Titel: | Verfahren zur Fabrication des Chromoxyd-Hydrats für die Malerei, den Zeug- und Papiertapeten-Druck; als Mittheilung patentirt für W. Gilbee in London. |
Fundstelle: | Band 152, Jahrgang 1859, Nr. XLVI., S. 191 |
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XLVI.
Verfahren zur Fabrication des
Chromoxyd-Hydrats für die Malerei, den Zeug- und
Papiertapeten-Druck; als Mittheilung patentirt für W. Gilbee in London.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions, April 1859,
S. 312.
Gilber's Verfahren zur Fabrication des Chromoxyd-Hydrats für
die Malerei.
Das nach den unten folgenden Verfahrungsarten (patentirt am 28. Juli 1858) bereitete Chromoxyd-Hydrat
(Cr²O³, 2 HO) wird erst bei einer der Rothglühhitze sich nähernden
Temperatur zersetzt, und ist eine ächte Farbe. Von dem gewöhnlichen
Chromoxyd-Hydrat (Cr²O³, 3 HO), welches bläulichgrau ist,
unterscheidet es sich durch seine schöne grüne Farbe; von dem wasserfreien Chromoxyd
(Chromgrün) unterscheidet es sich erstens durch seine Farbe, und zweitens durch sein
Verhalten in der Hitze. Erhitzt man nämlich das neue Chromoxyd-Hydrat auf
beiläufig 427° C., so verliert es das Wasser und wird durch höhere Oxydation
braun oder schwärzlich. Die Luft und das Licht wirken auf dieses Grün nicht, eben so
wenig die chemischen Agentien, mit Ausnahme concentrirter kochender Säuren; man kann
es daher mit jeder Farbe oder Beize mischen, ohne daß dieselben eine Veränderung
oder Zersetzung erleiden. Zur Bereitung dieser Farbe gibt es zwei Hauptmethoden.
Erstes Verfahren.
Ich erhitze auf dem Herd eines Flammofens, welcher auf der dunklen Rothglühhitze
erhalten wird, ein Gemenge von 1 Theil zweifach-chromsaurem Kali und 3
Theilen raffinirter Boraxsäure, welches vorher mit Wasser zu einem dicken Teige
angemacht worden ist. (Die dunkle Rothglühhitze darf nicht überschritten werden,
denn sonst würde die Masse vollständig schmelzen, anstatt in porösem Zustande zu
bleiben, und das gebildete Oxydhydrat würde in den wasserfreien Zustand übergehen.)
Diese Masse werfe ich, während sie noch rothglühend ist, in kaltes Wasser, und
wasche sie dann mit kochendem Wasser, um das gebildete boraxsaure Kali vollständig
auszuziehen. Das Chromoxyd-Hydrat bleibt zurück, wird gesammelt und
getrocknet. – Das Waschwasser dampft man ab und versetzt es mit Salzsäure, um
die Boraxsäure daraus zu gewinnen, welche großentheils wieder verwendet werden kann;
andererseits entsteht hierbei verkäufliches Chlorkalium.
Zweites Verfahren.
Bei diesem ersetze ich das zweifach-chromsaure Kali durch sein gleiches
Gewicht neutrales chromsaures Natron, während ich das Verhältniß der Boraxsäure
beibehalte.
Um das neutrale chromsaure Natron darzustellen, löse ich 61 Theile neutrales
chromsaures Kali (oder statt desselben ein Gemenge von 92 Theilen
zweifach-chromsaurem Kali mit 89 Theilen krystallisirtem kohlensaurem Natron)
und 53 Theile salpetersaures Natron in kochendem Wasser auf. Diese Auflösung setzt
beim Erkalten eine große Menge Kalisalpeter ab, welcher einen Theil der Kosten
deckt. Die Mutterlauge enthält das chromsaure Natron, welches durch Krystallisation
gereinigt werden kann; da dieses Salz aber schwierig krystallisirt, so kann man die
Flüssigkeit zur Trockne verdampfen, und erhält so das chromsaure Natron hinreichend
rein, vorausgesetzt daß der Salpeter ganz herauskrystallisirt war.
Wenn man das Grün mit chromsaurem Natron darstellt, so enthält das Waschwasser Borax,
welcher als solcher verkauft oder mittelst Salzsäure in Boraxsäure umgesetzt werden
kann. – Die mit chromsaurem Natron bereitete grüne Farbe hat eine hellere
Nüance als die mit zweifach-chromsaurem Kali dargestellte. Noch hellere grüne
Nüancen kann man nöthigenfalls dadurch erhalten, daß man dem Gemenge von Boraxsäure
und zweifach-chromsaurem Kali etwas Thonerde, Magnesia oder künstlichen
schwefelsauren Baryt zusetzt, ehe man es in den Flammofen bringt.
Nachtrag.
Nach einem Bericht von Barreswil im Répertoire de Chimie appliquée, März 1859, S. 198 ist die im
vorstehenden Patent beschriebene Darstellung des neuen Chromoxyd-Hydrats die
Erfindung des französischen Chemikers Guignet, und die
Farbe wird nach dem oben angegebenen ersten Verfahren in
Kestner's chemischer Fabrik zu Thann (Elsaß) bereitet. In Frankreich
verfiel Salvetat, bevor Guignet seine Darstellungsweise veröffentlichte, auf dasselbe Verfahren
und hat auch die Theorie des dabei stattfindenden Processes aufgestellt (polytechn.
Journal Bd. CLI S. 392).
Ueber die Anwendbarkeit dieser Farbe (Smaragdgrün, vert émeraude) im Zeug- und
Papiertapetendruck sagt Barreswil Folgendes:
„Das nach dem beschriebenen Verfahren erhaltene Product wäre für den
Zeugdruck nicht zertheilt genug. Hierzu muß daher die grüne Pasta sorgfältig mit
Wasser abgerieben werden; die Masse, welche anfangs körnig war, wird dadurch
ganz geschmeidig und läßt sich dann sowohl mit Handformen als mit gravirten
Walzen gut drucken.
Diese Farbe wird wie das Ultramarin und andere Mineralfarben mittelst Eiweiß
befestigt.
Sie besitzt folgende Eigenschaften:
Sie ist ganz ächt; während das Applications-Grün (Tafelgrün) in der Regel
unächt ist, widersteht das Smaragdgrün nicht nur der Einwirkung des Lichtes, der
trocknen oder feuchten Luft, sondern auch dem Seifen und solchen Reagentien
welche das Gewebe zerstören würden.
Diese Farbe mischt sich sehr gut mit anderen, namentlich mit dem
Anilin-Violett. Ebenso wie das chinesische Grün, verliert das Smaragdgrün
am künstlichen Lichte nicht im geringsten an seiner Lebhaftigkeit.
Da das Smaragdgrün ganz unschädlich ist, so kann man es, sogar im Zustande eines
trockenen Pulvers, als Wasser- oder als Oelfarbe anwenden, ohne die
Nachtheile befürchten zu müssen, welche das Schweinfurtergrün veranlaßt.
Zum Zeugdruck wurde das Smaragdgrün zuerst von Köchlin
und Steinbach-Köchlin in Mülhausen, zum
Papiertapeten-Druck von Zuber in Rixheim
angewendet.“