Titel: | Neue photographische Methode mit Benutzung der Lösungsmittel der Baumwolle; von D. Van Monckhoven. |
Fundstelle: | Band 152, Jahrgang 1859, Nr. LXXVI., S. 303 |
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LXXVI.
Neue photographische Methode mit Benutzung der
Lösungsmittel der Baumwolle; von D. Van Monckhoven.
Aus den Comptes rendus, März 1859, Nr.
13.
Neue photographische Methode mit Benutzung der Lösungsmittel der
Baumwolle.
Die Entdeckung des Hrn. E.
Schweizer, daß das Kupferoxyd-Ammoniak die Cellulose
(Baumwolle) mit Leichtigkeit auflöst, veranlaßte mich zu untersuchen, ob sich von
dieser Thatsache nicht für die Photographie eine nützliche Anwendung machen lasse;
nach vielen Versuchen gelang es mir auch, eine leicht ausführbare und wenig kostspielige Methode zu
finden.
Das Verfahren, welches sich hierzu als das natürlichste darbot, besteht darin, in
einer Lösung von Baumwolle in Kupferoxyd-Ammoniak frisch gefälltes Silberoxyd
aufzulösen, die Flüssigkeit auf einer Glastafel zu verbreiten, die Schicht trocknen
zu lassen und dann durch verdünnte Jod- oder Bromwasserstoffsäure zu
passiren. Es entsteht dadurch allerdings eine weiße Schicht von Jod- oder
Bromsilber; ich habe es aber auf jede Weise vergeblich versucht ein klares und
durchsichtiges Bild zu erhalten; unter der Celluloseschicht bildet sich nämlich
stets eine zusammenhängende Schicht von reducirtem Silber, und das Bild auf der
Oberfläche ist verloren. Ich habe auch vergebens das
Einfachbromkupfer-Ammoniak und das Einfachjodkupfer-Ammoniak
angewendet, stets entstand unter dem Bild ein brauner Schleier von metallischem
Silber. Ich theile diese Thatsache mit, um Anderen unnütze Versuche zu ersparen.
Folgende Methoden gelangen mir vollkommen:
Um die ammoniakalische Kupferoxydlösung zu bereiten, sättigt man concentrirtes
Ammoniak mit frisch gefälltem Kupferoxyd,Um dasselbe zu erhalten, goß ich eine Aetzkalilösung in schwachem Ueberschuß
in eine Auflösung von käuflichem Kupfervitriol, und wusch den Niederschlag
gut aus. oder man wendet Peligot's Methode an, welche ich den Photographen als sehr leicht
ausführbar empfehle. Nachdem sich aus dieser Flüssigkeit die festen Unreinigkeiten
vollständig abgesetzt haben, löst man darin ganz weiße Baumwolle auf, im Verhältniß
von 10 Grammen per Liter. Man erhält so eine dicke
Flüssigkeit, welche man mit ein wenig Wasser verdünnt, damit sich alle Baumwolle
auflöst. In dieselbe gießt man eine concentrirte und titrirte Auflösung von
Jodkalium, so daß 1 Liter der Auflösung von Kupferoxyd-Ammoniak 5 bis 10 Grm.
Jodkalium enthält. Diese Flüssigkeit, welche sich vollkommen conservirt, wird auf
die Glastafeln gegossen.
Von der Bereitung der Baumvollelösung in Kupferoxyd-Ammoniak hängt die ganze
Schönheit des Lichtbildes ab. Diese Lösung muß dick seyn, langsam über das Glas
fließen, und die trockne Schicht muß vollständig durchsichtig seyn ohne ein mattes
Ansehen zu haben. War die Lösung zu schwach, so ist das Bild ein oberflächliches, es
wird unter einem Wasserstrahl beseitigt und kann keine Intensität haben.
Man gießt also die ammoniakalische Lösung auf die Glastafel; sie verbreitet sich auf
derselben mit großer Leichtigkeit, und da sie nur langsam verdunstet, so kann man,
wenn eine Stelle des Glases nicht bedeckt ist, mit einem Röhrenende die Flüssigkeit
zwingen diese Stelle zu überziehen. Die überschüssige Flüssigkeit läßt man ablaufen, und stellt
die Glastafel aufrecht gegen die Mauer.
Man kann nun nach zweierlei Methoden operiren:
1) Man überläßt die Glastafel bloß einige Minuten lang der Verdunstung: die
überschüssige Flüssigkeit sammelt sich dann am untern Theil, man beseitigt diesen
Ueberschuß mit einem Stück Seidenpapier und taucht die Tafel in ein frisch
bereitetes Bad von salpetersaurem Silber, welches mit Essigsäure und essigsaurem
Silber versetzt worden ist. Die Schicht wird, wie bei den gewöhnlichen
Verfahrungsarten, weiß durch das sich bildende Jodsilber; man exponirt die Tafel
hernach in der camera obscura, und entwickelt hierauf
das Bild wie gewöhnlich.
2) Läßt man hingegen die Glastafel trocknen, wobei das Ammoniak durch die Verdunstung
gänzlich ausgeschieden wird, so findet die gewöhnliche Reaction des Jodkaliums auf
die Kupferoxydsalze statt, es bildet sich nämlich Halb-Jodkupfer in der
Celluloseschicht und Jod an der Oberfläche. Ein solcher Ueberzug des Glases ist
roth, wenn er trocken ist. In das salpetersaure Silber getaucht, gibt er ein
oberflächliches Bild, welches durch das geringste Waschen beseitigt wird, und
überdieß bildet sich in Folge des gegenwärtigen Halb-Jodkupfers unter dem
Bilde metallisches Silber. Ich war bemüht diesen Uebelständen abzuhelfen, denn diese
Methode würde wegen ihrer Einfachheit viele Liebhaber finden, und dieß gelang mir
auch dadurch, daß ich die Glastafel in wasserfreien Alkohol tauchte, in welchen ein
Strom trockenes Ammoniakgas geleitet worden war; das freie Jod wird in Jodammonium
verwandelt und es bildet sich Aldehyd:
2 J + 2 zH³ + C⁴H⁶O⁶ = 2 AzH⁴J
+ C⁴H⁴O².
Ein Eintauchen von einigen Secunden ist hinreichend, damit das Glas weiß wird. Nach
dem Herausnehmen aus diesem Bade bewegt man die Glastafel an der Luft hin und her,
damit das überschüssige Ammoniak verdunstet, und taucht sie ganz feucht in das
salpetersaure Silber, worauf man wie gewöhnlich weiter operirt. Man erhält so sehr
zarte und außerordentlich durchsichtige Bilder, daher sich dieses Verfahren
besonders zum Aufnehmen von Landschaften und Gebäuden eignet.
Die Cellulose wird offenbar in Zukunft die Schießbaumwolle in der Photographie
ersetzen, deren Bereitung zu diesem Zweck schwierig und ziemlich unsicher ist. Das
von mir vorgeschlagene Verfahren ist höchst einfach, sehr ökonomisch und liefert
sehr schnell sehr zarte Bilder, besonders die erste Methode. Eine Menge kleiner
praktischer Details beabsichtige ich in den der Photographie speciell gewidmeten
Zeitschriften nachträglich zu veröffentlichen.