Titel: | Compositionen zur Verhütung der Steinbildung in Dampfkesseln, von H. A. de Saegher in Brüssel. |
Fundstelle: | Band 152, Jahrgang 1859, Nr. XXV., S. 105 |
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XXV.
Compositionen zur Verhütung der Steinbildung in
Dampfkesseln, von H. A. de
Saegher in Brüssel.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions, Januar
1859, S. 56.
Mit einer Abbildung auf Tab. II.
de Saegher's Compositionen zur Verhütung der Steinbildung in
Dampfkesseln.
Die nachstehend aufgeführten zwei Compositionen (patentirt in England am 22. April 1858) haben die Eigenschaft, die
Bildung des Steins in Dampfkesseln, welcher von dem Kalkgehalt des angewandten
Wassers herrührt, zu verhüten, und wenn solcher schon vorhanden ist, ihn zu
zerstören.
Composition Nr. 1. – Sie besteht aus:
Holzasche
2 Theilen
Holzkohlenpulver
2 „
Harz oder Pech
6 „
Stearin
10 „
Das Stearin wird mit dem Harz oder Pech zusammengeschmolzen und darauf die Asche
nebst dem Kohlenpulver zugefügt, worauf man das Ganze durch Umrühren innig
vermischt, indem man es hierzu heiß erhält; nach hinreichendem Abkühlen formt man
die Masse zu Kuchen oder Kugeln. – Harz ist als Bestandtheil der Masse dem
Pech vorzuziehen.
Composition Nr. 2. – Sie besteht aus:
Seife
6 Theilen
Talg
12 „
Holzkohlenpulver
3 1/2 „
Ruß
1/2 „
Diese Substanzen werden eben so, wie bei Nr. 1 angeführt ist, vermischt, worauf man
aus der Masse ebenfalls Kuchen oder Kugeln formt.
Die aus der einen oder andern dieser Compositionen bestehenden Stücke werden in den
Dampfkessel gebracht. Wie viel man von denselben hinein zu bringen hat, hängt
natürlich von der Wasserquantität, welche in einer gewissen Zeit in dem Kessel
verdampft, und von der Beschaffenheit des Wassers ab und muß in jedem Falle durch
Versuche und Erfahrung bestimmt werden. Von Zeit zu Zeit, z.B. alle 4 bis 6 Wochen,
muß die auf der Oberfläche des Wassers in dem Kessel angesammelte und von der Wand
desselben abgelöste kalkige Masse aus dem Kessel herausgeschafft und derselbe
vollständig ausgewaschen werden. Gewöhnlich wendet der Patentträger die Composition
Nr. 1 an, und nur, wenn diese unwirksam gefunden wird, die Composition Nr. 2.
Nachtrag.
Ueber die Zweckmäßigkeit und Anwendungsweise des belgischen
Kesselstein-Pulvers, dessen Zusammensetzung wir durch vorstehende
Patentbeschreibung kennen gelernt haben, erschien im Jahrgang 1858 der
„Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,“ Bd. II S.
184 ein Bericht, welchem wir Folgendes entnehmen:
„Ich bin im Stande, der deutschen Industrie das sogenannte belgische
Kesselsteinpulver,Debit für Preußen und den Zollverein bei Aug. Fallenstein in Düren bei Köln. Preis 2 1/2 Frcs. pro 1 Kgr. welches zuerst auf meine Veranlassung in Preußen angewendet wurde, als
ein recht praktisches und wirksames Mittel gegen Incrustation zu empfehlen,
gestützt auf die bisher damit angestellten Versuche und außerdem auf das Urtheil
mehrerer technischen Autoritäten Belgiens, welche dasselbe schon längere Zeit
auf den bedeutendsten Werken im Gebrauche haben.
Mr. Elias, Administrateur-Gérant de la
Société Anonyme des Hauts-Fourneaux, Usines &
Charbonnages de Sclessin près Liège, beurtheilt z.B. die
Güte des obengenannten Pulvers mit folgenden Worten: „Nous nous en sommes assez bien trouvés: c'est
le plus pratique, le plus simple & le meilleur, que nous ayons
encore rencontré.“
Mr. A. Lecock, Directeur de l'usine à canons du
Val Benoit près Liège, berichtet mir nach ein Jahr langer
Anwendung dieses Pulvers: „Nous avons l'honneur
de vous faire savoir, que nous nous sommes bien trouvés de la
poudre contre les incrustations des chaudières. L'invention est
très bonne.“
In gleicher Weise wurde mir das Pulver von Mr. le
Baron
Priss, Directeur-Gérant du Chemin
de fer d'Anvers à Gand zur Anwendung in Locomotiv-Kesseln
empfohlen.
Der Verbrauch dieses Pulvers ist:
1) bei stationären Kesseln = 1 Kgr. pro 1 Monat und 10 Pfdkrft. bei 12stündiger
Arbeitszeit; bei Maschinen also, die Tag und Nacht gehen, das Doppelte;
2) bei Locomotiv-Kesseln = 1/2 Kgr. pro 1 Tag und 40 Pfdkrft. bei 12stündiger
Fahrzeit;
3) bei Fluß-Schiffskesseln = 1 Kgr. pro 1 Monat und 5 Pfdkrft. bei 12stündiger
Fahrzeit;
4) bei See-Schiffskesseln = 1 Kgr. pro 20 Pfdkrft. während 24 Stunden Marschzeit.
Bei den stationären Kesseln ist es nöthig, den Kessel alle Monat gänzlich
abzulassen und neu zu füllen; wo dieß aber die Betriebs-Einrichtungen
nicht gut zulassen, oder der Kesselstein sich als besonders hartnäckig erweiset,
würde ich das Verfahren vieler Fabriken in Belgien und England empfehlen, welche
dieses Pulver, ohne den Kessel zu leeren, während einer ununterbrochenen, oft
dreimonatlichen Betriebsdauer anwenden. Bei vielen derselben erreicht ohne
dessen Anwendung der Kesselstein oft eine Dicke von 4 Centimetern und mehr; beim
Gebrauche des Pulvers lassen sie alle 14 Tage ein Viertel des Kessels ab und
fügen dann bei der jedesmaligen Nachfüllung auch das für die nächsten 14 Tage
erforderliche Pulverquantum hinzu (d.h. im Verhältniß von 1 Kgr. pro 1 Monat und 10 Pfdkrft. bei Mündiger Arbeitszeit
der Maschine).
Für einen stationären Kessel, welcher z.B. bei Tag- und Nachtbetrieb den
Dampf für eine Maschine von 30 Pfdkrft. während einer ununterbrochenen
dreimonatlichen Betriebsdauer liefern soll, wäre der entsprechende Verbrauch an
Pulver = (2 × 30)/10 × 3 = 18 Kgr. Da nun der Kessel alle 14 Tage
um 1/4 seines Wasser-Volums abgelassen wird, so wären beim Anfange des
Betriebes hiervon circa 13 Kgr. auf einmal und
später alle 14 Tage bei der jedesmaligen Nachfüllung 1 Kgr. Pulver
einzuschütten. Würde derselbe Kessel unter gleichen Umständen nur 12 Stunden
täglich arbeiten, so wäre überall nur die Hälfte des erwähnten Pulverquantums
erforderlich.
Es ist hiernach stets vor dem Beginne des Betriebes die Zeit bis zur gänzlichen
und theilweisen Entleerung des Kessels annähernd festzustellen, um das jedesmal
einzuschüttende Quantum des Pulvers berechnen zu können.
Der unter 4) normirte Verbrauch für Seedampfboote wurde auf der bekannten
Dampferlinie der HHrn. Gauthier u. Comp. zwischen Hâvre und New-York als
vollständig genügend befunden, und dürfte deßhalb auch für die Dampfboote der
Nordsee und Ostsee ein passendes Verhältniß seyn. Da bei
See-Schiffskesseln durchschnittlich alle Quarts (d.h. alle 4 Stunden)
Extractionen stattfinden, so geht mit dem ausgeschiedenen Kesselwasser auch
jedesmal ein kleiner Theil des in demselben vertheilten Pulvers mit in das Meer
über; um Letzteres zu ersetzen, führt man alle 2 Quarts (d.h. alle 8 Stunden)
nur ein Drittel desjenigen Pulverquantums in den Kessel ein, welches nach 4)
alle 24 Stunden Marschzeit angewendet werden soll.
Die Einführung des Pulvers in den Kessel erfolgt
hierbei mittelst einer Pumpe (le petit cheval),
indem man es zuvor in einem Eimer mit lauwarmem Wasser aufweicht und dann in die
supplementäre Röhre der Pumpe schüttet. Ein ähnliches Verfahren könnte man auch
bei den Flußdampfbooten und Locomotiven befolgen; bei stationären Kesseln, wo besondere Pumpen nur selten vorhanden, kann
das Einschütten des Pulvers durch ein gelüftetes und sodann wieder sauber
ausgespültes Ventil, oder einfach durch das Mannloch stattfinden; da indessen
das häufige Oeffnen und dampfdichte Verschließen des Mannloches in
Etablissements, welche eine größere Anzahl von Kesseln im Betriebe haben,
immerhin Zeit und Arbeit erheischt, und außerdem ohne Pumpen das Pulver während
des Betriebes selbst nicht in den Kessel gebracht werden kann, so schlage ich
den Dampfkesselbesitzern, welche sich zur Anwendung des Pulvers entschließen
sollten, den in Fig. 11 abgebildeten, einfachen und billigen Apparat, ähnlich den
Schmierkrahnen, zur Anbringung auf ihren Kesseln vor.
Derselbe besteht aus zwei Theilen, wovon der untere Theil A, eine mit dem Hahne a versehene Röhre,
auf dem Kessel festgenietet ist. Auf dieser Röhre ist bei c; der krugförmige Trichter B
festgeschraubt. Bei dem Einschütten der Pulverlösung schließt man vorerst den
Hahn a und gießt die Flüssigkeit durch den
geöffneten Hahn b in den Behälter B, schließt sodann b,
worauf die Lösung nach Oeffnung des Hahnes a in den
Kessel herabfließt. Ist der Kessel noch nicht angeheizt, also noch keine
Dampfspannung vorhanden, so bedarf es selbstredend des Theiles B nicht, und kann das Einschütten einfach durch A erfolgen. Es wäre hiernach auf einem jeden Kessel
nur der Theil A zu befestigen, und könnte man mit
nur einem Stücke B sämmtliche Kessel bedienen.
Im Uebrigen ließe sich dieser Apparat je nach Bedürfniß für die verschiedenen
Arten von Kesseln in jeder beliebigen Form herstellen.
Um die Resultate eines Probeversuches mit diesem Pulver möglichst genau
beurtheilen zu können, wäre es nöthig, die Probe in einem gut gereinigten und frisch
gefüllten Kessel vorzunehmen, indem dessen Wirkungskraft gegen schon bestehende
Incrustationen nicht so rasch ersichtlich seyn kann und darf. – Ist die
Reinigung des ganzen Kessels wegen Mangels an Zeit eben nicht möglich, so wäre
diejenige einer kleinen Kesselfläche auch schon hinreichend, am besten dann die
unmittelbar über oder hinter der Feuerung gelegene, da durch die höchste
Intensität der Stichflamme an diesen Stellen die Incrustation vorzugsweise
hervorgerufen wird.
Unter Berücksichtigung der so gewichtigen Kohlenfrage und der durch Beseitigung
der Steinbildung vielfach zu vermeidenden Dampfkessel-Explosionen, sowie
der damit im Allgemeinen erzielten Oekonomie, verfehle ich nicht an dieser
Stelle ein Mittel zu empfehlen, welches sich im Auslande bereits einen so guten
Ruf erworden.
Lendersdorfer Walzwerk bei Düren, im Mai 1858.
E. Mäurer.“