Titel: | Entdeckung eines Verfahrens, das Aluminium-Metall zu löthen; mitgetheilt von Dr. Wilhelm Schwarz in Paris. |
Fundstelle: | Band 151, Jahrgang 1859, Nr. XC., S. 384 |
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XC.
Entdeckung eines Verfahrens, das
Aluminium-Metall zu löthen; mitgetheilt von Dr. Wilhelm Schwarz in Paris.
Aus dem württembergischen Gewerbeblatt, Februar 1859, Nr.
9.
Schwarz, Beschreibung eines Verfahrens, das Aluminium-Metall
zu löthen.
Die industrirlle und gewerbliche Verwendung des Aluminiums, dieses höchst
interessanten von Hrn. Professor Wöhler in Göttingen im
Jahre 1827 zuerst im
Kleinen dargestellten Metalls, welches nach glücklicher Besiegung der für die
Darstellung desselben im Großen vorhanden gewesenen Schwierigkeiten durch den
französischen Chemiker Sainte-Claire-Deville nunmehr seit achtzehn Monaten in Nanterre nächst Paris in bedeutenden Mengen fabrikmäßig
erzeugt wird, bricht sich immer mehr und mehr Bahn, so daß das neue Metall bereits,
sowohl als Rohmaterial als auch in den verschiedenartigsten Verarbeitungen einen
nicht unerheblichen Exportartikel Frankreichs bildet.
Ein wesentliches Hinderniß einer noch größeren Ausdehnung der neu entstandenen und so
rasch sich entwickelnden Aluminium-Industrie bestand jedoch bis heute in der
Unmöglichkeit, das neue Metall löthen zu können.
Alle die zahlreichen Versuche, welche, aufgemuntert durch die Aussicht auf lohnenden
Gewinn und ehrenvolle Anerkennung, in den vielseitigsten Kreisen der Pariser
Gewerbethätigkeit gemacht wurden, um das ersehnte Ziel zu erreichen, blieben bisher
erfolglos.
Viele Industriezweige, welche das Aluminium gerne verarbeitet hätten, weil sich
dasselbe seiner specifischen Eigenschaften wegen zur Erzeugung mancher Fabricate
vorzugsweise und in der vortheilhaftesten Weise geeignet hätte, wie z.B. zur
Fabrication von Kochgeschirren und anderen Metallhohlwaaren, mußten aus diesem Grund
auf die Verwendung desselben Verzicht leisten.
Diese Thatsache veranlaßte einen der tüchtigsten Industriellen von Paris, Hrn. Th.
Mourey (Doreur et argenteur
sur métaux, rue fontaine au Roi Nr. 12), welcher sich schon seit dem
ersten Bekanntwerden des Aluminiums mit der Vergoldung und Versilberung desselben
beschäftigt, und der Pariser Industrie in dieser Richtung bereits viele und
wesentliche Dienste geleistet hat, die Sache in die Hand zu nehmen. Er ließ sich
hierbei weder durch die mißlungenen Versuche Anderer, noch durch die von Hrn. Sainte-Claire-Deville selbst
ausgesprochenen Befürchtungen bezüglich der Schwierigkeiten der Auffindung eines
Löthverfahrens entmuthigen.
Durch seine Ausdauer, begünstigt durch vielseitige, aus langjährigen Erfahrungen in
der Behandlung der Metalle erworbene Kenntnisse, ist es nunmehr Hrn. Mourey nach mehrmonatlichen kostspieligen Versuchen
gelungen zum gewünschten Ziel zu gelangen, und ein Löthverfahren zu entdecken, welches allen Anforderungen der Praxis vollkommen entspricht
und nichts zu wünschen übrig läßt.
Hr. Mourey wollte von seiner Entdeckung keinen
selbstsüchtigen Gebrauch, sondern dieselbe sofort zum Gemeingute der gesammten
Pariser Metallwaaren-Industrie machen, und er hat sein Verfahren zu diesem Ende
Sonntag den 13 Februar in einer eigens einberufenen und sehr zahlreich besucht
gewesenen Versammlung der Société
d'Encouragement pour l'Industrie nationale vorgelegt und durch mehrere
Versuche erläutert.
Diese Experimente sowohl, als auch die zahlreichen aus Aluminium verfertigten und
nach Mourey's Methode gelötheten Gegenstände, unter
welchen insbesondere eine höchst zierliche aus acht einzelnen Theilen
zusammengelöthete Kaffeekanne als ein wahres Meisterstück die Aufmerksamkeit und
Bewunderung der anwesenden Fachmänner erregte, haben die überraschende Einfachheit,
Zweckmäßigkeit und Sicherheit des Verfahrens zur vollsten UeberzeugungUeberzeuguug dargethan, und den höchsten Beifall der aus Sachkennern gebildeten
Versammlung gefunden.
Ich will nunmehr auf Grundlage der Mittheilungen des Hrn. Mourey, sowie der von ihm vor meinen Augen vollzogenen Löthungen mehrerer
Gegenstände aus Aluminium, sein Verfahren im Nachstehenden beschreiben:
Um eine gute dauerhafte Löthung des Aluminiums zu bewerkstelligen, bedarf man zweier Gattungen Lothe, eine weichere und eine härtere.
Die erste dient zur Appretur der zusammen zu löthenden Metallstücke oder Flächen,
die zweite stärkere zur eigentlichen Löthung.
Hr. Mourey wendet zu diesem Ende fünf verschiedene Lothe an, welche er in folgenden Verhältnissen
zusammensetzt:
Nr. I.
Nr. IV.
80
Gewichtstheile
Zink.
92
Gewichtstheile
Zink.
20
dto.
Aluminium.
8
dto.
Aluminium.
Nr. II.
Nr. V.
85
Gewichtstheile
Zink.
94
Gewichtstheile
Zink.
15
dto.
Aluminium.
6
dto.
Aluminium.
Nr. III.
88
Gewichtstheile
Zink.
12
dto.
Aluminium.
Um diese Lothe darzustellen, schmilzt man zuerst in einem guten Graphittiegel die
nöthige Menge des in mehrere kleine Stücke zertheilten Aluminiummetalls, indem man
Stück für Stück einträgt, so daß die geschmolzene Masse jederzeit durch die neue
etwas abgekühlt werde, bis die ganze Masse geschmolzen ist. Wenn dieß der Fall ist,
so rührt man dieselbe mit einem Eisenstäbchen wohl durch einander und trägt sodann
das gleichfalls zerkleinerte Zink ein, welches schnell zufließt; man rührt die
Legirung daher sofort mit dem Eisenstäbchen aufs Neue um, damit die Mischung eine möglichst
gleichförmige werde, gleichzeitig ein Stückchen reines Fett, etwa Unschlitt,
hinzugebend, um den Zutritt der atmosphärischen Luft und somit die Oxydirung des
Zinkes möglichst zu verhindern, und gießt sodann die Masse in Stangenform aus. Es
ist von Belang, die Hitze nicht zu sehr zu steigern, und auch die Masse, wenn sie
einmal geschmolzen ist, nicht zu lang im Tiegel zu belassen, damit das Zink nicht
verbrenne und sich verflüchtige, indem das Loth hiedurch brüchig würde. Noch ist zu
bemerken, daß das angewendete Zink möglichst rein, nämlich eisenfrei, seyn soll.
Die auf diese Weise dargestellten fünf verschiedenen Lothe haben nun einen
niedrigeren oder höheren Schmelzpunkt; diese Differenz stellt somit in den fünf
Legirungen weichere und härtere Lothe, also Appretur- und wirkliche Lothe
dar.
Die Legirung Nr. I, bestehend aus 80 Gewichtstheilen Zink und 20 Gewichtstheilen
Aluminium, ist die härteste, die folgenden sind stets um einige Grabe weicher. Man
kann daher z.B. Nr. II zur Appretur, und Nr. I zur Löthung nehmen, oder Nr. IV und
Nr. II, und so fort.
Will man nun zwei Gegenstände aus Aluminium zusammenlöthen, wir nehmen an z.B. den
runden Fuß oder Untersatz einer Kaffeekanne, so macht man zuerst die Appretur der zu
vereinigenden Theile, das heißt man rauht die betreffenden vorher wohl gereinigten
Stellen mit einer feineren Feile etwas auf, legt den Gegenstand sodann auf erwärmte
Holzkohlen und bestreicht die zu löthenden Stellen mittelst einer
Gebläse-SpirituslampeIn den größeren Pariser Melattwaaren-Fabriken, wie z.B. jener der
HHrn. Christofle und Comp. und mehreren anderen,
benützt man zum Löthen einen Strom aus gewöhnlichem Leuchtgas und
atmosphärischer Luft. In den kleineren Gewerben ist die
Gebläse-Spirituslampe (Eolipyle genannt)
im Gebrauche, welcher sich auch die Bleiröhren-Arbeiter, um die
Gasleitungsröhren zur Gasbeleuchtung zusammenzulöthen, bedienen. unter gleichzeitiger Auflage des Appreturlothes, welches sodann schmilzt und
nun auf der Fläche mittelst eines kleinen Handkolbens aus Aluminium vertheilt
wird.
Sind die beiden Flächen der zusammenzulöthenden Metallstücke auf diese Weise
appretirt, so ebnet man die allfälligen rauhen oder hervorragenden Knoten oder
Rauhseiten des Appreturlothes mit der Feile, wobei man jedoch Acht zu geben hat, das
Appreturloth nicht etwa ganz zu entfernen und die Stelle zu entblößen.
Man verbindet sodann die zusammenzulöthenden Stücke mit geglühtem Eisendraht, trägt
mittelst eines kleinen Haarpinsels das eigentliche möglichst klein zertheilte Loth
auf, gibt die Gegenstände wieder auf die glühenden Holzkohlen, und läßt abermals die Flamme der
Gebläse-Spirituslampe darüber streichen, indem man das schmelzende Loth mit
dem früher etwas erwärmten Handkolben aus Aluminium wohl vertheilt, glättet und in
die Fugen verstreicht.
Die Handlöthkolben dürfen nicht aus Eisen oder Kupfer, sondern müssen, wie bemerkt,
aus Aluminium-Metall verfertigt seyn, weil sich das Loth an erstere ankleben
würde, was bei den Löthkolben aus Aluminium nicht der
Fall ist.
Um den Fluß und die Adhärenz des Lothes auf dem Aluminium zu erleichtern, war es
wesentlich, ein geeignetes Flußmittel zu finden. Hr. Mourey hat ein solches in dem Copaivabalsam gefunden. Er nimmt 3
Gewichtstheile Copaivabalsam, und vermengt diese mit 1 Gewichtstheil des feinsten
gereinigten venetianischen Terpenthins in einer Porzellanschale, indem er
gleichzeitig einige Tropfen frischen Citronensaftes hinzutröpfelt, was die innige
Mischung der beiden Harze befördert.
Wie bei allen praktischen Verfahrungsweisen die kleinen Kunstgriffe zum vollständigen
Gelingen oft den Ausschlag geben, so ist es auch hier der Fall.
Ein solcher Kunstgriff besteht nämlich darin, das obige Flußmittel nicht wie es
gewöhnlich beim Löthen anderer Metalle üblich ist, auf die zu löthenden Flächen
aufzutragen, sondern man darf das Loth selbst nur in das Flußmittel eintauchen. Das
in Rede stehende Flußmittel erleichtert übrigens auch das Anhaften des in der Größe
von Hirsen- oder Hanfkörnern zertheilten Lothes an den Haarpinsel und somit
die Auflage auf die zu löthende Stelle.
Ein anderer wohl zu beachtender Vortheil besteht endlich darin, die
Gebläse-Spiritusflamme nicht länger auf das Loth wirken zu lassen, als zur
Schmelzung, Zertheilung und Glättung des Lothes erforderlich ist. Das Zink
verflüchtigt sich bekanntlich in der Hitze; läßt man nun die Flamme länger als
nothwendig ist wirken, so verbrennt und entweicht das Zink als Zinkoxyd, und das
Loth wird spröde und brüchig.
Hr. Mourey wird auf Einladung des Verwaltungsrathes der
Société d'Encouragement noch an den
nächstfolgenden vier Sonntagen im Saale der Gesellschaft von praktischen
Experimenten begleitete Vorträge über sein Verfahren halten, wozu die Arbeiter der
betreffenden Metallgewerbe eingeladen werden sollen, damit dasselbe baldigst in den
weitesten Kreisen bekannt und angewendet werde. Auch werden die oben beschriebenen
fünf Gattungen des Aluminium-Lothes demnächst in den Handel kommen.
Wir können die Entdeckung des Hrn. Mourey mit aufrichtiger
Freude begrüßen, denn seine Löthung des Aluminiums entspricht, wie gesagt, allen Anforderungen der Praxis; sie hat das Aluminium
selbst zur Basis, und es ist allen Fachleuten wohl bekannt, daß ein gutes Loth stets
einige Homogeneität haben muß mit dem Metalle, welches man löthen will. –
Möge sie nun baldigst auch in den deutschen Gewerben Eingang finden, denn es
unterliegt keinem Zweifel, daß das Aluminium nunmehr auch in den zahlreichen
Werkstätten jener Industriezweige aufgenommen werden wird, welche für die
mannichfachen Bedürfnisse des täglichen Lebens arbeiten.