Titel: | Ueber neue, in Schottland vorkommende Rohmaterialien zur Photogen- und Paraffin-Fabrication; von P. Wagenmann, Ingenieur in Neuwied. |
Autor: | Paul Wagenmann |
Fundstelle: | Band 151, Jahrgang 1859, Nr. XXX., S. 117 |
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XXX.
Ueber neue, in Schottland vorkommende
Rohmaterialien zur Photogen- und Paraffin-Fabrication; von P. Wagenmann, Ingenieur in
Neuwied.
Wagenmann, über neue Rohmaterialien zur
Paraffin-Fabrication.
I. Torf.
Die Insel Lewis, die größte der Hebriden, welche dem Baronet Sir James Matheson gehört, ist mit einer Torfablagerung von
beiläufig 40 Quadratmeilen bedeckt, die nun verwerthet werden soll, zu welchem Behuf
ich im Sommer vorigen Jahres beauftragt wurde daselbst eine Untersuchung dieses
Torfes in ziemlich großem Maaßstabe vorzunehmen, deren Ergebniß ich im Folgenden
mittheile.
Dieser Torf gehört zu dem braunen und schwarzen Stech- und Baggertorf und geht
theilweise in den Pechtorf über. Er läßt sich leicht in zwei Qualitäten sondern: Nr.
1 ist schwarz, dicht, zur Kohle- und Theergewinung geeignet; Nr. 2 ist braun,
leicht, als Brennmaterial zu benutzen.
Nach dem Ausstechen des Torfes wird der Boden cultivirt, und zur Entsäuerung mit
Ammoniaksalzen, Torfasche etc. gedüngt.
Der mir als durchschnittliches Muster der Sorte Nr. 1 übergebene Torf war nicht so
ausgetrocknet, wie es gewöhnlich der auf dem Continente mehrere Wochen im Magazin
aufbewahrte ist; er enthielt 37 Proc. Wasser und der (engl.) Kubikfuß desselben wog
nur 12–18 Pfd. Nach den von mir erhaltenen Resultaten würde dieser Torf bei
der Destillation im Großen in Retorten 8 Proc., in Schachtöfen 6 Proc. Theer von
0,950 bis 0,900 spec. Gewicht liefern. Bei der Rectification der
Destillationsproducte dieses Theers wurden Oele von 0,740–0,760 spec. Gewicht
erhalten, welches dann auf 0,870 stieg, bei höherer Temperatur aber wieder auf 0,830
herabsank – ein Fall, der mir bis jetzt nur bei zwei Rohmaterialien
vorgekommen ist.
Die zur Destillation des Torfes von mir benutzte Retorte hatte 7 Zoll Durchmesser, 3
Fuß Länge und faßte 20 Pfd. Torf. Der Condensator bestand aus einem System
zweizölliger Gasröhren von 32 Fuß Gesammtlänge.
Das Ergebniß meiner Untersuchung ist folgendes:
Dauer der Destillation, 5 Stunden für 20 Pfd. Torf.
Heizkraft des Torfes, 4 bis 5 Pfd. Wasser durch 1 Pfd.
verdampft.
Heizkraft der Torfkohle, 9 bis 10 Pfd. Wasser durch 1 Pfd.
verdampft.
Wassergehalt des Torfes, 37–38 Proc. Ausbeute an Torfkohle,
31 Proc.
Ausbeute an Gas, 21 Procent (dasselbe enthielt 25 Proc.
Kohlensäure).
Ausbeute an Theer, 10 Procent.
Spec. Gewicht des Theers, 0,895; nach dem Waschen 0,865.
Schmelzpunkt des Theers, 22° R.
Niedrigstes spec. Gew. der abdestillirten Oele, 0,740; höchstes
0,870.
Kreosotgehalt des Theers, 30 Proc.
Essigsäuregehalt des Wassers, 2 Proc.
Asche des Torfes, 3 Proc.
Ausbeute an Photogen,
2 Proc.
„
„ Solaröl,
1 1/2 Proc.
„
„ Paraffin,
1/3 Proc.
Bei der Verarbeitung im Großen erwarte ich folgende
Resultate:
1) Aus 1 Tonne Torf, in Retorten destillirt:
Sh.
Pence.
30 (engl.) Quart Oel à 10 Pence
25
–
1 1/2 Pfd. Paraffin à 15 Pence
1
10 1/2
600 Pfd. Torfkohle
3
–
–––––––––––
29
10 1/2
abzuziehen 2 1/2 Tonnen Torf (einschließlich des als
Heizmaterial zum Trocknen und für die Retortenöfen
erforderlichen)
7
6
–––––––––––
22
4 1/2
2) Aus 1 Tonne Torf, in Schachtöfen destillirt:
Sh.
Pence.
22 Quart Oel
18
4
1 1/2 Pfund Paraffin
1
10 1/2
––––––––––
20
2 1/2
abzuziehen 1 Tonne Torf
3
–
––––––––––
17
2 1/2
An beiden Summen kommen natürlich noch die Kosten für Arbeitslöhne, Chemikalien etc.
in Abzug.
II. Blätterkohlen.
Außer dem besprochenen Rohmaterial wird gegenwärtig auch der auf der Hebrideninsel
Mull vorkommenden sogenannten South Boghead Coal große
Aufmerksamkeit geschenkt und es hat sich zu deren Ausbeutung bereits eine
Gesellschaft gebildet.
Die dortigen Lager liefern drei Qualitäten von Blätterkohle. Nr. I enthält 19,51, Nr.
II 52,8, Nr. III 73,3 Proc. flüchtiger Bestandtheile.
Nr. II gab, bei niedriger Temperatur destillirt,
2,7 Proc. leichtes Oel und
9,5 Proc. schweres Oel, welches 1,3 Paraffin enthielt.
Nr. III gab bei demselben Verfahren
2,3 Proc. leichtes Oel und
36,7 Proc. schweres Oel, welches 1,9 Paraffin enthielt.
Paraffinkerzen. – Die Werke auf den Hebriden
liefern das Paraffin als Halbfabricat an Hrn. J. K. Field
in London ab, welcher nach seinem patentirten Verfahren (polytechn. Journal Bd. CXLIII S. 466) daraus sehr schöne Kerzen
macht, denen es aber an Härte fehlt, so daß sie bei heißer Witterung sich biegen;
diesem Fehler ist er jetzt abzuhelfen bemüht. Es steht übrigens fest, daß das im
Sommer fabricirte Paraffin einen bei weitem höheren Schmelzpunkt hat, als das im
Winter dargestellte, weil bei niederer Temperatur mit dem Paraffin
Kohlenwasserstoffe krystallisiren, welche schon bei 28° R. schmelzen. Rein
krystallisirt das Paraffin aus Oelen von 0,860 spec. Gew. bei 0° heraus; am
Besten ist es daher nach meiner Ansicht, dasselbe in Kellern von möglichst gleicher
Temperatur auskrystallisiren zu lassen.Man s. Wagenmann's Verfahren zur Fabrication der
flüssigen Kohlenwasserstoffe und des Paraffins im polytechn. Journal Bd. CXXXV S. 138 und Bd. CXXXIX S. 302. Den auf dem Kontinent erzeugten Paraffinkerzen fehlt im Vergleich mit den in London
fabricirten die Klarheit, und es wird zweckmäßig seyn, den Zusatz von Stearin durch
Wallrath zu ersehen.