Titel: | Neues Verfahren zur Entfuselung des Weingeistes. |
Fundstelle: | Band 150, Jahrgang 1858, Nr. CVII., S. 424 |
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CVII.
Neues Verfahren zur Entfuselung des
Weingeistes.
Aus dem Moniteur industriel, 1858, Nr.
2308.
Verfahren zur Entfuselung des Weingeistes.
Hr. Breton, Professor an der
Schule für Heilkunde in Grenoble, hat unlängst der Société impériale et centrale d'agriculture ein sehr
interessantes neues Verfahren zur Entfuselung des Weingeistes mitgetheilt.
Bekanntlich enthalten der Lutter, Branntwein und Alkohol, welche man durch
Destillation der Runkelrüben, Kartoffeln, des Krapps etc. erhält, flüchtige Oele,
welche ihnen einen sehr unangenehmen Geruch und Geschmack ertheilen. Das fragliche
Verfahren ist nur eine sinnreiche Anwendung eines bekannten Princips, auf welchem
die Operation beruht, wodurch man mittelst Aether das in Salzlösungen enthaltene
Brom abscheidet. Dieses Princip kann man folgendermaßen formuliren: wenn ein Körper
in einer Flüssigkeit aufgelöst ist, und man schüttelt diese Auflösung mit einer
andern Flüssigkeit, welche mit der erstern nicht mischbar ist aber zum aufgelösten
Körper eine größere Verwandtschaft hat, so verläßt dieser Körper die erstere
Flüssigkeit, um sich mit der zweiten zu vereinigen. Hiervon ausgehend, genügt es
offenbar, dem Weingeist welcher flüchtige Oele enthält, ein wenig Olivenöl
beizumischen, damit sich die flüchtigen Oele welche mehr Verwandtschaft zum fetten
Körper als zum Weingeist haben, von letzterm trennen um sich mit ersterm zu
vereinigen. Dieß ist auch bei einem Laboratoriums-Versuch sehr leicht
auszuführen; man braucht nur einige Tropfen Olivenöl in eine Flasche zu gießen,
welche fuselölhaltigen Weingeist enthält, hierauf die Flasche zu schütteln, dann die
Mischung absetzen zu lassen, sie zu decantiren, und das Resultat ist erreicht. Um
Massen fuselölhaltigen Lutters oder Weingeistes zu behandeln, ist aber dieses
Verfahren, ungeachtet seiner Einfachheit, nicht anwendbar.
Es mußte folglich eine andere Anwendung des Princips ermittelt werden, welche sich
für die Fabrication im Großen eignet. Hr. Breton kam zuerst auf die Idee, sich eines Filters zu bedienen,
welches aus Scheiben von wollenem Molton besteht, die schwach mit Oel getränkt sind
und zwischen zwei durchlöcherten Blechplatten gehalten werden. Die Entfuselung fand
statt, aber nur so lange bis der Wollenzeug mit den flüchtigen Oelen gesättigt war,
wo er dann solche nicht mehr absorbirte. Man konnte dann mittelst eines Dampfstroms
von zwei bis drei Atmosphären Druck die Wolle leicht von den flüchtigen Oelen
befreien; durch das Dämpfen bei dieser Temperatur wurde jedoch die Wolle für die
wiederholte Verwendung unbrauchbar. Die Wolle mußte folglich aufgegeben werden, und nach
vielen Proben ersetzte man sie durch eine Schicht gepulverten Bimssteins, welcher
genau so wie die Wolle wirkt, dabei aber, ohne sein Absorptionsvermögen zu
verlieren, die Temperatur verträgt, welche zum Verflüchtigen des von ihm
verschluckten Fuselöls erforderlich ist.