Titel: | Ueber das chinesische Grün |
Fundstelle: | Band 151, Jahrgang 1859, Nr. LXXIV., S. 288 |
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LXXIV.
Ueber das chinesische Grün
Aus der schweizerischen polytechnischen Zeitschrift, 1858,
Bd. III S. 161.
Ueber das chinesische Grün.
Die Literatur über das chinesische Grün (Vert de Chine,
Lo-Kao) hat einen sehr werthvollen Beitrag erhalten durch eine von der
Handelskammer zu Lyon veröffentlichte Druckschrift von 207 Seiten, die auf deren
Veranlassung verfaßt ist von 1) Hrn. Natalis Rondot, der
über die Abstammung dieses Farbstoffes und über dessen Fabrication und Verwendung in
China berichtet; 2) von Professor J. Persoz, der die
Untersuchung der chemischen Eigenschaften und des Verhaltens gegen Spinnfasern
liefert, und 3) von A. F. Michel in Lyon, der seine
Versuche mit inländischen das chinesische Grün ersetzenden Farbmaterialien
mittheilt. Wir geben einen gedrängten Auszug aus dieser Schrift. Historisches über
das chinesische Grün sowie die Berichte über andere gelbe, blaue und grüne Farben,
deren man sich in China bedienen soll, übergehen wir und halten uns an das was über
diesen interessanten Farbstoff selbst und seine Rolle in der chinesischen Färberei
berichtet wird.
Es scheint nach dem sehr ins Einzelne gehenden Bericht von Hrn. Rondot, daß die Erkenntniß, aus welchen Pflanzengattungen und Specien das
chinesische Grün gezogen werde, dem französischen Consul de Montigny in Changhäc und dem Professor Decaisne
in Paris verdankt werden müsse, und als unzweifelhaft ist zu betrachten, daß es
Rhamnusarten seyen, die diesen Farbstoff liefern. Decaisne beschreibt besonders zwei Specien, die aus China nach Europa
gebracht werden; in China heißen diese Pflanzen Lo-Chou; Decaisne benennt die eine Rhamnus
utilis, die andere Rhamnus chlorophorus.Man s. polytechn. Journal Bd. CXLVI S.
396. Die verschiedensten Organe dieser beiden Pflanzen scheinen das chinesische
Grün zu liefern. Wenigstens wird dieß zuversichtlich von der Rinde der Zweige und
derjenigen der Wurzel behauptet, auch die Blüthe soll diese Farbe enthalten; über
die Beeren jedoch herrscht Widerspruch unter den Berichterstattern, da die einen
angeben sie fänden keine Verwendung, während die anderen das Lo-Kao daraus
hergestellt betrachten. In China ist das Astholz der genannten Sträucher sowohl als
die Rinde derselben Handelsartikel. Man bezahlt für den Doppelcentner der
erstern an den verschiedenen Handelsplätzen 6–9 Fr., für letztere
11–50 Fr., je nachdem die eine oder andere der beiden Pflanzen diese
Substanzen lieferte. Das Lo-Kao – wir wollen es vorläufig als einen
Farblack bezeichnen – das aus den genannten Rhamnusarten gewonnen wird, ist
von verschiedenen französischen und englischen Käufern an Ort und Stelle bezahlt
worden mit Preisen, die zwischen 224 und 430 Fr. für das Kilogramm variiren. Zu Lyon
wurde es zu 750 Fr. im höchsten und zu 250 Fr. im niedersten Preis, durchschnittlich
zu 400–500 Fr. das Kilogramm verkauft.
Diese Substanzen sollen nach mehrseitigen Berichten in China in folgender Weise
gebraucht werden.
a. Baumwollenfärberei.
– Die Rinde wird nach dem einen Berichterstatter
mit heißem Wasser ausgezogen und die Stoffe ohne Beize in dem Auszug gefärbt. Diese
werden über Nacht auf den Rasen gelegt und gegen Morgen, ehe die Sonne sie beschien,
hat die nach Oben gekehrte Seite die grüne Farbe angenommen. Nach dem zweiten, dem
Jesuiten Pater Helot, soll in Azè auf folgende
Weise gefärbt werden: Die frische Rinde von Rhamnus utilis wird mit heißem Wasser ausgekocht und die
Flüssigkeit zwei Tage über der Rinde stehen gelassen. Die Rinde von Rh. chlorophorus wird ebenso behandelt, doch läßt man 10
Tage stehen. Man färbt nun in der ersten Abkochung siebenmal, in der andern dreimal
und läßt nach jeder Passage trocknen, und breitet immer Abends auf dem Rasen aus und
läßt bis zum Sonnenaufgang liegen; nur die nach Oben gekehrte Seite erscheint grün
gefärbt. An einem anderen Orte soll nach dem gleichen Berichterstatter die Abkochung
durch eine schwache Potaschelauge bereitet, im Uebrigen aber verfahren werden wie
eben angegeben worden.
Ein dritter Beobachter, Sinclair, erzählt: die Rinde werde
eine halbe Stunde lang mit heißem Wasser gekocht, dann etwas Alaun und Potasche der
Abkochung zugesetzt und von dem Bodensatz abgegossen. In der klaren Flüssigkeit
werde gefärbt, dieß müsse vielemal nach einander geschehen und die Stücke häufig auf
dem Rasen ausgebreitet werden, um zu einer tiefern Nüance zu gelangen.
Bei allen Widersprüchen in obigen Berichten scheint es gewiß, daß die Rinde zum Baumwollfärben dient und daß die Intensität der
Farbe durch Lichteinfluß wesentlich erhöht, daher das häufige Auslegen auf den Rasen
nöthig werde. Mercer in Oakenskaw bei Manchester, sowie
Persoz sprachen früher unabhängig von einander die
Meinung aus, daß der Farbstoff auf einer Seite des Gewebes mechanisch aufgetragen
werde, was sie aus dem
Ansehen ächter in China gefärbter Stücke schlossen. Diese Ansicht hat sich jedoch
jetzt als förmlich irrthümlich erwiesen, und es ist anzunehmen, daß obige Berichte
in der Hauptsache richtig seyen.
b. Bereitung des
Lo-Kao. – Es ist etwas überraschend zu vernehmen, auf welche
mühevolle und irrationelle Weise das Farbmaterial in China dargestellt wird, das so
viel in unserer Seidenfärberei von sich reden machte, und doch stimmen mehrere
Augenzeugen in ihren Berichten über die Lo-Kao-Fabrication überein. Es
soll in folgender Weise geschehen: Die Baumwollzeugstücke werden, wie wir gesehen
haben, vielmal durch die Farbeflotten geführt und nach jeder Färbung getrocknet, sie
kommen also bis sie ganz fertig sind, niemals in ein Waschwasser. Man wascht sie
zuletzt erst, nachdem sie sich eigentlich mit Farbstoff überladen haben, in kaltem
Wasser, bringt dieß in einem Kessel zum Kochen und legt zugleich in den Kessel und
zwar zunächst der Oberfläche der Flüssigkeit eine Lage Baumwollgarn. Beim Kochen der
Flüssigkeit setzt sich der Farbstoff an das Garn ab, man wechselt die gefärbte
Flüssigkeit so oft, bis das Garn ganz stark mit Farbstoff bedeckt ist und wascht
zuletzt in wenig kaltem Wasser unter starkem Schlagen und Auswinden das Garn aus.
Der Farbstoff setzt sich in dem Wasser ab und die Paste wird auf Papierblätter, die
über einer Lage Asche liegen, ausgebreitet und an der Sonne getrocknet.
Aus diesen Berichten lernt man, daß die Lo-Chou-Färberei in China eine
mächtige Ausdehnung haben müsse, denn die Erzeugung von 800–900 Kilogram.
Lo-Kao setzt voraus, daß wenigstens 1 Million Stücke in der Rindenabkochung
gefärbt werden, und in Frankreich allein hat man im Jahre 1857 über 500 Kilogr.
dieser Farbdrogue eingeführt.
c. Lo-Kao zum Färben von
Baumwollstoffen. – Zwei Augenzeugen berichten die auffallende
Thatsache, daß man mit dem so theuern Material Baumwollstoffe färbe, und es soll der
Färberlohn nicht höher zu stehen kommen, als derjenige für das Färben mit der
Lo-Chou-Rinde. Es diene aber das Lo-Kao nur zu hellen Nüancen,
und zwar so, daß man es in Potaschelösung löse, die Stücke hineinbringe, ausringe
und nochmals passire, wasche und trockne. Es soll ein Gewicht von etwa 38 Gram.,
also etwa 2 Loth hinreichen, um 10 bis sogar 30 Stück Baumwollezeug zu färben.
d. Lo-Kao zum Färben der
Seide und der Seidenstoffe. – Während der Pater Helot berichtet, das Lo-Kao könne in der
Seidenfärberei nicht dienen, ist es constatirt, daß die ersten nach Europa
gekommenen Proben dieser Drogue bei chinesischen Seidefabrikanten und Seidefärbern gekauft worden
sind. Es liegen ferner mehrere Berichte vor, in welchen die Versicherung gegeben
wird, das Lo-Kao diene auch in der Seidenfärberei und zwar seyen die damit
gefärbten Seidenstoffe höher geschätzt als die mit der Rinde gefärbten; richtig sey
zwar, daß diese Substanz sich am besten auf ganz glatte Böden eigne, wie feine
Baumwollstoffe und grass cloth (eine Art Nesseltuch, das
aus Indien und China namentlich für Taschentücher in Europa importirt wird). Mag dem
seyn wie ihm will, man kennt das Auflösungsmittel nicht, dessen sich die Chinesen
für diese Substanz bedienen, indessen ist sicher, daß man in Europa, wenigstens in
Lyon, recht gut weiß mit Lo-Kao zu färben. Im Jahre 1853 schon, und zwar fast
ganz gleichzeitig, haben die HHrn. Michel und Guinon ein Verfahren aufgefunden, mittelst dessen man das
Lo-Kao-Grün auf Seide färben kann. Ersterer hat sein Verfahren
publicirt (s. unten), letzterer, der schon auf die Ausstellung von 1855 Proben von
Seidensammet damit gefärbt gesandt hat, hielt seinen Proceß bisher noch geheim. Das
Haus Guinon hatte im Jahr 1855–1856 1500, im Jahr
1856–57 aber mehr als 3500 Kilogramme Seide mit chinesischem Grün
gefärbt.
Die chemischen und physikalischen Eigenschaften des
Lo-Kao nach Persoz. – Das chinesische Grün stellt flache,
etwas gebogene Scheibchen von 1–4 Millimeter Dicke und verschiedener Größe
dar, je nachdem es durch den Transport mehr oder weniger zerbröckelt worden. Die
Farbe desselben ist blau mit gleichzeitig violettem und grünem Schimmer; auf Papier
gerieben gibt es einen meergrünen Strich. Es ist leicht zerbrechlich, aber dennoch
schwer zu pulvern, weil es sich an die Keule und an den Mörser fest anklebt.
Beim Einäschern liefert es einen zwischen 21,5 und 33 Proc. betragenden Rückstand.
Persoz fand:
61,9
Procent
Farbstoff,
28,8
„
Asche,
9,3
„
Wasser.
–––––––––––
100,0Im techn.
Laboratorium des Polytechnikums in Zürich wurde gefunden:49,0organische Substanz,42,1Asche,7,8Wasser.––––––––98,9Die blaßlederfarbene Asche enthielt 47 Proc.
in Salzsäure unlösliche Bestandtheile, Sand und Thon etc. Bolley.
Die Asche fand Prof. Bleekrode zusammengesetzt aus:
Thon
52,58
Kalk
31,16
phosphorsaurem Kalk und Eisenoxyd
12,45
Thonerde
2,58
phosphorsaurem Kali und Natron
1,23
––––––
100,00
Es gelang in keiner Weise, den Farbstoff durch Sublimation von den mineralischen
Beimengungen zu trennen.
Flüchtige Oele, Alkohol und Aether, Aceton, Schwefelkohlenstoff sind ohne Wirkung auf
das Lo-Kao.
In Wasser vertheilt sich dieser Farbstoff sehr fein, ohne sich darin völlig zu lösen;
es geht zwar durch das Filter eine grüne Flüssigkeit, ein größerer Theil des
Farbstoffs bleibt aber auf dem Filter zurück. Hat man eine concentrirte wässerige
Lösung oder vielmehr Suspension des Farbstoffes im destillirten Wasser und setzt
derselben noch Wasser zu, so fällt der Farbstoff bald nieder.
Mit saurer Zinnsalzlösung läßt sich eine Auflösung des Farbstoffes herstellen, die
sich einige Zeit lang hält, durch Hinzufügen von Wasser aber scheidet sich ein
flockiger Niederschlag von Ponceaufarbe daraus ab.
Die Lösungen der kohlensauren, borsauren und phosphorsauren Alkalien können ebenfalls
als Lösungsmittel für Lo-Kao dienen, sobald man aber die Auflösungen
verdünnt, fällt der Farbstoff wieder nieder und zwar in reinerem Zustande als er
sich vorher befand.
Bemerkenswerth ist ferner, daß eine Lösung oder Suspension des Lo-Kao in
Wasser sich bald wesentlich verändert, die Farbe desselben wird blutroth und es
zeigt sich ein etwas hepatischer Geruch; dieß ist ein bis jetzt noch nicht erklärter
Vorgang, ähnlich dem, welchen man bei andern Farbstofflösungen, z.B. der
Alkannalösung bemerkt. Das roth gewordene Lo-Kao löst sich in Lösung von
essigsaurem Kalk auf, während das grüne darin kaum löslich ist.
Essigsäure ist eines der Mittel, das die Löslichkeit des
Lo-Kao fördert, vielleicht durch Bildung essigsaurer Salze aus den Basen in
dem Lo-Kao. Verdünnte Salzsäure, Schwefelsäure und
Weinsäure können ähnlich wirken, doch darf ihre
Berührung mit dem Farbstoff nicht zu lange währen und die Lösung nicht gekocht
werden.
Wird das Lo-Kao mit verdünnter Salzsäure gekocht oder mit concentrirter in
gewöhnlicher Temperatur zusammengebracht, so ändert sich die Farbe bald, es scheidet
sich ein eisengrauer Niederschlag ab und bildet sich über demselben eine gelbe
Lösung, die gegen Säure ziemlich beständig ist, durch Alkalien aber in Orange übergeht. Der
eisengraue Niederschlag enthält sehr schwer entfernbare erdige Bestandtheile. Mit
Ammoniak wird er blau oder blauviolett, mit Schwefelammonium purpurroth, mit
Zinnchlorür lachsfarben, in kochender Seifelösung wird er mit grüner Farbe gelöst,
die durch Schwefelammonium in Roth, durch Zinnsalzlösung in Rosa umgewandelt
wird.
Die reducirend wirkenden Säuren, wie die phosphorige, arsenige, schweflige, die
Ameisensäure etc. wirken sehr schnell, theils schon bei gewöhnlicher Temperatur,
theils erhitzt auf das Lo-Kao, indem sie einen blutrothen Niederschlag in
dessen Lösung erzeugen. Schwefelwasserstoff färbt die Lösung blutroth, doch
verschwindet diese Farbe wieder, wenn nicht ein Ueberschuß von Schwefelwasserstoff
in der Lösung bleibt.
Oxydirend wirkende Säuren, wie Salpetersäure, Chlorsäure,
unterchlorige Säure, Chromsäure etc. wirken sämmtlich auf den Farbstoff verändernd
ein, derselbe durchläuft verschiedene Farbenänderungen und wird zuletzt rosenroth.
Dieses Roth ist jedoch nicht das nämliche, was durch reducirende Säuren
hervorgebracht wird, denn während sich aus diesem wieder ein Grün herstellen läßt,
ist dieß bei jenem nicht möglich. Die ätzenden Alkalien,
auch das Kalkwasser wirken zerstörend auf den grünen Farbstoff ein, er wird (durch
letzteres nur nach dem Kochen) in eine braune Lösung umgewandelt, mit der sich
Baumwolle, die mit Alaun- oder Zinnbeize versehen ist, leicht färben läßt.
Die Lösungen kohlensaurer Alkalien wirken in höherer Temperatur eben so, deßgleichen
die Schwefelalkalien. Das Schwefelammonium jedoch ist eines der kräftigsten
Reductions- und Lösungsmittel und kann deßhalb als Reagens sowohl auf
Lo-Kao als in der Färberei dienen.
Zink- und Magnesiasalze
wandeln die grüne Lösung des Lo-Kao rasch in Blau um. Färbt man in einer mit
Zinkchlorid versetzten Lo-Kao-Lösung Baumwolle, so wird diese blau,
beinahe wie Küpenblau.
Alaunlösung fördert die Löslichkeit des Lo-Kao,
die Lösung geht dabei in Blau über.
Eigenthümlich ist das Verhalten des Lo-Kao gegen Zinnchlorid und Zinnchlorür
und andere Metallsalze, die durch Schwefelwasserstoff zerlegt werden. Erzeugt man
den oben angegebenen rothen Niederschlag durch Verdünnen einer sauren Lösung von
Lo-Kao und Zinnsalz, vertheilt ihn, nachdem er gut ausgewaschen worden, in
Wasser und leitet Schwefelwasserstoff ein, so sollte man erwarten, der Farbstoff
löse sich mit der durch Schwefelwasserstoff bewirkten Farbenänderung und es bilde
sich Schwefelzinn; dieß ist aber keineswegs der Fall, die Flüssigkeit bleibt farblos, der
Niederschlag aber wird nur orangefarben ohne daß sich Schwefelzinn bildet.
Anwendungen. – Persoz
erklärt sich consequent für die Annahme, das Färben mit Lo-Kao werde am
besten auf gebeizten Zeugen bewirkt; das rohe Lo-Kao färbe zwar vermöge
seines eigenen Gehaltes an erdigen Bestandtheilen auch auf ungeheizten Stellen, das
gereinigte aber, welches für den Färber immerhin den Vorzug verdiene, färbe nur auf
gebeizten Fasern.
Reinigung des Lo-Kao. – Diese läßt sich auf
zweierlei Art bewerkstelligen. Man macht eine concentrirte Lösung davon, entweder in
Auflösung von kohlensaurem Kali oder in Essigsäure; durch Verdünnen der einen wie
der andern fällt bald der Farbstoff (freilich nicht vollkommen frei von erdigen
Theilen) in lockeren Flocken nieder, die zum Färben dienen können.
Eigentliche Farblacke aus chinesischem Grün. – Ein
Alaunerdelack kann auf dreierlei Weise erzeugt
werden; man macht eine Lösung von Lo-Kao mit Alaunlösung und fällt den grünen
Lack daraus durch Sodalösung, oder man stellt eine Lösung von Lo-Kao in einem
kohlensauren Alkali dar und fällt mit Alaunlösung, oder man mischt zu einer
wässerigen Lo-Kao-Lösung (Suspension) Lösung von basischem Alaun und
kocht diese. Der Niederschlag wird gesammelt und feucht aufbewahrt, er kann zum
Färben und Drucken dienen.
Zinnlack. Wenn in eine wässerige oder essigsaure Lösung
von Lo-Kao eine Lösung von Zinnsalz und Salmiak gegossen und sodann etwas
essigsaures Natron zugesetzt wird, so bildet sich ein schöner blauer
Niederschlag.
Kalklack. Wird eine einige Zeit stehen gelassene oder
eine mit einer reducirenden Säure behandelte Lösung des Lo-Kao, in welcher
die oben besprochene Farbenänderung vor sich ging, mit einer Lösung von essigsaurem
Kalk versetzt, so erhält man einen Niederschlag von tiefblauer, etwas ins Violette
ziehenden Farbe.
Die genannten drei Lacke können Anwendung in Färberei oder Zeugdruck finden.
Färben mit Lo-Kao.
Seidefärben. – Das Verfahren des Lyoner Färbers
Michel besteht darin, daß durch eine mit etwas Alaun
versetzte Lösung des Lo-Kao, die etwas erwärmt worden, die entschälte Seide
mehreremale hindurchgezogen wird. Es kann dazu sowohl das rohe Lo-Kao als das
gereinigte oder dessen Alaunerdelack dienen.
Ein anderes Verfahren, das Persoz lobt, obschon er
dasjenige von Michel für ganz tadelfrei hält, ist
folgendes: Man führt die zu färbende Seide durch ein Bad aus Lo-Kao und
Zinnsalz mit etwas Säurezusatz bei gewöhnlicher Temperatur. Dieselbe färbt sich bloß
lachsfarben, nach dem Herausnehmen zieht man sie noch durch ein mit Ammoniak oder
Potaschelösung versetztes alkalisches Bad, oder durch ein solches, worin etwas
essigsaurer Kalk mit Ueberschuß von etwas Kalkwasser sich gelöst befindet. Hierdurch
geht das Blaßroth in Purpurroth und zuletzt in Blau über. Nach dem kalten Waschen
und Ausringen passirt man noch durch eine Abkochung von persischen Beeren, um ein
harmonisches Grün herzustellen. Eigenthümlich ist bei diesem Verfahren, daß wenn das
Blau ins Violette sticht, alsdann das Grün bei künstlicher Beleuchtung nicht mehr
brillant erscheint. Auch kann man Seide alaunen und sie durch eine
Lo-Kao-Lösung in Schwefelammonium hindurchnehmen, nach jedem Bade aber
die Seide an der Luft hängen lassen, bis das Roth in Grün übergegangen ist.
Endlich kann man das Lo-Kao in zinnsaurem Natron lösen und die Seide darin
färben, nach dem Herausnehmen aus dem Bade ist sie ziemlich satt blaugrün
geworden.
Baumwolle. – Man macht eine Suspension von
Lo-Kao in Wasser, dem man alkalische Salze, als kohlensaures Natron, oder
etwas Alaun oder Magnesia oder endlich Zinksalzlösung zugesetzt hat. Man erwärmt auf
40–60° C. und erhält bei Zusatz eines Zinksalzes eine mehr blaue, bei
Zusatz der kohlensauren oder borsauren Alkalien eine mehr grünliche Nüance. Das
beste Verfahren möchte aber das folgende seyn: Man löst in 10 Litern Wasser
50–60 Gramme weiße Seife und vertheilt darin eine passende Menge gereinigtes
oder aufgequollenes Lo-Kao. Man erwärmt das Bad und es reicht einfaches
Eintauchen hin, um die Baumwolle sofort zu färben.
Zum Bedrucken hat man nur das Lo-Kao oder den
Alaunlack desselben in Gummischleim zu vertheilen und etwas essigsaure Alaunerde
oder Alaun hinzuzufügen. Es können aber letztere auch wegbleiben.
Wolle. – Die Lo-Kao-Färberei auf
Wolle ist schwieriger als die beiden vorangehenden; mit dem folgenden Verfahren geht
sie indessen leicht von statten. Man vertheilt den oben angegebenen Zinnlack in
Wasser, erwärmt das Bad unter allmählichem Hinzufügen einiger Tropfen Kleesäure und
es färbt sich auf diese Weise die hineingetauchte Wolle ganz vollkommen.
Die Versuche von Hrn. Michel über das Vermögen der
europäischen Rhamnusarten eine dem Lo-Kao analoge Farbe zu liefern, sind zwar
bis jetzt nicht von
einem Erfolg gekrönt gewesen, mit dem die Sache als abgeschlossen betrachtet werden
kann, aber sie erheben doch selbst nach dem Urtheil von Persoz die Angelegenheit über alle Zweifel, die hinsichtlich des
Verfahrens der Chinesen walten mochten. Es ist keine Rede mehr davon, daß die
chinesischen grüngefärbten Baumwollstoffe auf der einen Seite mit einem Anstrich
versehen seyen. Hr. Michel spricht die Hoffnung aus, daß
mit der Rinde von vornehmlich drei inländischen Rhamnusarten, dem Rhamnus catharticus, der das längst bekannte Blattgrün
liefert, dem Rhamnus infectorius, von dem die
Avignonkörner kommen, und dem Rhamnus saxatilis von
welchem die eigentlichen persischen Beeren abstammen, also drei Specien stachlicher Rhamnussträucher, wohl der beste Erfolg zu
erwarten sey. Er selbst färbte ganz ähnlich, wie von Helot über die chinesische Färberei berichtet worden, durch häufiges
Passiren durch das Bad und Auslegen während der Nacht und des Frühmorgens,
Calicostücke, die zwar sämmtlich einen graubräunlichen Stich hatten, an welchem aber
deutlich eine rechte Seite und eine Kehrseite zu erkennen war. Die Rhamnusarten,
deren er sich bediente, sind Rhamnus alaternus, Rhamnus
frangula. (Faulbaum oder Pulverholz) und Rhamnus
catharticus. Der graubraune Schimmer ließ sich von seinen sämmtlichen
Mustern durch eine Nachbehandlung, namentlich mit heißer Alaunlösung, wegziehen.
Diese entzieht den gelben und falben Farbenton, aber auch etwas vom Grün, letzteres
schlägt sich aber wieder auf die Faser nieder, wenn man diese bis zum Erkalten in
dem Bade läßt.