Titel: | Verbesserungen an Mule- und Waterspinnmaschinen, von S. C. Listerund Comp. in Uebigau bei Dresden. |
Fundstelle: | Band 155, Jahrgang 1860, Nr. LXXIX., S. 264 |
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LXXIX.
Verbesserungen an Mule- und
Waterspinnmaschinen, von S. C. Listerund Comp. in Uebigau bei Dresden.
Patentirt in Bayern am 16. December 1856. –
Aus dem bayerischen
Kunst- und Gewerbeblatt, 1859 S. 40.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Lister's Verbesserungen an Mule- und
Waterspinnmaschinen.
Was zunächst die Verbesserung an Mulemaschinen betrifft, so bezieht sich dieselbe auf
den Theil an selbstthätigen Mulemaschinen, den man gewöhnlich den Gegenwinder nennt
und der dazu dient, den Fäden die erforderliche Spannung beim Aufwinden zu geben.
Bis jetzt gab man diese nöthige Spannung durch Gewichte, welche auf alle Fäden
zugleich einwirkten. Da inzwischen in diesem Falle die Spannung nicht gleichmäßig
jedem einzelnen Faden verliehen werden kann, so reißen die Fäden hie und da und
verursachen Abgang (Verlust an Garn). Wegen dieses Uebelstandes werden gewöhnlich
die feineren Garnnummern auf Handmulemaschinen gesponnen, auf denen der Spinner es
im Gefühl der Hand hat, die Spannung nach Erforderniß abzuregeln.
Die Neuerung besteht darin, daß man auf dem Gegenwinder einen Hebel von etwa 12 Zoll
Länge anbringt, der so gestellt ist, daß er auf einer sogenannten Formschiene
gleitet, die ihrerseits wieder bewirkt, daß der Gegenwinder bei jeder Stufe der Aufwindung des Garns
auf den Kötzer der Spindel steigt und fällt. Unten hat man noch einen zweiten
Winderdraht, um dem Garne die gehörige Spannung zu geben, wenn das Aufwinden vor
sich geht, was durch die Formschiene geschieht. Jener Draht, der in einer geeigneten
Winkelrichtung und dicht am Kötzer arbeitet, wirkt darauf hin, daß das Garn
festgewunden werde, ohne doch auf den noch nicht zum Aufwinden gelangenden Theil des
Fadens einen nachtheiligen Zug zu äußern. Die Patentträger finden es inzwischen noch
vortheilhafter, auf den Gegenwinderdraht einen besonderen Spanner für jeden
einzelnen Faden anzubringen, der gerade schwer genug ist, um das richtige Maaß der
Spannung eben jedes einzelnen Fadens herbeizuführen. Doch möge hier die Bemerkung
Platz greifen, daß man diese Anordnung in der Zahl abwandeln kann, so zwar, daß man
statt jeden einzelnen Faden mit einem Spanner zu versorgen, zwei oder drei Fäden
zusammennimmt.
Eine fernere Neuerung bezieht sich auf den Bau von Flügelspindeln zu Drossel-
oder Waterspinnmaschinen, so zwar, daß die Spindeln selbst dort, worauf die Spulen
gesteckt werden, dünner zu machen sind, und in Folge davon auch die Spulen, woraus
hervorgeht, daß bei einer gegebenen Größe der Flügel mehr Garn auf die Spulen
gewunden werden kann. Um nun aber die aus der Spindelverdünnung entspringende
größere Neigung zur Zitterung bei rascher Bewegung aufzuheben, ist die Spitze des
Flügels zu einer kurzen Korkzieherspirale ausgewunden, die, für jede Spirale
besonders, sich in einem in einer oben längs hinlaufenden Schiene befindlichen Loche
bewegt, wodurch alle Seitenschwankungen der Flügelspindel, bei raschester Drehung,
verhindert werden.
Für manche Behufe ist es erforderlich, das Garn auf dünne Röhren anstatt auf Spulen
zu winden, wozu Gutta-percha, Kautschuk oder irgend ein Metall, welches der
Feuchtigkeit widersteht, aus dem Grund angewendet werden muß, weil eine fernere
Neuerung ist, daß die Baumwolle naß versponnen und, zu dem Ende, anstatt die
Cylinder jetzt mit Leder überzogen, dieselben mit irgend einem wasserwidrigen
Stoffe, z.B. Gutta-percha überzogen, benutzt werden, wie auch Messingcylinder
anstatt Eisencylinder angewendet werden.
Bis jetzt werden die Aufwinder bei selbstspinnenden Mulemaschinen gehandhabt wie es
in der Skizze Fig.
16 der zugehörigen Abbildungen gezeichnet ist. a ist der obere Aufwinder, b der untere
Gegenwinder. Der Aufwinder a wird durch Gewichte
abgeregelt, der Gegenwinder b durch eine Feder. Beide
stehen durch eine Kette mit einander in Verbindung, so daß, wenn der Gegenwinder
fällt, der Aufwinder bis zu einer gewissen Höhe sich erhebt. Demgemäß muß das Regulirgewicht für
400- bis 500 spindelige selbstspinnende Mulemaschinen so schwer gemacht
werden, daß die Aufwinder nicht richtig zu arbeiten vermögen und eine zu große
Spannung auf den Fäden liegt, wodurch Fadenreißen und Abgang entspringt.
Zur Abstellung dieser Unzuträglichkeiten wird nun auf den Gegenwinder (Fig. 17) ein
Hebel von etwa 12 Zoll Länge gelegt und so angeordnet, daß er auf einer wellenförmig
geformten Schiene leitet. Diese ist so gestaltet, daß der Gegenwinder an jedem
Punkte steigen und fallen kann und den eigentlichen Aufwinder a' an jeden Punkt zu führen vermag, der passend erscheint, bei der Arbeit
des Auswindens des Garns auf die Spindel den Kötzer zu bilden. Unten befindet sich
noch ein zweiter Windedraht d, der dazu dient, beim
Aufwinden des Garns diesem die richtige Spannung zu geben. Dieser Draht bewirkt
durch eine entsprechende Winkelrichtung dicht am Garnkötzer das feste Aufwickeln des
Fadens ohne Nachtheil für den Faden.
In der ferneren Neuerung, die in Fig. 18 gezeichnet, ist,
wird auf den Gegenwinderdraht b² ein besonderer
Spanner c für jeden einzelnen Faden gelegt. Dieser
Spanner ist gerade ausreichend schwer, um das gehörige Spannungsmaaß jedem einzelnen
Faden zu verleihen. Doch kann man auch mehrere Fäden von einem Spanner bewältigen
lassen. Unter Beihülfe jenes Spanners vermögen die beiden Spindelwinder a² und b² wie
immer zu steigen, zu fallen, ohne das Garn mehr anzuspannen, als das Hebelchen c für jeden einzelnen Faden erlaubt.
In Fig. 19 und
20 ist
die Verbesserung an den Flügelspindeln für Watermaschinen versinnlicht. a ist eine Korkzieherspitze, die sich in der oberen
Längenschiene b bewegt. Aus dieser Anordnung folgt, daß
die Spindel, worauf die Röhrchen oder Spulen für Aufnahme des Garns gesteckt werden,
viel dünner als seither gemacht werden können, und demzufolge kann auch das Röhrchen
von kleinerem Durchmesser seyn zur Aufnahme von mehr Garnwindungen bei einer
gegebenen Flügelgröße. Dadurch, daß die Korkzieherwindung, durch welche der Faden
von dem Cylinder zur Flügelspindel zugeführt ist, sich in einem Loche der Schiene
bewegt, fallen die Zitterungen hinweg, die andererseits bei Verdünnung der Spindel
und schneller Bewegung sehr nachtheiligen Einfluß äußern würden.
Es hat sich ferner in Folge vieler Versuche gezeigt, daß es in vielen Fällen höchst
vortheilhaft ist, Baumwolle naß zu verspinnen, was die Patentträger dadurch
bewirken, daß sie die zuvor vorgesponnene Baumwolle (das Vorgespinnst) durch einen
Trog mit warmem Wasser gehen lassen, ehe es zu den Streckcylindern gelangt, die in
diesem Falle aus Messing und anderen wasserwidrigen Materialien gemacht sind.