Titel: | Bericht über das submarine Boot des Hrn. Wilhelm Bauer. |
Fundstelle: | Band 150, Jahrgang 1858, Nr. LXIII., S. 247 |
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LXIII.
Bericht über das submarine Boot des Hrn.
Wilhelm
Bauer.
Commissäre: die HHrn Jacobi, Tschébyscheff, Lenz, Berichterstatter. –
Der kais. Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg vorgetragen am 9. April 1858.
– Aus dem Bulletin
physico-mathématique de l'Académie de
St.-Pétersbourg, t. XVII p. 97.
Ueber das submarine Boot von Bauer.
Hr. Wilhelm Bauer hat der
Akademie zwei von ihm construirte Apparate mit Zeichnungen und Beschreibungen
vorgelegt, von denen der eine „hyponautischer Apparat,“ der
anders aber
„Observations-Telegraphen-Taucherglocke“
genannt wird; beide haben das Gemeinschaftliche, daß sie den Aufenthalt von Menschen
mehrere Stunden lang unter dem Wasser ermöglichen. Der erste dieser Apparate ist
bereits ausgeführt und Versuchen unterworfen gewesen, der andere ist neu projectirt
und zunächst zum Heraufholen versunkener Schiffe aus großen Tiefen bestimmt. Da
letzterer zum Theil auf Erfahrungen mit ersterem Apparat gegründet ist, so werden
wir zunächst von dem ersten Apparat, dem hyponautischen, sprechen und uns bemühen
das Princip klar zu machen auf welchem er beruht.
Dieser Apparat ist ein Boot, zur Bewegung unter der Wasseroberfläche bestimmt, von 50
Fuß Länge, 12 1/2 Fuß Höhe und 11 Fuß Breite, so daß sein Querschnitt eine
elliptische Form hat; die äußere Hülle besteht aus Eisenplatten von 1/2 Zoll Dicke
mit 50 Stück Eisenrippen und ist wasserdicht vernietet. Vorne am Kopf des Bootes ist
eine Luke angebracht zum Hineinsteigen in den inneren Raum; am hinteren Theil findet
sich ein horizontales und zwei verticale Steuer, die vom Kopf aus regiert werden
können, ferner am äußersten Ende ein Schrauben-Propeller zum Fortbewegen und
eine zweite ähnliche Schraube zum Umwenden des ganzen Apparates in horizontaler Ebene. In der Mitte des
Apparats ist eine Taucherkammer, aus welcher ein Mann mit dem Taucherhelm aus dem
Innern ins Wasser heraustreten kann. Im Innern des Boots befinden sich drei große
Cylinder, in welche durch Zurückziehen eines Stempels eine Wassermasse von 45,000
Pfund ins Innere des Apparats gezogen werden kann, nebst einem kleinen Cylinder zur
Regulirung der Eigenschwere des Apparats, wenn diese nahezu dem aus der Stelle
gedrängten Wasser gleich ist; ferner Glasilluminatoren zum Hereinlassen des Lichtes
und noch mehrere andere Vorrichtungen von geringerer Wichtigkeit. Das nach Abzug der
Maschinentheile im Apparat eingeschlossene Luftvolum beträgt 3060 Kubikfuß. Die
Erfahrung hat gezeigt, daß dieses Volumen für 14 Menschen während 7 Stunden
ausreicht ohne alle Erneuerung; diese kann übrigens durch Schläuche, die in dem
Boote münden und deren anderes offenes Ende an die Oberfläche hinaufgelassen wird,
leicht bewirkt werden. Bei Ansicht der Zeichnung dieses hyponautischen Apparats kann
man nichts anderes, als das mechanische Geschick anerkennen, mit welchem Hr. Bauer
diese verschiedenen Mechanismen combinirt hat, so wie die Beharrlichkeit, mit
welcher er die Construction, gewiß nicht ohne bedeutende Schwierigkeiten, zu Ende
geführt hat. Auch haben 134 Versuche mit dem Apparat gezeigt, daß die Berechnung der
Dimensionen der drei Cylinder auf richtigen Principien gegründet war; Hr. Bauer
konnte den Apparat mit 14 Menschen, ja zuweilen mit 18 belastet, wie eine von der
Marine bestimmte Kommission es bezeugt, in jede beliebige Tiefe senken, ja in jeder
Tiefe fast vollkommen schwebend erhalten, so daß die Senkung nicht mehr als 1 Fuß in
der halben Stunde betrug. Nur in einem Punkte hatte der Erfinder sich geirrt, indem
die Triebkraft, welche vermittelst der Propeller-Schraube vorwärts treiben
sollte, nicht im Stande war dem Boote eine Geschwindigkeit von 5 Werst die Stunde
mitzutheilen, wie Hr. Bauer es beabsichtigt, sondern nach Aussage der Commission nur
von 1 1/2 Werst. Die Triebkraft bestand aus 4 Menschen, welche auf 2 Treträder
wirkten: wir glauben man hätte, ohne den Versuch wirklich anzustellen, das
Ungenügende dieser Kraft für den beabsichtigten Zweck mit Sicherheit voraussagen
können. Durch die geringe Geschwindigkeit, welche dem Apparat ertheilt werden
konnte, wurde nun seine Lenkung durch die Steuer sehr ungenügend, und so konnte das
Boot seinen eigentlichen Zweck, an einem Schiffe unter dem Wasser Minen anzulegen
und zu sprengen, nicht erfüllen. Nichts desto weniger bieten die Versuche mit diesem
Boote mehrfaches Interesse dar. Sie zeigten z.B., daß man ein solches
Unterwasser-Boot wirklich fast bis zum Schwebenbleiben in jede Tiefe bringen
kann; sie lehrten ferner, daß die völlig abgesperrte Luft ohne auffallende Beschwerden noch von
Menschen eingeathmet werden konnte, wenn bereits drei brennende Lichter darin
verlöschten; als in der Tiefe von 21 Fuß unter dem Wasser 4 Trompeter im Boot die
Nationalhymne bliesen, war in dem engen Räume der Ton gar nicht so schmetternd,
sondern hörte sich ganz weich an und die Musik wurde in einer Schaluppe auf dem
Wasser aus einer Entfernung von 140 Schritt deutlich genug gehört; ein Licht an
einer der Glas-Illuminatoren gestellt, lockte Fische in solcher Menge an, daß
Hr. Bauer nur Fischköpfe sah
u.s.w.
Da das hyponautische Boot in Bezug auf das Heben, Senken und fast Schwebenbleiben so
gute Dienste leistete, so hat Hr. Bauer auf demselben Principe seine Taucherglocke
projectirt, mit welcher er sich bis auf 500 Fuß Tiefe unter die Meeresoberfläche
herabzulassen gedenkt, d.h. in eine Tiefe, wo der Apparat sich unter einem Drucke
von circa 16 Atmosphären befinden wird. In solchen
Tiefen wird die gewöhnliche Taucherglocke oder der Taucherhelm nicht mehr anwendbar,
während in dieser von allen Seiten völlig abgeschlossenen Glocke die Bewohner
derselben sich fortwährend in einer Luft von derselben Dichtigkeit, wie oben,
befinden. Der Apparat soll zuvörderst dazu dienen, aus dieser großen Tiefe
versunkene Schiffe oder andere große Lasten vermittelst submariner Kameele in Form
von Ballons heraufzubringen, welche aus Leinwand und Gummi construirt sind, in
zusammengefallener Form herabgelassen, an der zu hebenden Last befestigt und dann
vermittelst Druckpumpen von der Oberfläche des Wassers aus mit Luft gefüllt werden
sollen, wodurch jeder dieser Ballons 7000 Pd. zu tragen im Stande seyn wird. Das
Hinunterführen dieser Kameele und ihr Befestigen an der zu hebenden Last soll nun
die in Rede stehende Taucherglocke ausführen. Wir zweifeln nicht daran, daß Hr.
Bauer, durch seine
früheren Versuche mit allen Schwierigkeiten der Aufgabe wohl bekannt, dahin kommen
wird, den Apparat durch Einnehmen des gehörigen Wasserballastes in der
beabsichtigten Tiefe noch zum Schwebenbleiben zu bringen, auch wird es ihm
vielleicht gelingen, die Schläuche zum Lufterneuern in der Tiefe von oben aus von
der gehörigen Stärke und Biegsamkeit für solch' ungeheuren Druck auszuführen, allein
es kommt uns sehr zweifelhaft vor, daß es den in der Glocke befindlichen Menschen
gelingen wird, mittelst der zwei an der Glocke angebrachten
Propeller-Schrauben, wovon die eine den Apparat horizontal vorwärts bewegt,
die andere ihn aber drehen soll, den Apparat so zu handhaben, daß sie im Stande seyn
werden, von innen heraus die submarinen Kameele an der zu
hebenden Last zu befestigen; der Erfinder wird vielleicht das versunkene Schiff
unter ganz anderen Umständen unten antreffen, als er sich seine Lage hier von oben
aus denkt. – Wenn
die Anfertigung und Befestigung der Kameele an der zu hebenden Last aber gelingen
sollte, so ist seine Methode, die große Last mittelst derselben zu heben, allerdings
sinnreich und beruht auf richtigen Principien.