Titel: | Ueber die Gasbrenner mit Platindraht von Stamm und Heitz in Mülhausen (Elsaß). |
Fundstelle: | Band 152, Jahrgang 1859, Nr. VIII., S. 18 |
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VIII.
Ueber die Gasbrenner mit Platindraht von
Stamm und Heitz in Mülhausen (Elsaß).
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhouse, 1858, Nr. 145.
Penot, über Stamm's Gasbrenner mit Platindraht.
Die HHrn Stamm und Heitz
benachrichtigten in ihrem Schreiben vom 22. Januar 1858 der Mülhauser
Industriegesellschaft über Versuche, welche sie angestellt haben um der Flamme der
Gasbrenner eine größere Lichtstärke zu ertheilen.
„Wir brachten, sagen sie, 6 bis 8 Millimeter über der Brenneröffnung, quer
durch den Gasstrom, einen Platindraht an, der sogleich eine bedeutend größere
Lichtstärke veranlaßte.
Nachdem wir diesen Versuch mit einer beträchtlichen Anzahl von Brennern
angestellt hatten, glaubten wir zu bemerken, daß diese Erhöhung der Lichtstärke
um so bedeutender sey, unter je größerem Druck das Gas austritt.
Diese Eigenschaft des Platindrahts scheint uns einer allgemeinen und nicht
kostspieligen Anwendung (1,25 Frcs. per Brenner)
fähig zu seyn, durch welche im Gasverbrauch viel erspart werden könnte; per Brenner nämlich und in der Winterszeit täglich
im Mittel 3 Centimes.Wir beobachteten diese Ersparung nur bei dem Steinkohlengas.Die Muster sind:Brenner„„mit„„zweidreifünfSchlitzen„„30
Liter35 „40 „bei einem Druck von 18 Millimet.Schiebt man den Platindraht mittelst eines Zängchens etwas weg, so hat
man die Helligkeit des gewöhnlichen Brenners.
Schon seit einigen Monaten betreiben wir zu Thann in kleinem Maaßstabe die
Anfertigung von Platindrahtbrennern, wovon wir einige Muster
beilegen.“
Bericht von Hrn. Penot.
Die HHrn. Stamm und Heiß
bringen aus den Gasbrennern einen zweimal rechtwinkelig gebogenen Platindraht an,
dessen mittlerer Theil sich in horizontaler Lage 6 bis 8 Millimet. über der
Brenneröffnung befindet, und behaupten durch diese einfache Vorrichtung eine
namhafte Ersparung an Gas erzielt zu haben.
Wir müssen vor Allem bemerken, daß der Gedanke, die Gasflamme über Platin streichen
zu lassen, um ihre Leuchtkraft zu erhöhen, nicht neu ist. Hr. Gillard machte zu Passy nahezu reines Wasserstoffgas dadurch leuchtend,
daß er ein dünnes Netz von Platindrähten mitten in die Flamme brachte.Man s. Henry's Bericht über Gillard's Verfahren zum Beleuchten mittelst reinen
Wasserstoffgases, im polytechn. Journal Bd. CXVI S. 222.
Um die Angaben der HHrn. Stamm und Heitz zu prüfen, habe ich im Verein mit den HHrn. E. Burnet und O. Zindel Versuche über diese
Brenner angestellt. In der unten folgenden Zusammenstellung der Resultate ist unter
„Lichtstärke“ die Zahl von Kerzen verstanden, welche beim
Brennen dieselbe Lichtintensität liefert als das Gas, wenn es unter den gegebenen
Umständen mit einem Verbrauch von 100 Litern per Stunde
verbrennt. Wenn wir also sagen, daß die Lichtstärke eines Gases zehn Kerzen beträgt, so heißt dieß, daß das Licht eines
oder mehrerer Brenner, die in 1 Stunde 100 Liter dieses
Gases verbrennen, dem von 10 Kerzen gleichkommt.
Unsere Versuche wurden in der Spinnerei der HHrn. Dollfuß-Mieg und Comp. und zwar mit Gas aus der Mülhauser
Gasanstalt angestellt, welches in verschiedenen Mengen und unter verschiedenem Druck
verbrannt wurde.
In der unten folgenden Tabelle bezieht sich der Gasverbrauch immer auf die
Stunde.
Wie zu erwarten war, fanden wir bald, daß die Gestalt des Drahtes, sein Abstand von
der Brenneröffnung und seine Lage mehr oder weniger direct über dieser Oeffnung, von
beträchtlichem Einfluß auf das Resultat sind. Unter den von Stamm und Heitz gelieferten Brennern waren z.B.
mehrere deßhalb fehlerhaft, weil die beiden Biegungen des Platindrahtes nicht mehr
in die Flamme fielen; diese Brenner gaben bei weitem nicht das Maximum der Wirkung.
Die geringste Veränderung in der Anordnung des Drahtes veranlaßt erhebliche
Differenzen in der Leuchtkraft der Flamme, woraus die Abweichungen in den
Ergebnissen der Versuche sich erklären. So lange es vorkommt, daß auf manchen
Brennern der Draht fehlerhaft angebracht ist, dürften diese Brenner nicht leicht
Eingang in die Praxis finden: das früher von Gillard für
die Wasserstoffflamme vorgeschlagene Platindrahtnetz dürfte in dieser Hinsicht
vielleicht vortheilhafter seyn.
Die Versuche wurden zuerst mit den von Stamm und Heitz gelieferten Brennern, die nur einen geringen
Gasverbrauch voraussetzen, und dann mit Brennern in der Spinnerei von Dollfuß-Mieg und Comp., welche größer und von der
gewöhnlichen Art sind, angestellt.
Brenner von Stamm und Heitz.
Ohne Platindraht.
Druck
11 Millimet.
Verbrauch
34,7 Liter.
Lichtstärke
2,80 Kerzen.
„
14 „
„
43,2 „
„
2,53 „
„
20 „
„
53,9 „
„
2,21 „
„
25 „
„
61,7 „
„
2,09 „
„
30 „
„
66,9 „
„
2,03 „
Mit Platindraht.
Druck
11 Millimet.
Verbrauch
36,4 Liter.
Lichtstärke
3,19 Kerzen.
„
14 „
„
42,8 „
„
3,11 „
„
20 „
„
54,9 „
„
3,24 „
„
25 „
„
59,5 „
„
3,19 „
„
30 „
„
67,8 „
„
3,41 „
Brenner von Dollfuß-Mieg und Comp.
Erster Brenner.
Ohne Platindraht.
Druck
10 Millimet.
Verbrauch
72,8 Liter.
Lichtstärke
4,59 Kerzen.
„
14 „
„
95,2 „
„
4,69 „
„
18 „
„
109,3 „
„
5,03 „
„
23 „
„
124,8 „
„
5,13 „
Mit Platindraht.
Druck
10 Millimet.
Verbrauch
71 Liter.
Lichtstärke
4,59 Kerzen.
„
14 „
„
93 „
„
4,69 „
„
18 „
„
106 „
„
5,03 „
„
23 „
„
123 „
„
5,13 „
Zweiter Brenner.
Ohne Platindraht.
Druck
9 Millimet.
Verbrauch
103 Liter.
Lichtstärke
4,16 Kerzen.
„
14 „
„
112,2 „
„
4,21 „
„
17 „
„
143 „
„
3,93 „
„
23 „
„
154 „
„
3,67 „
Mit Platindraht.
Druck
9 Millimet.
Verbrauch
82,2 Liter.
Lichtstärke
4,92 Kerzen.
„
14 „
„
106,8 „
„
4,87 „
„
17 „
„
130,1 „
„
4,46 „
„
23 „
„
152,8 „
„
4,50 „
Dritter Brenner.
Ohne Platindraht.
Druck
9 Millimet.
Verbrauch
89,3 Liter.
Lichtstärke
5,11 Kerzen.
„
12 „
„
116,3 „
„
4,98 „
„
15 „
„
141,7 „
„
5,07 „
„
21 „
„
176,0 „
„
4,91 „
Mit Platindraht.
Druck
9 Millimet.
Verbrauch
79,3 Liter.
Lichtstärke
5,62 Kerzen.
„
12 „
„
111,2 „
„
5,58 „
„
15 „
„
137,1 „
„
5,92 „
„
21 „
„
168 „
„
6,10 „
Vierter Brenner.
Ohne Platindraht.
Druck
7 Millimet.
Verbrauch
119,7 Liter.
Lichtstärke
4,97 Kerzen.
„
11 „
„
146,5 „
„
4,93 „
„
15 „
„
173,9 „
„
4,91 „
„
21 „
„
207,1 „
„
4,93 „
Mit Platindraht.
Druck
7 Millimet.
Verbrauch
122,9 Liter.
Lichtstärke
5,91 Kerzen.
„
11 „
„
153,8 „
„
5,89 „
„
15 „
„
171,9 „
„
6,13 „
„
21 „
„
202,1 „
„
6,24 „
Faßt man die Resultate, welche unter dem gewöhnlichen Druck von 14 bis 15
Millimet. mit diesen verschiedenen Brennern erhalten wurden, zusammen, so
ergeben sich folgende durch die Platindrähte veranlaßte Ersparnisse an Gas,
gleiche Helligkeit vorausgesetzt:
Bei dem Brenner von Stamm und Heitz
22,92 Procent.
Bei dem Brenner von Dollfuß-Mieg
und Comp.
erster
30,64 Proc.
zweiter
15,67 „
dritter
16,76 „
vierter
24,84 „
Diese Zahlen zeigen große Abweichungen, wovon der Grund oben bereits angegeben
wurde. Nimmt man aber auch nur die geringste hier aufgeführte Ersparniß, nämlich
15 1/2 Proc., als durchgehends erreichbar an, so bildet dieß schon einen so
erheblichen Vortheil, daß der Apparat von Stamm und
Heitz volle Empfehlung verdienen würde, wenn
seine Anwendung als wirklich praktisch erwiesen wäre. Es dürfte ihm aber in
dieser Hinsicht namentlich vorzuwerfen seyn, daß seine Anordnung so leicht verändert werden
kann, damit aber auch jedesmal seine Wirkung verändert und nach Umständen sehr
vermindert wird. Wenn die Platinbrenner aber auch, so wie sie aus der Fabrik
geliefert werden, genau die richtige Beschaffenheit haben, so wird es doch
schwer seyn, zu verhüten, daß nachher durch Biegen der Drähte die Lage derselben
verändert und dadurch die Drahte mehr oder weniger unwirksam gemacht werden.
Die HHrn. Stamm und Heitz
glauben bei den von ihnen mit vielen Platinbrennern angestellten Versuchen
gefunden zu haben, daß die Leuchtkraft in dem Maaße zunimmt, als das Gas unter
größerm Drucke angewandt wird. Unsere Versuche bestätigen dieß, und es ist
leicht erklärlich. Ein zu großer Druck oder Gasverbrauch hat zur Folge, daß viel
Gas der Verbrennung entgeht, weil es durch die Flamme streicht, ohne Zeit zu
haben, darin zu verbrennen. Der Platindraht, dessen Zweck ist, das Volum des
unverbrannt entweichenden Gases zu vermindern, wird sonach von um so größerer
Wirkung seyn, je größer und ungünstiger der Gasverbrauch vorher war. Es fragt
sich noch, ob man nicht ohne Anwendung von Platindraht, durch bloße Verminderung
des Drucks, bei Brennern mit weiter Oeffnung eben so viel ersparen könnte.
Das Ergebniß unserer Versuche ist also, daß ein gehörig über der Oeffnung eines
Brenners angebrachter Platindraht bei gewöhnlichem Gasverbrauch und Druck eine
namhafte Ersparniß gewähren kann, sofern die oben angedeuteten Uebelstände in
der Praxis nicht zu sehr hervortreten.