Titel: | Der Wärme-Aufwand bei verschiedenen Bierbrau-Methoden; von G. E. Habich. |
Autor: | G. E. Habich |
Fundstelle: | Band 152, Jahrgang 1859, Nr. CII., S. 384 |
Download: | XML |
CII.
Der Wärme-Aufwand bei verschiedenen
Bierbrau-Methoden; von G. E.
Habich.
Habich, über den Wärme-Aufwand bei verschiedenen
Bierbrau-Methoden.
Die beiden Brauverfahren der Infusion und Decoction haben sich in die Brauereien der
Welt getheilt. Wo das eine derselben heimisch ist, kann das andere schwer oder gar
nicht aufkommen. Die Gewohnheit der Consumenten bildet einzig und allein die
Schranke, welche der herkömmlichen Methode Schutz gewährt. Ich habe bereits bei
anderen Gelegenheiten den Beweis geliefert, daß die auf die eine oder andere Weise
dargestellten Würzen sich durch das relative Verhältniß vom Zucker zu den löslichen
Eiweißstoffen („löslichem Pflanzenleim“ oder was für einen
Namen man dieser eigenthümlichen Substanz sonst geben will) wesentlich
unterscheiden. Das bedingt dann die größere oder mindere Vollmundigkeit des daraus hervorgehenden Bieres, – und der
Geschmack des Biertrinkers gibt schließlich den Ausschlag nach der einen oder andern
Seite, wornach sich der Brauer zu richten hat.
Nun gibt es aber Gegenden, in welchen sich das Bier erst einbürgern muß, – dort läßt sich der
Geschmack des Publicums noch bestimmen und mit andern
Anforderungen der Fabrication in Einklang bringen. Darum wird es nützlich seyn, wenn
man sich z.B. den Wärmeverbrauch, welcher bei
verschiedenen Braumethoden stattfindet, des Näheren betrachtet. Dieser Punkt scheint
mir gerade der wichtigste zu seyn.
Man hat zwar hervorgehoben (c. f. Müllers neues Brauverfahren; Preßburg, Wiegand 1854), daß die Treber beim
Infusionsverfahren stets noch eine Portion Stärkmehl zurückhielten, welche beim
Dickmaischkochen in Lösung gegangen seyn würde. Aber man muß sich doch fragen, ob
die Gewinnung dieses Restchens den Mehraufwand von Arbeit und Brennstoff werth ist.
Und daß dieß nicht der Fall ist, ergibt sich, wenn man
erwägt, daß jenes schwerlösliche Stärkmehl in den Trebern ja seinen Mastwerth als Fettbilder nach wie vor behauptet.
Uebrigens hat Müller diese Stärkmehl-Menge auch
bedeutend überschätzt, indem er Alles, was in den trocknen Trebern nicht Hülse ist, als „Mehlkörper in Form von festem
Kleister“ in Rechnung bringt. Das ist nun aber nicht richtig, indem
solche Treber 20 bis 25 Proc. unlösliche Eiweißstoffe enthalten, deren Mastwerth
allerdings durchs Dickmaischkochen auch ins Bier übergeführt werden kann, wenn man
durch den Geschmack der Gäste dazu veranlaßt wird. Alle Gründe der Technik und
Oekonomie würden sich außerdem dagegen stemmen.
Bei der nachfolgenden vergleichenden Zusammenstellung der zur Durchführung eines
Gebräues erforderlichen Wärmemengen ist die Schüttung bei allen als gleich angenommen, – 1000 Zollpfund Malz auf 2000
Liter Bier (oder 2270 Liter heiße Würze). Es ist das ungefähr die für die
bayerischen Winterbiere gültige Malzmenge. Die specifische Wärme des Malzes ist mit
0,42 in Rechnung gebracht und das Brunnenwasser mit einer Temperatur von 10°
R.
Die von den Trebern zurückgehaltenen Flüssigkeitsmengen betragen beim
Dickmaischkochen etwa 500 Liter, beim Infusionsverfahren aber bis zu 650 Liter.
Unter den Wärmeverlusten habe ich die beim Anheizen des Kessels absorbirte Wärmemenge außer Acht
gelassen. Selbstverständlich steht solche in directem
Verhältniß zu der Größe der Fläche des innern Mauerwerks. Deßhalb ist es
auch klar, daß beim continuirlichen Betrieb mit kleinern Gefäßen (bei gleicher Tagesproduction) dieser
Verlust an sich geringer ist (wegen der kleinern
Mauerfläche) und auch seltner wiederkehrt, –
dieser Umstand ist unter den Vortheilen der Dampfbrauerei wohl in Anschlag zu bringen. Bei der Kesselbrauerei aber kann dieser Verlust, weil er allen
Methoden gemeinsam ist und die Anhaltspunkte zu seiner Feststellung nicht genau
genug sind, aus der Rechnung gelassen werden.
Wir beginnen mit:
A. dem Dickmaischbrauen.
Wärme-Einheit.
1)
Im Maischbottich werden 1000 Pfd. Malzschrot mit 1600 Liter
Wasservon 10° R. eingemaischt. In dem Braukessel sind 1750 Liter
bis auf80° R. zu erhitzen vermittelst 3500 × 70
245000
2)
Hiervon gelangen nun 1450 Liter in den Maischbottich und
erhöhendie Temperatur auf 34°. Der erste
Dickmaisch, welcher inden Braukessel gebracht wird, besteht
(in 1400 Litern) aus der Hälftedes Schrots (= 500 Pfd.) und 2425 Pfd.
Wasser. Um ihn zum Kochenzu bringen, werden verwendet:
a) fürs
Schrot 500 × 46 × 0,42
= 9660 W.-E.
b) fürs
Wasser 2425 × 46
= 111550
„
–––––––––––––
Zusammen
121210 W.-E.
121210
3)
Ist dieser Dickmaisch in den Bottich zurückgeschöpft, so steigt
dieTemperatur auf etwa 44° R. Von dieser Masse werden 1300 Liter
inden Kessel gebracht und zum Sieden erhitzt. Da dieser zweiteDickmaisch aus 500 Pfd. Schrot und
2225 Pfd. Wasser besteht,so stellt sich der Wärmebedarf hierzu auf:
a) fürs
Schrot 500 × 36 × 0,42
= 7560 W.-E.
b) fürs
Wasser 2225 × 36
=
80100 „
––––––––––––
Zusammen
87660 W.-E.
–––––––––––––––––––––
Zu übertragen
453870
Wärme-Einheit.
–––––––––––––
Uebertrag
453870
4)
Durch das Zurückschöpfen dieses Maisches wird die
Temperaturim Bottich auf etwa 50° gehoben. Hiervon werden nun
2000 LiterLautermaisch in den Kessel
befördert, – er enthält 330 Pfd.Schrot und 3752 Pfd. Wasser. Das
Erhitzen bis zum Siedepunktverlangt:
a) fürs
Schrot 330 × 30 × 0,42
= 4158 W.-E.
b) fürs
Wasser 3752 × 30
=
112560 „
–––––––––––
Zusammen
116718 W.-E.
116718
5)
Durch die Zuführung des Lautermaisches hebt sich die
Temperaturim Bottich auf etwa 57° R. Zum Anschwänzen verwendet manmeistens zu
wenig Wasser, – bringen wir die gebräuchlichsteMenge
von 300 Liter in Rechnung. Diese bedürfen, um zum Siedenerhitzt zu
werden, 300 × 70
21000
6)
Die abfließende Würze beträgt insgesammt 2600 Liter, – sie
wird miteiner Temperatur von 50° in den Kessel gebracht und soll
bis auf 2270Liter eingedampft werden. Dazu sind
vonnöthen: a) zur Erhitzung von 2600 Liter auf den Siedepunkt 5200 ×
30 b) zur
Verdampfung von 330 Liter 660 × 440
156000 290400
7)
Da wir nur 2600 Liter Würze erhielten, während 3350 Liter
Wasserverbraucht waren und der Malzextract den Raum von etwa 195
Litereinnimmt, – da auch die Treber nur 500 Liter Flüssigkeit
zurückhalten:so müssen 3045 – 2600 = 445 Liter als Dampf davon
gegangen seyn,wobei verwendet wurden 890 × 440
391600
8)
Für den Wärmeverlust durch Ausstrahlung des Mauerwerks
bringenwir 10 Proc. der ausgenutzten Wärmequantität in Rechnung,
also:1429588/10
142959
––––––––––––––––––––
Insgesammt
1572547
B. Satzbrauerei.
Wärme-Einheit.
1)
Das Schrot von 1000 Pfd. Malz wird mit 1270 Liter Wasser
eingeteigt.Der abfließende "kalte Satz"
beträgt 850 Liter
. . . . . .
2)
Im Kessel sind 2090 Liter Wasser von 10° bis zum
Siedepunkt zu erhitzenvermittelst 4180 × 70
292600
3)
Hiervon gelangen in den Maischbottich (zum "Annebeln") 1270
Liter.Zu dem Rest im Kessel bringt man den "kalten Satz", welcher,um auf 80° erhitzt zu werden,
bedarf: 1700 × 70
119000
4)
Vom Maischbottich läßt man 640 Liter Lautermaisch und 400
Liter"warmen Satz" ab. Der letztere
kommt aufs Kühlschiff, derLautermaisch aber mit einer Temperatur von
etwa 38° in den Kessel,worin er auf 80° erhitzt wird
vermittelst 1280 × 42
53760
5)
Beim zweiten Maischen werden etwa 800
Liter Lautermaischin den Maischbottich geschöpft, um eine Temperatur
von 58° R. zuerreichen. Es befinden sich jetzt im Bottich 1000
Pfd. Malzschrot und2900 Pfd. Wasser. Etwa 4/5 dieses Maisches
werden
––––––––––––––––––––––
Zu übertragen
465360
Wärme-Einheit
––––––––––––––
Uebertrag
465360
nun in den Kessel geschöpft und von 58 auf 80° erhitzt.
Dazu sindnothwendig:
a) fürs
Schrot 800 × 22 × 0,42
= 7392 W.-E.
b) fürs
Wasser 2320 × 22
= 51040
„
–––––––––––
Zusammen
58432 W.-E.
58432
6)
Nach einstündigem Sieden (der dabei stattfindende Wärmeconsum
stecktunter Pos. 9) wird zum dritten Maischen geschritten, wobei die
gesammteMaischmasse eine Temperatur von circa 68° R. bekommt. Mittlerweilewird der Kessel
gereinigt und der abgekühlte warme Satz in den Kesselgebracht, wo er
von 10° auf 80° R. erhitzt werden soll. Von 400
Literkommen 390 Liter zurück und verschlucken 780 × 70
54600
7)
Die abgeläuterte Würze – 2460 Liter – besitzt eine
Temperatur von etwa56° R. und soll sammt dem im Kessel
befindlichen warmen Satz bis auf2270 Liter eingedampft werden. Es sind
also nöthig: a) zur Erhitzung von 2460 Liter auf den Siedepunkt 4920 ×
24 b) zur
Verdampfung von 580 Liter 1160 × 440
118080510400
8)
Zum Anschwänzen werden 440 Liter Wasser von 10° bis zum
Siedenerhitzt, macht 880 × 70
61600
9)
Insgesammt waren 3800 Liter Wasser verwendet und 2850 Liter
Würze,in welcher der Extract den Raum von 195 Liter einnimmt, erhalten,
–die Treber halten 650 Liter zurück, mithin waren unter der Hand
495Liter verdampft, was erfordert 990 × 440
435600
10)
Der Wärmeverlust beträgt 1704072/10
170407
–––––––––––––––––––––
Insgesammt
1874479
C. Infusions-Verfahren.
Wärme-Einheit
––––––––––––––
1)
Der Braukessel wird mit 2000 Liter Wasser beschickt und dieses
bis auf55° R. erhitzt, dazu bedarfes 4000 × 45
180000
2)
Hiervon werden 1000 Liter in den Maischbottich abgelassen
(zumEinteigen des Malzes) und im Kessel
durch frisches Wasserersetzt, welchem man, um auf gleiche Temperatur
gebracht zu werden,verabreicht 2000 × 45
90000
3)
Die in der Pfanne befindlichen 2000 Liter Wasser werden von
55° biszum Sieden erhitzt, Wärmeverbrauch also: 4000 ×
25
100000
4)
Zum Anbrühen werden 1100 Liter des
siedenden Wassers verwendet.Zum Rest in der Pfanne werden noch 750
Liter frisches Wasser (zumAnschwänzen)
gebracht. Um diese auf den Siedepunkt zu erhitzen,sind erforderlich
1500 × 70
105000
5)
Nach vollendetem Abläutern ergeben sich 3090 Liter Würze, welche
miteiner Temperatur von 50° R. in den Kessel gebracht und bis
auf 2270 Litereingedampft werden sollen. Dabei werden
verbraucht: a) zur Erhitzung von 3090 Liter bis auf den Siedepunkt 6180
× 30 b) zur Verdampfung von 820 Liter 1640 × 440
185400721600
––––––––––––––
Zu übertragen
1382000
Wärme-Einheit
––––––––––––––
Uebertrag
1382000
6)
Erwägt man nun, daß 3750 Liter Wasser verbraucht wurden und
3090Würze (in welcher 188 Liter Malzextract enthalten sind)
abflossen,und daß die Treber 750 Liter Flüssigkeit zurückhalten: so
erhellt, daßwährend der Operation 3188 – 3090 = 98 Liter Wasser
verdampft sind;– das erheischt 196 × 440
86240
7)
Wärmeverlust = 1468240/10
146824
––––––––––––––
Insgesammt
1615064
Hiernach erschiene die hier beschriebene und berechnete Infusions-Methode kostspieliger in Bezug auf den Brennstoff, als die
Dickmaischbrauerei. Das ist aber nur scheinbar und hat
seinen Grund in der Art, wie der Nachguß applicirt wird.
Hier bei C ist nämlich ein die Trebern erschöpfender Nachguß von etwa 1550 Liter gemacht,
während bei A nur 300 Liter zur Verwendung kamen,
wodurch dann eine Menge Würze in den Trebern bleibt. Reducirt man das Quantum des
Anschwänzwassers bei C nur um 30 Proc. (wobei die
Auswaschung immer viel vollständiger ist als bei A), so
ergibt sich schon folgende günstigere Rechnung für C:
Wärme-Einheit.
1)
Bleibt unverändert
180000
2)
deßgl.
90000
3)
deßgl.
100000
4)
Zur Nachfüllung nur 260 Liter
36400
5)
Es fließen nur ab 2830 Liter Würze, welche
a) zur
Erwärmung auf 80° bedürfen
169800
b) zur
Verdampfung von 560 Liter
492800
6)
Bleibt unverändert
86240
7)
Reducirt sich auf
115524
––––––––––––––––––––
Insgesammt
1270764
Es resultirt hieraus, wie wichtig es ist das zum Einmaischen erforderliche
Wasserquantum auf den geringsten Satz zurückzuführen, um
für die Nachgüsse freie Hand zu behalten, ohne den Brennmaterial-Conto zu
sehr zu belasten. Und diese Ersparniß ist nur vermittelst der Anwendung des Dampfes durchführbar.
Man hat auch in der Kesselbrauerei den Versuch gemacht,
beim Infusions verfahren einen Lautermaisch zu ziehen und
kann dadurch allerdings den zur Verzuckerung nöthigen Wärmegrad mit geringern Wassermengen (wobei also schließlich weniger zu
verdampfen ist) erreichen. Es mag auch diese Methode noch hier Platz finden.
D. Infusionsverfahren mitLautermaischsieden.
Wärme-Einheit.
1)
Im Kessel sind 1800 Liter Wasser, welche auf 55° R.
erwärmtwerden. Wärmeverbrauch = 3600 × 55
198000
2)
Hiervon werden 1700 Liter in den Maischbottich
abgelassen,aufgemaischt, 700 Liter Lautermaisch von 45°
abgelassen undin dem Kessel zum Sieden gebracht durch 1400 ×
35
49000
3)
Der Gesammtinhalt des Kessels wird in den Maischbottich geleitetund
1600 Liter frisches Wasser (zum Anschwänzen) in denselbengebracht.
Diese erheischen, um zum Sieden erhitzt zu werden,3200 ×
70
224000
4)
Es fließen 2800 Liter Würze von 50° R. ab, welche auf 2270
Litereingedampft werden sollen, also bedarf
man: a) zur
Erhitzung von 2880 Liter bis zum Siedepunkt 5760 ×
30 b) zur
Verdampfung von 530 Liter 1060 × 440
172800466400
5)
Vergleicht man den Wasserverbrauch mit der producirten Würze,so
ergibt sich, daß 2838 – 2800 = 38 Liter Dampf entwichen sindmit
76 × 440
33440
6)
Der Wärmeverlust = 1143640/10
114364
––––––––––––––––––––
Zusammen
1258004
Da haben wir also einen recht vollendeten Nachguß von 1600 Litern und arbeiteten doch
mit außergewöhnlicher Brennstoffökonomie!
Ueberschauen wir nun noch diese Zahlengruppen, so können wir mit leichter Mühe daraus
die überaus wichtige Thatsache registriren, daß die in den
entwickelten Dampfmengen enthaltenen Wärmemengen ausreichen, um die zum
Einmaischen (und Dickmaischkochen) erforderlichen Wärmemengen zu decken. So
liefern uns z.B.
bei A die Position 1 bis 5
391588 Wärme-Einheiten,
und
die „
6 b) und
7
682000 „
so ferner bei der ökonomischten
Maischmethode:
D die Position 1
bis 3
471000 Wärme-Einheiten,
und
die „
4 b) und 5
499840
„
Damit ist denn auch aufs bündigste der Beweis geliefert, daß durch die Wiederbenützung der bis jetzt nutzlos entweichenden Würzedämpfe etwa
die Hälfte Brennstoff erspart wird. Das ist eines der Ziele, welche ich mit
meinem Dampfbrausystem erreichte, – das Nähere wolle man in den bei Hrn. T.
Fischer in Cassel
erschienenen Constructionszeichnungen des besagten Systems nachsehen.