Titel: | Luftpumpe mit Quecksilber, welche ohne Kolben und Ventile wirkt; von A. Gairaud. |
Fundstelle: | Band 151, Jahrgang 1859, Nr. XX., S. 92 |
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XX.
Luftpumpe mit Quecksilber, welche ohne Kolben und
Ventile wirkt; von A.
Gairaud.
Aus Armengaud's Génie industriel, November 1858, S.
235.
Gairaud's Luftpumpe ohne Kolben und Ventile.
Man gibt allgemein zu, daß man mit den gewöhnlichen Luftpumpen die Verdünnung nur bis
etwas weniger als 1 Millimeter erzielt, und daß man, selbst der Theorie nach, eine
gewisse Gränze nicht überschreiten kann, da immer ein Zeitpunkt eintritt, wo die
Luftmenge, welche unter dem Recipienten bleibt, das Ventil nicht mehr heben kann.
Die hier zu beschreibende Quecksilber-Luftpumpe besitzt diese Mängel
nicht.
Sie besteht aus einer etwa 80 Centimeter langen und 7 bis 8 Millimeter weiten
Barometerröhre; an ihrem unteren Theile ist sie heberförmig gebogen und daselbst ein
eiserner Hahn angebracht. An dieser Stelle hat die Röhre beinahe die Form eines
umgekehrten . Am oberen Theile der Barometerröhre ist ein Becher oder
gläsernes Ei von 1/4 bis 1 oder zwei Liter Inhalt befestigt; dasselbe ist unten mit
einem Hahn versehen und oben mit einem zweiten Hahn, über dem sich ein Trichter
befindet.
Alle Armirungen sind von Schmiedeeisen, und der Apparat ist auf einem Tische
befestigt.
Wenn man ihn in Thätigkeit setzen will, so füllt man ihn durch den Trichter mit
Quecksilber, schließt den oberen Hahn und öffnet die beiden anderen. Das Quecksilber
fließt in eine untergestellte Wanne ab, und bleibt in der Röhre bei 76 Centimeter
Höhe stehen. Das barometrische Vacuum ist folglich in dem Becher, der hier die
toricellische Leere bildet.
Würde man auch den Trichter mit Quecksilber füllen und auf demselben eine
Goldschlägerhaut befestigen, so erhielte man durch das Oeffnen aller Hähne das
Experiment der platzenden Blase. Um den Versuch mit den Magdeburger Halbkugeln
anzustellen, hat man nur die obere Halbkugel zu durchbohren, um beide Halbkugeln mit
Quecksilber füllen zu können; man schließt dann oben, öffnet den unteren Hahn, das
Quecksilber fließt aus und das Innere ist absolut luftleer.
Wenn man die Luft unter einer Glocke verdünnen muß, so ist die Quecksilbermaschine
der gewöhnlichen Luftpumpe noch darin überlegen, daß man die Verdünnung ins
Unendliche treiben kann. Der Recipient communicirt mit der toricellischen Leere mittelst einer
geneigten eisernen Röhre, in deren Mitte sich ein Hahn befindet. Man stellt den
Recipienten auf den Teller, und wenn man die barometrische Kammer luftleer gemacht
hat, so öffnet man den Hahn, welcher letztere mit der Kammer in Verbindung setzt.
Wenn beide Gefäße gleichen Inhalt haben, so verdünnt man auf diese Weise die Luft im
Recipienten um die Hälfte. Setzt man die Operationen fort, so wird nach der zehnten
noch 1/1024 und nach der zwanzigsten nur noch 1/1048576 der anfänglichen Luftmenge
übrig seyn. Dieses Resultat ist nicht zweifelhaft, da sich die Luft vermöge ihrer
Spannkraft in beide Behälter gleichmäßig vertheilen muß.
Anstatt die Ränder der Glocke mit Talg zu beschmieren, ist es vortheilhafter auf den
Teller eine 4 bis 5 Millimeter dicke Scheibe von vulcanisirtem Kautschuk zu
legen.
Eine solche Maschine kommt viel billiger zu stehen als die gewöhnlichen Luftpumpen,
und gestattet mit 1/4 Liter bis 2 Litern Quecksilber alle Versuche über die
Eigenschaften der Luft anzustellen. Aus Gutta-percha angefertigt, würde sie
noch viel weniger kosten.
Anwendbarkeit des Apparats. – Man kann denselben
benutzen, um in einem Cylinder, in welchem sich ein Kolben luftdicht bewegt, die
Leere herzustellen; man erhält dann einen sehr starken Druck auf den Kolben, welcher
beim Niedergehen eine Platte von Holz oder Blech nach sich ziehen und so eine sehr
kräftige atmosphärische Presse bilden kann. In diesem
Falle kann man das Quecksilber durch Wasser ersetzen, indem man der Saugröhre eine
passende Weite gibt. Vielleicht könnte man dasselbe Princip zum Kochen im luftleeren
Raume anwenden, indem man einen Theil der im Kochgefäße enthaltenen Flüssigkeit
mittelst einer 10 Meter langen Röhre ausfließen ließe.