Titel: | Wirkung des Schwefelchlorürs auf die Oele oder Vulcanisiren der Oele; von Hrn. Perra. |
Fundstelle: | Band 151, Jahrgang 1859, Nr. XXXVI., S. 138 |
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XXXVI.
Wirkung des Schwefelchlorürs auf die Oele oder
Vulcanisiren der Oele; von Hrn. Perra.
Aus den Comptes rendus, Novbr. 1858, Nr.
22.
Perra, über die Wirkung des Schwefelchlorürs auf die
Oele.
Das Schwefelchlorür kann sich bei der gewöhnlichen Temperatur mit dem Leinöl
verbinden, wie auch mit den andern Oelen.
Nimmt man 100 Theile Leinöl und beiläufig 25 Theile Schwefelchlorür, so erhält man
eine Verbindung welche die größte Härte besitzt. 100 Theile Leinöl und 15 bis 20
Theile Schwefelchlorür geben ein weiches Product.
100 Theile Leinöl werden durch 5 Theile Schwefelchlorür bloß stark verdickt, nicht
hart gemacht. In diesem Zustande ist das Oel in allen Lösungsmitteln löslich, welche
das gewöhnliche Oel auflösen. Bei den anderen Verbindungen ist dieß nicht der Fall;
dieselben schwellen bloß auf und verlieren ein wenig Schwefel ohne sich in den
Lösungsmitteln aufzulösen.
Verdünnt man Leinöl mit seinem 30 bis Machen Gewicht Schwefelkohlenstoff und setzt
den vierten Theil vom Gewicht des Leinöls an Schwefelchlorür zu, so hat man ein
Product welches einige Tage flüssig bleibt. Wenn man die so erhaltene Verbindung
(welche im Schwefelkohlenstoff aufgelöst ist) auf Glas, Holz etc. aufträgt, so
verdampft der Schwefelkohlenstoff sofort und man hat augenblicklich einen
Firniß.
Um diese Gemische zu machen und diese Verbindungen zu erhalten, muß man
folgendermaßen verfahren: Man gießt das Schwefelchlorür rasch in das Oel, welches
man dann schüttelt, um eine gleichförmige Mischung zu bewirken. Allmählich erhitzt
sich die Masse, die Verbindung erfolgt, das Oel erhärtet oder bildet eine weiche
Verbindung, je nach dem Verhältniß des Schwefelchlorürs. Man darf aber jedesmal nur
mit kleinen Quantitäten operiren, um die Temperaturerhöhung zu vermeiden, weil diese
das Schwefelchlorür verflüchtigt und Blasen in der Masse bildet, oder das Oel
schwärzt und verkohlt. Sobald die beiden Substanzen innig gemischt sind, schüttet
man das Gemisch auf eine Glastafel oder einen sonstigen polirten Körper, macht die
Schicht gleich und nach Verlauf von fünf bis sechs Minuten, je nach der
Lufttemperatur, erhält man die Verbindung des Oels. Man macht nun mit einer
Messerspitze an einem Eck dieses Häutchen los, worauf man es leicht ganz abziehen
kann, ohne daß es zerreißt. Man kann mehrere Schichten über einander anbringen, welche
zusammenschweißen, wenn man eine neue Schicht nicht eher aufträgt, als nachdem sich
die vorhergehende Schicht erhärteten Oels abgekühlt hat. Damit diese Schichten
sicher zusammenschweißen, muß man aber die Feuchtigkeit ausschließen, welche das
Schwefelchlorür zersetzen würde, was die Adhärenz verhindert.
Indem ich dieses Verfahren befolgte, konnte ich kleine Schachteln, Messergriffe etc.
machen. Man kann sehr feste Tafeln erhalten, indem man in dieses erhärtete Oel ein
Drahtgewebe einführt, was leicht zu bewerkstelligen ist, indem man auf einer
Glastafel ein sehr dünnes Drahtgewebe anbringt und dann präparirtes Oel auf diesem
Glase ausbreitet, so daß das Drahtgewebe von dem Oel bedeckt ist.
Alle Producte, welche man mit den Gemischen von Schwefelchlorür und Oel darstellen
kann, sind vollständig durchsichtig, wenn man besorgt war die verfertigten
Gegenstände in einen Trockenkasten oder an einen heißen Ort zu bringen, damit das
überschüssige Schwefelchlorür verdampft und die Feuchtigkeit verhindert wird deren
Durchsichtigkeit zu verändern, indem sie das Schwefelchlorür zersetzt und daraus
Schwefel niederschlägt. Diese harten Verbindungen von Oel und Schwefelchlorür werden
durch die atmosphärischen Einflüsse gar nicht angegriffen; ich habe solche mehrere
Jahre lang der Witterung ausgesetzt gelassen. Bekanntlich ist der vulcanisirte, d.h.
mit Schwefel verbundene Kautschuk in der Kälte weich, dagegen sind die besprochenen
Verbindungen, welche man als mittelst Schwefelchlorür vulcanisirte Oele zu
betrachten hat, starr und spröde, überdieß behalten sie leider ziemlich lange einen
sehr merklichen Geruch.
Ich habe mich lange Zeit bemüht, diese Verbindungen von Oel und Schwefelchlorür so
hart wie den gehärteten Kautschuk zu machen, was mir aber nicht gelang. Fast alle
Substanzen, welche man diesen Gemischen einverleiben konnte, wurden durch das
Schwefelchlorür mehr oder weniger verändert und vergrößerten die Härte des Products
nicht.
Glücklicher war ich mit dem Färben dieser Verbindungen; ich erhielt die
mannichfaltigsten Farben, auch geäderte, den Marmor nachahmende. Um dieselben zu
färben, braucht man nur ein wenig Farbe dem Oel beizumischen, bevor man das
Schwefelchlorür zusetzt. Manche Farben werden aber durch das Schwefelchlorür
verändert.
Diese Verbindungen von Oel und Schwefelchlorür, d.h. die vulcanisirten Oele
widerstehen den Mineralsäuren und Alkalien von mittlerer Dichtigkeit sehr gut; die
concentrirten verseifen mit der Zeit den fetten Körper. Eine Wärme von beiläufig
120° C. bräunt diese Verbindungen, eine stärkere schmilzt sie mit
schwärzlicher Färbung. Dieses vulcanisirte Oel eignet sich sehr gut zum Formen und
liefert scharfe Abdrücke. Es führt seinen Firniß mit sich, nutzt sich ab und bleibt
immer glatt und polirt. Es besitzt elektrische Eigenschaften im höchsten Grade und
man könnte daraus Scheiben für Elektrisirmaschinen anfertigen.
Auf Geweben konnte ich dieses Oel nicht anbringen, weil es stets eine saure Reaction
hat, welche dieselben zerstörte. Holz läßt sich damit plattiren, nachdem man es
vorher rauh gemacht hat. Man kann es zur Anfertigung von Tapeten, Fensterscheiben
für Schiffe, künstlichem Marmor für Toilettetischchen etc. anwenden.