Titel: Der Vier-Richtungs-Ventilator zum Lüften von Lagern, Fabrikräumen, Billardzimmern etc., von G. M. Muir, Civilingenieur in Manchester.
Fundstelle: Band 152, Jahrgang 1859, Nr. VII., S. 15
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VII. Der Vier-Richtungs-Ventilator zum Lüften von Lagern, Fabrikräumen, Billardzimmern etc., von G. M. Muir, Civilingenieur in Manchester. Aus der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1859. Bd. III. S. 21. Mit Abbildungen auf Tab. I. Muir's Vier-Richtungs-Ventilator zum Lüften von Lagern, Fabrikräumen etc. Die Nothwendigkeit einer guten Ventilation in Fabrikräumen, oder überhaupt in allen solchen geschlossenen Räumen, wo viele Menschen den größten Theil des Tages zusammen zubringen, wird wohl Niemand bestreiten; eben so wenig aber, daß bis jetzt im Allgemeinen noch sehr wenig gethan worden ist, genügende Vorrichtungen anzubringen, welche einen geeigneten und, was die Hauptsache ist, unter allen Umständen regelmäßigen Luftwechsel herbeiführen könnten. In keinem Falle sollte dieselbe Luft zweimal eingeathmet werden, weil schon beim ersten Athmen alle Stoffe, welche für den Körper irgendwie nützlich seyn können, herausgezogen und benutzt worden sind, also beim wiederholten Einathmen derselben Luft nicht nur kein Nutzen, sondern sogar bei längerem Bestehen dieses Zustandes Schaden für die zarteren Theile des Körpers, die Respirationsorgane hervorgehen kann und muß; was dann auch durch die Ueberhandnahme der auszehrenden und Lungenkrankheiten in den Fabrikdistricten deutlich bestätigt wird. Jedem Fabrikanten aber muß in seinem eigenen Interesse, wenn nicht im Interesse der Menschlichkeit, daran liegen gesunde und kräftige Arbeiter zu haben, die natürlicherweise mehr und bessere Arbeit liefern können, als durch Krankheit geschwächte Arbeiter, und ich glaube daher, daß die nachstehende Beschreibung der Muir'schen Ventilatoren besonders für Fabrikbesitzer einiges Interesse haben werde. Der Vier-Richtungs-Ventilator muß jedenfalls als eine der gelungensten Vorrichtungen, wenn nicht als die beste überhaupt bezeichnet werden, welche bis jetzt für diesen Zweck construirt worden ist. Der Name four-pointed-Ventilator ist von Hrn. Muir deßwegen gewählt worden, weil der Ventilator für irgend welche Windrichtung (für alle vier Himmelsgegenden) dieselbe Wirksamkeit hat. Derselbe kann für Räume, wo viel Hitze oder Rauch erzeugt wird, wohl kaum übertroffen werden; denn nicht nur ist der Luftwechsel ein ganz und gar regelmäßiger, sondern zugleich ein gänzlich geräusch- und gefühlloser, indem er nicht von Zeit zu Zeit, sondern unaufhörlich stattfindet. Es wird daher aller Zug vermieden, welcher die meisten angewandten Ventilatoren so ungesund und unpraktisch macht, indem für diese gewöhnlich eine Oeffnung in der höchsten Stelle des Raumes oder Saales mit einer oder mehreren Oeffnungen am Fußboden correspondirt. Ohne diese Oeffnungen am Fußboden aber sind die Ventilatoren ganz und gar unbrauchbar und wirkungslos, wie ein nachgehend beschriebenes Experiment zeigen wird. Nicht so der Muir'sche Ventilator. Derselbe besteht in der Hauptsache aus vier Flügeln von Holz, welche mit einer Kante rechtwinkelig zusammenstoßen und so eine den Flügelzapfen ähnliche Figur bilden. Dieß Flügelkreuz wird in einen viereckigen Kasten so eingeschlossen, daß die vier Flügel in die vier Ecken des Kastens kommen. Auf diese Weise erhält man vier dreikantig prismatische Räume, von denen jeder mit einer beweglichen Klappe am einen Ende geschlossen oder geöffnet werden kann. Das andere Ende des Kastens ist bachartig bedeckt und die vier Seiten sind mit Oeffnungen versehen, welche, um den Regen und andere Feuchtigkeit abzuhalten, sämmtlich dachartig abgedeckt sind, wie Fig. 10 zeigt. Dieser Ventilator wird nun in einer an der höchsten Stelle des zu ventilirenden Raumes angebrachten Oeffnung befestigt, und nach der gemachten Erfahrung findet bei der geringsten Temperaturdifferenz zwischen der äußeren und inneren Luft ein fortwährender Wechsel statt, indem die innere Luft je nach der Windrichtung durch zwei der gebildeten prismatischen Räume entweicht und die äußere Luft durch die anderen beiden eindringt. Dieß geschieht regelmäßig auch, wenn der zu ventilirende Raum mit Ausnahme der Ventilatoröffnung luftdicht verschlossen ist. Daß dieß nicht Täuschung, sondern praktisch wahr ist, davon kann sich Jedermann durch folgendes einfache Experiment leicht überzeugen: Auf eine Glasglocke (Fig. 11) von etwa 1 Fuß Höhe und 8 Zoll Durchmesser, welche am oberen Ende eine 1 1/2 bis 2zöllige Oeffnung hat, befestigt man mit etwas Kitt oder Schellack eine blecherne Röhre von resp. 1 1/2 bis 2 Zoll Durchmesser und 7 bis 8 Zoll Höhe, welche an beiden Enden offen ist. Nachdem man hierauf eine Stück Talg- oder Wachskerze angezündet, darunter gebracht und den Luftzutritt am Boden durch Wasserverschluß gehindert hat, bemerkt man als deutlichen Beweis, daß hier keine Ventilation stattfindet, obgleich die Röhre oben offen ist, sehr bald ein allmähliches Dunkelwerden des Lichtes, welches endlich ganz verlöscht. Bringt man dagegen ein dem Muir'schen Ventilator entsprechendes Flügelkreuz (Fig. 12), welches ebenfalls aus Blech gefertigt ist, in die Röhre, so wird man finden, daß das Licht nicht nur fortbrennt, sondern zugleich so ungestört, als ob nicht die geringste Luftströmung stattfände, obgleich eine solche außerhalb sehr deutlich nachgewiesen werden kann, indem man einfach einen brennenden oder besser einen rauchenden Körper an die Oeffnung hält. Hier findet man nun ein Einsaugen der Luft durch zwei der gebildeten Oeffnungen und ein Austreten durch die anderen, und zwar sind die entsprechenden Oeffnungen entweder benachbart oder entgegengesetzt, d.h. man findet entweder ein Einsaugen durch 1 u. 2 und Austreten durch 3 u. 4 2 u. 3 4 u. 1 und umgekehrt, oder ein Einsaugen durch 1 u. 3 und Austreten durch 2 u. 4 und umgekehrt. Am überzeugendsten führt man das Experiment so aus, daß man das Licht erst ziemlich zum Verlöschen kommen läßt, dann das Flügelkreuz einsetzt und das Licht beobachtet, welches sehr bald Heller wird und schnell wieder mit der ursprünglichen Größe der Flamme brennt. Dieß ist jedenfalls ein deutlicher Beweis von der Wirksamkeit des nach demselben Princip construirten Ventilators, dessen äußere Form jedoch großen Veränderungen unterworfen ist. Je nachdem man denselben nämlich über Fabrikräumen oder Lagern, Bier- und Billardstuben oder Capellen und Bethäusern anbringt, ist das Aeußere mehr oder weniger verziert oder einfacher. Die gewöhnliche Art (wie Fig. 10), welche jetzt fast ohne Ausnahme angewendet wird, besteht aus einem parallelepipedischen Holzgestell, welches am obern Ende bachartig geformt und mit Zink gedeckt ist; die vier Seiten sind einfach offen und gegen das Eindringen des Regens oder sonstiger Feuchtigkeit mit niederwärts gerichteten Bretchen geschützt, welche jedoch nicht ganz bis an das untere Ende des Ventilators fortgesetzt sind, sondern dieß ist, um dem Ganzen mehr Festigkeit zu geben, geschlossen und zwar, wie aus der Zeichnung zu ersehen, ungleich hoch an den verschiedenen Seiten und zwar aus dem Grunde, damit ungleich hohe Luftsäulen das Ventiliren erleichtern. Dieß letztere scheint zwar beim ersten Anblick unbedeutend, aber es ist praktisch von großer Wichtigkeit, da kein Ventilator mit gleich hohen Seiten so gut wirkt, wie ein solcher mit ungleich hohen. Diese Beobachtung ist aber nicht eine persönliche oder individuelle, sondern wenigstens 20 Ingenieure von Ruf haben dieselbe Bemerkung gemacht. Die große und täglich größer werdende Ausbreitung, welche diese Ventilatoren gefunden haben, spricht für ihre Brauchbarkeit, welche ferner durch Hunderte von Zeugnissen bestätigt wird. Je nach der Größe des zu ventilirenden Raumes richtet sich die Anzahl und Größe der Oeffnungen, welche nach Angabe der nöthigen Einzelheiten vom Erfinder gegeben werden, welche man aber selbst sehr leicht findet, wenn man die Größe des Raumes und die Anzahl der darin befindlichen Personen kennt. Jedes Individuum braucht nach Tredgold in 1 Minute 4 Kubikfuß Luft. Multiplicirt man die Anzahl der Personen mit 4 und dividirt dieß Product durch 43mal der Quadratwurzel aus der Höhe vom Fußboden bis zu der Stelle, wo die Luft eintritt, so erhält man die Fläche der Ventilatoröffnung, welche man dann nach Befinden in mehrere vertheilen kann. A. Pfeilschmidt. Bradford, im November 1858. Fabrikant und Agent: Fred. Willm. Mowbray, Bradford.

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