Titel: | S. Münster's Wächter-Control-Apparat. |
Fundstelle: | Band 151, Jahrgang 1859, Nr. XLIII., S. 182 |
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XLIII.
S. Münster's
Wächter-Control-Apparat.
Aus der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,
1858, Bd. II S. 133.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Münster's Wächter-Control-Apparat.
Die gewöhnlichen Wächteruhren sind insofern unvollkommen zu nennen, als sie nur für
ein einziges Zimmer oder Stockwerk ihren Zweck erfüllen; will man sich daher
vorsehen, daß ein Wächter alle Säle oder Stockwerke einer Fabrik oder eines
sonstigen Gebäudes revidirt, so müßte man eben so viele Uhren aufstellen als Zimmer
vorhanden sind. Man hätte in diesem Falle täglich sämmtliche Uhren zu stellen und
aufzuziehen, was in weitläufigen Gebäuden keine kleine Mühe wäre. In der Regel
müssen derartige Uhren auch täglich mit einer dazu vorgerichteten Pappscheibe
versehen werden, und überdieß würden sie wohl nicht selten in der Zeitangabe
abweichen, wenn sie nicht von Vornherein stärker construirt würden, um einestheils
den hinzukommenden Mechanismus tragen zu können, anderntheils durch einen
ungeschickten Zug des Wächters nicht gefährdet zu werden.
Um diese mangelhafte wie kostspielige Einrichtung zu umgehen, ist der in Fig.
5–7 abgebildete Apparat construirt worden (patentirt für Preußen am 25.
März 1858). Derselbe besteht aus
a) einem Cylinder von Messingblech,
welcher um seine Achse drehbar ist;
b) dem Mechanismus zum Bewegen
desselben;
c) einem Wasserbehälter;
d) dem Mechanismus zum Oeffnen und
Schließen des Wasserrohrs;
e) der in jedem zu controlirenden Locale
befindlichen Zieheinrichtung.
Der lange Cylinder T – in der Zeichnung ist nur
der obere Theil desselben dargestellt – dreht sich zwischen zwei Platten P und P' um seine Achse.
Diese Achse ist unten körnerartig zugespitzt und stützt sich in eine entsprechende
Vertiefung der untern Platte. Ihr anderes Ende ragt durch die obere Platte hervor,
um ein Sperrrad S aufzunehmen. Der Cylinder ist durch 16
an Inhalt gleiche Behälter gebildet, welche zur Aufnahme des aus einem Röhrchen A laufenden Wassers dienen und so eingerichtet sind, daß
jeder derselben das während 8 Stunden hineinfließende Wasser aufnehmen kann, die
Zeit, wie lange der Wächter gewöhnlich Wache zu halten hat. Um den Stand des Wassers
in den Zellen jederzeit beobachten zu können, ist in die Außenseite jeder Zelle eine
schmale Glasplatte eingelassen, neben welcher auf dem Messingblech Theilstriche der
Länge nach so gemacht sind, daß sie den Stand des Wassers von 5 zu 5 Minuten
angeben.
Was die Bewegung des Cylinders betrifft, so wird diese durch den Wächter bewirkt.
Derselbe hat nämlich um eine von dem Fabrikherrn beliebig bestimmte Zeit an einem
Griff zu ziehen, welcher durch einen Draht mit einem Hebel H (Fig.
5) in Verbindung steht, der in h seinen
Drehpunkt hat. Um den Gang des Hebels zu begränzen, ist noch ein Stift o' angebracht. Dieser Hebel ist an dem einen Ende mit
einer Feder versehen, welche mit ihrem hakenförmigen Ende in das Sperrrad S eingreift. Auf demselben Schenkel dieses Hebels sitzt
noch ein Anker a, der dazu dient, bei jeder Bewegung des
Hebels H, wodurch das Sperrrad um einen Zahn gedreht
wird, mit seiner Zunge in die Zähne des Sperrrades einzugreifen und zu verhüten, daß
zwei Zähne des Rades auf einmal fortgezogen würden oder daß die Bewegung des Rades
schwankend und unsicher sey. Außerdem befinden sich an den Schenkeln dieses Hebels
Gleitstücke G, G', welche durch Scharniere mit dem Hebel
H verbunden sind und den Bewegungen desselben
folgen. Diese Gleitstücke sind aus ihren flachen Seiten mit Stiften r, r' besetzt, welche zur Aufnahme von kleinen
Stellschrauben dienen, an denen die von den einzelnen Localen nach dem Apparate
kommenden Drähte befestigt werden. Eine Sperrfeder F
verhindert, daß das Rad S an einer rückgängigen, durch
die in den Ziehvorrichtungen (Fig. 7) befindlichen
Federn bewirkten Bewegung Theil nehmen kann, während der Haken der Feder der
zuvorerwähnten Vorwärtsbewegung des Hebels H folgt und,
über den benachbarten Zahn des Rades weggleitend, sich wieder in eine Zahnlücke
legt. Da nun das Sperrad S 16 Zähne hat und auf der
Achse des Cylinders festsitzt, so ist klar, daß sich letzterer auch drehen wird und
zwar jedesmal um 1/16 einer ganzen Umdrehung.
Das Einfließen des Wassers in den Cylinder findet aber an einer bestimmten Stelle
statt, woraus ersichtlich ist, daß durch das jedesmalige Ziehen an dem Hebel H ein anderer der 16 Behälter unter die Ausflußöffnung
tritt. Ueber dem Cylinder T befindet sich ein kleiner
Behälter R, aus welchem das darin enthaltene Wasser
durch eine mit einem Hahn L versehene kurze Ansatzröhre
A in den Cylinder geleitet wird. Der Ausfluß des
Wassers in den letztern erfolgt unter einer stets constant erhaltenen Druckhöhe und
bei einem normalmäßigen Betrieb des Apparates in solcher Weise, daß in der Zeit,
während welcher der Wächter sein Geschäft auszuüben hat, eine jede der 16 Zellen des
Cylinders sich bis zu einer bestimmten Höhe mit Wasser anfüllt.
Damit nun nach Ablauf der Wachzeit das Wasser nicht weiter aus dem Reservoir R ausfließt, ist folgende Einrichtung getroffen worden.
Auf dem Sperrrad S sitzt ein Stift m, welcher so angebracht ist, daß er, sobald der 15.
Behälter gefüllt ist, gerade mit dem kurzen Arm des Hebels N in Berührung tritt. Dieser Hebel hat bei n
seinen Drehpunkt, und sein längerer Arm steht mit dem an der Röhre A befindlichen Hahn L in
Verbindung, wie aus der Zeichnung ersichtlich ist. Sobald der 15. Behälter bis zum
bestimmten Theilstrich gefüllt ist, zieht der Wächter wieder den Hebel H; dadurch wird ein nochmaliges Fortrücken des Rades S bewirkt, der Stift m dreht
dadurch den Hebel N in die Richtung n, n' (Fig. 5) und bewirkt so ein
Schließen des Hahns L, indem dessen Arm in die Lage L, n' gekommen ist. Der 16. Behälter, welcher in diesem
Augenblick unter die Ausflußöffnung tritt, erhält daher kein Wasser aus später noch
anzuführenden Gründen.
Beginnt der Arbeiter am folgenden Abend sein Amt wieder, so zieht er zuerst den Hebel
H. Der Stift m wird
wieder um einen Zahn weiter gerückt und verläßt dadurch den Hebel N. Eine Feder F', welche
durch die Drehung des Hebels N in die Richtung n, n' ausgezogen worden, sucht jetzt, nachdem der Stift
m den Hebel N verlassen,
ihre ursprüngliche Lage wieder einzunehmen und bewirkt so ein Oeffnen des Hahns L in der Röhre A. Um die
Gränze des Rückgangs dieses Hahnes zu sichern, ist noch ein Stift o angebracht, an welchen der Hebel sich anlegt.
Was die Ziehvorrichtung betrifft, so besteht diese aus einem Kästchen (Fig. 7), in
welchem sich ein Schieber J befindet, der einestheils
der Bewegung des Hebels H, anderntheils dem Einfluß
einer Spiralfeder B unterworfen ist. Der Kopf dieses
Schiebers ist gabelförmig gestaltet, um in seinem Innern den von den Gleitstücken
und mithin auch vom Hebel H nach dem Schieber führenden
Draht aufzunehmen. Die Spiralfeder ist so angebracht, daß sie stets einen nach Innen
gerichteten Zug auf den Schieber ausübt. Erfolgt aber ein stärkerer Zug von der entgegengesetzten Seite,
so wird der Schieber aus der Oeffnung heraustreten. Dieser stärkere Zug wird vom
Wächter ausgeführt, sobald er den Hebel H zieht, indem
der Zug durch den Draht sich auf den Schieber fortpflanzt; es erfolgt alsdann ein
Vorwärtsschieben des letzteren, falls zuvor die dasselbe verhindernde Zuhaltung
ausgehoben worden ist. Es liegt nämlich in einer Vertiefung des Schiebers der Zapfen
z dieser Zuhaltung, und es ist ersichtlich, daß, so
lange dieser Zapfen nicht ausgehoben ist, kein Fortschreiten des Schiebers erfolgen
kann. Um nun den Zapfen und mithin auch die Zuhaltung auszuheben, hat der Arbeiter
einen Schlüssel, der für sämmtliche Locale derselbe ist. Durch Umdrehen dieses
Schlüssels hebt er die Zuhaltung aus, und ein an dieser befindlicher Haken wird in
der höchsten Stellung von einer Sperrfeder w
festgehalten. Durch die Bewegung der Zuhaltung greift ein an derselben oben
befindlicher Haken v in ein Rad V und schiebt dieses um einen Zahn weiter.
Die Benutzung des Apparats geschieht nun in folgender Weise.
Nachdem der Wächter beim Antritt der Wache in jedem Locale die betreffende Zuhaltung
ausgehoben hat und demnächst zu dem Apparat zurückgekehrt ist, öffnet er mittelst
des an dem letzteren befindlichen Zughebels den Hahn L
und bewirkt, bei der zwischen ihm und den sämmtlichen Schiebern der
Ziehvorrichtungen bestehenden festen Verbindung, zugleich ein Hervortreten derselben
aus ihren sie umschließenden Kästchen. Da durch das Ziehen des Wächters an dem
Zughebel nur ein momentaner Einfluß auf die Schieber ausgeübt wird, dahingegen die
mit ihnen verbundenen Spiralfedern continuirlich in einer dem Zuge entgegengesetzten
Richtung wirken, so wird nach geschehenem Zuge sofort ein Zurücktreten der Schieber
in ihre Ruhelagen und demnächst auch ein Wiedereingriff der bezüglichen Zuhaltungen
erfolgen; indem nämlich die Sperrfeder w von dem
Schieber bei seinem Heraustreten mitgenommen wird, läßt sie den bisher von ihr
aufgefangenen Zuhalter niederfallen.
Dieselbe Operation hat demgemäß der Wächter während seiner Wachzeit von 8 Stunden,
auf welche der Apparat eingerichtet ist, am Anfang jeder einzelnen halben Stunde,
also im Ganzen noch 15 mal zu wiederholen. Mit dem 16. Zuge tritt der 16. Behälter
unter die Ausflußöffnung und es sperrt alsdann der auf dem Sperrrad S befindliche Stift m den
ferneren Zutritt des Wassers; der 16. Behälter bleibt also leer, und diese
Einrichtung ist zur Ersparung eines 17. Behälters getroffen worden.
Leistet der Wächter der ihm auferlegten Verpflichtung Genüge, so wird nach Ablauf der
Wachzeit das Wasser in allen 16 Behältern gleich hoch stehen; findet sich diese
Erscheinung nicht vor, so ist dadurch dargethan, daß der Wächter seinen
Obliegenheiten nicht gehörig nachgekommen ist, und der Wasserstand in den Behältern
zeigt an, wann und wie lange dieß geschah. Zieht der Besitzer es vor, zu beliebig
gewählten Zeiten revidiren zu lassen, so wird der Apparat ebenso genau angeben, ob
dieß geschah, als im vorigen Fall.
Das Ausleeren der sämmtlichen Behälter geschieht gleichzeitig durch eine im Innern
des Cylinders befindliche Vorrichtung, indem man denselben um die Achse dreht. Die
in einer Nacht verbrauchte Wassermenge ist = 278 Kubikzoll, annähernd 1/6 Kubikfuß,
welche mehrmals benutzt werden können.
Es könnte dem Apparat zum Vorwurf gemacht werden, daß Wärme sowohl wie Kälte auf den
regelmäßigen Gang desselben Einfluß haben würden. Was die Kälte betrifft, so
befinden sich in jedem Etablissement Räumlichkeiten genug, die auch des Nachts der
kalten Jahreszeit Trotz bieten und stets eine mittlere Temperatur haben, so daß die
Ausdehnung des Wassers und des Messings der Scala innerhalb der vorkommenden
Temperatur-Differenzen für den vorliegenden Zweck durchaus ohne einen in
Betracht kommenden Einfluß seyn werden. Dasselbe gilt ohne Zweifel von der nach Hagen vorhandenen Abhängigkeit der Ausflußgeschwindigkeit
des Wassers von seiner Temperatur.
Derartige Apparate liefert die Werkstatt für Gasanlagen und Gasmesserfabrik von Hrn.
S. Elster, Neue Königsstraße Nr. 67 in Berlin.