Titel: | Ueber Lemielle's Wettermaschine für Bergwerke; von Samuel Lloyd jun. |
Fundstelle: | Band 150, Jahrgang 1858, Nr. LII., S. 194 |
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LII.
Ueber Lemielle's Wettermaschine für Bergwerke; von
Samuel Lloyd
jun.
Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, Sept.
1858, S. 309.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Lloyd, über Lemielle's Wettermaschine für Bergwerke.
Eine gute Wetterführung ist für den Grubenbetrieb von größter Wichtigkeit; sie
verhindert Unfälle und entfernt deren Ursachen, da die schlagenden Wetter
bekanntlich den Bergleuten oft todbringend sind, und veranlaßt eine gesunde
Atmosphäre, oder, wie der Bergmann sagt, einen frischen Wetterzug. Die fortwährende
Bildung schädlicher Gase erheischt eine kräftige und regelmäßige Ventilation, welche
die Wetter sogleich nach ihrer Bildung wegzuschaffen vermag. Diese beiden
Bedingungen sind bei der Ventilation- oder Wetterführung erforderlich, wenn
man günstige Resultate erlangen will; denn bei einer kräftigen aber unregelmäßigen
Wetterführung können sich Gase ansammeln und dadurch bedeutende Unglücksfälle
entstehen; sind dagegen Kraft und Regelmäßigkeit der Ventilation vereinigt, so
werden die Gase ohne Unterbrechung aus den Bauen fortgeschafft und es wird alle
Gefahr vermieden.
Die Regelmäßigkeit der Steinkohlenflötze in Britannien und ihr leichter Abbau sind
wohl zunächst die Veranlassung, daß im Allgemeinen das alte System der Wetterführung
durch Verdünnung der Luft im ausziehenden Schacht mittelst Oefen beibehalten wurde.
Diese Einrichtung ist ohne Zweifel die einfachste, aber unter gewissen Umständen ist
sie von Gefahren begleitet, weil selbst bei der größten Aufmerksamkeit ernstliche
Unfälle entstehen können und auch entstanden sind. Durch eine Explosion kann der
Ofen so beschädigt werden, daß er unbrauchbar wird. In manchen Gruben veranlassen
unregelmäßiges Schüren und Abwarten der Oefen Aenderungen der atmosphärischen
Temperatur, so wie ein schwieriger Wetterzug häufig eine unregelmäßige
Wetterhaltung. In Schächten von geringer und selbst in solchen von großer Tiefe, in
denen mittelst der Wetteröfen eine hohe Temperatur unterhalten wird, kann die Größe
der Luftströmung nur wenig gesteigert werden; wenn es plötzlich erforderlich ist und
wenn die Baue sehr ausgedehnt sind, so kann ein stärkerer Wetterzug nur durch
mehrere Schächte mit Wetteröfen erlangt werden.
Wenn ein ausziehender Schacht auch auf das Maximum der Temperatur, nämlich 360 bis
390° F. (180–199° C.) geheizt wird, so erzeugt er nach der
theoretischen Berechnung doch nur wenige Procente von der durch Dampfkraft
entwickelten Wirkung; 27 Fathoms (Klafter zu 6 Fuß) Teuft geben nur ungefähr 2 3/4
Proc., 55 Fathoms 4 1/2 Proc., 80 Fathoms 6 1/4 Proc., und 110 Fathoms 9 Proc.
Werden die Wetterschächte auch zur Förderung benutzt, so übersteigt die Temperatur
selten 104° F. (40° C.), in welchem Falle die Resultate günstiger
sind, da sie nach der theoretischen Berechnung bei den obigen Teufen respective 5
1/3, 10 2/3, 16 und 21 1/3 Proc. betragen und bei einem Schacht von 325 Fathoms
Teufe 64 Proc. erreichen können. Ueberdieß kommen die praktischen Resultate den
theoretischen keineswegs nahe, weßhalb offenbar für Schächte von 50 bis 125 Fathoms
Teufe der durch Oefen erzeugte Wetterzug weder der wohlfeilste noch wirksamste ist.
Man hat daher sehr verschiedenartige Wettermaschinen statt der Wetteröfen versucht
und angewendet.
Die Wetterhaltung mittelst einfach construirter Maschinen hat den Vortheil der
Regelmäßigkeit, und wenn die Maschine die gehörige Kraft hat, so erzeugt sie einen
gleichförmigern Wetterstrom, als er durch Oefen erlangt werden kann. Die ersten
Anlagekosten sind zwar bedeutender, aber diese werden durch die Verhütung von Gefahr
und die größere Leistungsfähigkeit der Arbeiter in den frischer gehaltenen Wettern
vollkommen ausgeglichen. Man hat gegen die Wetterhaltungsmaschinen die Einwendung
gemacht, daß sie in Unordnung gerathen können und dann der Wetterzug aufhört,
während bei den Wetteröfen der Zug in einem Schacht, nachdem derselbe erwärmt ist,
auch nach Unterbrechung der Feuerung noch einige Zeit in Wirksamkeit bleibt; in der
Praxis hat man jedoch gefunden, daß bei Anwendung von Maschinen nach dem saugenden
Princip das Volum der Luft und Gase in den Bauen, worin sie sich in ausgedehntem
Zustande befinden, bei einem plötzlichen Stillstande der Maschine sofort vermindert
wird und folglich eine Zeit lang die weitere Gasentwickelung aus den Klüften der
Kohle verhindert.
Die hier zu beschreibende Wettermaschine ist schon seit mehreren Jahren bei
verschiedenen Steinkohlengruben des nördlichen Frankreichs und Belgiens mit sehr
gutem Erfolg in Gebrauch; sie ist die Erfindung des Ingenieurs Lemielle zu Valenciennes in Nordfrankreich.
Fig. 4 ist ein
Grundriß der Maschine, bei welchem die Bedeckung der runden Kammer A entfernt ist; Fig. 5 ist ein senkrechter
Durchschnitt der Maschine.
Diese Maschine besteht aus einer kreisrunden, aus Mauerwerk hergestellten Kammer A, welche auf der einen Seite B durch eine Wetterstrecke mit dem ausziehenden Schacht, und auf der andern Seite C mit der freien Luft in Verbindung steht. In dieser
Kammer dreht sich eine Trommel D, welche excentrisch zur
Peripherie der Kammer angebracht ist; mit dieser Trommel sind drei oder mehr Flügel
E verbunden, die an ihrer Basis beweglich sind und
deren äußere Kanten mittelst der Verbindungsstangen F in
Berührung mit dem Umfang der cylindrischen Kammer A
gehalten werden; die Stangen F stehen durch ihr anderes
Ende mit der Welle G in Verbindung, welche im Centrum
der Kammer A und daher excentrisch zu der sich drehenden
Trommel D angebracht ist. Die Trommel wird durch eine
horizontale Dampfmaschine H von einfacher Construction
in Bewegung gesetzt, deren Kolbenstange direct mit einer auf der obern Seite der
Trommel angebrachten Kurbel I verbunden ist. Die Drehung
der Trommel veranlaßt die Flügel nacheinander vor der Oeffnung B der Wetterstrecke vorbeizugehen und einen Theil der
Wetter zwischen diesem Flügel und dem vorhergehenden abzuschließen; diese Wetter
werden nun weiter geführt und strömen durch die Oeffnung C aus. Auf diese Weise bewirkt die Drehung der Maschine einen
ununterbrochenen Wetterzug aus der Grube. Die mittlere Stellung der Flügel E ist in Fig. 4 punktirt
dargestellt.
Die erste Anwendung wurde von diesem Apparat schon im J. 1853 gemacht, aber vor 1855
wurde er wenig bekannt, da man früher nur Versuche mit ihm angestellt hatte. Nach
der Pariser allgemeinen Industrie-Ausstellung im J. 1855 aber verbreitete er
sich sehr schnell und steht jetzt bei wenigstens neunzig Gruben in Frankreich und
Belgien im Betriebe. Die Regierungs-Bergingenieure beider Länder haben zu
verschiedenen Zeiten Versuche über die Wirkung des Apparates angestellt, nämlich in
Bezug auf das Verhältniß der angesaugten und ausgeströmten Wettermenge zur innern
Räumlichkeit der Maschine; diese Versuche ergaben, daß der Verlust bei der
Wetterausströmung nicht über 10 bis 20 Proc. des theoretischen Volums des Apparats
beträgt; bis zu einem gewissen Grade hängt der Verlust nämlich vom Zustand der
Wetterzüge in der Grube ab. Der geringe Betrag dieses Verlustes erklärt sich durch
die geringe Geschwindigkeit des Ventilators, welcher nur 20 bis 30 Umdrehungen in
der Minute macht, indem dabei der Raum zwischen zwei Flügeln fast vollständig
entleert wird und nur wenig Wetter entweichen. Die verschiedenen anderen in
Anwendung stehenden Wettermaschinen müssen sich hingegen mit großer Geschwindigkeit
bewegen, um einen bedeutenden Wetterstrom hervorzubringen; einige derselben haben
auch eine sehr complicirte Construction und sind daher häufigen Reparaturen
unterworfen, während diese bei dem Lemielle'schen Apparat
fast gänzlich wegfallen.
In sehr tiefen Gruben, wo die Wetterhaltung schwierig ist, beansprucht ein Lemielle'scher Apparat, um 25,000 Kubikfuß Wetter in der
Minute bei 35 Umgängen anzusaugen, nur eine Dampfkraft von 20 Pferden, und für
15,000 Kubikfuß in derselben Zeit wäre bei gleicher Geschwindigkeit des Apparates
eine Dampfmaschine von 50 Pferdekräften unter gewöhnlichen Umständen hinreichend;
man muß aber bei Bestimmung der Kraft die Ausdehnung und die Weite der Strecken
berücksichtigen. Wegen der Einfachheit der Lemielle'schen
Maschinen sind die Reparaturen derselben geringfügig; sie beanspruchen, um in gutem
Betriebe zu bleiben, nur gehörige Reinigung und Oelung.
Die Lemielle'schen Maschinen stehen im nördlichen
Frankreich und in Belgien bereits vier Jahr im Betriebe; sie haben vom Anfang an gut
gearbeitet und bisher weder durch Unterbrechungen noch Reparaturen Nachtheile
veranlaßt. Ein großer Vortheil der Dampfkraft im Vergleich mit den Wetteröfen ist
bei Unfällen der, daß die Geschwindigkeit des Apparats bedeutend erhöhet und ein
viel stärkerer Wetterzug in den Bauen hervorgebracht werden kann, mag nun der Unfall
von einer Explosion, oder von einem Einbruch herrühren. Da die Maschine über Tage
steht, so ist sie gegen alle Unfälle gesichert und gänzlich unter Aufsicht der
Beamten und Arbeiter. Ein wesentlicher Punkt ist noch der, daß man mit diesem
Ventilator eine Luftverdünnung von 4 1/2 Zoll Wassersäule erzielen kann, während man
mit den älteren Apparaten 2 1/2 Zoll nicht überschreiten konnte.
Nachtrag.
Ueber die Leistungen der Lemielle'schen Wettermaschinen entnehmen wir der, mit drei großen Tafeln
versehenen Beschreibung derselben von Hrn. Lévy, Grubendirector der
Mosel-Steinkohlen-Gesellschaft, im Bulletin de
la Société de l'Industrie minérale, t. III p. 166 Nachstehendes: – „Man erreicht
mit dem Lemielle'schen Apparat bedeutende
Luftverdünnungen, bis auf 215 Millimeter Wassersäule, ein Resultat welches
meines Wissens noch mit keinem andern Ventilator erzielt worden ist.
Nun werden zwar meistenteils keine so bedeutenden Luftverdünnungen erfordert;
wenn aber auf einer Strecke oder vor einem Abbau eine Förste eingeht und der
Wetterzug beschränkt ist, oder wenn sich viel schlagende Wetter in der Grube
entwickeln, so wird der Wetterzug gestört und die Gefahr einer Explosion liegt
vor, welcher man mittelst des Lemielle'schen
Ventilators durch Herstellung eines starken Wetterzuges zu begegnen im Stande
ist.
Wenn im Sommer bei großer Hitze und bei Gewittern der Barometerstand gering ist
und schlagende Wetter sich leichter entwickeln, so wird eine starke Ansaugung
ebenfalls nothwendig.
Die Lemielle'schen Ventilatoren mit drei Flügeln
werden mit höchstens 35 bis 40 Umgängen in der Minute betrieben.
Nach den am 28. October 1855 am Steinkohlenwerk Bois-de-Boussu bei Mons in Belgien mit der Lemielle'schen Maschine angestellten Versuchen
benutzt sie 0,64 von der angewendeten Triebkraft.
Zu Azincourt im französischen Norddepartement hatte der Ventilator anfänglich
sechs Flügel, welche man dann auf zwei reducirte. Der Durchmesser der
cylindrischen Kammer beträgt 4,20 Met. und ihre Höhe 2,15 Meter. Der Erfinder
construirt jetzt aber alle seine großen Apparate mit drei Flügeln.
Am 28. Januar 1856 haben Hr. Cabany, dirigirender Ingenieur der Steinkohlenwerke der
Compagnie von Anzin, und Hr. Dormoy, Ingenieur bei den Valencienner Werken, durch Messungen
mit dem Combes'schen Anemometer gefunden, daß das
Verhältniß des theoretischen Volums des Apparates zum Volum der angesaugten
Wetter 100 zu 90 ist.
Sichere Thatsache ist es, daß man mit den Lemielle'schen Maschinen ohne Schwierigkeit ein Wettervolum von wenigstens
12 Kubikmetern in der Secunde (24,000 Kubikfuß in der Minute) erzielen kann,
eine Leistung die man bisher nur mit den besten der anderen Wettermaschinen
erreicht hat. Wenn eine Grube ausnahmsweise eine weit größere Wettermenge
erfordert, so muß man die Dimensionen der Maschine (nicht die Geschwindigkeit
derselben) vergrößern.
Jetzt sind verbesserte Maschinen dieser Art auf vielen Steinkohlenwerken in
verschiedenen Theilen Frankreichs und Belgiens eingeführt.
Die Anlagekosten des Ventilators zu Azincourt waren
folgende:
Für das Fundament
583,73 Francs
Ankauf des Ventilators und seiner Dampfmaschine(ohne
Kessel, Röhren, Hähne und Speiseapparat),ferner für Patentrecht,
Montirung
8000,00 „
unvorhergesehene Kosten
116,27 „
––––––––––––––
Summa:
8100,00 Francs.“