Titel: | Verfahren der Schnellgerberei, von Christian Knoderer, Lederfabrikant in Straßburg. |
Fundstelle: | Band 151, Jahrgang 1859, Nr. CXII., S. 457 |
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CXII.
Verfahren der Schnellgerberei, von Christian Knoderer, Lederfabrikant
in Straßburg.
Patentirt in Bayern am 3. August 1857. –
Aus dem bayer. Kunst-
und Gewerbeblatt, 1858 S. 660.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Knoderer's Verfahren der Schnellgerberei.
Obgleich das jetzt nachgesuchte Patent auf derselben Grundlage beruht wie dasjenige,
welches ich früher in mehreren Staaten nachgesucht habe, so unterscheidet es sich doch
von letzterem wesentlich durch einen Zusatz, welcher die Ergebnisse abändert. Ich
stellte schon als Princip auf beim Entwickeln der Unterstützungsgründe, daß bei
meinem Verfahren zu gerben eine der Hauptursachen der Beschleunigung darin liege,
daß die Luft von jeder Berührung mit dem Gerbstoff und den in ihn getauchten Häuten
abgesperrt werde.
Die Erfahrungen, welche ich seitdem hierin gemacht habe, haben mir bewiesen, daß der
angegebene Grundsatz zwar seine völlige Richtigkeit hat, daß jedoch die zu dessen
praktischer Ausführung vorgeschlagenen Mittel insofern ungenügend seyen, weil die
Tonnen zwar gegen den Austritt der Flüssigkeit völlig hermetisch verschlossen sind,
unzureichend jedoch um sich dem stetigen Eindringen der Luft zu widersetzen.
Es kam daher auf die Lösung der Aufgabe an, wie man nicht bloß verhindern könne, daß
die Luft mit dem Gerbestoff und den Häuten in Berührung komme, sondern überhaupt,
wie die Luft so viel als möglich von den letzteren zu entfernen sey. Diese Aufgabe
zu lösen, blieb nichts übrig, als das Gerben im luftleeren
Raum. Dieses wäre nun im Kleinen vermittelst einer Luftpumpe oder eines
Ballons von Glas oder Kupfer leicht auszuführen, für die Fabrication im Großen
jedoch zeigten sich ernstliche Schwierigkeiten; denn es kam auch darauf an, jede
Berührung des Gerbestoffs mit dem Eisen, dem Gußeisen oder dem Eisenbleche zu
verhüten, weil hierdurch die eingetauchten Häute sich schwärzen würden, und das Zink
hiezu nicht brauchbar ist, indem es sehr bald von dem Gerbestoff angefressen wird.
Es bleibt nur das Kupfer, welches aber sehr theuer ist und unter dem Einfluß von
Hitze und auf die Länge gleichfalls die Farbe des Leders dunkelt.
Was das Holz betrifft, so war an dessen Anwendung nicht zu denken, wegen dessen
großer Porosität, welche noch dazu mit der Luftverdünnung im Verhältniß zunimmt, so
daß es fast unmöglich ist, es dazu vollständig einzurichten, bevor man Mittel
gefunden hat, die Poren desselben mit einem Stoffe auszufüllen, welcher den
Durchgang der Luft zu verhindern im Stande ist. Hat man einen solchen Stoff und die
Art, ihn auf das Holz aufzutragen, gefunden, so war die Aufgabe für die Gewerbe in
der weitesten Ausdehnung gelöst, weil man nun mittelst des luftleeren Raumes eben
sowohl in der Grube oder Bütte, d.h. im unbeweglichen Zustand, gerben konnte, als
indem man die Einwirkung der Luftleere mit derjenigen der Bewegung und der Hitze in
Verbindung setzt.
Folgende Tabelle wird übrigens durch den angegebenen Zeitunterschied zeigen, um wie viel das
Gerbeverfahren nach beiden Arten der Ausführung beschleunigt werde.
Zeitdauer des Gerbens im luftleeren
Raumein der Grube.
Zeitdauer des Gerbens im luftleeren Raume in
Verbindungmit der Einwirkung einer rotirenden Bewegung undder sich
hieraus ergebenden Wärme.
Kalbfelle
von 6 bis 10 Tagen
Kalbfelle
von 4 bis 7 Tagen
Roßhäute
„ 35
„ 40 „
Roßhäute
„ 14
„ 18 „
Leichte Kuhhäute
„ 30
„ 35 „
Leichte Kuhhäute
„ 12
„ 16 „
Kuhhäute mittl. Sorte
„ 40
„ 45 „
Kuhhäute mittl. Sorte
„ 18
„ 20 „
Starke Kuhhäute
„ 50
„ 60 „
Starke Kuhhäute
„ 22
„ 30 „
Rindshäute leichter und mittlerer Sorte
„ 50
„ 60 „
Rindshäute leichter und mittlerer Sorte
„ 22
„ 30 „
Rindshäute und Stierhäute erster Qualität
„ 70
„ 90 „
Rindshäute und Stierhäute erster Qualität
„ 35
„ 40 „
Bei jeder der beiden Methoden ergibt sich gleichmäßig eine
Ersparniß an Rinde von 75 Procent.
Beschreibung der beweglichen Tonne mit Luftpumpe. Fig. 22 der
betreffenden Abbildungen auf Taf. VII stellt im senkrechten Durchschnitt eine
bewegliche Tonne dar zum Behuf des Ausgerbens im luftleeren Raum, die zu diesem
Zweck mit einer Luftpumpe versehen ist. Fig. 23 zeigt dieselbe im
horizontalen Grundriß, zur Hälfte im Durchschnitt und zur Hälfte von Außen.
Die Dauben A der Tonne sind von Eichenholz, sowie die
beiden Bodenbreter B, welche äußerlich durch die beiden
gerippten Platten von Gußeisen C bedeckt sind. An diese
Platten sind die Zapfen a und a' angegossen, welche in den Zapfenlagern b
liegen. Der Zapfen rechts ist durchbohrt, jedoch durch die Kappe c verschlossen; auch der Zapfen links ist nach beiden
Seiten durchbohrt und mit einem Rohre von Bronze D
versehen, durch welches die Pumpe mit dem Innern der Tonne communicirt. An dem Rohre
selbst sitzt wieder senkrecht ein zweites Rohr E von
Kupfer vertical zwischen dem Bodenbret B und dem
Doppelboden von Holz F, durchbohrt von Löchern und
aufgestellt, um das Rohr vor den Häuten zu schützen, welche in der Tonne enthalten
sind und durch die dieser Tonne mitgetheilte Umdrehung bewegt werden. Die Röhren D und E nehmen an dem
Umschwung der Tonne nicht Theil, sondern sind fest, und damit die Luft während jener
Umdrehung nicht eintreten kann, so hat das Rohr D einen Ansatz
d und der Zapfen a eine
Stopfbüchse e. Eben dasselbe Rohr hat auch ein Fügerohr
von Bronze G mit einem Hahn g und einem Manometer f, durch welchen man den
Grad der im Innern der Tonne mit Hülfe der Luftpumpe H
erreichten Luftverdünnung messen kann. Die Beschreibung dieser Pumpe glauben wir
weglassen zu dürfen. An der Tonne sind zwei Oeffnungen P
und Q angebracht. Die erstere dient zum Einstecken des
Rohrs E und wird mit einem Stöpsel von Bronze hermetisch
verschlossen; die zweite ist das Arbeitsloch von Bronze oder Messing, durch welches
man die Häute einpackt und zum Behuf der Reinigung in das Innere der Tonne gelangen
kann. Die Umdrehung der Tonne wird direct durch einen Treibriemen bewirkt, der sich
von der Peripherie der hölzernen Rolle R aus um die
Dauben schlingt. Zwischen dem Boden B und den beiden
gußeisernen Platten (3 liegen Kautschukblätter von einigen Millimetern Dicke und die
Außenseiten der Dauben sind mit einer doppelten Schicht von Gutta-percha
überzogen, welche durch Zusatz von leichtem Steinkohlenöl und Leinöl flüssig gemacht
ist. Dieser mit dem Pinsel heiß aufgetragene Anstrich wird mittelst eines heißen
Bügeleisens in das Holz gepreßt, wodurch die Poren des Holzes so verschlossen
werden, daß die Luft nicht eindringen kann, und demnach die mittelst der Luftpumpe
erzeugte Luftleere während der ganzen Dauer der Arbeit in gleichem Grade erhalten
wird.
Beschreibung des Gerbekastens oder der Gerbegrnbe mit
luftleerem Raum. Fig. 24 zeigt einen
Gerbekasten in senkrechter Lage, halb im Aufschnitt, halb in äußerer Ansicht. Fig. 25 zeigt
denselben im horizontalen Grundriß, zur Hälfte von Oben äußerlich gesehen und zur
Hälfte im Durchschnitt. Fig. 26 zeigt im
Einzelnen, wie der Deckel auf dem Kasten befestigt ist.
Dieser Gerbekasten ist aus Eichenholz erster Qualität gemacht. Die Bohlen S der Seitenwände und des Deckels T sind mittelst Zapfen und Falze in einander gefügt und die vier
Seitenwände in dem Boden durch die Kerben s. Diese
Einfügung wird noch verstärkt durch Holzschrauben, die 8 Centimeter von einander
abstehen, und die inneren Ecken sind mit einer dreieckigen Leiste s versehen, welche durch Zinknägel an dem Kasten
festgemacht ist. Der Boden des Kastens, sowie der Deckel, wird durch drei
Querleisten, gleichfalls von Eichenholz und 5 Millimeter von einander eingefugt,
verbunden und festgehalten. Der Deckel schließt genau an die senkrechten Seitenwände
des Kastens an, und damit letzterer recht hermetisch verschlossen ist, bildet ein
Streifen Kautschuk, einige Millimeter, dick, die Fugen und bedeckt zu demselben
Zweck den oberen Theil der Seitenwände. Jener Kautschukstreifen ist sodann kräftig zwischen die
Seitenwände und den Deckel vermittelst 38 Schließbolzen u (s. Fig. 26) eingeklemmt, welche mit den eisernen Umkleidungen U, die den Kasten in jeder Richtung zusammenhalten, aus
dem Ganzen sind. Die bronzene Platte V des Hahnes v, welcher mit dem Kautschukrohr v' versehen ist, stellt die Verbindung des Kastens mit der Luftpumpe her,
ist um seine Dicke in die obere Fläche des Deckels eingeschnitten, und ruht
gleichfalls auf einer Scheibe von Kautschuk, die stark mit hölzernen Schrauben
angepreßt ist, um die Platte mit dem Deckel zu verbinden. Wenn man den Kasten füllen
oder ihn ausleeren will, wird der Deckel von vier Menschen mittelst Hebel
abgenommen, welche in die eisernen Ringe X am Deckel
gesteckt werden. Der ganze Kasten wird von Außen, sowohl an den Seitenwänden als am
Boden und Deckel, gleich den Dauben der Tonne, mit einer doppelten Schicht von
geschmolzener Gutta-percha überzogen, ganz so, wie es oben gesagt ist.
Beschreibung der Arbeit. Sobald die Häute aus der
Flußwäsche kommen, bringt man sie unter eine kräftige Presse, damit alles Wasser,
das sie noch enthalten, so viel als möglich ausgetrieben werbe. Nachdem dieses
geschehen ist, schichtet man sie in die Tonnen nebst der zu ihrer Ausgerbung
erforderlichen Menge von Rinde oder einem anderen Gerbstoffe. Auf dieses gießt man
nun so viel Wasser oder Gerbebrühe, als zu einer tüchtigen Anfeuchtung nöthig ist.
Hierauf schraubt man den Deckel q von Bronze oder Kupfer
auf die Oeffnung Q der Tonne und pumpt dann die Luft so
viel als möglich aus. In dem Maaße, als die Luftverdünnung fortschreitet, erweitern
sich die Poren der Häute, und finden sich auf diese Art zur Aufnahme des Gerbestoffs
vollständig zubereitet. Sobald die Luftleere ganz erreicht ist, schließt man den
Hahn g zu, setzt auf das Leitrohr m eine Röhre von Blei, die mit einer großen Bütte oder mit irgend einem
Behälter communicirt, der je nach der Menge der in der Tonne befindlichen Haute
vorher mit einer mehr oder minder starken Lohbrühe gefüllt ist. Da das andere Ende
der Röhre in die Brühe eintaucht, so braucht man nur den Hahn zu öffnen, damit die
Brühe, welche sich nun gänzlich in der Bütte oder dem Behälter befindet, durch den
bloßen Druck der äußeren Luft mit großer Kraft in das Innere der Tonne getrieben
werde. Sollte die zu füllende Tonne mehr Flüssigkeit fassen, als der Raum der Bütte
oder des Behälters, so müßte man dafür sorgen, daß der Hahn g verschlossen würde, wenn das Leitrohr nicht um mehr als 0,08 bis 0,10
Meter in die Flüssigkeit des Behälters eintauchte, um das Eindringen der Luft in die
Tonne zu verhüten, und die Bütte oder den Behälter mit frischer Brühe versehen, um dann dieselbe Arbeit
von Neuem zu beginnen.
Sobald die Tonne mit den zu gerbenden Häuten hinreichend mit Brühe gespeist ist,
verschließt man den Hahn, legt den Leitriemen um die Rolle R, und setzt so die Tonne eine Viertelstunde, eine halbe Stunde oder eine
Stunde, je nach der Menge von Häuten in der Tonne in Umschwung; dann läßt man sie
eine, zwei oder drei Stunden ruhen und dreht sie hierauf von Neuem noch einmal so
lange als das erstemal. Auf diese Art fahrt man nun fort, indem man die Ruhezeit
immer mehr abkürzt, dagegen die der Bewegung verlängert, bis endlich die Bewegung
eine stetig fortdauernde ist.
Verbindet man nun auf diese Art die drei Mittel: die Luftverdünnung, welche das
Zellgewebe der Haut ausdehnt und die Bildung der Gallussäure verhindert; die
Bewegung, welche die Ausziehung der Rinde beschleunigt und ein stetiges Auswalken
der Häute bewirkt; und die Wärme, welche die unfehlbare Folge der Bewegung ist und
welche die Verbindung des in dem Zellgewebe der Häute enthaltenen Gallertstoffs mit
dem Gerbestoff bedeutend erleichtert, – so kann man endlich dazu gelangen,
daß die Haute gründlich ausgegerbt werden, und zwar mit einer Zeitersparniß wie sie
die obige vergleichende Tabelle angibt.
Auf dieselbe Art kann man nun auch beim Gerben in der Grube verfahren. Da indeß hier
weder eine Umdrehung, und demzufolge weder eine Reibung noch Wärmeerzeugung
stattfindet, sofern man nicht etwa heißes Wasser anwendet, so erfordert das
Ausgerben der verschiedenen Sorten von Häuten einen längeren Zeitverlauf, welcher
mit dem in der vergleichenden Tabelle angegebenen übereinkommt.