Titel: | Ueber Fryer's Apparat zum Füllen der Locomotiv-Tender mit Wasser; von J. Fenton. |
Fundstelle: | Band 157, Jahrgang 1860, Nr. II., S. 8 |
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II.
Ueber Fryer's Apparat zum Füllen der
Locomotiv-Tender mit Wasser; von J. Fenton.
Vorgetragen in der Institution of
Mechanical Engineers. – Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal,
April 1860, S. 113.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Fenton, über Fryer's Apparat zum Füllen der Locomotiv-Tender
mit Wasser.
Der berühmte französische Vorläufer der vielen neuen auf die Dampfkraft bezüglichen
Erfindungen, Dr. Papin,
bewies bereits im J. 1700 die praktische Ausführbarkeit des Verfahrens, Wasser durch
directe Einwirkung von Dampfdruck auf dessen Oberfläche in die Höhe zu heben, und
dieses System wird noch jetzt mit bestem Erfolge in fast allen Zuckerfabriken zum
Heben von zuckerhaltigen Flüssigkeiten angewendet. Die kürzlich von Hrn. Alfred Fryer in Manchester erfundene Methode,
Locomotiv-Tender mit Wasser zu füllen, wenn dessen Zufluß unter dem
Eisenbahnniveau stattfindet, ist in der That nur eine Anwendung der von Dr. Papin vor 160 Jahren
erdachten einfachen Vorrichtung.
Der in Fig. 1
bis 4
dargestellte Apparat besteht aus einem schmiedeeisernen Cylinder A von 1500 bis 2000 Gallons Inhalt, welcher aufrecht
unter der Oberfläche des Speisewassers B,
Fig. 4, das
sich 10 bis 120 Fuß unter dem Niveau der Eisenbahn befinden kann, aufgestellt ist.
Damit sich weniger Dampf condensirt, ist der Cylinder A
mit Ziegelwerk umgeben, und ein 2 Zoll breiter Raum zwischen der Ziegelmauer und dem
Cylinder mit Thon ausgefüllt, damit kein Wasser zur Außenseite des Cylinders
gelangen kann. Der Cylinder enthält einen schmiedeeisernen Schwimmer C, welcher leicht hineinpaßt und im Centrum auf einem
Leitstabe gleitet. Das Wasser tritt durch ein selbstwirkendes Einlaßventil D,
Fig. 4, von
beiläufig 75 Quadratzoll Fläche ein, und entweicht vom Boden des Cylinders aus durch
die Röhre E, welche zu dem Wasserkrahn F führt. Eine Dampfröhre G
ist oben am Cylinder befestigt und führt zu zwei Säulen H,
Fig. 1, welche
einige Ellen von jeder Seite des Krahns entfernt, in der Nähe der Eisenschienen
stehen und mit beweglichen Röhren I versehen sind, die man mit dem
Locomotivkessel verbinden kann. Wenn ein Tender zum Füllen herangerückt ist, so
befestigt der Maschinenführer eine der Röhren I an den
Kessel, wie Fig.
2 im Grundriß zeigt, und läßt den Dampf in den Wassercylinder A dringen, welcher dann auf den Schwimmer C drückt und das Wasser durch den Krahn F in den Tender treibt, der in ungefähr der Hälfte der
bisher erforderlich gewesenen Zeit gefüllt wird.
Damit der nun im oberen Theil des Cylinders A enthaltene
Dampf nicht mit Gewalt in die Atmosphäre ausströmt, nachdem die bewegliche Röhre I vom Kessel entfernt ist, befindet sich oben in der
Säule H ein sich einwärts öffnendes Ventil, welches dem
Dampf frei in den Cylinder zu treten gestattet, wenn aber die Röhre I ausgelöst ist, so kann der Dampf nur langsam durch ein
kleines in das Ventil gebohrtes Loch entweichen. Ein hängendes Ventil K,
Fig. 4,
befindet sich zwischen den beiden Zweigen der Dampfröhre G und verhindert den durch eine der Säulen H
eintretenden Dampf direct durch die andere herauszublasen, statt in den Cylinder A herunter zu gehen. Sobald der Dampf aus dem Cylinder
entweicht, tritt durch das Einlaßventil D wieder Wasser
ein, da sich der Cylinder unter der Oberfläche des Speisewassers befindet. Das
Ventil D befindet sich in einer Cisterne L und das Speisewasser wird durch dieses Ventil und das
Gitter M zugelassen, daher es zu jeder Zeit aus der
Cisterne zurückgedrängt werden kann, um das Ventil zu untersuchen; man kann aber
auch das Ventil selbst losmachen und an die Oberfläche der Cisterne ziehen, wenn man
es mittelst langer Schraubenbolzen befestigt, die von der Oberfläche aus erreichbar
sind, worauf man es an langen Leitstangen wieder auf seinen Sitz hinabgleiten läßt.
Der Schwimmer C ist gegen Einbiegung durch Stehbolzen
verstärkt; ferner ist in demselben eine enge Röhre N
angebracht, welche fast bis auf den Boden reicht, so daß, wenn durch einen
schadhaften Theil etwas Wasser in das Innere des Schwimmers gelangt, es durch die
Röhre ausgetrieben wird, sobald der Dampfdruck auf die Außenseite des Schwimmers
nach dem Füllen eines Tenders aufhört.
Fig. 3 zeigt
die Anordnung des Apparats, wenn das Wasser aus einem Reservoir am Fuße eines
Abhanges hergeholt wird; dieselbe ist auch anwendbar, wenn das Wasser aus einem sehr
tiefen Brunnen oder aus einem Flusse entnommen werden soll.
Bei diesem System, das Wasser durch directe Einwirkung von Dampfdruck zu heben, ließe
sich befürchten, daß die Condensation des Dampfes in dem Wassercylinder so
beträchtlich wird, daß sie die Wirksamkeit des Apparats wesentlich beeinträchtigen
kann; man muß aber nicht vergessen, daß, je größer der Cylinder, desto kleiner die für die
Condensation dargebotene Oberfläche im Verhältniß zu seinem Inhalt ist; auch haben
Versuche gezeigt, daß die Condensation des Dampfes bei der Größe des vom Erfinder
angewandten Apparates keinen ernstlichen Vorwurf begründet, während offenbar die
Reibung und der Kraftverlust vermieden werden, welche bei Anwendung der jetzt
gebräuchlichen Pumpen stattfinden.
Um zu ermitteln, ob ein Locomotivkessel die zum Wasserheben erforderliche Dampfmenge
entbehren kann, besonders wenn das Wasser 50 bis 60 Fuß hoch gehoben werden soll,
wurde ein Kessel von 141 Gallons Inhalt construirt, 69 Procent seines Inhalts mit
Wasser gefüllt, und derselbe dann durch ein biegsames Rohr mit einem Wassercylinder
von 131 Gallons Inhalt verbunden, wobei die Anordnung in jeder Hinsicht der schon
beschriebenen ähnlich war. Die Röhre, durch welche das Wasser aus dem Cylinder
abzog, stieg von demselben 60 Fuß senkrecht in die Höhe, war aber an mehreren
Punkten unter dieser Höhe mit Ventilen versehen. Diese Wasserröhre hatte im Lichten
4 Zoll Durchmesser, die Dampfröhre 1 1/2 Zoll Durchmesser, und der Querschnitt der
Oeffnung, durch welche der Dampf aus dem Kessel abzog, betrug 1,83 Quadratzoll. Man
stellte nun eine Reihe von Versuchen an, und hob in jedem 131 Gallons Wasser auf die
durchschnittliche Höhe von 52 Fuß, bei einem durchschnittlichen Dampfdruck im Kessel
von 56 1/2 Pfd. per Quadratzoll; um eine zu rasche
Dampferzeugung zu vermeiden und den Kessel dem Falle anzunähern, wenn eine
Locomotive auf der Station steht, blieb während jeden Versuches der Dämpfer im
Schornstein geschlossen. Man fand dann, daß beim Heben der 131 Gallons Wasser auf 52
Fuß Höhe der Verlust an Dampfdruck nur 4,2 Pfd. per
Quadratzoll betrug, und die erforderliche Zeit 32 Secunden. Wenn der Dämpfer offen
blieb, wurde der Dampf rascher erzeugt als verbraucht, und der Druck stieg dann
während jeden Versuches. Eine gerade auf der Station angekommene Locomotive wird
daher zum Wiederfüllen des Tenders stets hinreichend Dampf übrig haben; man kann
also dieses Füllen in Zukunft mit gänzlicher Ersparung der jetzt erforderlichen
Pumpmaschinen und Gebäude, sowie des bedeutenden Aufwandes für Bedienung,
Reparaturen und Brennmaterial, vornehmen.
Der Betrieb dieses Apparates bietet auch während strenger Kälte keine Schwierigkeit
dar, indem man den Krahn und die Röhren stets leer erhält, und den Wassercylinder
unter dem Eis anbringt. Der Dampf, welcher während des Wasserhebens condensirt wird,
geht nicht ganz verloren, weil er das Wasser, welches bald den Kessel speisen wird,
schwach erwärmt. Man hat berechnet, daß die Kosten des Brennmaterials, um 1000
Gallons Wasser 50 Fuß hoch nach diesem Verfahren zu heben, weniger als einen halben Penny betragen;
das Verfahren empfiehlt sich daher durch Wohlfeilheit, große Einfachheit und rasche
Wirkung.