Titel: | Ueber das Trübwerden gewisser Gläser beim Erwärmen; von Dr. A. Vogel jun. und Dr. G. C. Reischauer. |
Fundstelle: | Band 152, Jahrgang 1859, Nr. XLIV., S. 181 |
Download: | XML |
XLIV.
Ueber das Trübwerden gewisser Gläser beim
Erwärmen; von Dr. A.
Vogel
jun. und Dr. G. C. Reischauer.
Vogel, über das Trübwerden gewisser Gläser beim
Erwärmen.
Gewisse nicht sehr selten vorkommende Glassorten, namentlich Tafelglas, zeigen ein
eigenthümliches Verhalten, wenn sie längere Zeit der Einwirkung der Atmosphärilien
ausgesetzt sind. Die Veränderungen welche sie dadurch erleiden, sind zwar nicht
unmittelbar an denselben wahrzunehmen, denn die Gläser verlieren in keinerlei Weise
ihren völligen Glanz noch ihre Durchsichtigkeit; diese Veränderungen geben sich aber
in auffallender Weise kund, sobald man das Glasstück nur einer geringen Erwärmung
aussetzt, wodurch dessen Oberfläche sich sofort mit zahlreichen netzförmigen
Sprüngen bedeckt oder sich sogar in feinen Schuppen völlig abblättert; hiedurch
nehmen die Gläser sonach das allgemein bekannte Ansehen verwitterten alten Glases
an.
Zum Beweise, wie wenig man bei ausgezeichneten Belegstücken solchen Glases diese
unsichtbare Veränderung ihrer Oberfläche oft vermuthet, mag die Gelegenheit dienen,
bei der wir dieselbe zuerst beobachteten und die uns dann zur weiteren Verfolgung
des Gegenstandes veranlaßte. Wir nahmen dieselbe zuerst an einem Spiegelglase wahr,
das wir wegen seiner Gleichmäßigkeit und besondern Reinheit zur Herstellung
optischer Linsen verwendet hatten. Als wir nämlich versuchten, eine derartige Linse,
die auf einer Seite plan geblieben und noch mit ihrer ursprünglichen Fläche versehen
war, mittelst Dammarharz mit ihrer zugehörigen Flintglaslinse zusammenzukitten, so
reichte die geringe zum Schmelzen des Harzes erforderliche Temperaturerhöhung hin,
um die zuvor tadellos scheinende Spiegelfläche völlig abschiefern zu machen.
Beim Nachschlagen der Literatur fanden wir über diesen Gegenstand nur eine kurze
Mittheilung von D. E. Splitgerber in BerlinPoggendorff's Annalen der Physik, 1851, Bd. LXXXII S. 453; polytechn. Journal
Bd. CXX S. 195., welcher dieses Verhalten bei einer ähnlichen Gelegenheit beobachtete und
dasselbe bereits aus einer Wasseraufnahme des an Alkali zu reichen oder an Kalk zu
armen Glases ableitete. Die geringe Aufmerksamkeit welche dieses gewiß auffallende
Verhalten erweckt hatte, ermunterte uns um so mehr, dessen Bedingungen näher zu
verfolgen.
Wir prüften daher eine größere Menge älterer Glasscherben durch Erwärmen auf die
erwähnte Eigenschaft und es gelang uns auch auf solche Weise drei verschiedene
Glasstücke aufzufinden, die das Verhalten in ausgezeichneter Weise zeigten. Schon
daraus, daß wir derartige Glasstücke nur vereinzelt unter einer außerordentlichen
Anzahl der geprüften Glassorten fanden, wurde es höchst wahrscheinlich, daß dieses
Trübwerden beim Erwärmen eine Folge mangelhafter Zusammensetzung des Glases sey.
Somit lag der Gedanke nahe, durch analytische Ermittelung der Zusammensetzung
solchen Glases den Grund dieser Erscheinung aufzudecken.
Im Nachfolgenden theilen wir die Resultate der mit den drei Glassorten ausgeführten
Analysen mit.
Die Bestimmung der Kieselsäure, der Thonerde und des Kalkgehaltes geschah nach der
allgemein angewandten Methode nach dem Aufschluß mittelst kohlensauren Natronkalis.
Wir glaubten dabei von der Trennung und Einzelbestimmung der Thonerde und des
Eisens, so wie auch des nur als Spur vorhandenen Mangangehaltes absehen zu dürfen,
da es offenbar wenig wahrscheinlich war, daß diese so untergeordneten
Mischungsbestandtheile ein erklärendes Moment für die in Rede stehende Erscheinung
abgeben würden. Dagegen haben wir auf die Bestimmung des Alkaligehaltes besonderes
Augenmerk gerichtet.
Behufs der Alkalienbestimmung wurde das Glas durch gasförmige Flußsäure
aufgeschlossen, mit Schwefelsäure zur Trockne gebracht, diese wieder nach dem Lösen
in Salzsäure mittelst Chlorbaryum entfernt und der Ueberschuß des Fällungsmittels
durch kohlensaures Ammoniak und Aetzammoniak entfernt. Nach dem Abdampfen und
Verflüchtigen des Salmiaks wurden die Chloralkalien gewogen, nach dem Auflösen die
geringe Menge noch vorhandenen kohlensauren Baryts besonders bestimmt und im Filtrat
der Gehalt an Kali als Kaliumplatinchlorid gewogen, unter Anwendung eines möglichst
starken Weingeistes zur Entfernung des Natriumplatinchlorids.
Bei dieser Gelegenheit bemerken wir, daß wir uns bei derartigen Trennungen der
Alkalien einer Platinchloridlösung von bekanntem Gehalte zu bedienen pflegen, indem
es dann stets ein Leichtes ist, einen hinlänglichen Ueberschuß dieses
Fällungsmittels, abgeleitet aus der ersten Wägung der Chloralkalien,
hinzuzufügen.
Vor der Ausgangswägung fanden wir es stets nothwendig, das feingeriebene Glaspulver
über der Weingeistlampe bis zum beginnenden Glühen des Platintiegels zu erhitzen, um
die geringe etwa 0,5 Proc. betragende, während des Pulverns aufgenommene Wassermenge
zu entfernen. Diese Hygroskopicität des feinen Glaspulvers ist um so
beachtenswerther, als wir bei einer anderen Gelegenheit die dünnen Fäden des gesponnenen Glases durchaus
nicht hygroskopisch gefunden haben.
Die auf solche Weise erhaltenen Resultate stellten sich heraus wie folgt:
Nr. I. Spiegelglas, schwach
bläulich.
1) Aufschluß mit kohlensaurem
Natronkali.
Substanz
1062
Kieselsäure
692
Thonerde und
Eisenoxyd
36
kohlensaurer Kalk
89
2) Aufschluß mit gasförmiger
Flußsäure.
Substanz
1000
Chloralkalien
395
unlöslicher Rückstand (BaO,
CO²)
8
d.h. Chloralkalien, rein
387
Kaliumplatinchlorid
1119
Chloralkalien-NachtragDer in der Abdampfschale eingetrocknete
salmiakhaltige Rückstand wurde zuerst losgetrennt und für sich
erhitzt; was dabei in der Schale haften geblieben, ward in einer
besonderen Operation in der Platinschale eingedampft und nach dem
Wägen als Chloralkalien-Nachtrag
verzeichnet.
13
Aus diesen Daten leitet sich nun die procentige Zusammensetzung der vorliegenden
Glassorte ab wie folgt:
Kieselsäure
65,16
Thonerde und Eisenoxyd
3,39
Kalkerde
4,69
Kali
22,31
Natron
2,47
Spuren von Magnesia und
Mangan
–
–––––
98,02
Diese Glassorte ist also fast als reines Kaliglas zu betrachten; beachtenswerth ist
auch der auffallend niedrige Kalkgehalt.
Die zweite, von uns untersuchte Glassorte war ein ungeschliffenes Fensterglas; es
zeigte das Verhalten der Trübung beim Erwärmen in so auffallender Weise, daß es
schon beim Verweilen auf dem Ofen behufs des Abtrocknens an einigen Stellen völlig
abblätterte.
Die analytischen Daten ergaben sich bei dieser Glassorte wie folgt:
Nr. II. Fensterglas,
ungeschliffen.
1) Aufschluß mit kohlensaurem
Natronkali.
Substanz
1004
Kieselsäure
643
Thonerde und Spuren von
Eisen
17
kohlensaurer Kalk
140
2) Aufschluß mit gasförmiger
Flußsäure.
Substanz
1007
Chloralkalien
402
Kaliumplatinchlorid
1025
Chloralkalien-Nachtrag
16
Hieraus leitet sich nun die Zusammensetzung dieser Glassorte in 100 Theilen ab wie
folgt:
Kieselsäure
64,04
Thonerde und Spuren von Eisen
1,69
Kalkerde
7,60
Kali
20,64
Natron
4,94
Spuren von Magnesia und
Mangan
–
–––––
99,11
Also auch diese Glassorte mußte als nahezu natronfreies Kaliglas angesprochen werden.
Dagegen war ihr Kalkgehalt ohne Vergleich beträchtlicher als in dem ersten
Belegstücke.
Die dritte Probe derartigen Glases war bereits auf der einen Seite milchig gefleckt,
offenbar in Folge einer beginnenden sichtbaren Verwitterung; übrigens war das Glas
vollkommen hell und klar und zeigte beim Erwärmen das Abblättern auf der ganzen
Fläche in ausgezeichneter Weise. Die Analyse ergab folgende Zusammensetzung:
Nr. III. Fensterglas,
fleckig.
1) Aufschluß mit kohlensaurem
Natronkali.
Substanz
969
Kieselerde
642
Thonerde und Spur von Eisen
30
kohlensaurer Kalk
90
2) Aufschluß mit gasförmiger
Flußsäure.
Substanz
1002
Chloralkalien, roh
405
unlöslicher Rückstand (BaO,
CO²)
9
342 Chloralkalien lieferten:
Kaliumplatinchlorid
828
Chloralkalien-Nachtrag
8
Hieraus leitet sich die procentige Zusammensetzung ab wie folgt:
Kieselsäure
66,47
Thonerde und Spuren von
Eisen
3,10
Kalkerde
5,60
Kali
18,79
Natron
5,61
–––––
99,57
Diese Glassorte zeigt demnach ebenfalls einen vorherrschenden Kaligehalt.
Zufolge dieser Daten glauben wir nun das erwähnte eigenthümliche Verhalten des
Glases, sich beim Erwärmen zu trüben, dem beträchtlichen Kaligehalte zuschreiben zu
müssen, um so mehr, da wir dieses Verhalten bei anderen analysirten Glassorten mit
vorherrschendem Natrongehalte nicht wahrgenommen haben.
Es ist allerdings möglich, daß jede Glasart in Folge der Einwirkung der Wärme
zunächst eine Veränderung erleidet, die nicht durch das Auge wahrgenommen werden
kann, und erst eine weiter fortgeschrittene Verwitterung der Oberfläche derselben
ein Erblinden oder Abblättern zur Folge hat. Die große Verbreitung des Natronglases
hätte es jedoch dann wahrscheinlich gemacht, daß wir unter der äußerst großen Anzahl
von uns geprüfter Gläser dieß Verhalten auch an einem Natronglase hätten beobachten
müssen; sämmtliche drei Proben, an denen sich das Verhalten so auffallend zeigte,
ergaben sich aber durch die Analyse als Kaligläser. Auch stimmt mit dieser Annahme
der Ausspruch erfahrener Hüttenarbeiter überein, welchen dieses Verhalten der Gläser
als ein nicht seltenes Vorkommen sehr wohl bekannt ist; sie belegen dergleichen
Gläser einfach mit der Bezeichnung „böhmische Gläser“, die nach
ihrer Zusammensetzung ja auch als Kaligläser betrachtet werden müssen. Vielleicht
könnte man aber auch versucht seyn, das Auftreten dieser Erscheinung, vorzüglich an
Kaligläsern, mit der Erfahrung der Geologen in Beziehung zu bringen, wonach
kalihaltige Granite gleichfalls der Verwitterung leichter unterliegen sollen, als
solche, in denen Natronfeldspath vorwiegend ist.
Ueber die Zeitdauer, welche erforderlich ist, diese Veränderung an der Oberfläche des
Glases zu verursachen, war es natürlich unmöglich auf dem Wege, wie wir unsere
Belegstücke beschaffen mußten, eine Muthmaßung zu gewinnen. Dagegen möchten wir noch
einige Bemerkungen über die Natur dieser Veränderung beibringen.
Schon Splitgerber hatte gefunden, daß das Glasstück,
welches er untersuchte, beim Trübwerden eine geringe Menge Wassers abgab. Wir fanden
diese Angabe vollkommen bestätigt und waren sogar im Stande, da uns größere Mengen
Materials zu Gebote standen, einige quantitative Bestimmungen über diesen
Wassergehalt vorzunehmen; ihn zufolge kann es keinem Zweifel unterliegen, daß eine
sehr durchgreifende Hydration an der nicht sichtbar veränderten Glasoberfläche
stattgefunden hatte.
Als Beleg dafür wählen wir die unter Nr. III in den Analysen aufgeführte Glassorte.
In einem kleinen langhalsigen Glaskolben wurden schmale Streifen des Glases, deren
Oberfläche zusammen 691 Quadrat-Millimeter betrug, über der Weingeistlampe
behutsam zum Glühen erhitzt, wobei sich der Wassergehalt in Tropfen im Halse des
Kolbens verdichtete. Nach dem völligen Verjagen des Wassers und dem Aussaugen des
Wasserdampfes aus dem Kolben ergaben die Gewichtsabnahmen den Wasserverlust zu 8
Milligrammen. Die Glasstückchen wurden nun vorsichtig von den losgelösten
perlmutterartig glänzenden Schuppen befreit und darauf abermals gewogen. Da ihr
ursprüngliches Gewicht bekannt war, so mußte sich aus der Differenz dasjenige der
losgelösten Blättchen ergeben. Dasselbe betrug 58 Milligramme, woraus hervorgeht,
wie beträchtlich der Wassergehalt in dem Silicate der veränderten Oberfläche war.
Der Wassergehalt desselben ergibt sich hiernach nicht geringer als zu 12,11 Proc.
und diese bedeutende Wasseraufnahme bewirkte im Ansehen des Glases noch keine
Veränderung. Durch die Beobachtung dieser großen Wasseraufnahme dürften indeß
ähnliche Veränderungen am Glase, wie z.B. die violette Färbung manganhaltiger Gläser
durchs Sonnenlicht und deren Entfärbung beim Erwärmen, weniger auffallend
erscheinen.
Als Curiosum haben wir noch aus den oben mitgetheilten Wägungen die Wassermenge
abgeleitet, welche auf solche Weise etwa eine Fensterscheibe von dieser Glassorte,
unsichtbar verdichtet, zu enthalten vermochte. Nimmt man dabei eine mittlere Größe
derselben von ungefähr 40 Quadratcentimetern an, so erhält man für die an ihrer
Oberfläche aufgenommene Wassermenge 1,852 Gr., also immerhin eine nicht unbedeutende
Quantität.
Noch ist Einiges beizufügen über den Temperaturgrad, welcher nöthig ist, um die
Veränderung durch das Trübwerden des Glases zur sichtbaren Erscheinung zu bringen.
Derselbe war nicht bei allen Belegstücken gleich; in Nr. III fand die Veränderung
schon beim Erhitzen im Wasserbade in auffallender Weise statt. Hieraus dürfte sich
aber namentlich eine Erklärung ergeben, warum gerade die der Mittagssonne
ausgesetzten Fensterscheiben dem Erblinden so vorzugsweise ausgesetzt sind. Die
Wirkung der Sonnenstrahlen wird dabei hauptsächlich wohl nur darin bestehen, daß sie
die Trübung in Folge von Sprüngen und Abschuppungen an dem Glase durch das Erwärmen
zur Erscheinung bringen, ähnlich wie sie im zuletzt beschriebenen Versuche durch die
Temperatur des Wasserbades erfolgte. Unzweifelhaft werden auch andere
Fensterscheiben desselben Hauses, die der Sonne nicht so direct ausgesetzt sind,
dieselbe Veränderung durch die Atmosphärilien erlitten haben, aber wegen mangelnder
Erwärmung wird die gebildete wasserhaltige Schicht hier nicht bis zum sichtbaren
Ablösen und Trüben kommen, oder die Trübung wird erst vielleicht nach ungleich
längerer Zeit endlich auch bei gewöhnlicher Temperatur sichtbar werden. Jenes Ablösen des neu
gebildeten wasserhaltigen Silicats an der Oberfläche in Gestalt feiner Schuppen hat
indeß für die Beurtheilung der Veränderung des Glases durch atmosphärische Einflüsse
eine besondere Wichtigkeit. Der Vorgang ist nicht so, wie man ihn gewöhnlich sich
vorstellt, daß das fortwährend dadurch gebildete Product durch Abfallen in
unveränderter Zusammensetzung wieder entfernt wird, einer einfachen Loslösung des
Glases an der Oberfläche ähnlich, wobei das gebildete Product gerade so entfernt
würde, als hätte eine einfache Abwaschung stattgefunden. Nach unsern gegenwärtigen
Mittheilungen geht vielmehr dem Trübwerden eine wirkliche Pseudomorphose der
Glasoberfläche voran, wobei die Structur derselben durchaus nicht wahrnehmbar
geändert wird und daher selbst die völlige Durchsichtigkeit bleibt.
Als eine Eigenthümlichkeit ist noch anzuführen, daß wir das beim Glühen der Glassorte
Nr. III erhaltene Wasser in wiederholten Versuchen mit einer deutlichen, wenn auch
schwach alkalischen Reaction behaftet fanden. Dieser Umstand erinnert unwillkürlich
an das raschere Erblinden der Fensterscheiben in Stallungen, was man hiernach
allerdings mit dem Ammoniakgehalt der Luft in solchen Räumen in Beziehung zu bringen
versucht seyn möchte. Immerhin aber mag die höhere Temperatur dieser Räume auch
einen Einfluß auf das Zustandekommen des Erblindens der Scheiben haben. Auch war
beim Glühen des unter Nr. III aufgeführten Belegstückes im Kölbchen ein schwacher
brenzlicher Geruch unbestreitbar wahrzunehmen, so daß es hiernach wirklich scheint,
als könnten sich mit dem Eindringen der atmosphärischen Feuchtigkeit in die dichte
Glasoberfläche gelegentlich selbst geringe Mengen organischer Körper mit
einschleichen. Uebrigens darf nicht übersehen werden, daß diese unter Nr. III
aufgeführte Glassorte allerdings schon dem Sichtbarwerden ihrer mehr durchgreifenden
Veränderung sehr nahe stand und es mit ihrer vollkommenen Durchsichtigkeit, wie die
einzelnen matten Flecken beweisen, bereits nahe zu Ende ging.
Zum Schlusse sind noch einige Beobachtungen in Bezug auf das willkürliche Hervorrufen
dieser Veränderung in der Glasoberfläche durch Anwendung chemischer Agentien zu
erwähnen. Das Glas, an welchem wir zuerst diese Erscheinung beobachteten, und das in
Nr. I unter den Analysen aufgeführt ist, hatte zu einem andern Zweck längere Zeit in
einer Lösung von salpetersaurem Zinkoxyd gelegen; wir mußten daher auf den Gedanken
kommen, ob nicht vielleicht durch diese Behandlung die Umsetzung in der Oberfläche
veranlaßt war. Als wir nun eine größere Anzahl verschiedenartiger Glasstücke einige
Zeit der Einwirkung einer concentrirten Lösung von salpetersaurem Zinkoxyd unter
Erwärmen ausgesetzt hatten, so bestätigte sich unsere Vermuthung auch wirklich in so weit, als dadurch
einzelne Glasproben gleichfalls die Eigenschaft erlangt hatten, beim Erwärmen ein
völlig ähnliches Abblättern und Erblinden der Oberfläche wahrnehmen zu lassen. Wir
besitzen als Belege zwei solche aus ein und demselben Glasstücke geschnittene
Scheibchen, von denen das eine, nachdem es mehrere Tage lang mit der Zinklösung
erwärmt worden, nach dem völligen Reinigen bei stärkerem Erhitzen erblindete,
während das andere, nicht der Einwirkung des Zinksalzes ausgesetzte, weder
Durchsichtigkeit noch Glanz einbüßt, auch wenn es bis zu einer Temperatur erhitzt
wird, wobei sich bereits die Maschen des als Unterlage dienenden Drahtnetzes
abdrückten. Uebrigens ist diese Einwirkung nicht dem Zinke specifisch eigen, sondern
auch andere Salze, z.B. salpetersaures Silberoxyd etc., zeigen einen ähnlichen
Einfluß. Wir wollen noch hervorheben, daß diese letzteren Glasproben nicht etwa
schon einer partiellen Voreinwirkung der Atmosphärilien bedurft hatten; denn
dieselben zeigten das Abblättern und Erblinden auch auf den frischen Bruchflächen in
gleich auffallendem Grade. Die Veränderung konnte also lediglich durch die
Einwirkung des Zinksalzes hervorgerufen werden. Man erkennt indeß leicht daß der
Vorgang bei dieser Behandlung nicht wesentlich von dem durch die Einwirkung der
Atmosphärilien bedingten verschieden seyn könne; er vollendet sich nur in ungleich
kürzerer Zeit, so daß wir dadurch in den Stand gesetzt sind, an einem dazu
qualificirten Glase den veränderten Zustand willkürlich durch das Experiment
hervorzurufen.
Als eine technische Anwendung ergibt sich in dem Einfluß der Zinksalzlösung ein
Mittel, solche Glassorten, die überhaupt alsbald dem Erblinden ausgesetzt seyn
werden, zu entdecken. Es ist wohl nicht zu bezweifeln, daß ein solches fehlerhaftes
Glas der Einwirkung der Zinksalzlösung nicht widerstehen werde, wogegen ein
haltbareres Glas sich durch seine Unveränderlichkeit in derselben kund geben wird.
Jedenfalls sollte man es nicht unterlassen, bei Glasankäufen im Großen einige Stücke
des Glases zuvor mittelst Zinksalzlösung auf seine Dauerhaftigkeit zu prüfen.
Als Resultat unserer hier mitgetheilten Versuche ergeben sich folgende
Hauptpunkte:
1) Die von uns untersuchten Gläser, welche die Erscheinung des Trübwerdens beim
Erwärmen in ausgezeichneter Weise zeigten, erwiesen sich als Gläser mit bedeutend
vorwiegendem Kaligehalt und geringem Natron- und Kalkgehalte.
2) Die unsichtbare Veränderung an der Glasoberfläche ist begleitet von einer gegen 12
Proc. betragenden Wasseraufnahme.
3) Bei manchen Gläsern tritt die Trübung schon beim Kochpunkt des Wassers ein.
4) In der Lösung des salpetersauren Zinkoxydes und gewisser anderer Salze besitzen
wir ein Mittel, um solche Gläser, die überhaupt dem Erblinden ausgesetzt seyn
werden, zu entdecken, d.h. sie auf ihre Dauerhaftigkeit zu prüfen.