Titel: | Das neue transatlantische Dampfschiff von Th. Winan aus Baltimore. |
Fundstelle: | Band 152, Jahrgang 1859, Nr. LXXXI., S. 323 |
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LXXXI.
Das neue transatlantische Dampfschiff von
Th. Winan aus
Baltimore.
Aus dem London Journal of arts, März 1859, S.
144.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Winan's Dampfschiff.
Diese in England patentirte Erfindung betrifft die Construction eines Dampfschiffes,
dessen Rumpf aus zwei fest mit einander verbundenen Hälften einer Spindel besteht;
diese Spindelhälften lassen einen Raum zwischen sich, welchen ein verticales
Ruderrad einnimmt.
Fig. 16
stellt dieses Dampfschiff in der perspectivischen Ansicht, Fig. 17 im verticalen
Längendurchschnitte durch die Achse des Schiffes dar. A,
A¹ sind die beiden Hälften, welche mit einander verbunden die
Gestalt einer Spindel haben. h, h sind starke
Scheidewände, welche die beiden zu einem Schiffskörper verbundenen Abtheilungen
bilden. Der Raum zwischen diesen Schiffshälften wird durch den sogenannten Propeller
eingenommen, dessen Achse a mit der Achse der Spindel in
einer Linie liegt. Der Propeller oder das Ruderrad
besteht aus einer wasserdichten Trommel B, deren Umfang
mit der allgemeinen Oberfläche der Spindel ungefähr coincidirt und mit schräg
gestellten Schaufeln versehen ist.
Die beiden Theile des Rumpfes sind auf folgende Weise mit einander verbunden. Rings
um ihre Peripherie und dicht an dem von dem Ruderrade B
eingenommenen Raume sind Rippen oder Träger in kurzen Zwischenräumen von einander
befestigt. Diese Rippen bestehen aus flachen Metallplatten und sind in Ebenen
angeordnet, deren Richtung durch die Achse des Rumpfes geht. Sie sind etwas höher
als die Schaufeln des Propellers und oben und unten mit Flantschen versehen, um sie
einerseits an den Schiffsrumpf festnieten oder festschrauben, andererseits mit dem
sogenannten Gürtel oder Aermel D verbinden zu können.
Die Breite des Gürtels ist gleich der Länge zweier jener Rippen und der Breite des
Propellerraums zusammen. Derselbe umschließt das Ganze und verbindet die beiden
Schiffshälften A und A¹ mit einander.
Die Achse des Propellers tritt durch Stopfbüchsen, welche in den Wänden h angebracht sind, und ist durch eine Kurbel mit den
unter ihr angeordneten Dampfmaschinen verbunden. Zur Herstellung einer Communication
zwischen den beiden Schiffshälften A, A¹ enthält
jede derselben oben eine geeignete Oeffnung. Diese Oeffnungen sind von wasserdichten Thürmchen i umschlossen, welche sich über den Gürtel erheben und
in einen gemeinschaftlichen Gang j öffnen, durch den sie
mit einander verbunden sind. Diese Thürmchen befördern die Ventilation der
Schiffsräume und bieten zugleich einen Raum dar, durch welchen der Rauch der
Dampfkesselfeuerung in den gewöhnlichen Röhren ins Freie geleitet werden kann.
Schiffe von der beschriebenen Form lassen sich besser steuern als bei Anwendung der
gewöhnlichen Ruderräder.
Wenn der Propeller in Thätigkeit gesetzt wird, so treibt seine Bewegung innerhalb des
Gürtels D das Wasser durch die Räume zwischen der
Hinteren Reihe der Rippen nach der Richtung des Sterns hinaus. Das ausgetriebene
Wasser wird durch die zwischen den vorderen Rippen einziehende Strömung ersetzt und
auf diese Weise das Schiff vorwärts getrieben. Die Rippen F haben zugleich die Wirkung eines Kiels, indem sie dem Schiffe eine
stabile Lage ertheilen, das Rollen desselben verhüten und einer etwaigen Neigung des
Propellers, das Schiff umzulegen, entgegenwirken. Vermöge seiner eigenthümlichen
Bauart bietet dieser Schiffsrumpf Wind und Wellen stets eine vollkommen symmetrische
Form dar, denn jede durch die Achse der Spindel gelegte Ebene gibt den gleichen
Längendurchschnitt und sämmtliche Querschnitte sind kreisförmig. Aehnliche Vortheile
bietet der Propeller dar; da nämlich die Schaufeln desselben überall gleichmäßig
über dem Rumpf des Schiffs hervorragen, so ist beständig die gleiche treibende
Fläche untergetaucht und in Thätigkeit, wie auch das Schiff schwanken möge. Da der
Durchmesser des Treibrades dem des Rumpfes gleich ist, so erhalten die Schaufeln bei
einer gegebenen Geschwindigkeit der Maschinen eine größere Geschwindigkeit als
dieses bei irgend einem andern Schraubentreibapparat der Fall seyn kann, bei welchem
die Kurbel der Maschine mit der Schraubenwelle direct verbunden ist. Die
gewöhnlichen am Stern angebrachten Propeller, welche einen viel kleineren
Durchmesser als der in Rede stehende haben, erfordern eine größere Geschwindigkeit
der Maschine, oder es muß zwischen der Maschine und der Schraubenwelle Räderwerk
eingeschaltet werden, um dem Propeller die erforderliche Geschwindigkeit zu
ertheilen – eine Methode, welche vermehrte Reibung und Gefahr einer Störung
im Gang der Maschine zur Folge hat.
Die Dampfmaschine, welche das Rad treibt, kann in der einen oder andern Abtheilung
des Schiffes, oder es kann in jeder Abtheilung eine Dampfmaschine angeordnet werden.
Auf keinen Fall bedarf es einer langen Radwelle. Statt des Gürtels D kann man sich zur Verbindung der Rippen beider
Schiffshälften auch Stangen oder eines andern Gestelles bedienen, in welchem Falle die Schaufeln, analog
denen eines gewöhnlichen Propellers, mehr im freien Wasser arbeiten.