Titel: | Neue Zersetzungsweise des Chlorkalks, einerseits zum Weißmachen der unbedruckten Stellen der mit Krapp (oder Garancin) gefärbten Kattune, andererseits zum topischen Weißätzen der mit Krapp gefärbten Kattune in der Chlorkalkküpe; von Hrn. Sacc. |
Fundstelle: | Band 152, Jahrgang 1859, Nr. XIV., S. 61 |
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XIV.
Neue Zersetzungsweise des Chlorkalks, einerseits
zum Weißmachen der unbedruckten Stellen der mit Krapp (oder Garancin) gefärbten Kattune,
andererseits zum topischen Weißätzen der mit Krapp gefärbten Kattune in der
Chlorkalkküpe; von Hrn. Sacc.
Aus den Comptes rendus, Februar 1859, Nr.
9.
Sacc's neue Zersetzungsweise des Chlorkalks.
Nach dem Färben der Kattune mit Krapp sind bekanntlich die den Grund oder Boden
derselben bildenden (nicht mit Beize bedruckt gewesenen) Stellen durch anhaftenden
Farbstoff verunreinigt, und um dieselben rein weiß zu erhalten, mußte man früher
diese Kattune entweder mehrmals durch Kleien- oder Seifenbäder nehmen, oder
sie auf der Wiese direct den Sonnenstrahlen aussetzen.
Als Berthollet die bleichenden Eigenschaften des Chlors
entdeckt hatte, hielt man das Problem des beschleunigten Bleichens für gelöst; man
mußte aber diese Hoffnung sehr bald bedeutend herabstimmen, weil das Chlorwasser so
schwierig anzuwenden und in seiner Wirkung so unregelmäßig ist. Man kehrte daher zur
Rasenbleiche zurück, bis Tennant das freie Chlor durch
den Chlorkalk (unterchlorigsauren Kalk) ersetzte, welcher so wirksam und bei allen
seinen Anwendungen auf die Färbekunst so sicher ist.
Lange Zeit bleichte man dann den (nicht bedruckt gewesenen) Grund der mit Krapp
gefärbten Stücke auf die Art, daß man sie durch mehr oder weniger concentrirte und
mehr oder weniger warme Lösungen von Chlorkalk oder Chlornatron passirte. Erst vor
einigen Jahren kam Hr. Steinbach, Chef des Hauses Steinbach-Köchlin, auf den Gedanken, solche Stücke
mit einer Auflösung von Chlorkalk (unterchlorigsaurem Kalk) zu bedrucken, und sie
dann auf mit Dampf geheizten Trommeln zu trocknen, um den unterchlorigsauren Kalk in
chlorsauren Kalk und Chlorcalcium zu verwandeln, damit er nicht weiter wirken kann.
Dieses VerfahrenPolytechn. Journal Bd. CXLII S. 218
und Bd. CXLIX S. 287., welches vollständig gelang, war ein bedeutender Fortschritt im Weißmachen
der gekrappten Zeuge; es hat aber den Nachtheil, daß durch dasselbe das Roth und
Rosenroth merklich gebräunt werden. Um diesem Uebelstand abzuhelfen, benutzte ich
die von Balard ermittelten Eigenschaften des
unterchlorigsauren Zinkoxyds oder vielmehr die Zersetzungsproducte dieses
Salzes.Balard fand, daß die Lösung des Zinkoxyds in
wässeriger unterchloriger Säure, wenn sie überschüssige Säure enthält, sich
von selbst in Sauerstoffgas, wenig Chlorgas, Chlorzink und chlorsaures
Zinkoxyd zersetzt; aber auch bei Ueberschuß von Zinkoxyd läßt sie sich nicht
ohne Zersetzung abdampfen, und beim Erhitzen entwickelt sie unterchlorige
Säure. – Zinkvitriol, mit überschüssigem unterchlorigsaurem Kalk
gemischt, gibt nach Balard einen aus Zinkoxyd und
schwefelsaurem Kalk bestehenden Niederschlag, und eine Flüssigkeit, welche
kein Zinkoxyd, sondern unterchlorigsauren Kalk mit
überschüssiger unterchloriger Säure enthält. A. d. Red.
Zersetzt man ein Aequivalent unterchlorigsauren Kalks durch ein Viertel-, ein
halbes, oder ein ganzes Aequivalent Zinkvitriol, so erhält man eine Flüssigkeit von
zunehmend größerem Bleichvermögen, welche zuletzt alle Eigenschaften einer Auflösung
von reiner unterchloriger Säure darbietet. Zeuge, welche man durch dieses verdünnte
Bad passirt, bleichen sich darin vollkommen, ohne daß das Roth und Rosenroth dabei
leiden, welche sich im Gegentheil noch beleben. Leider ist es unmöglich, die
unterchlorige Säure aufzudrucken, einerseits weil sie sich rasch zersetzt,
andererseits weil sie alle organischen Substanzen, womit sie in Berührung kommt,
angreift.
Da ein unterchlorigsaures Zinkoxyd nicht existirt oder wenigstens nicht bestehen
kann, so läßt sich in der Aetzreserve, womit die mit Krapp gefärbten Stücke zum
Weißätzen in der Chlorkalkküpe bedruckt werden, die Weinsteinsäure durch Zinkvitriol
ersetzen, und zwar mit bestem Erfolg. Man muß dabei folgendermaßen verfahren:
Man bedruckt die gefärbten und geseiften Zeuge auf der Walzendruckmaschine mit
folgender Aetzreserve:
Wasser
1000 Gewichtstheile
Gummi
500 „
Zinkvitriol
400 „
Nachdem die aufgedruckte Aetzreserve trocken geworden ist, passirt man die Stücke
zwei Minuten lang in einer kalten Chlorkalkküpe von 2° Baumé (welche
mit trockenem Chlorkalk von 100° nach Gay-Lussac's Chlorometer angesetzt wurde), worauf man sie gut
wascht und dann trocknet.
Dieses neue Aetzverfahren ist viel rascher und dabei sicherer als das alte, überdieß
ökonomischer, denn vom Zinkvitriol kostet das Kilogramm nur 30 Centimes, dagegen das
Kilogr. Weinsteinsäure 4 Francs. – Durch entsprechende Verminderung des
Zinkvitriols in der Aetzreserve bewirkt man, daß dieselbe in der Chlorkalkküpe die
Krappfarben nicht mehr entfärbt, sondern bloß abschwächt, und durch dieses Mittel
kann man ganz reine Farbenabstufungen erzielen, die sich durch kein anderes
Verfahren herstellen lassen.