Titel: | Ueber die chemischen und physikalischen Eigenschaften mehrerer bayerischen hydraulischen Kalke im Vergleich mit Portland-Cement; zugleich ein Beitrag zur Theorie des Erhärtens der hydraulischen Kalke; von Georg Feichtinger. |
Fundstelle: | Band 152, Jahrgang 1859, Nr. XIII., S. 40 |
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XIII.
Ueber die chemischen und physikalischen
Eigenschaften mehrerer bayerischen hydraulischen Kalke im Vergleich mit
Portland-Cement; zugleich ein Beitrag zur Theorie des Erhärtens der hydraulischen
Kalke; von Georg
Feichtinger.
Aus den Abhandlungen der naturwissenschaftlich-technischen
Commission bei der königl. bayer. Akademie der Wissenschaften, Bd. II S.
331.
Feichtinger, über die chemischen und physikalischen Eigenschaften
mehrerer bayerischen hydraulischen Kalke.
Es ist eine bekannte Thatsache, daß sich die hydraulischen Kalke in ihren chemischen
und physikalischen Eigenschaften sehr verschieden verhalten; worin diese
Verschiedenheit ihren Grund hat, ist noch nicht genügend aufgeklärt. Ebenso ist die
Theorie des Erhärtens der hydraulischen Mörtel noch nicht so festgestellt, daß wir
dieselbe als vollkommen aufgeklärt annehmen können, was daraus zu ersehen ist, daß
die Ansichten über die Ursachen der Erhärtung noch so verschieden sind.
Vorliegende Arbeit wurde daher ausgeführt, um einestheils die chemischen und
physikalischen Eigenschaften unserer bayerischen hydraulischen Kalke im Vergleich zu
denen des Portland-Cements kennen zu lernen, und um vielleicht ein Material
zu finden, aus dem ein dem Portland-Cement in seinen Eigenschaften nicht
nachstehendes Product bereits werden könnte; anderntheils auch um nähere Aufschlüsse
über den eigentlichen Erhärtungsproceß zu erhalten.
Dabei muß ich bemerken, daß mir namentlich die Arbeiten von Fuchs und Pettenkofer über hydraulische Kalke
zu Stütz- und Ausgangspunkten für meine Untersuchungen dienten. Hrn. Prof.
Pettenkofer bin ich für seinen vielfachen Rath und
Beistand, den er mir während der ganzen Dauer der langwierigen Arbeit angedeihen
ließ, noch zu besonderem Danke verpflichtet.
Die mir zu meinen Versuchen zu Gebote gestandenen Materialien waren folgende
sechs:
A
Portland-Cement.
B.C.D.E.F.
B bis incl. F
waren bayerische hydraulische Kalke, ausMergel, wie er in Bayern sehr
häufig vorkommt, gebrannt.Von allen erlangte keiner mit Wasser
angemacht, die Härtedes Portland-Cements.
In der folgenden Tabelle I. sind die Analysen der hydraulischen Kalke aufgeführt.
In Tabelle II. sind dagegen die Analysen der Rohmaterialien zusammengestellt, aus
denen die hydraulischen Kalke gebrannt worden sind.
Zu den Versuchen wurden außer den natürlichen hydraulischen Kalken auch noch
künstliche hydraulische Kalke bereitet, z.B. Wasserglas, Kieselerde, Puzzolane,
Traß, natürliche Silicate etc. mit Kalk zu Mörtel angemacht.
Tab. I. Analyse der hydraulischen
Kalke.
Textabbildung Bd. 152, S. 41
Bestandtheile;
Portl.-Cement; analysirt v. Hopfgarten; analysirt v. Feichtinger; In
Chlorwasserstoffs. unlöslich; In Chlorwasserstoffsäure löslich; Wasser; Kalk;
Magnesia; Manganoxyd; Eisenoxyd; Thonerde; Kohlensäure; Phosphorsäure;
Schwefelsäure; Kali; Natron; Kieselerde; Thon. Sand.
Anmerkung. Ein Theil der Kieselsäure war bei Allen in
Chlorwasserstoffsäure löslich; da ich jedoch immer nach Zusatz von
Chlorwasserstoffsäure die Masse eindampfte, demnach die Kieselsäure gleich in den
unlöslichen Zustand überführte, so wurde sie auf einmal bestimmt und daher als
unlöslich in Chlorwasserstoffsäure aufgeführt.
Tab. II. Analyse der
Rohmaterialien.
Textabbildung Bd. 152, S. 42
Bestandtheile; Thon vom
Medway-Flusse; In Chlorwasserstoffsäure unlöslich; Chlorwasserstoffsäure
löslich; Wasser; Kohlensaurer Kalk; Magnesia; Manganoxydul; Eisenoxyd; Thonerde;
Phosphorsäure; Schwefelsäure; Kalk; Magnesia; Spur; Eisenoxyd; Thonerde;
Kieselerde; Kali; Natron.
Erster Abschnitt.Die chemischen und physikalischen Eigenschaften der
bayerischen hydraulischen Kalke im Vergleiche zu
Portland-Cement.
Durch die umfassenden Versuche von Fuchs und Anderen steht
es fest, daß eine Erhärtung der hydraulischen Mörtel ohne Kalk und Kieselerde nicht
möglich ist, indem dieselbe bedingt ist von einer Verbindung, die der Kalk mit der
Kieselerde eingeht.
Meine ersten Versuche gingen daher darauf hinaus, Mittel zu finden, ob nicht die bei
der Erhärtung sich bildenden Silicate zu isoliren wären, obwohl ich im Voraus schon
an deren Gelingen zweifelte. In einem hydraulischen Mörtel befinden sich außer den
Silicaten, die sich beim Brennen und bei dem darauf folgenden Erhärten im Wasser
gebildet haben, auch noch freier Kalk, kohlensaurer Kalk, Magnesia, Eisenoxyd,
Thonerde und ein Theil des noch nicht aufgeschlossenen Thons. Diese mußten entfernt
werden, ohne daß aber die gebildeten Silicate zerstört würden.
Dieses ist aber bei den chemischen Eigenschaften der Beimengungen der hydraulischen
Kalke eine vergebliche Arbeit; es werden bei allen angewendeten Lösungsmitteln immer
auch die Silicate zerstört. Ich gab daher diesen Gedanken bald auf, die Silicate zu
isoliren, und beschränkte meine Versuche darauf, den nicht gebundenen Kalk und den kohlensauren Kalk zu
entfernen, um dadurch bestimmen zu können, ob und wie viel Kalk bei der Erhärtung
der hydraulischen Mörtel an die Kieselerde gebunden wird.
Ich versuchte die Lösung des kohlensauren und des nicht gebundenen Kalks Anfangs
mittelst sehr verdünnter Säuren. Ich wendete dazu Chlorwasserstoffsäure und
Essigsäure, jede für sich, an, aber selbst in noch so verdünntem Zustande
angewendet, trat kein Punkt ein, wo in dem Filtrate kein Kalk mehr nachweisbar
gewesen wäre, vielmehr beobachtete ich, daß durch die verdünntesten Säuren
sämmtlicher in den hydraulischen Mörteln enthaltene Kalk gelöst wurde.
Ich änderte nun die Versuche so ab, daß ich statt der Säuren Salzlösungen in
Anwendung brachte; dazu schienen mir die Ammoniaksalze die geeignetsten, aus
folgenden Gründen:
1) Werden die Ammoniaksalze durch reinen Kalk zersetzt, indem die mit dem Ammoniak
verbundene Säure an den Kalk tritt, und dabei das Ammoniak frei wird, und
entweicht.
2) Der kohlensaure Kalk ist in Lösungen von Salmiak und salpetersaurem Ammoniak
löslich.
Ich brachte daher gepulverten erhärteten hydraulischen Mörtel mit wässerigen Lösungen
von salpetersaurem und essigsaurem Ammoniak und von Chlorammonium längere Zeit unter
öfterem Umrühren in Berührung. (Schwefelsaures Ammoniak wendete ich deßwegen nicht
an, weil der sich dabei bildende Gyps schwer löslich ist.) Nach einiger Zeit wurde
abfiltrirt, und wieder eine frische Lösung der Ammoniaksalze auf die Proben
gegossen, und dieses so lange fortgesetzt, als in der abfiltrirten Flüssigkeit durch
oralsaures Ammoniak noch Kalk nachzuweisen war. Hiebet habe ich gefunden, daß die
wässerigen Lösungen genannter Ammoniaksalze allen Kalk in Lösung überführen, und
zwar bei allen mir zu Gebote stehenden hydraulischen Mörteln.
Ich brachte auch gepulverte erhärtete hydraulische Mörtel mit einer Lösung von
kohlensaurem Ammoniak in Berührung; auch hier wurde aller Kalk in kohlensauren Kalk
umgewandelt.
Ich dehnte nun diese Versuche mit wässerigen Lösungen von Ammoniaksalzen auch auf
künstliche hydraulische Mörtel aus, und zwar nahm ich solche, wo ich gewiß wußte,
daß sich bei der Erhärtung kieselsaurer Kalk bildet.
Zu diesem Zweck vermischte ich Kalkhydrat mit einer concentrirten Wasserglaslösung
und wusch den dadurch gebildeten kieselsauren Kalk so lange mit destillirtem Wasser
aus, als die abfiltrirte Flüssigkeit noch alkalisch reagirte. Daß sich dabei
jedenfalls eine chemische Verbindung von Kalk und Kieselerde bildet, ist von Fuchs und Kühlmann auf das
Bestimmteste nachgewiesen.
Die Analyse meines künstlichen hydraulischen Kalkes ergab:
Kalk
47,6
Magnesia
5,5
Kieselsäure
27,8
Kohlensäure
6,2
Wasser
12,9
–––––
100,0
Auch bereitete ich mir einen hydraulischen Mörtel aus trockenem Wasserglas und
Kalkhydrat, der unter Abscheidung von Alkalien sehr fest wurde.
Beide künstliche hydraulische Mörtel verhielten sich gegen wässerige Lösungen von
Ammoniaksalzen ebenso wie die natürlichen hydraulischen Mörtel; auch bei diesen
wurde aller Kalk in die Lösung übergeführt. – Dieses Verhalten der
Ammoniaksalze darf uns durchaus nicht befremden, denn es ist bekannt, welche Wirkung
das kohlensaure Ammoniak in Ställen auf die Fensterscheiben äußert, so daß dieselben
ganz erblinden, was von Ausscheidung der an Kieselerde gebundenen Alkalien herrührt.
Ja ich habe durch Versuche gefunden, daß Ammoniaksalze in wässerigen Lösungen im
Stande sind, natürliche Silicate zu zersetzen, die selbst durch die stärksten Säuren
schwer oder gar nicht angegriffen werden.
Die Silicate wurden im feinst zertheilten Zustande mit einer wässerigen Lösung von
Ammoniaksalzen (30 bis 40facher Verdünnung) bei gewöhnlicher Temperatur in Berührung
gebracht. Nach 8 Tagen konnte ich schon eine Einwirkung beobachten; nach 14 Tagen
aber konnte die Menge der aus der Verbindung mit Kieselerde ausgeschiedenen und in
die Lösung übergegangenen Basen quantitativ bestimmt werden. So wurde durch
salpetersaures Ammoniak Stilbit, Hornblende, Prehnit und Desmin, durch Chlorammonium
Chlorit, Granaten, Diopsid und Tremolith, durch kohlensaures Ammoniak Feldspath
zersetzt.
Diese Eigenschaft der Ammoniaksalze, natürliche Silicate zu zersetzen, und dadurch
die Bestandtheile derselben in eine für die Pflanze aufnehmbare Form zu bringen, ist
für die Cultur der Pflanzen von größtem Nutzen.
Mit diesen hier angeführten Versuchen war ich beinahe zu Ende, als ich im Journal für
praktische Chemie Bd. LXII S. 81 (aus Comptes rendus Bd.
XXXVII S. 1001 übersetzt)Im polytechn. Journal Bd. CXXXII S.
115. einen Aufsatz von Sainte-Claire
Deville las, worin dieser Chemiker eine Lösung von
salpetersaurem Ammoniak empfiehlt, um in einem Cemente durch Entziehung des freien
und kohlensauren Kalkes und der kohlensauren Magnesia das
Thonerde-Kalksilicat zu isoliren. In demselben Bande des Journals für
praktische Chemie ist auch eine Entgegnung von Gunning
enthalten, die mit meinen Versuchen ganz übereinstimmt. Gunning ist der Ansicht, daß die im Portland-Cement enthaltenen
Kalk- oder Kalk-Thonerde-Silicate in Wasser nicht unlöslich
sind; ich werde bei meinen weiteren Versuchen noch darüber zu sprechen kommen, ob
diese Annahme Gunning's richtig ist, oder ob nur die
Ammoniaksalze es sind, die zersetzend auf die Kalt- und
Kalk-Thonerde-Silicate einwirken.
Gunning schlägt alkoholische Lösungen von Salzen vor,
indem er glaubt, daß der Weingeist jede chemische Wechselwirkung zwischen den
Bestandtheilen des Mörtels verhindert. Ich stellte auch Versuche an mit einer
weingeistigen Lösung von salpetersaurem Ammoniak, weil der salpetersaure Kalt in
Weingeist löslich ist. Ich ließ die weingeistige Lösung von salpetersaurem Ammoniak
so lange auf die hydraulischen Mörtel einwirken, als einige Tropfen der Lösung auf
einem Uhrglase verdampft und hierauf in Wasser gelöst, mit oralsaurem Ammoniak noch
eine Trübung gaben. Dabei bemerkte ich, daß aller in den hydraulischen Mörteln
enthaltene Kalk nach und nach gelöst wurde, und es trat kein Punkt ein, wo ich
bemerken konnte, daß die Einwirkung der weingeistigen Lösung des salpetersauren
Ammoniaks beendigt sey. Selbst der kohlensaure Kalk wird durch eine weingeistige
Lösung von salpetersaurem Ammoniak gelöst, wovon ich mich auch durch einen directen
Versuch überzeugte.
Daß auch kieselsaurer Kalk durch eine weingeistige Lösung von salpetersaurem Ammoniak
zersetzt wird, beweist folgender Versuch:
Eine Lösung von Chlorcalcium und von Wasserglas wurden vermischt, und der entstandene
kieselsaure Kalk sehr gut ausgewaschen und im Wasserbad getrocknet.
Auf diesen künstlich bereiteten kieselsauren Kalk, welcher der Formel CaO 2
SiO³ + 2 HO entsprach, wirkte eine weingeistige Lösung von salpetersaurem
Ammoniak vollkommen zersetzend ein, so daß nur Kieselerde zurückblieb.
Da es mir nicht gelingen konnte, die in einem hydraulischen Mörtel gebildeten
Silicate zu isoliren, ohne daß dieselben zersetzt wurden, so mußten die
nachfolgenden Versuche immer, ohne daß ein Bestandtheil aus den hydraulischen
Mörteln entfernt wurde, angestellt werden.
Wie schon oben bemerkt wurde, ist Gunning der Ansicht, daß
die im Portland-Cement enthaltenen Kalt- oder
Kalk-Thonerde-Silicate im Wasser löslich sind. Gunning
schließt dieses aus folgendem Versuche: Er rieb gepulverten frischen
Portland-Cement mit verdünnter und überschüssiger Oralsäure-Lösung
zusammen, wodurch der freie Kalk in unlöslichen oralsauren Kalk verwandelt wurde,
und filtrirte nach einiger Zeit ab; er erhielt ein Anfangs kalkfreies, schwach
saures Filtrat, das aber kalkhaltig ward im Augenblick, wo die saure Reaction des
Waschwassers aufhörte.
Aus diesem Versuch von Gunning läßt sich indeß noch nicht
mit Sicherheit der Schluß ziehen, daß die im Portland-Cemente enthaltenen
Kalk- oder Kalk-Thonerde-Silicate im Wasser löslich seyen; es
kann eher angenommen werden, daß das reine Wasser zersetzend auf die im
Portland-Cement enthaltenen Silicate einwirke und den Kalk löse.
Durch die Versuche von Griffith ist bekannt, daß Wasser
selbst das Glas, eine chemische Verbindung der Kieselerde mit Kali, Natron, Kalk
etc. langsam zersetze; ich zweifelte daher keinen Augenblick, daß das Wasser eine
ähnliche Wirkung äußere auf die in den hydraulischen Mörteln enthaltenen Silicate.
Indeß wollte ich mich doch durch einen genauen Versuch überzeugen.
Ich pulverte daher erhärteten hydraulischen Mörtel A und
B aufs Feinste und übergoß dieselben in einem
Cylinderglase mit destillirtem Wasser; das Wasser wurde einen Tag unter öfterem
Umrühren mit dem Mörtel in Berührung gelassen, hierauf abfiltrirt und auf den
hydraulischen Mörtel wieder frisches, destillirtes Wasser gegossen. Dieses wurde
zwei Monate fortgesetzt, und die dadurch erhaltenen Filtrate in einer reinen
Porzellanschale im Wasserbade abgedampft. Der trockene Rückstand wurde mit Salzsäure
übergossen, wieder eingedampft, um die Kieselerde in den unlöslichen Zustand
überzuführen; die Thonerde und der Kalk wurden hierauf mit verdünnter Salzsäure
gelöst, in der Lösung die Thonerde durch Zusatz von Ammoniak und Salmiak, und
hierauf im Filtrat der Kalk durch oralsaures Ammoniak gefällt. Die Menge Wasser, die
zur Lösung verwendet wurde, betrug bei beiden Versuchen 60 Liter.
15 Gramme Portland-Cement hatten dabei an das Wasser abgegeben:
Kalk
1,408
Thonerde
0,032
Kieselerde
0,102
15 Gramme vom hydraulischen Mörtel B hatten an das Wasser
abgegeben
Kalk
0,868
Thonerde
0,020
Kieselerde
0,137
Diese Versuche beweisen, daß die in den hydraulischen Mörteln enthaltenen
Kalk-Thonerde-Silicate etwas in Wasser löslich sind.
Daß der kieselsaure Kalk etwas im Wasser löslich ist, überzeugte ich mich dadurch,
indem ich künstlich bereiteten kieselsauren Kalk (bereitet durch Vermischen von
Chlorcalciumlösung und von Wasserglaslösung) längere Zeit mit Wasser in Berührung
ließ; im Filtrat erhielt ich mit einer Salmiaklösung Flocken von Kieselerde und
durch oralsaures Ammoniak eine Fällung von oralsaurem Kalk.
Ob indeß das reine Wasser oder das Kalkwasser (da in jedem hydraulischen Mörtel
freier Kalt vorhanden ist) die Lösung der in den hydraulischen Mörteln enthaltenen
Kalk- und Kalk-Thonerde-Silicate bewirkt, konnte ich noch nicht
feststellen; ich behalte mir indeß noch nähere Versuche vor.
Es kann hiebei der Einwurf gemacht werden, wie es dann möglich wäre, mit
hydraulischen Mörteln Bauten unter Wasser aufzuführen, und daß dabei dieselben den
Einwirkungen des Wassers widerstehen. Denn ist es der Fall, daß die in den
hydraulischen Mörteln enthaltenen Kalk- und
Kalk-Thonerde-Silicate in Wasser löslich sind, so müßte nach und nach
ein solcher Wasserbau lockerer werden; dieß ist aber nicht der Fall, denn wir haben
noch Wasserbauten, die von den alten Römern aufgeführt wurden, und bisher den
Einflüssen des Wassers getrotzt haben.
Es fragt sich nun, welches ist die Ursache, daß die hydraulischen Mörtel den
Einwirkungen des Wassers widerstehen können?
Nach meiner Ansicht ist es die Kohlensäure.
Jedes Wasser enthält Kohlensäure, und wie bekannt, ist die Verwandtschaft des Kalks
zur Kohlensäure sehr groß. Bringt man nun hydraulischen Mörtel in
kohlensäurehaltiges Wasser, so löst sich allerdings Anfangs etwas Kalk auf, aber
bald hört dieses auf; es bildet sich im Aeußern der hydraulischen Mörtel eine
Schicht von kohlensaurem Kalk, welche das Innere vor der Zersetzung schützt. Man
wird auch stets im Aeußern der hydraulischen Mörtel mehr kohlensauren Kalk finden,
als im Innern derselben.
v. Fuchs hat schon in seiner Preisschrift (polyt. Journal
1833, Bd. XLIX S. 271) auf die Vortheile aufmerksam gemacht, die das Vorhandenseyn
von Kohlensäure im Wasser gewährt. Ich werde auch noch später darauf zu sprechen
kommen, daß ich die Kohlensäureaufnahme und die dadurch bedingte Ueberführung des
freien Kalks in den hydraulischen Mörteln in kohlensauren Kalt als für höchst
nothwendig zur vollkommenen Erhärtung eines hydraulischen Mörtels ansehe.
Ich fand auch, daß, wenn ich hydraulische Mörtel mit Wasser, das ich zuvor
Kohlensäure absorbiren ließ, anmachte, dieselben immer viel schneller anzogen und auch viel
früher ihre eigenthümliche Härte erlangten.
Ich wollte nun auch wissen, wie weit bei den hydraulischen Mörteln in ganzen Stücken
die Bildung von kohlensaurem Kalk voranschreitet, ob vielleicht aller Kalk nach und
nach in kohlensauren Kalk umgewandelt wird, oder ob diese Umwandlung eine Gränze
hat.
Zu diesem Zwecke untersuchte ich zuerst die Menge des kohlensauren Kalks in den
hydraulischen Mörteln, legte dann diese in ganzen Stücken einige Tage in Wasser, das
Kohlensäure absorbirt hatte, brachte sie hierauf zum Trocknen ins Wasserbad, legte
sie dann wieder in kohlensäurehaltiges Wasser und wiederholte dieses so lange, als
sich die Menge des kohlensauren Kalks in den hydraulischen Mörteln vermehrte, wozu
ich von Zeit zu Zeit einen Theil der Proben der Analyse unterwarf.
Obwohl ich nun diese Versuche seit 1 1/2 Jahren ununterbrochen fortsetzte, so war es
mir doch nicht möglich, allen in den hydraulischen Mörteln enthaltenen Kalk
umzuwandeln, sondern es blieb immer noch ein großer Theil Kalk an Kieselerde
gebunden.
Beiliegende Tabellen geben eine Uebersicht, wie weit die Bildung von kohlensaurem
Kalk in den hydraulischen Mörteln voranschreitet, und wie viel Kalt an Kieselsäure
gebunden ist.
A.Portland-Cement
B.
C.
D.
E.
F.
Die procentische Menge
Kohlensäure, nachdem die hydraulischen Mörtel
3 Monate in reinem Wasser
gelegen hatten
4,2
8,1
4,3
4,8
8,5
,8
Die procentische Menge
Kohlensäure, als die hydraulischen Mörtel
hierauf 1 Monat in kohlens. Wasser
gelegen hatten
14,4
16,3
9,8
17,3
15,1
13,5
2 Monate in kohlensaurem Wasser
16,7
19,2
15,3
20,4
19,7
18,8
3 Monate in kohlensaurem Wasser
18,2
19,4
19,1
23,8
21,2
20,2
4 Monate in kohlensaurem Wasser
20,8
19,4
21,2
24,0
21,3
22,3
5 Monate in kohlensaurem Wasser
20,9
19,4
21,2
24,0
21,3
22,5
Von nun an nahm auch bei längerer Behandlung mit kohlensäurehaltigem Wasser die
procentische Menge der Kohlensäure nicht mehr zu
Gefundene MengeKohlensäure, nachdem
Durchdie Analyse
Berechnet sich daher:
die Mörtel inkohlensäurehaltigemWasser
gelegen hatten
wurde Kalkgefunden
Kalkan Kohlensäuregebunden
Kalkan die Silicategebunden.
A.
20,9
42,3 Proc.
26,5 Proc.
15,8 Proc.
B.
19,4
35,3
„
24,7
„
10,5
„
C.
21,2
37,1
„
26,9
„
10,2
„
D.
24,0
41,7
„
30,6
„
11,1
„
E.
21,3
36,8
„
27,2
„
9,6
„
F.
22,5
40,9 „
28,6
„
12,3
„
Vier Jahre alten erhärteten Portland-Cement untersuchte ich auf den
Kohlensäuregehalt, er betrug 14,8 Proc.; als ich ihn wie oben mit
kohlensäurehaltigem Wasser behandelte, stieg dessen procentische Menge auf 21,3
Proc.
21,3 Proc. Kohlensäure entspricht 27,1 Proc. Kalk:
Da aber der erhärtete Portland-Cement 41,9 Proc. Kalk enthielt, so waren noch
immer 14,8 Proc. Kalk an Kieselerde gebunden.
Durch die Aufnahme von Kohlensäure und in Folge dieser durch die allmähliche
Ueberführung des bei der Erhärtung nicht gebundenen Kalks in kohlensauren Kalk
erlangen die hydraulischen Mörtel eine Härte, wie natürliche Steine.
Hier muß ich auch noch das Verhalten der hydraulischen Kalke an der Luft, resp. zu
deren Kohlensäuregehalt, erwähnen.
Ich ließ Portland-Cement sowohl im frischen als auch bereits erhärteten und
gepulverten Zustande, vor Staub geschützt, 1/2 Jahr an der Luft liegen. Dabei ist
die Kohlensäuremenge im frischen Portland-Cement nur um 1 1/2 Proc.
gestiegen, während beim erhärteten und gepulverten Portland-Cement die
procentische Menge Kohlensäure um 12 Proc. zugenommen hatte.
Alle bayerischen hydraulischen Kalke nahmen im frischen Zustande die Kohlensäure aus
der Luft viel begieriger auf, und dieselbe hielt mit der Kohlensäure-Aufnahme
im erhärteten und gepulverten Zustande fast gleichen Schritt.
Prof. Pettenkofer hat ebenfalls (polytechn. Journal Bd. CXIII S. 357) beobachtet, daß sich
Portland-Cement und ein bayerischer hydraulischer Kalk im frischen Zustande an der Luft ganz
ungleich verändern. Professor Pettenkofer nimmt dabei an,
daß beim Portland-Cement der Aetzkalk allseitig von einer glasirten Decke
umhüllt ist. Diese Annahme ist auch durch obige von mir angestellte Versuche
bestätigt, und dafür sprechen auch noch weitere Versuche, über die ich noch
berichten werde.
Wir wissen auf das Bestimmteste, daß die hydraulischen Mörtel beim Erhärten Wasser
chemisch binden, und daß das Wasser in dem Erhärtungsproceß eine bedeutende Rolle
spielt. Aber wie die Aufnahme des Wassers geschieht, darüber sind die Ansichten sehr
verschieden.
Die meisten Chemiker huldigen der Ansicht von Fuchs.
Derselbe sagt (in der erwähnten Preisschrift): „Während sich der Kalk mit
dem Cement verbindet, wird auch ein Theil des Wassers in den festen Zustand
versetzt, und es entsteht gleichsam eine zeolithartige Zusammensetzung und das
Wasser ist mithin als Krystallisationswasser auch ein Ingredienz des
hydraulischen Mörtels.“
Die Ansicht Anderer geht dahin, daß die in einem hydraulischen Kalk bereits
vorhandenen Silicate das durch das Brennen verlorene Wasser beim Anmachen mit Wasser
und dem darauf folgenden Erhärten wieder binden.
Da nun in jedem hydraulischen Mörtel sich freier Kalk befindet, der im Wasser in
Kalkhydrat übergeht, so waren meine ersten Versuche dahin gerichtet, ob sich nicht
derjenige Theil Wasser, der beim Erhärten von den Silicaten aufgenommen wird,
quantitativ bestimmen läßt, indem dieses Wasser vielleicht bei einem andern
Temperaturgrade aus der Silicatverbindung ausgetrieben werden kann, als das Wasser,
das an den Kalk als Kalkhydrat gebunden wird. – Dieses ist nun wirklich der
Fall, und dadurch war es mir möglich, die Aufnahme des Wassers beim Erhärten der
hydraulischen Mörtel genau zu studiren.
Das Kalkhydrat verliert erst bei Rothglühhitze sein gebundenes Atom Wasser. Durch
Versuche fand ich nun: trocknet man erhärteten und gepulverten hydraulischen Mörtel
im Wasserbade bei 100° C. so lange, bis keine Gewichtsabnahme mehr bemerkbar
ist, und erhitzt ihn dann im Luftbade bis 300°, so verflüchtigt sich nur ein
Theil des chemisch gebundenen Wassers, der andere Theil des chemisch gebundenen
Wassers geht erst bei höherer Temperatur weg.
Bei vergleichenden Bestimmungen fand ich, daß der Wasserverlust beim Erhitzen im
Luftbad bis 300° immer constant war.
Ich glaube daher annehmen zu können, daß derjenige Theil Wasser, der bei einer
niederem Temperatur als die der schwachen Rothglühhitze aus dem bei 100°
getrockneten hydraulischen Mörtel ausgetrieben wird, von den Silicaten gebunden wird,
während der bei höherer Temperatur (bei schwacher Rothglühhitze) auszutreibende
Theil Wasser an den Kalk gebunden war.
Ein weiterer Beweis für meine ausgesprochene Annahme ist der: Ich nahm erhärteten
Portland-Cement, der mit kohlensäurehaltigem Wasser in ganzen Stücken so
lange behandelt wurde, als noch Kohlensäure aufgenommen wurde, trocknete ihn im
Wasserbade so lange, als noch ein Gewichtsverlust bemerkt wurde. Hierauf im Luftbade
bis 300° längere Zeit erhitzt, war der Verlust an Wasser bei mehreren
Versuchen ganz gleich. Hierauf bei Rothglühhitze in einem Kölbchen erhitzt, bemerkte
ich nur noch eine Spur von einem Wasseranflug in dem Kölbchen. Dieselben Resultate
erhielt ich auch bei den bayerischen hydraulischen Mörteln.
Ich untersuchte nun, in welchem Verhältnisse das Wasser nach und nach von den
einzelnen hydraulischen Mörteln gebunden wird, und welche Zeit sie bedürfen, um die
ganze Summe Wasser, die sie chemisch binden, aufzunehmen. Zu diesem Behuf wurde eine
gewisse Menge hydraulischer Kalk in einem gewogenen Schälchen abgewogen, mit Wasser
angerührt, und immer mit Wasser bedeckt stehen gelassen. Sollte das chemisch
gebundene Wasser bestimmt werden, so wurden die Proben mit Schälchen in das
Wasserbad gebracht und so lange bei 100° getrocknet, als noch ein
Gewichtsverlust bemerkt wurde. Durch die Gewichtszunahme war die ganze Summe des
aufgenommenen Wassers bekannt; wurde hierauf das an die Silicate gebundene Wasser
durch Erhitzen bis 300° bestimmt, so hatte ich nach Abrechnung desselben von
der ganzen Menge aufgenommenen Wassers die Menge des an den Kalk gebundenen
Wassers.
Zu gleicher Zeit machte ich auch eine Kohlensäurebestimmung vor und nach der Aufnahme
des Wassers und rechnete die beim Erhärten aufgenommene Kohlensäuremenge von der
Summe des aufgenommenen Wassers ab.
Vicat ist der Ansicht (polytechn. Journal Bd. XXI S. 432), daß die Absorption des
Wassers beinahe augenblicklich geschehe, und das vollkommene Erhärten der Gemenge
aus fettem Kalk und aus calcinirtem Thon ist das Resultat einer mehrjährigen Arbeit.
Meine Versuche zeugen von keiner augenblicklichen Absorption des Wassers; indeß ist
die ganze Menge Wasser doch immer viel früher aufgenommen, als der Erhärtungsproceß
beendigt ist.
Die beiliegende Tabelle gibt einen Ueberblick, in welchem Verhältnisse und in welcher
Zeit die einzelnen hydraulischen Kalke Wasser bei dem Erhärten aufnehmen.
Textabbildung Bd. 152, S. 52
Portland-Cement; Gleich nach
dem Anmachen mit Wasser; Gesammtmenge des aufgenommenen Wassers; Wasser an die
Kieselerde und die Silicate gebunden; Wasser an den Kalk gebunden.
Die Zahlen sind hier so zu verstehen, daß die angegebene aufgenommene Menge Wasser
sich immer auf 100 Theile hydraulischen Kalk bezieht, so z.B. haben 100 Pfund
Portland-Cement nach 4 Stunden 1,41 Pfund Wasser gebunden.
Auch muß ich bemerken, daß der hydraulische Kalk D sich
beim Anmachen mit Wasser erwärmte, und daß er auch unter allen am ehesten im Wasser
seine Consistenz behielt. Der hydraulische Kalk C ist
der schlechteste unter allen.
Ich stellte auch Versuche an, ob erhärtete hydraulische Mörtel nach dem Glühen zum
zweitenmale mit Wasser angemacht, wieder erhärten, und wie viel sie dabei Wasser
aufnehmen. Denn tritt die Erhärtung in Folge einer Hydratbildung der bereits in den
hydraulischen Kalken enthaltenen Silicate ein, so müßte auch das zweitemal eine
Erhärtung des hydraulischen Mörtels stattfinden; ist die Erhärtung aber Folge von
einer chemischen Verbindung der Kieselerde mit Kalk, so wird ein hydraulischer
Mörtel das zweitemal nicht mehr erhärten.
Die nächstfolgende Tabelle zeigt, in welchem Verhältnisse die bereits erhärteten
hydraulischen Mörtel, nachdem aus ihnen durch Erhitzen das chemisch gebundene Wasser
vollkommen entfernt und sie hierauf wieder mit Wasser angemacht worden sind,
aufnehmen. Die Versuche wurden ebenso angestellt, wie beim ersten Erhärten.
Textabbildung Bd. 152, S. 54
Portland-Cement;
Gesammtmenge des aufgenommenen Wassers; Wasser an die Kieselerde und die
Silicate gebunden; Wasser an den Kalk gebunden.
Portland-Cement erwärmte sich beim zweiten Anmachen mit Wasser ein wenig; der
hydraulische Kalk D erwärmte sich ebenso wie das
erstemal.
Dabei habe ich aber die Beobachtung gemacht, daß, wenn die erhärteten und gepulverten
hydraulischen Mörtel ihr chemisch gebundenes Wasser durch Erhitzen verlieren und
dann wieder mit Wasser angemacht werden, sie nicht dieselbe Härte erlangen, die sie
beim erstmaligen Anmachen hatten, vielmehr wurden sie nicht härter wie gewöhnlicher
Luftmörtel und ließen sich leicht zwischen den Fingern zerreiben.
Die Aufnahme derselben Menge Wasser beim zweiten Anmachen wie beim ersten spricht
demnach entschieden gegen die Ansicht, als würden die beim Brennen gebildeten
Silicate beim Anmachen mit Wasser ganz einfach Wasser binden, und in Folge dieser
Wasserbildung das Erhärten der hydraulischen Mörtel bewirken.
Gegen eine bloße Wasseraufnahme beim Erhärten spricht auch der Umstand, daß mit
Ausnahme des Portland-Cements alle unsere hydraulischen Kalke an der Luft
durch Wasseraufnahme sich so verändern, daß sie, auch wenn ihnen durch Erhitzen das
an der Luft gebundene Wasser wieder genommen wird, als Wassermörtel nie mehr zu
gebrauchen sind.
Prof. Pettenkofer hat auch (polytechn. Journal Bd. CXIII S. 357) auf den bedeutenden
Unterschied von einem bayerischen hydraulischen Kalk und von Portland-Cement
in ihrem Verhalten an der Luft, indem sie so verschiedene Mengen Wasser und
Kohlensäure aufnehmen, aufmerksam gemacht.
Durch die Aufnahme von Wasser aus der Luft wird schon theilweise eine Silicatbildung
eintreten, und mit Recht bekämpft Prof. Pettenkofer die
Ansicht Vieler, die glauben, durch erneuertes Brennen eines an der Luft verdorbenen
hydraulischen Kalkes ihm seine früheren Eigenschaften wieder geben zu können.
Rivot und Chatoney (Compt. rend.
t. XLIII, p. 302 et
785, daraus im polytechn. Journal Bd. CXLIII S.
352) behaupten, daß eine vorausgehende Digestion der hydraulischen Stoffe
unter dem Einfluß der Feuchtigkeit die chemischen Wirkungen vorbereite und bei allen
hydraulischen Mörteln in wirksamer Weise zum guten Gelingen der Arbeit beiträgt. Sie
zeigen, daß man nicht zu fürchten hat, daß während dieser Digestion das Kalksilicat
und Aluminat sich hydratisiren, d.h. die Masse fest wird, und bemerken, daß die
vorherige Digestion auch kein neues Verfahren sey, man sie aber oft weggelassen
habe, weil man ihre Wichtigkeit nicht kannte. Die Fabrikanten on
Portland-Cement bewahren ihre Producte erst kürzere oder längere Zeit auf,
bevor sie dieselben dem Verbrauche übergeben.
Daß aber eine längere Digestion oder ein längeres Aufbewahren an der Luft nicht allen
hydraulischen Kalken von Vortheil ist, ersehen wir daraus, daß die bayerischen
hydraulischen Kalke dann nicht mehr erhärten, wenn sie einige Zeit an der Luft
gelegen haben. Wahrscheinlich gibt es auch französische hydraulische Kalke, die sich
ähnlich den bayerischen verhalten.
Bei Portland-Cement ist es indeß ganz anders. Ich hatte Portland-Cement
1/2 Jahr an der Luft liegen, und nachdem ich ihn mit Wasser zu Mörtel anmachte,
wurde er eben so hart wie frischer, der vor dem Luftzutritt geschützt war; es liegt
dieß offenbar nur in den bereits erwähnten physikalischen Eigenschaften des
Portland-Cements, wodurch er gar nicht oder nur wenig durch die Feuchtigkeit
der Luft verändert wird.
Wie aus der Zusammenstellung über die Wasseraufnahme beim zweiten Anmachen
ersichtlich ist, so ist diese bei allen hydraulischen Kalken ganz verschieden von
der ersten Wasseraufnahme; am Auffallendsten tritt diese Verschiedenheit bei
Portland-Cement auf. Während Portland-Cement beim ersten Erhärten den
von dem Kalke gebundenen Theil Wasser nur nach und nach aufnimmt, wird bei dem
zweiten Anmachen schon gleich aller Kalk in Kalkhydrat übergeführt.
Ich nahm auch zum Anmachen der hydraulischen Mörtel statt reines Wasser wässerige
Lösungen von verschiedenen Salzen, um zu sehen, welche Salze einen nachtheiligen
Einfluß auf den Erhärtungsproceß ausüben, da schon oft beobachtet wurde, daß z.B. im
Meerwasser manche hydraulische Mörtel verändert werden.
Ich nahm zu den Lösungen immer 1 Theil trockenes Salz auf 40 Theile Wasser.
Dabei habe ich beobachtet:
1) Der Erhärtungsproceß der hydraulischen Mörtel wird durch sämmtliche Salzlösungen
verlangsamt, und durch viele sogar ganz verhindert.
2) Werden die hydraulischen Mörtel mit wässerigen Lösungen von Chlormetallen
angemacht, so erlangte keiner die Härte wie in reinem Wasser, die meisten nur die
Härte gewöhnlicher Luftmörtel.
3) In Lösungen von schwefelsauren Salzen erlangen die hydraulischen Mörtel beinahe
die gleiche Härte wie in reinem Wasser.
4) Die Gegenwart von kohlensauren Salzen im Wasser kann nur von Vortheil seyn, indem
die hydraulischen Mörtel dadurch eine ebenso große, wenn nicht größere Härte
erlangen, wie in reinem Wasser.
5) So lange noch freier Kalk in den hydraulischen Mörteln enthalten ist, wirkt
derselbe zersetzend auf die gelösten Magnesiasalze, und die Masse erlangt keine
Festigkeit.
6) In Lösungen von salpetersauren Salzen wurden die bayerischen hydraulischen Kalke
nicht härter wie Luftmörtel; dagegen der Portland-Cement ebenso hart wie in
reinem Wasser.
7) Machte ich die hydraulischen Mörtel mit wässerigen Lösungen von kohlensaurem Kali
oder kohlensaurem Natron an, und ließ sie in solchen Salzlösungen einige Zeit
stehen, so löste sich in der Flüssigkeit eine Menge Kieselerde und auch ein wenig
Thonerde auf.
Dieses letztere Verhalten der hydraulischen Mörtel beim Anmachen mit wässerigen
Lösungen von kohlensaurem Natron und kohlensauren Kali war für mich von besonderem
Interesse. Denn Wie bekannt, löst sich die Kieselerde, wenn sie geglüht wird, nicht
so leicht in einer Lösung von kohlensauren fixen Alkalien; das Glühen mit Kalk
bezweckt aber, daß sie auch in der Kälte sich leicht in einer wässerigen Lösung von
kohlensaurem Natron oder Kali löst.
Dieses Vorhandenseyn von aufgeschlossener Kieselerde ist aber für das Erhärten der
hydraulischen Mörtel von der größten Bedeutung, denn wie ich mich durch Versuche
überzeugte, nahm die Menge der Kieselerde, die durch eine wässerige Lösung von
kohlensaurem Kali oder kohlensaurem Natron gelöst wurde, mit der fortschreitenden
Erhärtung ab, so daß man auf diese Art den Erhärtungsproceß verfolgen kann.
Die einzelnen Proben wurden jedesmal 2 bis 3mal, je nachdem sich noch Kieselerde
löste, mit einer concentrirten wässerigen Lösung von kohlensaurem Kali (kieselfrei
aus Weinstein bereitet) unter öfterem Umrühren behandelt, und die abfiltrirte
Flüssigkeit mit einer wässerigen Lösung von Chlorammonium versetzt; der Niederschlag
wurde ausgewaschen und nochmals in einem Schälchen mit concentrirter
Chlorwasserstoffsäure bis zur Trockene verdampft und hierauf nochmals ausgewaschen,
geglüht und gewogen. Letztere Behandlung mit Chlorwasserstoffsäure und nochmaliges
Auswaschen geschah, um das noch anhängende Kali und auch noch die Thonerde (weil
immer Spuren der letztern in die Kalilösung übergehen) zu entfernen.
Beiliegende Tabelle ergibt das Resultat meiner Versuche, in welchem Verhältnisse die
Kieselerdemenge mit der Erhärtung abnimmt. Die Zahlen sind nach Procenten genommen,
so z.B., daß Portland-Cement A im frischen
Zustande in 100 Theilen 2,63 Proc. lösliche Kieselerde enthält.
A.Portland-Cement.
B.
C.
D.
Procent
Kieselerde.
Im frischen Zustande
2,63
5,09
6,78
4,24
Nach 14 Tagen
1,66
3,73
6,05
2,86
„ 3
Monaten
1,42
2,50
5,80
2,40
„ 5
Monaten
1,04
2,10
5,26
2,12
Vielleicht ist auch in an der Luft gelegenen hydraulischen Kalken die von einer
wässerigen Lösung von kohlensaurem Kali ausziehbare Kieselerde procentisch
verringert; dadurch wäre bestimmt nachgewiesen, daß eine theilweise Silicatbildung
eingetreten ist; ich werde diese Versuche noch nachgehende anstellen.
Fassen wir nun die einzelnen Versuche zusammen, so bemerken wir eine große
Verschiedenheit zwischen Portland-Cement und unseren bayerischen
hydraulischen Kalken in ihren physikalischen sowohl als in ihren chemischen
Eigenschaften.
Worin liegt aber dieses verschiedene Verhalten? Aus Allem geht hervor, daß nur durch
die verschiedene chemische Zusammensetzung auch das verschiedene Verhalten der
hydraulischen Mörtel bedingt ist. Bei Beurtheilung eines Materials, ob es zur
Verarbeitung zu hydraulischem Kalk sich eignet, ist offenbar nur derjenige Theil der
Mergel, des Thons etc. zu berücksichtigen, der in Chlorwasserstoffsäure unlöslich
ist.
Die chemische Zusammensetzung des Thones vom Medwayflusse, der zur Bereitung von
Portland-Cement dient, ist außerordentlich verschieden von demjenigen Theile
unserer bayerischen Mergel, der in Salzsäure unlöslich ist. Wir haben im Thon vom
Medwayflusse eine Menge Basen an Kieselerde gebunden, während in dem in Salzsäure
unlöslichen Theile unserer Mergel sehr wenig Basen mit Kieselerde verbunden sind.
Aber eben diese chemische Zusammensetzung des Thons vom Medwayflusse ist Ursache
seiner besondern Güte als Cementmaterial. Wird dieser Thon für sich erhitzt, so
schmilzt er sehr leicht zu einer porösen Schlacke, während der in Salzsäure
unlösliche Theil unserer Mergel einen bedeutenden Hitzgrad bis zur Schmelzung
bedarf. Diese leichte Schmelzbarkeit des Thons vom Medwayflusse bezweckt auch, daß
nach der innigen Mengung mit Kalk derselbe im Feuer allenthalben mit einer glasigen
Decke umgeben und so auch das schnelle Verderben des Portland-Cementes
verhindert wird.
Daß der Portland-Cement wirklich bis zur Verglasung gebrannt wird, darüber
spricht sich selbst der Verfertiger des Portland-Cements, Hr. G. Fr. White, aus. Diese Verglasung wäre aber nicht möglich,
wenn nicht der Thon so leicht schmelzbar wäre. Bei unseren Mergeln ist dieß aber
nicht thunlich und räthlich, denn wollte man sie bis zur Verglasung erhitzen, so
würde sich die Kieselerde schon im Feuer mit Kalk hinlänglich sättigen, und der
gebrannte Mergel wäre dann als hydraulischer Kalk gar nicht zu verwenden.
Man sieht daraus, daß das Brennen je nach der verschiedenen chemischen
Zusammensetzung auch verschieden ausgeführt werden muß.
Prof. Pettenkofer schreibt dem Gehalte an Alkalien und
vorzugsweise an Natron die leichte Schmelzbarkeit des Thones vom Medwayflusse zu. G.
Fr. White bestreitet dieses und beruft sich auf Analysen
von Vicat, der keine Spur von Natron im
Portland-Cement gefunden haben will. Hierauf bemerke ich, daß mir noch kein
Portland-Cement in die Hände gekommen ist, der nicht Alkalien und
vorzugsweise darunter am meisten Natron enthalten hätte.
Ich habe vier verschiedene Sorten Portland-Cement auf den Gehalt an Alkalien
untersucht und dabei gefunden:
1)
0,628
Proc.
Kali.
0,950
„
Natron.
2)
0,389
„
Kali.
0,464
„
Natron.
3)
0,86
„
Kali.
1,78
„
Natron.
4)
0,40
„
Kali.
1,07
„
Natron.
Letztere Probe war von White in der großen
Industrieausstellung in London ausgestellt, und den Sammlungen des polytechnischen
Centralvereines für Bayern zum Geschenk gemacht worden.
Aus diesen Analysen geht offenbar hervor, daß im Portland-Cement Alkalien
vorhanden sind; dieses beweist auch noch die Analyse des Thones vom Medwayflusse, wo
ich eine bedeutende Menge von Alkalien, namentlich von Natron gefunden habe. Die
Menge der Alkalien scheint aber nicht constant zu seyn.
Daß die Güte eines hydraulischen Kalkes durch die Gegenwart kieselsaurer Alkalien
erhöht wird, ist schon von Fuchs, Pettenkofer und Kuhlmann auf das Entschiedenste nachgewiesen worden.
Puzzolane, Traß, die
beide mit Kalk einen guten hydraulischen Mörtel liefern, enthalten sehr viele
Alkalien an Kieselerde gebunden, so z.B.
Puzzolane
4 Proc.
Natron
und
1,4 Proc.
Kali.
Traß
2,4 „
„
„
0,29 „
„
Man kann auch schlechte hydraulische Kalke durch Zusatz von trockenem gepulvertem
Wasserglas verbessern; 1/16 Theil Wasserglas genügt schon. Indem der
Portland-Cement bis zur Verglasung geglüht wird, erlangt er auch eine größere
Dichtigkeit als unsere hydraulischen Kalke; Portland-Cement behält diese
Dichtigkeit auch beim Anmachen, indem er sich nur sehr allmählich löscht; er nimmt
beim Anmachen mit Wasser dasselbe nur langsam auf; dadurch besitzen auch die
einzelnen Theilchen mehr Fähigkeit, sich aneinander anzudrängen.
Unter den bayerischen hydraulischen Kalken finden wir auch solche, die sich beim
Anmachen mit Wasser nicht löschen und das Wasser nicht schnell aufnehmen; allein bei
diesen hat sich in der Hitze schon zu viel Kalk mit der Kieselerde verbunden. Aus
der andern Seite finden wir solche, die sich beim Anmachen mit Wasser erhitzen;
diese sind aber nur so weit gebrannt, um den kohlensauren Kalk in Aetzkalk zu
verwandeln. Beide besitzen aber nicht die Dichtigkeit für sich und erlangen dieselbe
auch nicht im Wasser.
Eine andere Verschiedenheit in der chemischen Zusammensetzung ist wohl auch sehr zu
berücksichtigen. Der Portland-Cement wird bereitet, indem der Thon vom
Medwayflusse in einem bestimmten Verhältnisse mit Kreide innig gemengt und gebrannt
wird. Wir finden aber im Thone vom Medwayflusse nur Kieselerde und damit verbundene
Basen. Indeß bei unsern bayerischen Mergeln, aus denen nur durch Brennen der
hydraulische Kalk bereitet wird, ist den Kieselerdeverbindungen und dem kohlensauren
Kalke noch eine Menge Eisenoxyd und Thonerde beigemengt, welche nicht mit Kieselerde
chemisch verbunden sind.
Eisenoxyd und Thonerde müssen, indem sie nur beigemengt sind, offenbar bei der
Erhärtung eines hydraulischen Kalkes schaden, denn sie sind ohne alle Wechselwirkung
bei der Erhärtung; sie kommen zwischen den einzelnen Thon- und Kalktheilchen
zu liegen und verhindern den festen Zusammenhang.
Daß Eisenoxyd und Thonerde, die bloß beigemengt sind, wirklich nachtheilig sind bei
der Erhärtung der hydraulischen Mörtel, darüber gibt uns Prof. Schafhäutl ein Beispiel in Betreff der Veränderungen, die der Thon vom
Medwayflusse an der Atmosphäre erleidet. Derselbe sagt (polytechn. Journal Bd. CXXII S. 205): „Wird dieser
blaue Thon (vom Medwayflusse) herausgestochen und einige Zeit der Einwirkung der
Atmosphäre
ausgesetzt, so verliert er nach und nach seine blaue Farbe und nimmt einen
lichtbraunen Ton an. Pasley fand, daß dann der Thon
in diesem Zustande den größten Theil seiner Brauchbarkeit für Cemente verloren
hat und nannte ihn abgestorben.“
Die Ursache, warum er dann seine Güte verliert, ist offenbar in der Verwitterung und
Zersetzung zu suchen; dadurch wird das Eisensilicat zersetzt, und der Thon enthält
dann das Eisenoxyd nur beigemengt.
Wollen wir demnach ein dem Portland-Cemente ähnliches Product erhalten, so muß
vor allem ein Thon gefunden werden, der in der chemischen Zusammensetzung ähnlich
ist dem Thone vom Medwayflusse. Einen solchen in Bayern zu finden, wird meiner
Ansicht nach keine vergebliche Mühe seyn, da wir so große Thonlager in Bayern
besitzen.
(Der Schluß folgt im nächsten Heft.)