Titel: | Beitrag zur Kenntniß des Aluminiums; von Carl Karmarsch. |
Fundstelle: | Band 152, Jahrgang 1859, Nr. CXVII., S. 441 |
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CXVII.
Beitrag zur Kenntniß des Aluminiums; von
Carl
Karmarsch.
Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
1859 S. 70.
Karmarsch, Beitrag zur Kenntniß des Aluminiums.
Im Jahrgänge 1855 der Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins, S. 337
(polytechn. Journal Bd. CXXXIX S. 210) habe
ich einige Nachrichten über dieses interessante Metall gegeben, zu denen das hier
Folgende als Nachtrag gelten mag. Ich benutze hierbei theils eigene Beobachtungen,
theils einen Aufsatz in Bleekrode's Nieuw Tijdschrift (1859,
Heft 3, S. 145–159), theils endlich verschiedene zerstreute Notizen.
1) Bereitung. – So viel bekannt, sind gegenwärtig
drei Aluminiumfabriken im Gange, zwei in Frankreich und eine in England. Die erste
französische Fabrik, begründet durch Deville, geleitet
von Paul Morin, ist zu Nanterre bei Paris und erzeugt
gegenwärtig monatlich 60 Kilogramme (= 120 Zollpfund) Aluminium; die zweite, zu
Amfreville-la-mi-voie bei Rouen, angelegt von W. Martin, liefert unter der Leitung von Charles und Alexander Tissier
monatlich 80 Kilogramme. Die englische Fabrik wurde ganz kürzlich von Gerhard in Battersea bei London eingerichtet und benutzt,
gleich der zu Amfreville, als Material den Kryolith; der Proceß besteht nämlich im
Schmelzen eines Gemenges von 270 Theilen Kryolithpulver mit 150 Theilen Kochsalz und
72 Theilen kleinzerschnittenem Natrium.
2) Verarbeitung. – In Paris ist man außerordentlich
thätig gewesen, um dem Aluminium praktische Anwendungen zu verschaffen, und da die
Neuheit und Merkwürdigkeit des Metalls dasselbe bald zu einem Gegenstande der Mode
stempelten, so gewann dessen Verarbeitung schnell eine gewisse Ausdehnung. Da
indessen der Preis des Aluminiums noch immer sehr hoch ist,Der anfängliche Preis des rohen Aluminiums von
3000 Franken für das Kilogramm ist zwar bis auf 300 Franken (d.h. 40 Rthlr.
für das Zollpfund) gesunken; allein selbst dieß macht noch das 1 1/3 fache
vom Preise des feinen Silbers oder fast das Doppelte vom Preise des
12öthigen Silbers aus. Die Fabrik in Nanterre hat sich erboten, das
Kilogramm für 100 Franken zu liefern, wenn mindestens 100 Kilogramm auf
einmal bestellt würden; dieß wäre 13 1/3 Rthlr. für 1 Zollpfund. Gerhard in Battersea soll eine Bestellung von 500
englischen Unzen = 31 Zollpfund angenommen und den dabei gebotenen Preis von
3 3/4 Shilling pro Unze (20 Rthlr. pro Zollpfund) genehmigt haben. so beschränkt zur Zeit seine Anwendung sich auf Gegenstände des Luxus. Ich
habe verschiedene derartige in Paris verfertigte Waaren für die technologische
Sammlung der polytechnischen Schule in Hannover erkauft, namentlich ein doppeltes
Opernglas, eine kleine runde Dose, ein Taschenbuch mit Aluminium-Deckeln,
mehrere Armbänder, Brechen, Ohrgehänge etc. und kann bezeugen, daß dieselben durch
geschmackvolle Form und Ausarbeitung sich hervorthun; das gepunzte Matt und die
vortrefflichen Ciselirungen machen eine ausgezeichnete Wirkung.
Bisher fand eine eigenthümliche Schwierigkeit der Aluminium-Verarbeitung
dadurch statt, daß man kein Verfahren kannte, dieses Metall zu löthen; denn die
gewöhnliche Methode des Hartlöthens ist unanwendbar, weil der Borax das Metall
angreift und oxydirt. Dem scheint indessen jetzt abgeholfen zu seyn, nachdem Mourey eine Anleitung zum Löthen des Aluminiums gegeben
hat. Er bedient sich dazu eines kleinen Löthkolbens von
Aluminium und als Loth verschiedener Mischungen aus Aluminium und Zink (in
100 Theilen des Gemisches 6 bis 20 Theile Aluminium enthaltend); das Verfahren,
welches große Sorgfalt und Geschicklichkeit zu erfordern scheint, ist am besten von
Schwarz beschrieben worden (polytechn. Journal Bd. CLI S. 384).
3) Eigenschaften. – Alles bisher fabrikmäßig
dargestellte Aluminium ist nicht rein, sondern enthält
mindestens einige Procent Eisen. Regnault und Salvetat fanden in einer Probe aus der ersten Zeit der
Deville'schen Fabrication nicht weniger als 11,5
Proc. Verunreinigungen, nämlich 6,5 Proc. Kupfer, 2,5 Proc. Eisen und 2,5 Procent
Silicium. Heeren, welcher das von mir 1855 aus Paris
mitgebrachte Aluminium untersuchte, entdeckte darin 4,6 Proc. Eisen. Nach Mallett's Analyse enthielt eine in
Paris gekaufte Probe 4,88 Proc. Eisen und 2,15 Proc. Silicium; eine andere in Berlin
bereitete 3,29 Proc. Eisen und 0,45 Proc. Silicium. Ein Stück, zu Paris 1856 gekauft
und nachher im Haag verarbeitet, zeigte einen Gehalt von 7,55 Procent Eisen und 0,45
Procent Silicium. Dumas, der durch seine Stellung am besten in der Lage
gewesen wäre, reines Aluminium zu erlangen und desselben zu einer genauen chemischen
Arbeit bedurfte, erklärt ausdrücklich: es sey ihm unmöglich gewesen dasselbe
aufzutreiben. Er mußte sich mit zwei Sorten begnügen, von welchen die eine 6,8 Proc.
Eisen neben 0,7 Proc. Silicium, die andere 3,37 Proc. Eisen neben 0,47 Proc.
Silicium enthielt (s. Annales de Chimie et de Physique,
Februar 1859, S. 152–153). Endlich habe ich so eben (März 1859) durch Hrn.
Dr. Marquart in Bonn
Blech und Draht von Aluminium (ohne Zweifel aus Paris stammend) empfangen, welche
eben so wenig rein sind, da nach einer von Hrn. Dr. Kraut im Laboratorium unserer polytechnischen Schule
vorgenommenen Untersuchung darin durchschnittlich 1,6 Proc. Eisen und 3,7 Proc.
Silicium enthalten sind.In drei verschiedenen Proben wurde der Eisengehalt beziehungsweise zu
1,16–1,60–1,91 Proc. gefunden, wodurch sich die von Dumas gemachte Beobachtung bestätigt, daß das
Eisen nicht gleichmäßig vertheilt in der Masse vorkommt. – Der in
Säuren unlösliche Rückstand, welcher als Silicium geachtet wird, ist
vielleicht eine Verbindung von Silicium mit Aluminium.
Dem reinen Aluminium wird eine silberweiße Farbe zugeschrieben; alles im Handel
vorkommende Aluminium ist weit von dieser entfernt und wenig von der Farbe des
Platins verschieden. Das gepunzte Matt auf verarbeitetem Metalle hat eine noch
dunklere graue Farbe, welche indessen neben den Glanzstellen recht angenehm
hervortritt.
Die Streckung des gegossenen Aluminiums unter dem Walzwerke geht, nach Erfahrungen
des Hrn. Hoffabrikanten
Eichwede in Hannover, am besten von statten, wenn dabei das Metall
fortwährend auf einem Wärmegrade erhalten wird, ungefähr gleich dem, bei welchem man
Zinkbleche zu walzen pflegt. Der Gußstab muß direct unter die Walzen gebracht und
das Anziehen der Walzen anfangs sehr behutsam geschehen; ein Vorschlagen mit dem
Hammer ist nicht zweckmäßig, befördert vielmehr das Einreißen der Kanten. Ist die
Streckung einmal zu einem gewissen Grade gediehen, so zeigt sich das Metall sehr
geschmeidig. Blech und Draht, welche ich, wie oben erwähnt, von Bonn bezogen habe,
geben den Beweis hiervon. Das Blech (0,5 Millimeter dick) kann an derselben Stelle
vielmal hin und her gebogen werden bis es abbricht. Der Draht (5 Millimeter und 4,1
Millimeter dick) läßt sich breit und dünn aushämmern ohne Kantenrisse zu bekommen.
Ich habe mit demselben Versuche über weitere Verfeinerung durch Ziehen angestellt.
Ein Stück von 4,1 Millimeter Dicke wurde durch 32 Löcher auf 1,75 Millimeter
verdünnt und hielt diese Behandlung sehr gut aus; dann aber riß er im 33sten Loche
wiederholt ab. Ich glühte ihn deßhalb in einer Weingeistflamme (wobei der Grad des
allerschwächsten, im
Schatten eben noch erkennbaren Rothglühens nicht überschritten werden darf, weil
sonst eine der Festigkeit sehr nachtheilige Annäherung zum Schmelzen oder das
Schmelzen selbst erfolgt), und bewirkte damit die Herstellung einer ungemeinen
Weichheit und Biegsamkeit. Beim alsdann fortgesetzten Ziehen trat jedoch Härte und
Sprödigkeit schnell wieder ein, so daß schon im 7ten Loche (Durchmesser 1,29
Millimeter) der Draht mehrmals abriß und man zu erneuertem Glühen schreiten mußte.
Hierauf noch ferner durch 11 Löcher bis zu 0,75 Millimeter ausgezogen, gab der Draht
zu der Beobachtung Gelegenheit, daß mit steigender Verfeinerung das Abreißen immer
häufiger eintrat. Ich glaube daher, daß noch feinere Drähte nur mit vieler Mühe und
Behutsamkeit herzustellen seyn werden.
Der durch den beschriebenen Arbeitsgang verfertigte 0,75 Millimeter dicke Draht war
so spröde, daß er sich gar nicht biegen ließ ohne zu brechen; ein anderer Draht, nur
bis zu 2,22 Millimet. ausgezogen, brach ebenfalls sofort, wenn er einmal im rechten
Winkel umgebogen wurde: durch Ausglühen erlangten aber beide einen hohen Grad von
Biegsamkeit und Geschmeidigkeit.
Ueber die Festigkeit des Aluminiums hat Burg (Mittheilungen des niederösterreichischen
Gewerbevereins, 1858 S. 530, polytechnisches Journal Bd. CLI S. 286) einige Versuche bekannt
gemacht. Er zerriß Stäbchen von 1/9 bis 1/6 Quadratzoll Querschnitt und erhielt
dabei folgende Resultate:
Festigkeit für 1 Quadratmillimeter
Querschnittin Zollpfunden.
a) Guß, zerriß durch 13570 und 13610 Wiener Pfund,
im Mittel 13590 Wiener Pfund pro Wiener Quadratzoll;
dieß beträgt
21,94
b) Kalt
gehämmert, 25120 Wiener Pfund auf
1 Wiener Quadratzoll
40,55
c) Umgeschmolzen und kalt
gehämmert, 16900 Wiener Pfund auf 1
Wiener Quadratzoll
27,28
Hiernach setzt Burg, rücksichtlich der absoluten
Festigkeit, das gegossene Aluminium zwischen Zink und gegossenes Kupfer, das gut
gehämmerte aber zwischen gegossenes und gehämmertes Kupfer.
Ich selbst habe zwei von mir gezogene Aluminium-Drähte zu Zerreißungsversuchen benutzt. Dieselben mußten hierbei im ausgeglühten Zustande angewendet werden, weil sie
unmittelbar nach dem Ziehen sich so zerbrechlich zeigten, daß die zur Befestigung im
Zerreißungsapparate erforderlichen Biegungen nicht gemacht werden konnten. Der erste
Draht war 2,22
Millimeter dick und wurde durch 94 Zollpfund (= 47 Kilogr.) zerrissen, wonach die
Festigkeit für 1 Quadratmillimet. Querschnitt sich zu 24,29 Zollpfund ergibt. Der
zweite, 1,75 Millimet. dick, zerriß bei zwei Versuchen durch 50,6 und 52,8
Zollpfund, woraus der Durchschnitt = 51,7 ist, oder für 1 Quadratmillimet.
Querschnitt 21,54 Zollpfund. Das Mittel der für beide Drähte gefundenen Resultate
ist demnach 22,91 Zollpfund, wofür in runder Zahl 23 gesetzt werden mag.
Um nun in Ansehung der Festigkeit eine Vergleichung der Aluminiumdrähte mit anderen
zu Draht gezogenen Metallen möglich zu machen, stelle ich in folgender Tabelle
Zerreißungs-Resultate verschiedener, an Dicke möglichst ähnlicher
Drahtgattungen zusammen. Die mit meinem Namen bezeichneten sind aus einer größern
Reihe von Versuchen entnommen, worüber ich vor langer Zeit eine Abhandlung im XVIII.
Bande der Jahrbücher des Wiener polytechnischen Instituts (Wien 1834) veröffentlicht
habe.
Textabbildung Bd. 152, S. 445
Art des Drahtes; Name des
Experimentators; Draht-Dicke; Zerreißendes Gewicht; Festigkeit für 1
Qdrt.-Millimeter Querschnitt; Eisendraht; Mittelzahl; Ausgeglühter
Eisendraht; Stahldraht; Stahldraht geglüht; Messingdraht; Geglühter
Messingdraht; Guyton de Morveau; Dufour; Karmarsch; Brix
Textabbildung Bd. 152, S. 446
Art des Drahtes; Name des
Experimentators; Draht-Dicke; Zerreißendes Gewicht; Festigkeit für 1
Qdrt.-Millimeter Querschnitt; Kupferdraht; Mittelzahl; Geglühter
Kupferdraht; Zinkdraht; Argentandraht; Argentandraht geglüht; Bleidraht;
Platindraht; Platindraht. geglüht; Silberdraht (fein); Silberdraht geglüht;
Silberdraht (12löthig); Golddraht, fein (Dukatengold); Golddraht geglüht;
Golddraht (Pistolengold = 65 Gold + 7 Kupfer); Cytelwein; Golddraht, 14kar. (=
14 Gold + 7 Kupfer + 3 Silb.); Karmarsch
Reiht man die durchschnittlichen Festigkeiten, welche hiernach für Drähte von etwa 1
bis 2,5 Millimeter Dicke gelten, nach der Stufenfolge an einander, so gewinnt man
folgende Uebersicht:
Zollpfund für1
QuadratmillimeterQuerschnitt.
14karatiges Gold,
hartgezogen
187
Stahl,
„
173
Argentan,
„
145
Eisen,
„
139
14karatiges Gold, geglüht
138
12löthiges Silber, hartgezogen
127
Stahl, geglüht
122
Messing, hartgezogen
119
Argentan, geglüht
103
Pistolengold, hartgezogen
92
Kupfer,
„
81
12löthiges Silber, geglüht
80
Eisen, „
72
Platin, hartgezogen
68
Messing, geglüht
65
fein Silber, hartgezogen
64
Platin, geglüht
55
Kupfer, „
47
fein Gold, hartgezogen
41
„ Silber,
geglüht
36
„
Gold, „
34
Zink
28
Aluminium, geglüht
23
Zinn
7,7
Blei
4
Man bemerkt den niedrigen Rang, welchen das Aluminium einnimmt. Die Festigkeit des
ganz reinen (eisenfreien) Aluminiums würde sich ohne Zweifel noch niedriger stellen,
als die des untersuchten eisenhaltigen gefunden ist. Aus dem oben mitgetheilten
Grunde habe ich keinen Zerreißungsversuch mit hartgezogenem Aluminiumdrahte anstellen können. Darf man aus Burg's Beobachtungen an
hart-gehämmerten Stäbchen eine Vermuthung
ableiten, so würde der harte Draht höchstens eine
Festigkeit von 40 Zollpfund pro Quadratmillimeter
zeigen, demnach etwa dem hartgezogenen Feingolde sich gleichstellen.