Titel: | Bemerkungen zu Aug Stromeyer's Aufsatz: Ausziehung des Kupfers aus Erzen, welche Malachit oder Kupferlasur und viel kohlensauren Kalk enthalten; von Dr. Gustav Bischoff, Professor der Chemie und Technologie an der Universität zu Bonn. |
Fundstelle: | Band 155, Jahrgang 1860, Nr. CXXIII., S. 421 |
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CXXIII.
Bemerkungen zu Aug Stromeyer's Aufsatz: Ausziehung des Kupfers aus
Erzen, welche Malachit oder Kupferlasur und viel kohlensauren Kalk enthalten; von Dr.
Gustav Bischoff,
Professor der Chemie und Technologie an der Universität zu Bonn.
Aus der österreichischen Zeitschrift für Berg- und
Hüttenwesen, 1860, Nr 5.
Bischoff, über Ausziehung des Kupfers aus Erzen, welche Malachit
und kohlensauren Kalk enthalten.
Hr. Dr. Stromeyer knüpft in
seinem Aufsatz (polytechn. Journal Bd. CLIV S.
428) die Ausführbarkeit des Verfahrens, oxydirte Kupfererze mit Salzsäure
oder Schwefelsäure zu verhütten, ganz richtig an die Bedingung, daß diese Erze nur
wenig kohlensauren Kalk und andere Basen (Magnesia, Eisenoxydul und Thonerde)
enthalten. Durch einfache Kunstgriffe kann man zwar, wie ich gefunden habe,
denjenigen Antheil der Säuren, welcher vom Eisenoxydul und der Thonerde verschlungen
wird, wieder nutzbar machen, nicht aber den an Kalk und Magnesia getretenen.
Aus einer großen Zahl von Analysen Kupfererze haltender Sandsteine, welche ich für
technische Zwecke unternommen habe, hat sich ergeben, daß alle diese Sandsteine
kohlensauren Kalk als Bindemittel enthielten; manche schlossen sogar Fragmente von
diesem Carbonat ein. In vielen dieser Sandsteine stieg der Gehalt weit über 9 Proc.,
mithin über die vom Verfasser angeführte Gränze, innerhalb welcher das Kupfer noch
mit Vortheil extrahirt werden kann.
Der geringe Unterschied zwischen dem specifischen Gewichte malachitischer oder
geschwefelter Kupfererze und dem des kohlensauren Kalks oder Quarzes, und besonders
der Umstand, daß diese Erze in den Sandsteinen meist in sehr kleinen Partikelchen,
gewöhnlich nur als Anflüge vorkommen, macht eine mechanische Absonderung der
Bergarten durch Schlämmen unthunlich. Als ich einen Pochschlich eines quarzigen und
kalkhaltigen Erzes dem Schlämmen unterwarf, brauste das Abgeschlämmte so wie der
Rückstand gleich stark mit Säuren: jenes enthielt 1,27 Proc., dieser 1,32 Proc.
Kupfer. Es wurde also weder ein Fortschlämmen der kohlensauren Kalkerde, noch eine
Concentration des Kupfers im Rückstande erreicht. Dieselben Resultate ergaben sich,
als 100 Pfd. Pochschliche theils auf einem Stoßherde, theils auf einem Planherde
geschlämmt wurden.
Selbst wenn die Kupfererztheilchen im Pochmehl beim Dunkelrothglühen reducirt werden,
und dadurch der Unterschied der specifischen Gewichte zwischen dem reducirten Kupfer
und dem Quarz oder kohlensauren Kalk bis auf 6,2 steigt, ist der Erfolg beim
Schlämmen doch ganz derselbe. Die feinen Kupferblättchen folgen in der Schlammtrübe
den Quarz- und Kalktheilchen und setzen sich mit denselben ab.
Der Gedanke, durch eine Art Kornfegemühle die Sonderung der Kupfertheilchen von den
Quarz- und Kalktheilchen zu bewirken, führte nicht zum Ziele. Als eine solche
Mühle in kleinem Maaßstabe construirt wurde und das Pochmehl mit den reducirten
Kupfertheilchen dem Windflügelrad entgegenlief, trat, wie beim Schlämmen, eine
Sonderung der gröberen Quarz- und Kalktheilchen ein. Der fortgeblasene Staub
wurde in einem Kasten gesammelt. Aus einer Oeffnung dieses Kastens, welche als
Luftzug diente, entwich der feinste Staub. Der Apparat stand neben einer Hängelampe,
so daß dieser Staub zufälliger Weise durch die gläserne Lampenröhre strömte.
Sogleich wurde die Flamme der Lampe grün, und je schneller das Windflügelrad gedreht
wurde, desto mehr nahm diese grüne Färbung zu. Hierdurch wurde die Anwendung anderer
Reagentien zur Prüfung des feinsten Staubes auf Kupfer überflüssig.
Ich habe indeß erreicht, daß wenn auch nicht aller kohlensaure Kalk, doch ein großer
Theil desselben unschädlich gemacht werden kann. Es gelang bis zu 78 Proc. von dem
im Erze enthaltenen kohlensauren Kalk abzusondern, und dadurch den Gehalt desselben
weit unter die oben bezeichnete Gränze herabzubringen.
Steigt der Kalkgehalt in den Kupfererzen bis zu einem solchen Grade daß dieselben als
unreiner Kalkstein mit sparsam eingesprengtem Schwefelkupfer oder Malachit
erscheinen, so ist auf eine andere sehr einfache und vortheilhafte Weise die fast
gänzliche mechanische Absonderung der kohlensauren Kalkerde zu erreichen.
Ebenso sind meine Bemühungen, den Kupferhütten eine Auswahl unter verschiedenen neuen
Extractions- und Fällungsmitteln, je nachdem diese oder jene in der Nähe zu
haben sind, zu gewähren, und die Dauer des ganzen einfachen Verhüttungsprocesses auf
den kurzen Zeitraum von ungefähr einer Woche zu reduciren, nach dreijähriger Arbeit
mit gutem Erfolge gekrönt worden.
Näher hierauf eingehen kann ich einstweilen nicht, da diese Verfahrungsarten
Gegenstände zweier Privilegien für Oesterreich sind, und ich denselben noch ein
drittes, sowie Privilegien in anderen Ländern hinzuzufügen gedenke.
Stromeyer kommt auf das unausführbare Verfahren, mittelst
Ammoniak die stark kalkhaltigen Erze zu verhütten. Wahrscheinlich habe ich das
darauf gegründete, aber gänzlich gescheiterte Unternehmen unschuldiger Weise
veranlaßt. Vor 27 Jahren habe ich nämlich eine Abhandlung über Reinigung der
Bleiglätte vom Kupferoxyd durch eine Lösung von kohlensaurem Ammoniak
publicirt.Schweigger's Journal Bd. LXIV S. 65. Ich fand, daß durch dieses Mittel alles Kupferoxyd extrahirt, und daß durch
Destillation der Auflösung bis zu einem gewissen Punkte das Kupferoxyd vom
überdestillirenden kohlensauren Ammoniak vollständig geschieden, und letzteres bis
auf einen Verlust von 10 Proc. wieder gewonnen wird. Es ist mir aber nicht
eingefallen, das kohlensaure Ammoniak zur Extraction des Kupfers aus seinen Erzen zu
empfehlen, indem seiner Anwendung im Großen entgegensteht, daß, abgesehen von der
Absorption durch das Erz, es sehr schwierig ist, Destillationsgefäße, welche nach
jeder Destillation auseinander genommen werden müssen, so zu verschließen, daß von
einer so flüchtigen und kostspieligen Substanz nicht mehr verloren geht, als das
gewonnene Kupfer tragen kann.
Zu Stromeyer's Verfahren ist zunächst zu bemerken, daß die
malachitischen Sandsteine neben kohlensaurem Kupferoxyd stets mehr oder weniger geschwefeltes Kupfer
enthalten, welches bei Anwendung dieses Verfahrens verloren gehen würde.
Der Darstellung des schwefligsauren und unterschwefligsauren Natrons durch Sättigung
der Lösungen von kohlensaurem Natron und Schwefelnatrium mit schwefliger Säure,
welche im Großen nur durch Rösten von Eisenkies oder Blende wohlfeil erhalten werden
kann, tritt der Umstand entgegen, daß dieses Schwefligsäuregas mit der ganzen Menge
des atmosphärischen Stickgases (circa 79 Proc.)
verunreinigt ist, welches die Absorption jenes Gases sehr verzögert. Es würden daher
selbst bei mäßigem Betriebe große hölzerne Glockengebläse anzufertigen seynfeyn, um Verluste am Schwefligsäuregas zu vermeiden.
Nächst der Entwickelung von Schwefligsäuregas sind drei Processe zur Darstellung des
Reagens erforderlich, und dazu Materialien, Soda, Glaubersalz, welche nicht zu den
wohlfeilsten gehören; ferner große Gefäße mit Schwadenfängen, um die entweichenden
Gase unschädlich für die Arbeiter fortzuführen.
Die Abscheidung des Kupfers aus den Erzen fordert abermals zwei Processe.
Nachdem man nun alle diese mühsamen Processe durchgeführt hat, erhält man als
Endproduct Schwefelkupfer, welches nach Stromeyer's
Vorschlag durch Rösten zu Gute gemacht wird.
In der That, die Kosten dieser weitläufigen Processe dürften nicht im Verhältniß zu
dem Zwecke derselben, zur Abscheidung der kohlensauren Kalkerde stehen.
Stromeyer bemerkt zwar, daß die gewonnenen Nebenproducte
wieder zur Darstellung des Reagens dienen, so daß eigentlich nur eine Circulation
stattfindet. Diese Nebenproducte gewinnt man aber in verdünnten Lösungen, aus denen
sie nur durch Abdampfen und Krystallisiren erhalten werden können. Auf ihnen lastet
daher das dazu nöthige Brennmaterial und der Arbeitslohn.
Eingehendere Versuche mit dem von Stromeyer empfohlenen
Verfahren hat mein Sohn, Gustav Bischoff, angestellt, und
theilte mir Folgendes darüber mit:
„Die Darstellung der Reagentien geht, wenn das Schwefligsäuregas aus
Schwefelsäure und Kohle entwickelt wird, leicht von statten. Nach zwei Stunden
wurde essigsaures Bleioxyd durch unterschwefligsaures Natron nicht im Geringsten
geschwärzt. Langwierig war aber das Filtriren, das im Großen viele
Schwierigkeiten bereiten dürfte. Ob dasselbe durch Zusatz von schwefligsaurem
Natron umgangen werden kann, lasse ich dahin gestellt; denn der sich
abscheidende Schwefel ist nicht nur ein Product der Darstellung, sondern auch
der Zersetzung des schon dargestellten unterschwefligsauren Natrons.Siehe hierüber u.a. Gmelin's Handbuch der
Chemie, V. Auflage Bd. II S. 93.
An dieser großen Zersetzbarkeit dürfte die Ausführung im Großen am meisten
scheitern. Als ich einige Tage nach der Darstellung das unterschwefligsaure
Natron kurz vor dem Gebrauche zum zweitenmale durch Filtriren klärte, fand eine
weit schwächere Reaction als im Anfange statt, und der Malachit löste sich erst
vollständig, nachdem nahe das Vierfache der nach der Rechnung erforderlichen
Lauge zugesetzt worden war. In jedem Falle findet also hierdurch ein bedeutender
Verlust an dem Reagens statt.
Auf die Neutralität des schwefligsauren Natrons wurde geachtet.
Zu der Auflösung wandte ich jedesmal bei meinen wiederholten Versuchen 64 Grm.
Malachit mit den entsprechenden Quantitäten Lauge (doppelte Menge des nach der
Rechnung erforderlichen Lösungsmittels) an.
Sofort mit der Lösung des Malachits begann auch hier eine Zersetzung, indem sich
ein schmutziger Niederschlag in dicken Flocken bildete, der sich bald bräunte.
Derselbe ergab im Durchschnitt 3,2 Grm. Kupferoxyd = 6,9 Proc. des angewandten
Malachits. Dieser Niederschlag könnte im Großen nur mechanisch von der Gangart
abgesondert werden, und würde deßhalb wohl größtentheils verloren gehen.
Es scheint hier eine theilweise höhere Oxydation des unterschwefligsauren
Kupferoxyduls zu schwefligsaurem Kupferoxydul statt zu finden, welches
niederfällt.Ueber eine ähnliche Zersetzung s. Gmelin a. a.
O. Bd. III S. 385 und 397.
Um das Verhalten des kohlensauren Kalks zu den anzuwendenden Reagentien und dem
gelösten Kupfersalz, den Hauptpunkt des Stromeyer'schen Verfahrens, kennen zu lernen, stellte ich einen Versuch
an, zu welchem ich ebenfalls 64 Grm. Malachit mit 128 Grm. Kreide mengte. Die
Menge des Lösungsmittels war wie oben.
Während die früheren Versuche in 3 1/2 bis 4 Stunden vollendet waren, konnte ich
bei diesem noch nach 12 Stunden einzelne Malachitpartikelchen wahrnehmen. Erst
nach 15 Stunden waren diese verschwunden. Ich setzte nun noch einmal die
doppelte Menge des nach der Rechnung erforderlichen Lösungsmittels zu, und
kochte noch 4 Stunden. Diesesmal ergab der Niederschlag einen Kupfergehalt von
67,2 Proc., einen gewiß enormen Verlust.
Ich will nicht behaupten, daß hierbei nicht etwa noch etwas unzersetzter Malachit
war, wenn gleich dieses nach den vorausgegangenen Manipulationen kaum zu
erwarten ist.
Hier stieß ich aber wiederum auf eine große praktische Schwierigkeit: wie soll
man nämlich im Großen die Beendigung des Processes erkennen?Gewiß ist es unumgänglich nothwendig, dem Arbeiter ein einfaches und
sicheres Kennzeichen für die Beendigung des Processes anzugeben. Schon bei dem eben beschriebenen Versuche konnte das Auge nicht mehr
entscheiden, um wie viel weniger aber noch, wenn das Kupfer wenige Procente
einer Erzmasse beträgt. Den Rückstand auf den Kupfergehalt zu prüfen, würde nach
meinen Erfahrungen auch nicht zum Ziele führen, da der sich bildende
Niederschlag irre leiten müßte. Je länger aber das Kochen fortgesetzt wird, um
so mehr schlägt sich von dem aufgelösten Kupfersalz wieder nieder. Der Hypothese
Stromeyer's, daß die Kohlensäure des Malachits
ein Atom kohlensaures Natron bilde, kann ich nicht beistimmen; denn ich
beobachtete beim Sieden die Entwickelung von Kohlensäure, und
Chlorwasserstoffsäure zeigte in keiner Kupferlösung auch nur eine Spur von
Aufbrausen. Welche Verbindung (jedenfalls eine Schwefelverbindung) dieses Atom
eingeht, habe ich nicht untersucht, da es mir lediglich auf die praktische Frage
der Ausführbarkeit ankam.
Die theilweisen Widersprüche zwischen den von Stromeyer mitgetheilten und meinen Beobachtungen mögen wohl darin
ihren Grund haben, daß ich von der Ansicht ausging der Hüttenmann würde die
theilweise Zersetzung der Reagentien vor und während der Anwendung nicht
vermeiden können, und demnach ein besonderes Gewicht auf die mit den
verschiedenen eintretenden Zersetzungen verbundenen Veränderungen der
Erscheinungen legte. Da man mit so sehr unbeständigen Substanzen zu thun hat,
schien mir dieß durchaus nothwendig.
Vielleicht hat Stromeyer auch mit so geringen
Quantitäten experimentirt, daß wegen der kurzen Dauer seiner Processe die
Verluste auf Minima reducirt wurden, und ihm diese entgangen sind.“
Bonn, den 13. Jänner 1860.