sie sich heben und Dampf aus dem Raum B in die Röhre C entweichen kann. Läßt der Druck im Kessel nach, so wird das Ventil L mittelst des Gewichts H auf seinen Sitz zurückgeführt werden, und es wird wieder Dampf auf die obere Fläche der Kugel gelangen und dieselbe belasten. Dieses Ventil ist ebenso wirksam, wenn in dem Kessel ein Vacuum entsteht, dann ist offenbar keine Belastung vorhanden und der atmosphärische Druck hebt also die Kugel, so daß Luft in den Kessel strömen kann. Das dritte Sicherheitsventil, dessen Zweck oben angegeben wurde, ist in Fig. 20 dargestellt. A ist eine, an dem Kessel befestigte Röhre, auf welcher der Ventilkasten B angebracht ist. In diesem befindet sich der Ventilsitz C, der die Gestalt eines Bechers hat, auf dessen Boden das Ventil D liegt. Der untere, in dem Sitz liegende Theil des Ventils hat eine kugelförmige Gestalt, und über dem Ventil und einen Theil desselben bildend, ist eine Scheibe von größerm Durchmesser angebracht, welche in Fig. 21, einer Ansicht des Ventils nach größerm Maaßstabe, mit E bezeichnet ist. Das Ventil ist an der Spindel F angebracht und an dieser hängt das Gewicht G, welches das Ventil belastet. Das Gewicht G kann jede passende Form erhalten, wenn das Ventil nur als Sicherheitsventil gegen zu hohen Dampfdruck wirken soll; hat das Ventil aber auch den Zweck, gegen zu niedrigen Wasserstand im Kessel als Sicherheitsventil zu dienen, so muß das Gewicht die Form eines Hebels haben, an dessen Ende ein steinerner Schwimmer H angebracht ist, wo dann das Gewicht des Hebels, Schwimmers, der Stangen etc., in Summa minus dem Gewicht des verdrängten Wassers, die Belastung des Ventils bildet. Wenn der Dampfdruck im Kessel, welcher auf die untere Seite des Ventils D wirkt, die Belastung übersteigt, so wird das Ventil gehoben; und da hernach der Dampf auf die größere Fläche der Scheibe E wirkt, und theilweise durch den Becher C zusammengehalten wird, so fährt das Ventil zu steigen fort, bis Dampf durch die Röhre I entweicht, deren Querschnitt gleich demjenigen des Ventilsitzes ist. Wenn sich der Wasserstand im Kessel erniedrigt, so sinkt der Schwimmer mit dem Wasser, und das vergrößerte Gewicht am Ende des Hebels G bringt den messingenen Zapfen L mit dem Tragbügel M in Berührung; der Nagel N geht dann in dem Bügel der Ventilstange F in die Höhe, entlastet das Ventil und macht es frei von der Einwirkung des Dampfes; nun erfolgt die Entleerung des Dampfes, welche von dem zu dieser Zeit stattfindenden Dampfdruck und von der Größe des Ventils unabhängig ist. Das beschriebene kleine Hülfsventil, welches in Verbindung mit der ersten und der zweiten Form des Sicherheitsventils angewendet wird, läßt sich auch mit Vortheil zu anderen Zwecken benutzen, z.B. wenn man von Hochdruckkesseln den überflüssigen Dampf in andere Kessel, die mit Niederdruck betrieben werden, oder von Locomotivkesseln in Tender zum Erhitzen des Speisewassers ausströmen lassen will. Fig. 19 zeigt die Einrichtung eines solchen Ventils. A ist die auf dem Kessel befestigte Röhre; B das Ventil, welches durch die Belastung auf seinem Sitz gehalten wird. Dieses Ventil hat einen cylindrischen obern Theil C, welcher in die Kammer D tritt, aber nicht ganz dampfdicht, sondern etwas Dampf in die Kammer treten läßt, welche durch Löcher E mit der Atmosphäre in Verbindung steht. Steigt nun der Dampfdruck über die bestimmte Gränze, so hebt sich das Ventil und es kann Dampf durch den Canal F in den Tender oder Trog abziehen, um das darin befindliche Wasser zu erwärmen. Der Cylinder C verhindert eine solche Belastung des Ventils durch den Gegendruck des Dampfes, daß seine gehörige Wirksamkeit dadurch verhindert würde. –––––––––– Hr. Kay zeigte im Institute der mechanischen Ingenieure zu Birmingham, wo er diese Abhandlung vortrug, Modelle von der zweiten und dritten Form des Sicherheitsventils vor, und setzte auseinander, daß letzteres Ventil, wenn es auch per Quadratzoll Druck mit 100 Pfd. belastet ist, bei zu niedrigem Wasserstande wirken muß, wenn auch der Druck im Kessel nur 1 Pfd. beträgt, und daß es so lange offen bleiben wird, bis der normale Wasserstand wieder hergestellt ist. Der oben auf dem Ventil angebrachte Supplementarhebel gestattet die Belastung desselben zu vermindern, damit es sich bei einem geringern, als dem ursprünglich angenommenen Druck öffnet; die Gränze des Drucks kann daher niemals über die erste Bestimmung hinaus gesteigert, aber nach Belieben vermindert werden, und der Hebel dient überdieß um zu ermitteln ob das Ventil frei in seinen Bewegungen ist. Der Erfinder bemerkte ferner, daß Ventile der dritten Form 8 bis 9 Monate in ununterbrochenem Betriebe waren, wobei sich kein anderer Anstand ergab, als daß anfänglich einige zu empfindlich gemacht wurden, indem der Schwimmer zu schwer war, so daß er bei einer geringen Wasserstandsveränderung zu leicht bewegt wurde. Der Kesselstein kann die Wirksamkeit des Ventils nicht behindern, weil der Hängebügel M um den Zapfen L Spielraum genug hat und das Ganze in dem Dampfraum liegt, wo sich nur wenig Kesselstein bilden kann. Es sind jetzt etwa 100 Ventile dieser Art in der Gegend von Manchester im Gebrauch, davon 80 als Sicherheitsmittel gegen zu niedrigen Wasserstand; die Kosten eines solchen betragen etwa 10 Guineen oder 70 Rthlr. Ventile vor der ersten und zweiten Form sind weniger in Anwendung gekommen, sie entsprechen aber ihrem Zweck vollkommen.

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