Titel: | Bemerkungen über den Zuckergehalt des Runkelrübensaftes und über die Zuckerbestimmung durch Polarisation, so wie über einige damit zusammenhängende Erscheinungen; von Dr. C. Stammer. |
Autor: | Karl Stammer [GND] |
Fundstelle: | Band 155, Jahrgang 1860, Nr. CX., S. 379 |
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CX.
Bemerkungen über den Zuckergehalt des
Runkelrübensaftes und über die Zuckerbestimmung durch Polarisation, so wie über einige
damit zusammenhängende Erscheinungen; von Dr. C. Stammer.
Stammer, über den Zuckergehalt des Runkelrübensaftes und über die
Zuckerbestimmung durch Polarisation.
Bei den sehr zahlreichen Untersuchungen, welche ich im Laufe der dießjährigen
Campagne in Rücksicht auf den Zuckergehalt von Runkelrüben und verschiedenen
Fabricationsproducten angestellt habe, bin ich zu einigen Resultaten gelangt, die
zur Aufklärung und größerer Sicherstellung mancher Erscheinungen beitragen dürften,
und die ich daher hier zusammenstellen will, hoffend, daß diese Bemerkungen Anlaß zu
anderweitigen Mittheilungen über entsprechende Thatsachen und mithin zu immer
bestimmteren Kenntnissen über die Zuckerfabrication führen mögen.
Die zu besprechenden Rübenuntersuchungen sind sämmtlich in der Weise ausgeführt, daß
der durch Zerreiben der Rüben und Auspressen des Breies gewonnene Saft zunächst mit einer genauen Balling'schen Spindel geprüft und dann nach dem Ausfällen
mit 1/10 Volumen Bleiessig, mittelst eines vorzüglichen Ventzke'schen Instrumentes polarisirt wurde. So wird nicht allein der
absolute Zuckergehalt des Saftes gefunden, sondern auch aus dem Verhältniß zwischen
den Procenten Ball. und den Polarisationsprocenten ein
Schluß auf den relativen Zuckergehalt ermöglicht, der
zwar nicht absolut, aber doch relativ ziemlich richtig und zum Vergleich verschiedener Rübensäfte vom
größten Werthe ist, wie dieß jetzt auch allgemein anerkannt wird.
1. Zuckergehalt von in Samen geschossenen Rüben. Es ist
eine bekannte, durch öfters wiederholte Versuche erwiesene Thatsache, daß Rüben, die
im zweiten Jahre behufs der Samenzucht verpflanzt werden, während dieser zweiten
Entwickelungsperiode sehr rasch an Zuckergehalt abnehmen und man pflegt demnach auch
die im ersten Jahre ausnahmsweise Stengel (und Blüthen) tragenden Rüben nur sehr ungern zu
sehen und als eine Quelle des Verlustes zu betrachten. Mehrere Untersuchungen
solcher „geschossener“ Rüben haben indeß ganz übereinstimmend
das Gegentheil dargethan. Zum Vergleichen mit den geschossenen Rüben wurden 6
normale Rüben von einem Felde und 3 geschossene von demselben Felde und ähnlicher
Größe ausgewählt und von jenen je drei und drei zusammen, diese aber einzeln
geprüft. Dabei ergaben drei Rüben von einem Durchschnittsgewicht von 27 Loth einen
Saft von 12 1/2 Proc. Balling bei einer Polarisation von
11,4 Proc. (des Saftes), die anderen drei von einem
Durchschnittsgewicht von 20 Loth einen Saft von 13 Proc. Balling und 11,1 Proc. Polarisation. Für die drei geschossenen Rüben aber
wurden folgende Zahlen gefunden:
Nr. 1
wog
34 Loth;
Saft
14 – 15 Proc.
Ball.,
12,7 Proc.
Polarisation
Nr. 2
„
10 „
„
10 – 17 „
„
15,4 „
„
Nr. 3
„
20 „
„
17 – 18 „
„
17,2 „
„
Die Bestimmung der Procente Ball. ist bei der geringen zu
Gebote stehenden Saftmenge mit einem sehr kleinen Aräometer gemacht, und daher nicht
ganz genau anzugeben. Das Entwickelungsstadium war für diese 3 Rüben verschieden:
Nr. 1 trug einen mit Knospen versehenen Stengel, Nr. 2
hatte eben aufbrechende Blüthen, Nr. 3 befand sich in voller Blüthe.
Die Zahlen sind merkwürdig und für den in Rede stehenden Fall ohne Zweifel
entscheidend. Ich will daraus indessen nicht den vielleicht sehr nahe liegenden
Schluß ziehen, daß die Rüben während dieser abnormen Blüthenperiode an Zucker
zunehmen, sondern es ist gewiß richtiger, anzunehmen, daß gerade die besonders
zuckerreichen Rüben zur Stengelbildung geneigt sind, und daß man also einen Fehlgriff macht, wenn
man die geschossenen Rüben von der Ernte ausscheidet. Nach dem Ergebniß dieser
Untersuchung ist es vielmehr angezeigt, nur die Stengel, kurz ehe die Ernte beginnt,
so viel wie thunlich abzuschneiden.
Ich mache noch besonders auf den sehr merkwürdigen Saft von Nr. 3 aufmerksam. Bei
demselben beträgt (18 Proc. Balling angenommen) die
Aräometeranzeige für Salze u.s.w. nur 0,8 Proc. Ball. auf
18 Proc., oder es ist der Zuckergehalt 95,5 Proc. der im Saft gelösten trockenen
Substanz (der „Zuckergehaltsquotient“ ist demnach 0,95), gewiß
ein selten vorkommender Fall, und der uns zeigt, welche Rüben, wenn auch bis jetzt
nur ausnahmsweise, vorkommen können! Oder sollte der
Salzgehalt während der Stengelbildung so bedeutend abgenommen haben?
2. Verschiedenheit des Zuckergehaltes in den einzelnen Theilen
der Rübe. In Bezug auf den Zuckergehalt des Rübensaftes aus dem oberen,
mittleren und unteren Theile der Rübe herrschen noch manche irrige Ansichten. Der
des oberen Theiles, wie er (nach dem Entfernen sämmtlicher Blattansätze und
blattartigen Theile) mit grüner Oberfläche verbleibt, ist
allerdings geringer als der des mittleren Haupttheiles, jedoch ist der Unterschied
geringer als man allgemein annimmt; die Spitzen der Rüben, die sogenannten Schwänze, hört man bald als die zuckerreichsten Theile
loben, bald als die zuckerärmeren verwerfen. Folgende Thatsachen dürften den
Sachverhalt richtig darstellen.
a. Eine Rübe von 2 1/2 Pfd. Gewicht, mit weit zur Mitte
hin verbreiteter grüner Farbe der äußern Schale, wurde etwa an der Gränze dieses
grünen Obertheils zerschnitten und dann beide Theile einzeln untersucht. Der Saft
zeigte:
oben:
12 Proc.
Ball.
und
9,8 Proc.
Polarisation
unten:
12 1/2 „
„
„
9,9 „
„
(der obere Theil war also in Bezug auf den relativen Zuckergehalt sogar etwas
besser).
b. Eine Probe von 7 Rüben im Durchschnittsgewicht von 39
Loth ergab ein etwas abweichendes Resultat; der Saft zeigte
oben:
14 Proc.
Ball.
bei
11,3 Proc.
Polarisation
unten:
14 „
„
12,1 „
„
(der Unterschied ist hier zwar deutlich ausgesprochen, doch nicht so groß, wie
allgemein angenommen).
c. Von einem größeren Quantum stark grünköpfiger Rüben
wurde ein Theil gekappt, ein anderer ungekappt zur Reibe gebracht und dann jedesmal
eine Durchschnittsprobe Saft aus etwa 5 Centner Rüben zur Untersuchung genommen.
Dieselbe ergab
bei den
gekappten Rüben
12,8 Proc.
Ball.
bei
10,8 Proc.
Polarisation
„ „
ungekappten Rüben
12,8 „
„
„
10,3 „
„
Demnach ist eine bestimmte Größe des Unterschieds in Folge der Verschiedenheit der
Rüben sowie der Abweichungen in der Stärke des Kappens und der Vorbereitung auf dem
Felde nicht wohl festzusetzen, doch dürfte er bei dem hohen Steuersatze immerhin
einer sorgfältigen Berücksichtigung werth seyn.
Um den Zuckergehalt der Schwänze zu bestimmen, ließ ich
etwa einen Centner dieser Rübenspitzen für sich über die Reiben gehen und
untersuchte den erhaltenen Brei. Der Saft desselben ergab gleichen relativen wie absoluten Zuckergehalt mit dem Durchschnittsmuster
aus den zugleich verarbeiteten Rüben. Hieraus erhellt, daß die beiden oben
angedeuteten Ansichten gleich unrichtig sind.
Dasselbe gilt für die viel verbreitete Meinung, als ob die Rüben zu verschiedenen
Zeiten des Pressens Saft von verschiedenem Gehalte geben. Zahlreiche Proben, in
dieser Richtung augestellt, haben mich überzeugt, daß kein bemerkenswerter
Unterschied zu erkennen ist zwischen dem Saft, wie er zu Anfang des Pressens, oder
wie er später abläuft, vorausgesetzt, daß kein Wasser auf die Rüben gelassen wird
und daß die Preßtücher ebenfalls mit reinem, unverdünntem
Rübensaft imprägnirt sind.
3. Zuckergehalt der Rüben je nach der Zeit der Aussaat. Im
Allgemeinen gilt zwar die Regel, daß der Zuckergehalt der Rüben um so höher zu
erwarten ist, je früher man den Samen legen kann, weil eine um so vollkommenere
Reife eintritt. Der Sommer 1859 machte aber wenigstens in einem großen Theile
Schlesiens eine Ausnahme hierfür, indem im Allgemeinen
die später gesäeten Rüben besser ausfielen, als die früh gesäeten. Der erste, schon
spät (aber um die Mitte August) eingetretene Regen konnte nämlich den ausnahmsweise
spät gesäeten Rüben noch zur Entwickelung einer regelmäßigen Reife zu Gute kommen,
während die früher gelieferten bereits eine gewisse Reife, wenn auch bei sonst
geringer Entwickelung, erlangt hatten und nunmehr eine zweite Wachsthumsperiode
anfingen. Damit stimmt die Beobachtung überein, daß nach dem Einfluß dieses ersten
anhaltenden Regens eine sehr erhebliche Abnahme im
Zuckergehalt bei denjenigen Rüben gefunden wurde, welche zur gewöhnlichen Zeit
gesäet waren. Auch war in Folge davon bei den zuerst und etwas frühzeitig geernteten
Quantitäten die Qualität nicht befriedigend, während sie sich später, nachdem
längere Zeit gutes Wetter angedauert hatte, und die Ernte deßhalb thunlichst
verzögert worden, fast überall sehr erheblich besserte und im Allgemeinen einen kaum
noch gehofften Zuckergehalt der Rüben herausstellte.
4. Zuckergehalt der gelben Runkelrübe. Da bei einer
Rübenlieferung durch Zufall sich eine größere Anzahl der gelben deutschen
Runkelrüben, mit gelber Schale und gelbem Fleische, befand, so sah ich mich zu einer
Bestimmung ihres Zuckergehaltes veranlaßt. Derselbe wird bekanntlich als dem der
gewöhnlichen weißen (schlesischen) Rübe merklich nachstehend angenommen, was sich
indeß nicht bestätigt fand. Bei einzelnen Rüben war die Polarisation entschieden
höher als die der gewöhnlichen, und eine Durchschnittsprobe von einem Centner Rüben
gab einen Saft von genau gleichem Gehalt wie die
Durchschnittsprobe der übrigen Rüben der gleichen Lieferung.
Zu bemerken ist indeß, daß der Saft deutlich orange gefärbt war, und auch nach dem Ausfällen mit Bleiessig eine intensiv gelbe
Farbe behielt – ein Beweis dafür, daß hier ein Farbstoff vorliegt, der nur
schwierig zu entfernen seyn wird.
5. Polarisation gewisser, schwer zu polarisiren der Säfte.
Es kommen nicht selten Zucker oder Syrupe zur Untersuchung, welche, auf die
gewöhnliche Weise mit 1/10 Volumen Bleiessig entfärbt, nur eine trübe, gar nicht zur
Polarisation anzuwendende Flüssigkeit liefern. Für solche Fälle ist die Vorschrift
gegeben, nur eine geringere Menge Bleiessig und statt des Uebrigen eine concentrirte
Lösung von Alaun zuzufügen. Ich kann dagegen ein anderes, viel einfacheres
Auskunftsmittel empfehlen: die Trübung in der durchlaufenden Flüssigkeit, welche
dann noch außerdem die sehr störende Eigenschaft hat, fast gar nicht durchs Filter
zu laufen, rührt nur von einem Zuviel an Bleiessig her; man setze also in diesem
Falle nur die eben erforderliche, bisweilen sehr geringe Menge Bleiessig hinzu und
fülle den Rest des zur Berechnung erforderlichen Volumens mit destillirtem Wasser
aus; oder man mische den Bleiessig in einem graduirten Cylinder zur Lösung und ziehe
nur das angewandte Volumen zur Berechnung. Der Punkt, wo man mit dem Bleiessigzusatz
aufhören muß, ist nicht schwer zu treffen, wenn man darauf achtet, nur so viel
zuzusetzen, daß ein käsiger oder flockiger, sich leicht absetzender, nicht aber ein
feiner leichter Niederschlag entsteht. Zu wenig Bleiessig schadet nichts; oft
reichen wenige Tropfen aus, die bei Süßwassern etc. dann gar nicht berücksichtigt zu
werden brauchen. Läuft trotz dieser Vorsicht, wie es dennoch zuweilen geschehen mag,
die Lösung etwas milchig durchs Filter und will man nicht wieder von vorne anfangen,
so reicht es immer hin, das Durchgelaufene mit einem Glasstab umzurühren, der mit
ein wenig Essigsäure befeuchtet ist. Die hiedurch etwa bewirkte Volumenvermehrung
ist ohne Einfluß. Zusatz von Essigsäure vor dem Filtriren gibt zwar auch
ein klareres Filtrat, vernichtet aber fast gänzlich die Wirkung des Bleiessigs.
Nicht selten kommen sehr dunkle Syrupe, Melassen u.s.w.
zur Polarisation. Wenn man diese auch mit 1/4 statt mit 1/10 Vol. Bleiessig fällt
und nur die Röhre von 1/4 Länge in dem Polarisationsinstrument anwendet, so ist es
doch häufig der Fall, daß bei der vorgeschriebenen großen Dichtigkeit der Lösung
(1,100 oder etwa 24 Proc. Ball.) diese so dunkel bleibt,
daß eine richtige Einstellung des Instrumentes unmöglich wird. Die Entfärbung mit
Knochenkohle ist sehr umständlich und gibt zu Aufenthalt und Ungenauigkeit Anlaß. Es
wird aber vielleicht nicht allgemein berücksichtigt, daß die Procente Zucker der trockenen Substanz, wie sie die Polarisation jener
vorschriftmäßig dichten Lösung ergibt, ebensowohl auf die Anzeigen des Aräometers
basirt sind, ob dasselbe nach specifischem Gewichte oder nach Balling'schen oder Brix'schen Procenten
graduirt ist. Es folgt daraus, daß eine Polarisation verdünnter Lösungen, deren specifisches Gewicht oder deren Procentgehalt
nach Ball. oder Br. bekannt ist, wenn man die Grade des
Polarisations-Instrumentes nach Tab. IV des Ventzke'schen Leitfadens (wie bei Rübensäften) abliest und sie dann auf
100 Th. gelöster Substanz berechnet, dasselbe Resultat
liefern muß, wie wenn man dieselbe Lösung bei der vorgeschriebenen größeren
Dichtigkeit von 1,100 polarisirte und die Grade der Scala direct als Procente
abliest, um sie nur nach Tab I und III zu corrigiren.
Man mache den Versuch mit Deckkläre, oder einer andern reinen Zuckerlösung. Sie wird
bei einem specifischen Gewicht von 1,100 genau 100 Proc. der trockenen Substanz
polarisiren. Man verdünne sie dann z.B. auf 8 Proc. Ball.
oder Br., so wird sie 31,7 Grade oder 8,0 Proc. polarisiren. Da die Lösung 8 Proc.
gelöste Bestandtheile enthält, so macht das ebenfalls 100 Proc. der trockenen
Substanz. Für salzhaltige Lösungen ist die Anzeige der Procente zwar nicht genau,
sondern etwas zu hoch; allein für diese wird die gewöhnliche Methode ganz den
entsprechenden Fehler begehen, da auch für diese die Aräometeranzeige den
Ausgangspunkt für die Polarisation bildet, indem bei dem bestimmten Gewicht der Lösung angenommen wird,
daß sie einen bestimmten Gehalt an gelöster Substanz
besitze, was für dieses wie für das Balling'sche
Instrument zwar für reinen Zucker, nicht aber für Salze richtig ist.
Hieraus ergibt sich folgende einfache Methode für die Polarisation von Melassen und
andere dunklen Syrupen und Zuckern. Man stelle eine verdünnte Lösung dar, die man
mittelst eines sehr genauen Procentenaräometers, das mindestens Viertelprocente
abzulesen erlaubt, auf eine beliebige Schwere bringt. Der einfachen Rechnung wegen, so
wie um bei möglichster Gleichförmigkeit der Methode möglichste Uebereinstimmung zu
bewirken, ist 10 Proc. Ball. am besten. Natürlich muß die
Temperatur der Lösung möglichst mit der Normaltemperatur des Instruments stimmen.
Diese Lösung fälle man je nach Erforderniß mit 1/4 bis 1/10 Volumen Bleiessig und
filtrire. Die Farbe des Filtrats erlaubt in der Regel Polarisation in der halben
Röhre mit großer Schärfe. Nach der Correction für die Röhrenlänge und den
Bleiessigzusatz berechnet man die beobachteten Grade nach Tab. IV und erhält die Procente trockner Substanz, durch Multiplication mit 10
oder mit der den etwa anders getroffenen Procentgewichten der Flüssigkeit
entsprechenden Zahl.
Diese einfache Methode hat auch noch den Vortheil, daß sie mit viel geringeren
Quantitäten der zu untersuchenden Stoffe zu operiren erlaubt, da die Lösung weit
verdünnter ist. In manchen Fällen verdient dieß Beachtung, da man nicht selten bei
Versuchen im Kleinen die Untersuchung erzielter Substanzen aus Mangel an
erforderlichem Quantum bisher ganz unterlassen mußte. Mit einigen Fehlerquellen ist
diese Bestimmungsart allerdings verknüpft, allein sie haften der andern Methode wohl
in gleichem Maaße an und werden auch durch die gebotene Leichtigkeit gewiß
aufgewogen; sie liefert sehr gut übereinstimmende Resultate, wovon man sich durch
Polarisation von Dicksäften oder reineren Syrupen leicht überzeugen kann. Ich wende
sie deßhalb seit längerer Zeit für Melasse etc. durchgängig an, da ja doch absolute
Genauigkeit bis jetzt mit keiner praktisch anwendbaren
Methode zu erreichen ist, und die eben besprochene für relative Genauigkeit und zur Grundlage für die Vergleiche nicht allzusehr
verschiedenartiger Stoffe mindestens so viel Garantie bietet, wie die sonst
üblichen.
Endlich liefert die Maceration frischer oder getrockneter Rübeschnitzeln, besonders
bei Untersuchungen auf den Grad der erzielten Auslaugung, häufig Lösungen, die auf
keinerlei Weise, selbst nicht nach der oben angegebenen Behandlung, klar zu erhalten
sind. Bisweilen kann man sich durch alleinigen Zusatz von Essigsäure helfen, aber in
vielen Fällen bleibt derselbe ohne Erfolg. Nach zahlreichen Bemühungen in dieser
Richtung habe ich als einziges Hülfsmittel das Eiweiß
erkannt, welches, mit Wasser angerührt, in nicht zu geringer Menge der Flüssigkeit
kalt zuzusetzen ist. Man erhitzt dann langsam zum Kochen und behandelt die filtrirte
Lösung, die vollkommen klar und leicht durchs Filter geht, nach Erforderniß mit
Bleiessig u.s.w.
6. Reduction der Kupferlösung. Es hat sich in diesem Jahre
bei allen mir vorgekommenen Rübensäften eine merkwürdige Erscheinung gezeigt, von der ich nicht weiß,
ob sie früher oder anderweitig in derselben Weise beobachtet worden ist. Indem man
allgemein annimmt, daß die Rüben keinen andern als Rohrzucker enthalten, fand ich
mich erst durch einige in diesem Jahre beobachtete abnorme Erscheinungen veranlaßt,
den Rübensaft der Kupferprobe zu unterwerfen. Dazu wandte ich wie immer die auch zu
annähernd quantitativer Bestimmung von „verändertem Zucker“
dienende Fehling'sche Kupferflüssigkeit an, und war sehr
verwundert, zu finden, daß sie von sämmtlichen rohen
Rübensäften reducirt wurde. An der Gegenwart von Traubenzucker oder einer andern Art
„veränderten Zuckers“ war um so weniger Grund zu zweifeln,
als auch der mit Bleiessig gefällte Saft dieselbe Reaction zeigte und sie eine Zeit
lang auch am Scheidesafte und allen folgenden Fabrikproducten beobachtet wurde. Die
Gegenwart dieses unerwarteten Zuckers glaubte ich aus den abnormen
Witterungsverhältnissen und der noch nicht ganz erreichten Reife herleiten zu
müssen, um so mehr, als die erwähnte Reaction nach einiger Zeit, als reifere und
normalere Rüben zur Verarbeitung kamen, beim Scheidesafte
vollständig verschwand und auch seither von mir nicht wieder beobachtet
wurde. Indessen hat nach wie vor der rohe Rübensaft, so wie
der durch Bleiessig gefällte diese Reaction beibehalten. Wenn daher der
Umstand, daß sie durch die Scheidung verschwindet, darauf hinzudeuten scheint, daß
nicht Traubenzucker die Ursache davon ist, so ist es doch sehr auffallend, daß der
Kalk einen Stoff ausfällen soll, der durch Bleiessig
nicht gefällt wird. Denn daß hier ein durch Kalk zerstörter Stoff vorliegen soll, ist nach der
augenscheinlich nicht geringen Quantität desselben nicht anzunehmen. Es wäre
interessant, wenn von anderen Seiten hierher gehörige Beobachtungen mitgetheilt
würden, besonders auch, um zu erfahren, ob die Erscheinung auch in früheren Jahren
bemerkt worden. Leider habe ich die Sache noch nicht weiter verfolgen können, doch
will ich noch die Thatsache erwähnen, daß die Reduction der Kupferlösung durch den
rohen Rübensaft nicht stattfindet, wenn man demselben
vorher Ammoniak zusetzt. Vielleicht verhindert also die Gegenwart des Ammoniaks im
Scheidesafte, wenn sie anders nicht doch zu gering ist, die Kupferreduction.
Vielleicht aber auch findet sich die reducirende Substanz im Scheideschlamme, in
welchen sie auch möglicherweise durch bloßes Gerinnen in der Siedehitze gelangen
könnte.