Titel: | Untersuchungen über die Meyer'sche variable Expansion; von H. Fuhst. |
Autor: | Hermann Fuhst |
Fundstelle: | Band 151, Jahrgang 1859, Nr. LVIII., S. 241 |
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LVIII.
Untersuchungen über die Meyer'sche variable Expansion; von H. Fuhst.
(Schluß von S.
165 des vorhergehenden Heftes.)
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Fuhst, Untersuchungen über die Meyer'sche variable
Expansion.
Eine Steuerung mit variabler Expansion ist um so vollkommener, je näher ihre obere
Expansionsgränze mit dem Ende, und ihre untere mit dem Beginn des Hubes
zusammenfällt, dabei ist jedoch mit in Betracht zu ziehen, daß Expansionsgrade sehr
nahe am Ende des Hubes nur noch wenig Vortheil bieten. Erfordert die Bestimmung der
Maschine ein Wechseln der Bewegungsrichtung, so wird in Bezug hierauf diejenige
Steuerung die vollkommenere seyn, vermittelst welcher für den Rückwärtsgang
dieselben Resultate erzielt werden können, wie für den Vorwärtsgang.
Vom Wechsel der Bewegungsrichtung vorläufig abstrahirend, möge hier die Construction
einer Steuerung folgen, deren untere Expansionsgränze mit dem Beginn und deren obere
mit 0,9 des Hubes zusammenfällt. Als Ausgangspunkt zur Bestimmung der sämmtlichen
Dimensionen haben wir die Kurbelrichtung, welche mit der oberen Expansionsgränze
correspondirt, und die Breite a der Dampfdurchlaßcanäle,
die wir im Cylinder und Hauptschieber gleich annehmen, anzusehen.
Die Breite der Dampfcanäle sey a = 0m,026; ferner ist OR₉ (Fig. 1) die
Kurbelrichtung, welche bei einem Verhältniß von 1 : 5 zwischen Kurbel und
Bleuelstange, unserer oberen Expansionsgränze entspricht. Beim Eintritt der
Expansion in derjenigen Kurbelstellung, mit welcher die obere Expansionsgränze
zusammenfällt, ist es stets vortheilhaft den Dampf gleichzeitig durch beide Schieber
absperren zu lassen, indem man auf diese Weise, wie aus dem Diagramme leicht zu
ersehen ist, die zulässig kleinste Größe für den Radius des Expansionsexcenters
erhält.
Dieses gleichzeitige Abschließen des Dampfes durch beide Schieber erzielen wir Fig. 1 für die
betreffende Kurbelrichtung OR₉, wenn wir den
Voreilungswinkel δ des Hauptexcenters so wählen,
daß die Entfernung des
zugehörigen Schiebers von seiner mittleren Stellung gleich seiner äußeren
Ueberdeckung ist, wenn die Kurbel in der Richtung OR₉ ankommt, und die Größe des Radius vom Expansionsexcenter, welches
wir der Kurbel diametral gegenübersetzen, gleichzeitig so bestimmen, daß bei der in
Rede stehenden Kurbelstellung die größte relative Entfernung der Schiebermittel
stattfindet.
Soll bei der Kurbelstellung OR₉ die Entfernung des
Hauptschiebers von seiner mittleren Stellung gleich der äußeren Ueberdeckung, d.h.
gleich der Entfernung von seiner mittleren Stellung in Kurbelrichtung OR₁, seyn, so muß der Durchmesser des
Hauptschieberkreises den Winkel R₁O
R₉ halbiren, woraus sich der Voreilungswinkel δ des Hauptexcenters
δ = 1R – R₁OR₉/2
oder
δ = R₉OR₅/2
ergibt.
Mit Hülfe des so erhaltenen Winkels δ und der uns
gegebenen Breite a der Dampfcanäle bestimmen wir in der
Weise, wie wir es bei Anwendung des Zeuner'schen
Diagrammes auf Steuerungen mit kurzen Excenterstangen (Bd. CL S. 241 des polytechn.
Journals) sahen, den Durchmesser OD₁ des
Hauptschieberkreises, in welchem wir zugleich den Radius des zugehörenden Excenters
erhalten. Bezeichnen wir OD₁ mit r, so drückt sich r
algebraisch aus durch:
r = a/(1 – sin δ).
Lassen wir nun, um den zulässig kleinsten Werth für den Radius R des Expansionsexcenters zu erhalten, die größte relative
Schieberentfernung oder den Durchmesser des die relativen Schieberentfernungen
angebenden Hülfsschieberkreises mit der Kurbelrichtung OR₉ zusammenfallen, so erhalten wir R,
wenn wir durch D₁ eine Parallele mit OR₉ ziehen, gleich OD₂. Den Durchmesser OQ₄ des
Hülfsschieberkreises finden wir auf analoge Weise, wenn wir ebenfalls durch D₁ eine Parallele mit OD₂ ziehen; das Stück OQ₄,
welches durch dieselbe auf der Richtung OR₉
abgeschnitten wird, ist der gesuchte Durchmesser, welcher, was als Eigenthümlichkeit
dieser Steuerungen angesehen werden muß, stets gleich dem Radius R des Expansionsexcenters ist. Der letztere ist bei
diesen Anordnungen abhängig von der Kurbelstellung, welche der oberen
Expansionsgränze entspricht, und zwar in solcher Weise, daß er um so größer wird, je
mehr diese Kurbelstellung nach dem Ende des Hubes sich hinneigt. Man muß deßhalb die obere
Expansionsgränze so wählen, daß der nominelle Werth für diesen Radius nicht zu
überraschend groß ausfällt. Für die hier angenommene Canalbreite a und obere Expansionsgränze erhalten wir den in Rede
stehenden Radius gleich 0m,047, ein Werth,
der immer noch praktisch verwendbar ist.
Lassen wir die obere Expansionsgränze mit 120° der Kurbeldrehung, was bei dem
angenommenen Verhältniß zwischen Kurbel und Bleuelstange ungefähr 0,8 des Hubes
entspricht, zusammenfallen, so erhalten wir selbst für die größten Canalbreiten
stets brauchbare Resultate für den Radius des Expansionsexcenters, während sich die
übrigen, bei der Construction einer Steuerung in Frage kommenden Größen in so
bequemen Aliquoten der Dampfcanalbreite a ausdrücken
lassen, daß dieser Fall, welcher, wie vollkommen ausreichend ist, alle
Expansionsgrade zwischen 0 und 0,8 des Hubes zuläßt, als der zur Construction
bequemste zu bezeichnen ist.
Nehmen wir Fig.
2 Winkel R₁OR₄ gleich 120° an, so ergibt sich der Voreilungswinkel δ des Hauptexcenters
δ = 1R – R₁OR₄/2,
δ = 90° – 60° =
30°,
während sich nun der Durchmesser OD₁ des Hauptschieberkreises, oder der ihm gleiche Radius r des zugehörigen Excenters ausdrückt durch:
r = a/(1 – sin δ),
r = a/(1 –
0,500),
r = 2 a.
Ziehen wir jetzt durch D₁ eine Parallele mit OR₄ und eine mit R₁R₅, so erhalten wir, da das
Dreieck D₂OD₁
ein gleichseitiges ist, den Radius R des
Expansionsexcenters:
R = OD₂ = OD₁ = r = 2a
und somit den ihm gleichen Durchmesser OQ₄ des Hülfsschieberkreises
OQ₄ = R = 2a.
Als maaßgebend für die Länge l der
Expansionsschieberplatten Fig. 3 sehen wir an, daß,
wenn der Abschluß des Dampfes beim Beginn des Hubes erfolgt ist, ein Wiedereröffnen
des Dampfeintrittscanales hinter dem Expansionsschieber selbst bei der größten
relativen Entfernung der Schiebermittel nicht eintreten darf. Aus den beiden
vorhergehenden Abschnitten dieser Abhandlung wissen wir, daß ein solches
Wiedereröffnen bei der größten relativen Mittelentfernung der Schieber nicht
stattfindet, wenn
l = OQ₄ –
(– OQ₅) + a,
l = OQ₄ + OQ₅ + a.
Für diesen speciellen Fall ist nun:
OQ₄ = r = 2a
und
OQ₅ = r/2 = a,
mithin muß, wenn das Wiedereröffnen vermieden werden soll,
l = 2r = 4a
seyn.
In den Untersuchungen der früheren Anordnungen fanden wir, daß bei der Annahme:
l = 2r
die Wiedereröffnung nicht vermieden wurde, was jedoch, wie die
obige Rechnung darlegt, für diese Anordnung der Fall ist.
Die übrigen bei der Construction einer Steuerung zur Frage kommenden Dimensionen sind
Fig. 3 mit
Buchstaben bezeichnet. Zuerst wollen wir von denselben die Entfernung L von Außenkante zu Außenkante der Dampfdurchlaßcanäle
auf der oberen Seite des Hauptschiebers in Betrachtung ziehen. Die Construction
ergibt, wie wir gleich sehen werden, für dieses Maaß einen zulässig kleinsten Werth,
unter welchem dasselbe nicht angenommen werden darf, ohne die obere Expansionsgränze
herabzuziehen; andererseits hat eine unnöthige Vergrößerung dieses zulässig
kleinsten Werthes eine Vergrößerung der Schieberfläche überhaupt, und somit eine
Vergrößerung der Reibung des Schiebers an der Schieberkastenfläche zur Folge, was
einem directen Verluste an effectiver Leistung gleichzusetzen ist.
Das oben erwähnte Minimum für L erhalten wir, wenn wir
L so groß nehmen, daß die inneren Kanten der
Expansionsschieberplatten sich gerade berühren, wenn dieselben so weit
zusammengeschraubt sind, daß der Abschluß des Dampfes bei der mit der oberen
Expansionsgränze zusammenfallenden Kurbelstellung eintritt. In Fig. 4 sehen wir die
hieher gehörige, dem Diagramme Fig. 2 entnommene
Schieberstellung für den Abschluß des Dampfes bei der in Rede stehenden
Kurbelrichtung OR₄. Die in Fig. 4 von y vertical abwärtsgehende Punktirte ist die Mittellinie
des Hauptschiebers, dieselbe halbirt demnach die Entfernung L. Von y aus nach Links hingehend, können wir deßhalb L/2 berechnen, und es ergibt sich
L/2 = l +
ist die der Kurbelstellung OR₄ zugehörende relative Schieberentfernung, mithin
= OQ₄ = r = 2 a;
substituiren wir diesen Werth in der obigen Gleichung, so
entsteht:
L/2
= l + r, oder
da
L
= 2r = 4a,
L/2
= 3r = 6a,
L
= 6r = 12a.
Die Entfernung h von Außenkante des Dampfdurchlaßcanales
bis Ende der oberen Schieberfläche ist zweckmäßig so anzunehmen, daß die Vorderkante
der Expansionsschieberplatte in der äußersten Stellung, die sie einnehmen kann,
nicht über das Ende der Schieberfläche hinaustritt. Diese äußerste Stellung in Bezug
auf den Hauptschieber nimmt der Expansionsschieber bei der Kurbelstellung OR₄ ein, wenn gleichzeitig der Abschluß des
Dampfes beim Beginn des Hubes erfolgte. In Fig. 3 haben wir die
Schieberstellung für den Abschluß des Dampfes beim Beginn des Hubes. Während nun für
diese Schieberstellung die Kurbel aus der Richtung OR₁ in OR₄ (Fig. 2) übergeht,
durchläuft das Mittel des Expansionsschiebers und somit auch die Vorderkante der
linken Platte einen Weg von OQ₄ + OQ₅, während der Hauptschieber in beiden
Kurbelstellungen sich in derselben Entfernung von seiner mittleren Stellung
befindet. Demnach ist für die obige Annahme
h = OQ₄ + OQ₅
zu machen. Wir wissen nun bereits, daß:
OQ₄ = r = 2a
und
OQ₅= r/2 = a
ist, demnach ergibt sich also:
h = 1 1/2r = 3a.
Die Dimensionen des Hauptschiebers an seiner unteren Fläche, sowie die des Cylinders
an der Schieberkastenfläche, bestimmen sich zunächst nach der Annahme des Maaßes A. Wir gehen dabei von der gewiß richtigen Ansicht aus,
daß zur Erleichterung des Dampfaustrittes der kleinste Querschnitt des
Dampfdurchlaßcanales auf der Luftseite größer seyn muß als der Querschnitt der
Dampfdurchlaßcanäle auf der Dampfseite, und wollen zur Bestimmung der übrigen
Dimensionen den kleinsten Querschnitt des ersteren Canales doppelt so groß nehmen
als den vollen Querschnitt der letzteren.
Der kleinste Querschnitt des Dampfdurchlaßcanales auf der Luftseite tritt ein, wenn
der Hauptschieber sich in einem seiner todten Punkte befindet. Nehmen wir an, der
Luftschieber Fig.
3 befinde sich in seinem todten Punkte rechts, so soll die Entfernung mn gleich 2a seyn;
wenn der Hauptschieber in dem bezeichneten todten Punkte sich befindet, nimmt die
Kurbel die Richtung OR₂ ein (Fig. 2). In der
Kurbelstellung OR₁ lassen wir die Kante m des Hauptschiebers gerade über der linken Kante des
Dampfausströmungscanales im Cylinder, wie in Fig. 3 gezeichnet ist,
stehen. Der Weg, welchen der Hauptschieber durchläuft, während die Kurbel aus der
Richtung OR₁ in OR₂ übergeht, ist dem Diagramme gemäß gleich 1/2 r = a, mithin ist für die Kurbelrichtung OR₁ der Werth mn gleich 2a + a.
Da nun in dieser Kurbelrichtung mn gleich A ist, so folgt
A = 3a.
Es ergibt sich nun auch sofort das Maaß B, denn
B/2 = A/2 + ξ.
Aus dem Diagramm folgt für den todten Punkt der Kurbel:
ξ = a,
mithin, da
A/2 = 3a/2,
so
B/2 = 3a/2 + a,
oder
B = 5a.
Weiter ergibt sich:
E/2 = ξ + B/2 + a,
E/2 = a + 5a/2 + a,
E = 9a.
Hieraus ergibt sich wieder:
D/2 = a + E/2 + ξ,
D/2 = a + 9a/2 + a,
D = 13a.
Die Breite der Stege c und d folgt nun einfach durch Subtraction:
c = E/2
– (A/2 + a),
c = 9a/2 – (3a/2 + a),
c = 9a/2 – 5a/2,
c = 2a
und
d = D/2 – (B/2 + a),
d = 13a/2 – (5a/2 + a),
d = 13a/2 – 7a/2,
d = 3a.
Wir ersehen hieraus, in wie bequemen Aliquoten der Dampfcanalbreite sich alle in
Frage kommenden Werthe ausdrücken.
Für die Ausführung in der Praxis ist es rathsam, die Länge l der Expansionsschieberplatten und die Entfernung L von Außenkante zu Außenkante der Dampfdurchlaßcanäle etwas größer zu
nehmen als die Rechnung ergibt, damit bei vorkommenden Ungenauigkeiten in der
Bearbeitung keine Mängel in der Dampfvertheilung entstehen. Es wird stets vollkommen
ausreichen, wenn man l um 1/4'' größer macht als die
Rechnung ergibt und L gleich D annimmt, wie es bei dem Schieber in Fig. 7 geschehen ist.
Rückwärtsgang der Maschine.
Die in Fig. 5,
6 und 7 angegebene
Weise, den Rückwärtsgang zu bewerkstelligen, läßt sich bei stationären Maschinen
gewöhnlich sehr leicht anwenden; sie verursacht bedeutend weniger Kosten als eine
Umsteuerung mittelst Coulissen, und gewährt dabei in Bezug auf die variable
Expansion den
wesentlichen Vortheil, daß sie für den Vor- und Rückwärtsgang ganz dieselben
Resultate liefert.
Das Fig. 7
zwischen dem Hauptexcenter und dem Wellenlager befindliche Stirnrad sitzt mit dem
ersteren auf derselben Nabe, welche ihrerseits lose auf der Schwungwelle sitzt.
Diese Nabe hat auf der dem Stirnrade entgegengesetzten Seite einen durch einen
halben Ring gebildeten Vorsprung bdc, Fig. 5, welcher
mit der Nabe in einem Stück gegossen ist. Auf der Welle befindet sich der Theil
eines Bundes, welcher auf irgend welche Weise, z.B. durch zwei Schrauben auf der
Welle, festgemacht ist. In Fig. 5 ist die Stellung
des Hauptexcenters entsprechend der Stellung der Kurbel im todten Punkte links, für
die Bewegung der Maschine von Links nach Rechts gezeichnet. Nehmen wir jetzt die
Maschine als ruhend in diesem todten Punkte an, und drehen das Kurbelrädchen N (Fig. 7) in der Richtung
von Rechts nach Links herum, so wird in Folge dessen das auf der Schwungwelle
sitzende Stirnrad und somit auch die mit ihm verbundene excentrische Scheibe des
Hauptexcenters sich von Links nach Rechts herumdrehen, und zwar so lange, bis die
Kante c des Vorsprunges an jener Scheibe mit der Kante
a des auf der Welle befestigten Bundtheiles ab zusammentrifft. Vor Beginn der Drehung bildete
die Excentricitätsrichtung des Hauptexcenters og
mit Richtung OX der Kurbel im todten Punkte links
den Winkel xog = 120°; wählen wir nun den
Abstand der Kanten a und c
so groß, daß nach erfolgter Drehung die Richtung og mit der Kurbelrichtung denselben Winkel xog = 120° unterhalb der Horizontalen xy bildet, wie vorher oberhalb derselben, so haben wir für den
Rückwärtsgang der Maschine denselben Voreilungswinkel des Hauptexcenters wie für den
Vorwärtsgang. Da nun ferner der Voreilungswinkel des Expansionsexcenters an und für
sich für Vor- und Rückwärtsgang stets derselbe ist, so wird auch die
Dampfvertheilung für den Rückwärtsgang ganz dieselbe seyn, wie für den
Vorwärtsgang.
Das Verstellen der Expansion geschieht mittelst des zweiten Kurbelrädchens M auf eine Weise, wie aus Fig. 7 deutlich zu ersehen
ist. Da wir unsere Steuerung so vorgerichtet haben, daß wir für den Abschluß des
Dampfes im todten Punkte der Kurbel ein Wiedereröffnen des Dampfeintrittscanales
hinter dem Expansionsschieber nicht zu besorgen brauchen, so können wir durch
Drehung des Kurbelrädchens M sowohl den Expansionsgrad
verändern, als auch die Maschine arretiren, während wir gleichzeitig durch Drehen
des andern Kurbelrädchens nach Belieben das Umsteuern vollziehen können.
Es kommt häufig z.B. bei allen Fördermaschinen vor, daß der Maschinenwärter außer den
beiden oben bezeichneten Functionen auch noch das Bremsen einer vorgelegten Welle zu besorgen hat.
Dasselbe läßt sich mit der hier angewandten Anordnung sehr leicht vereinigen, wenn
man, wie es so häufig geschieht, den Bremshebel so vorrichtet, daß der Wärter im
Stande ist, denselben mittelst des Fußes gegen die Bremsscheibe zu drücken.
Während des Ganges der Maschine ist das auf der Welle des Kurbelrädchens N sitzende Getriebe außer Eingriff mit dem auf der
Kurbelwelle sitzenden Stirnrade zu bringen. Es geschieht dieß einfach, indem die
Welle des Kurbelrädchens selbst so weit nach der Mitte der Maschine hingeschoben
wird, daß jener Eingriff aufgehoben ist.
Das Justiren dieser Steuerungen geschieht in den Montirungssälen gewöhnlich dadurch,
daß man die Längen der Excenterstangen und die Voreilungswinkel der Excenter so
lange auf gut Glück hin verändert, bis man einigermaßen annehmbare Resultate für die
Dampfvertheilung erhält. Es vergeht mit diesem Probiren manchmal mehr als ein Tag
ehe man zu einem annehmbaren Resultate gelangt, und deßhalb dürfte Manchem eine
einfache und sichere Methode, vermittelst welcher man auf dem kürzesten Wege zum
Ziele gelangt, nicht unerwünscht seyn.
Die richtige Stellung der Schieber hängt gleichzeitig von der Richtigkeit der
Voreilungswinkel und von der richtigen Länge der Excenterstangen ab; ist eine von
diesen beiden Größen erst genau bestimmt, so läßt sich die andere leicht finden; die
letztere von beiden ist nun diejenige, welche für den Hauptschieber ohne Hülfe des
Voreilungswinkels bestimmt werden kann, und deßhalb müssen wir mit ihr beginnen.
Nehmen wir zur Veranschaulichung die in Fig. 6 und 7 gezeichnete Maschine zu
Hülfe.
Zuerst sind einige Vorbereitungen erforderlich; dieselben bestehen darin, daß man auf
einer Seitenwand des Schieberkastens – für uns ist die unterste Wand der
bequemen Beobachtung wegen die zweckmäßigste – einen Riß macht, welcher genau
die Mitte zwischen den äußeren Kanten der
Dampfdurchlaßcanäle im Cylinder angibt. Sodann macht man, am besten auf der der
Schieberkastenfläche abgekehrten Seite des Hauptschiebers einen zweiten Riß, welcher
die Mitte der Außenkanten der Dampfdurchlaßcanäle auf der unteren Seite (Seite an der Schieberkastenfläche) des Hauptschiebers
angibt. Dieser Riß muß bei guter Bearbeitung mit demjenigen zusammenfallen, welcher
die Mitte der Außenkanten derselben Dampfdurchlaßcanäle auf der entgegengesetzten
Seite des Hauptschiebers bezeichnet, was, um Weitläuftigkeiten zu vermeiden, auch
angenommen werden mag.
Jetzt hat man sich zunächst zu überzeugen, ob der Hub der Excenter und die äußere
Ueberdeckung des Hauptschiebers richtig ist. Findet man hierbei Abweichungen von den
ursprünglichen Resultaten, welche das Diagramm lieferte, so muß man das erste Diagramm verwerfen und aus
den hier sich ergebenden Werthen ein zweites construiren, dessen Resultate dann beim
Justiren maaßgebend sind. Wir nehmen an, daß für unseren Fall der Hub der Excenter
und die äußere Ueberdeckung des Hauptschiebers dem Diagramm in Fig. 2 entsprechend
ausgefallen sind, und schreiten nun zur Längenbestimmung der Excenterstangen.
Denken wir zunächst bei richtiger Länge der Excenterstange und richtigem
Voreilungswinkel, den Hauptschieber mit seinem Excenter verbunden, so ergibt das
Diagramm, wenn wir die Bewegung der Maschine von Links nach Rechts ins Auge fassen,
daß sich im linken todten Punkte der Kurbel der Hauptschieber um OC₂ = a rechts von
seiner mittleren Stellung befindet, während er im linken todten Punkte des
Excenters, oder in der Verlängerung der Kurbelrichtung OR₂ nach Unten hin, um OD₁
gleich 2a = r links von
seiner mittleren Stellung absteht. Die Stellung des Excenters in einem seiner todten
Punkte können wir sehr leicht finden, indem wir z.B. vor dem Aufstecken des
Excenters auf dem Stege g (Fig. 5) einen Riß machen,
dessen Verlängerung durch den Mittelpunkt des Excenter- und des Kurbelkreises
geht, und, nachdem das Excenter auf der Welle sitzt, dasselbe so lange drehen, bis
der Riß horizontal steht, wovon wir uns mittelst einer Libelle überzeugen. Stellen
wir nun Kurbel und Excenter gleichzeitig in ihre todten Punkte links, verlängern
oder verkürzen, je nachdem es erforderlich ist, die Excenterstange oder die
Schieberstange (gewöhnlich ist die letztere zum Verändern der Länge vorgerichtet),
so lange bis das Schiebermittel sich um r links von
seiner mittleren Stellung befindet, so ist einleuchtend, daß die Länge der
Excenter-, resp. der Schieberstange, jetzt richtig ist. Wir hatten die Kurbel
in den todten Punkt links gestellt, und wissen, daß bei richtiger Länge der
Excenterstange und richtigem Voreilungswinkel des Excenters der Schieber sich bei
dieser Kurbelstellung um r/2 = a rechts von seiner mittleren Stellung befinden muß. Lassen wir demnach
die Kurbel ruhig stehen und drehen das Excenter von Links nach Rechts so weit herum,
bis das Schiebermittel sich um r/2 = a rechts von seiner mittleren Stellung befindet, so
steht das Excenter, sobald dieß eintritt, im richtigen Voreilungswinkel, in welcher
Stellung dasselbe, wenn die Maschine nur von Links nach Rechts umläuft, sofort
befestigt werden kann.
Ist jedoch die Maschine für beide Bewegungsrichtungen vorgerichtet, so würde man das
Excenter in dieser Stellung nicht festkeilen, sondern sich damit begnügen, an der
Vorderkante b des Nabenvorsprunges bdc auf der Kurbelwelle einen Riß zu machen, das Excenter dann
weiter drehen, so daß der Schieber seinen todten Punkt rechts passirt, und beim
Rückgange, sobald derselbe wieder um r/2 = a rechts von seiner mittleren Stellung steht, auch an
der Vorderkante c jenes Nabenvorsprunges auf der
Kurbelwelle einen Riß machen. Die Entfernung dieser beiden Risse ist alsdann das
innere Bogenmaaß für das auf die Kurbelwelle aufzusetzende Bundstück ab, wonach sich dasselbe ganz genau anfertigen
läßt.
Beim Expansionsexcenter kann man zuerst den Voreilungswinkel bestimmen, indem man,
wenn die Kurbel im todten Punkte links steht, dasselbe in den todten Punkt rechts
stellt. Das Diagramm Fig. 2 ergibt, daß dann der Expansionsschieber, d.h. die Mittellinie
zwischen den Vorderkanten seiner beiden Platten, um r =
2a rechts seiner mittleren Stellung sich befinden
muß. Hiernach verändert man die Länge der Schieberstange so lange bis diese
Schieberstellung eintritt, und das Justiren der Steuerung ist beendet.
Bei Maschinen mit wechselnder Bewegungsrichtung verdient die oben angegebene
Steuerung den Vorzug vor der von Hrn. Professor Zeuner in
seiner im vorigen Jahre erschienenen Schrift über Schiebersteuerungen angegebenen
Construction.
Indem nämlich Hr. Professor Zeuner den Voreilungswinkel
des Expansionsexcenters kleiner annimmt als 90°, muß man entweder den hier
angegebenen Umsteuerungsmechanismus zweimal anwenden, oder man muß, worauf in jener
Construction auch gerechnet zu seyn scheint, Vorwärts- und Rückwärtsexcenter
in Anwendung bringen.
Beide Fälle erfordern einen größeren Kostenaufwand als die hier angedeutete
Umsteuerungsmethode.
Bei Maschinen, welche stets in derselben Richtung umlaufen, fällt nach der Zeuner'schen Construction der Radius des
Expansionsexcenters kleiner aus, als nach der unserigen, im Uebrigen aber sind bei
der letzteren Steuerung dieselben Resultate erreichbar wie mit der ersteren.