Titel: | Ueber ein neues Verfahren zur Darstellung des Aetznatrons im Großen; von John Ordway. |
Fundstelle: | Band 151, Jahrgang 1859, Nr. CV., S. 426 |
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CV.
Ueber ein neues Verfahren zur Darstellung des
Aetznatrons im Großen; von John
Ordway.
Aus Silliman's american Journal, November 1858, durch die Chemical Gazette, Januar 1859, Nr.
390.
Ordway, über ein neues Verfahren zur Darstellung des Aetznatrons im
Großen.
Das Aetznatron ist bereits ein Handelsartikel geworden und würde eine sehr
ausgedehnte Anwendung finden, wenn der Preis eines guten Productes in richtigerem
Verhältniß mit demjenigen der rohen Soda stünde. Um seine Darstellungskosten so weit
als möglich zu vermindern, muß man es offenbar direct aus der durch Auslaugen der
rohen Soda erhaltenen Flüssigkeit gewinnen können? ohne letztere zuvor auf reines
entschwefeltes kohlensaures Natron zu verarbeiten. Zu diesem Zweck hat sich
folgendes höchst einfache und leicht ausführbare Verfahren bereits bei der Anwendung
im Großen als verläßlich bewährt.
Die unter stehenden Mühlsteinen zerknirschte rohe Soda wird methodisch ausgelaugt, so
daß man eine Lösung von 15° Baumé erhält. Eine stärkere Lauge läßt
sich nicht ganz ätzend machen. Diese Lösung wird zum Kochen erhitzt und mit
Kalkmilch behandelt, welche durch Ablöschen von Kalk mit beiläufig seinem
sechsfachen Gewicht Wasser bereitet wurde. 3 Pfund Kalk sind für 1 Kubikfuß Lauge
vollkommen hinreichend. Den erhaltenen kohlensauren Kalk läßt man ganz abtropfen und
trocknet ihn dann, um ihn zur Fabrication von roher Soda zu verwenden.
Die klare Aetznatronlauge wird abgedampft, bis sie ungefähr 45° Baumé
erreicht hat, wobei man etwa niederfallendes Salz von Zeit zu Zeit ausschöpft. Nun
gibt man eine Quantität dieser dicken Aetzlauge in einen gußeisernen Kessel, welcher
über einem Feuer stark und gleichförmig erhitzt werden kann, und versetzt sie darin
mit so viel fein gepulvertem (rothem) Eisenoxyd, daß dessen Gewicht etwas mehr
beträgt als der Gehalt der Flüssigkeit an trockenem Natronhydrat. Das Gemisch muß
nämlich so viel Eisenoxyd enthalten, daß es beim Eindampfen unter beständigem
Umrühren zu einer trockenen Masse wird und bei einer der dunklen Rothgluth nahe
kommenden Hitze nicht schmilzt. Während dieses Eintrocknens entbindet sich reichlich
Ammoniak, da die rohe Soda in der Regel Cyanverbindungen enthält. Ein
eigenthümlicher, aber schwacher und nicht unangenehmer Geruch entsteht auch durch
die Zersetzung der organischen Unreinigkeiten, welche das zum Auslaugen verwendete
Wasser enthielt. Zuletzt, nachdem alles Wasser ausgetrieben ist, absorbirt das Gemisch rasch
Sauerstoff, wobei seine schwarze oder dunkelbraune Farbe in Rostgelb übergeht. Man
löscht nun das Feuer, läßt das geröstete Product 1–2 Stunden, es gelegentlich
umrührend, im Kessel stehen und entleert es dann in ein reines eisernes Gefäß.
Nachdem der Kessel so weit erkaltet ist, daß man ein Zerspringen desselben nicht
mehr zu befürchten hat, füllt man ihn wieder mit frischer Beschickung, und die zum
Abkühlen erforderliche Zeit ausgenommen wird die Arbeit Tag und Nacht ohne
Unterbrechung fortgesetzt.
Nachdem sich von dem rostgelben Pulver eine hinreichende Quantität angesammelt hat,
behandelt man es mit heißem Wasser, so daß man eine Lösung von beiläufig 30°
Baumé erhält. Nachdem diese Flüssigkeit durch Stehenlassen vollkommen klar
geworden ist, zieht man sie ab, um sie zu verkochen und den Rückstand zu erhitzen
bis alles freie Wasser ausgetrieben ist. Bald nach dem Beginn des Verdampfens fällt
eine Salzmasse nieder, welche aus schwefelsaurem, schwefligsaurem und kohlensaurem
Natron besteht; dieser Niederschlag, welcher in dem Maaße als er sich am Boden
ansammelt, ausgeschöpft werden muß – bildet sich so lange fort als die Lösung
aus 32° Baumé bleibt. Hernach fällt etwas Chlornatrium nieder, wenn
solches vorhanden ist, aber sobald die Dichtigkeit 36° Baumé
übersteigt, erfolgt kein Niederschlag mehr. Der gußeiserne Verkochkessel wird voll
erhalten, bis die Lösung 42° Baums zeigt und dann ohne weiteres Nachfüllen
fertig gemacht, weil die Flüssigkeit gegen das Ende des Verkochens bedeutend schäumt
und reichlich Raum zu ihrer Ausbreitung erheischt. Zuletzt wird das Feuer verstärkt,
bis das Natronhydrat geschmolzen ist, und sollte eine erkaltete Probe der Masse eine
röthliche Farbe besitzen, das Zeichen eines unvollkommenen Röstens, so wird eine
Quantität Natronsalpeter vorsichtig eingestreut, um die vollkommene Oxydation zu
bewirken. Selten ist mehr als ein Procent Salpeter erforderlich, um noch
zurückgebliebenes schwefligsaures Natron zu zerstören. Wenn das geschmolzene Natron
ruhig geworden ist und eine auf eine kalte Eisenplatte ausgegossene Probe durch
unmittelbares Erstarren und ihre weiße Farbe anzeigt daß Alles in Ordnung ist,
schöpft man das Ganze in eiserne Formen aus, von welchen es nach dem Erkalten in
luftdichte Fässer kommt. Das Product ist weiß oder schwach graulich und für alle
technischen Zwecke rein genug.
Die Hauptsache bei diesem Verfahren ist ein Oxydationsproceß, wozu das
schwefelhaltige Natronhydrat, weil es bei der erforderlichen Hitze schmelzbar ist,
mit einer trägen Substanz gemischt wurde, um es in eine trockene und poröse Masse zu
verwandeln, deren einzelne Theilchen dem atmosphärischen Sauerstoff leicht
zugänglich sind. Aus demselben Grunde darf man die braune Masse nicht zum Schmelzen kommen
lassen. Das Eisenoxyd scheint besonders geeignet zu seyn, um das ätzende Alkali in
eine trockene und poröse Masse zu verwandeln. Nach dem Auswaschen und
Abtropfenlassen ist es stets wieder verwendbar, ohne daß man es zu trocknen braucht.
Ich habe zu diesem Zweck immer einen reinen Rotheisenstein benutzt, welcher vorher
calcinirt und gemahlen wurde; Venezianisches Roth wäre ebenfalls brauchbar.
Halbkugelförmige gußeiserne Kessel von 4 Fuß 4 Zoll Durchmesser, welche an den Seiten
einen halben Zoll und am Boden drei Viertelzoll dick sind, haben sich bei ziemlich
langer Benutzung sehr geeignet sowohl zum Rösten als zum Schmelzen erwiesen. In
einem solchen Kessel kann man 500 Pfund Aetznatron auf einmal fertig machen. Größere
Kessel wären schwer zu handhaben und kleinere würden Zeitverlust verursachen.
Diese Erzeugung von Aetznatron läßt sich mit Vortheil in Verbindung mit der
Fabrication einer guten Qualität von Sodasalz betreiben. Eine Lösung von
kohlensaurem Natron kann nicht stärker als 32° Baumé gemacht werden.
Die Lauge der rohen Soda hält daher nach dem Abdampfen alles Aetznatron und
Schwefelnatrium aufgelöst zurück, und setzt ein sehr reines kohlensaures Natron ab,
welches man ausschöpft, abtropfen läßt und für Sodasalz calcinirt. Wenn die
Dichtigkeit der Flüssigkeit über 32° Baumé gestiegen ist, das Zeichen
daß alles kohlensaure Natron ausgefällt wurde, so kann man sie in andere Kessel
schaffen, abdampfen bis sie sehr dicht wird, dann mit Eisenoxyd mischen und
austrocknen. Das geröstete Product wird zur Gewinnung eines guten Aetznatrons
aufgelöst, decantirt, abgedampft, geschmolzen und mit Natronsalpeter verpufft.