Titel: | Die Schraube zur Bewegung plastischer Körper, von C. Schlickeysen in Berlin. |
Fundstelle: | Band 157, Jahrgang 1860, Nr. VI., S. 15 |
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VI.
Die Schraube zur Bewegung plastischer Körper, von
C. Schlickeysen in
Berlin.
Mit einer Abbildung auf Tab. I.
Schlickeysen's Schraube zur Bewegung plastischer Körper
Die folgende Beschreibung der von Schlickeysen
angewendeten Schraube ist dem Schriftchen entnommen, welches unter dem Titel:
„Die Maschinen-Ziegelei von C. Schlickeysen“ im Commissionsverlag von Gustav Bosselmann in Berlin erschien.
Der äußeren Zusammenstellung nach besteht diese Maschine aus einem hohlen senkrecht
stehenden Cylinder, unten durch einen horizontalen Boden verschlossen, oben
trichterförmig erweitert, mit daranschließendem, oben offenem cylindrischen Aufsatz;
concentrisch zur Achse dreht sich eine Welle mit daran sitzenden horizontalen
Messern, und über dem Boden ist eine Ausflußöffnung im Cylindermantel. So weit ist
die Construction alt und bekannt, außerdem ist neu an derselben und in dem
Durchschnitt der bezüglichen Abbildung, Fig. 12, ersichtlich:
1) Ein auf dem äußeren Ende des obersten horizontalen Messers angebrachter
senkrechter Schaber, welcher bei der Drehung der Welle, an der inneren Wand des
Cylinderaufsatzes hinstreichend, die darin befindliche Masse von den umgebenden
Wandungen lostrennt. Er bewirkt dadurch, daß diese Masse bis auf die feste
Thonscheibe falle, welche unter dem obersten Messer, von der Unterkante desselben
gebildet, stehen bleibt. So lange Thon aufgeworfen wird, gelangt derselbe also auch
durch die Drehung der Welle in den Bereich des obersten Messers, ohne Rücksicht auf
seine Steifigkeit und die Weite des Gefäßes.
Ohne den Schaber würde der Thon nur in weichem Zustande und in sehr weiten Gefäßen,
vermöge seiner Schwere und leichten Verschiebbarkeit in sich, von dem an den Wänden
anhaftenden Thone abgleitend, nachsinken, wogegen in steifem Zustande oder in engen
Gefäßen die Schwere allein nicht hinreichen würde ihn von der Umhüllung herunter zu
ziehen, er sich vielmehr als festes Gewölbe über die Oberkante des obersten Messers
daran festsetzen und dadurch ferneres Nachsinken verhindern würde. Ist das Gefäß
nicht hinreichend hervorragend über das oberste Messer, so wird durch die Bewegung
dieses die Masse über den Rand geworfen.
2) Die einzelnen horizontalen Messer an der Welle sind annähernd Ausschnitte einer
Schnecke, die, je circa 1/3 Kreisfläche bedeckend, so
unter einander gestellt sind, daß das untere Ende eines jeden das obere Ende des
nächst darunter folgenden in der ganzen Länge von Welle bis Cylindermantel um etwa
1/4 seiner Breite bedeckt und an dieser Stelle eben so viel Zwischenraum zwischen
beiden Messern unter einander bleibt. Dieses vollständige Uebereinandergreifen
bewirkt, daß der unter dem Druck eines Messers befindliche Thonkegel, bevor er
diesem entgeht, durch das nächstfolgende Messer in zwei Theile getheilt wird, deren
oberer über letzteres gepreßt wird, und dadurch hindert, daß der schon darüber
stehende Thon sich durch Reibung mit demselben herumdreht, was die Wirkung der
Schnecke aufheben würde; der untere Theil gelangt schon, bevor er dem oberen Messer
zu entweichen beginnt, unter den Druck des nächst darunter folgenden. Die pressende
Wirkung dieser Schnecke auf den ihr einmal übergebenen Thon ist somit eine
ununterbrochene, und deren Stärke, von der Neigung der Messer abhängend,
unbeschränkt.
Dieß beständige Zerschneiden und Zusammendrücken der Masse mit stets veränderter
Geschwindigkeit der Bewegung letzterer, und unter dem ununterbrochenen starken Druck
der Messer, bewirkt durch gegenseitiges Zerreiben die dichteste und feinste
Zertheilung und Ineinanderschiebung aller ungleichartigen Theile der dieser Schnecke
übergebenen Masse.
In einer vollen archimedischen Schnecke würde der Thon in einzelne, durch deren Gänge
getrennte und von denselben umgebene Streifen getheilt, die ohne Anhalt an die von
der anderen Seite der umschließenden Wandung her in Ruhe oder anderer Bewegung
befindliche Masse der Bewegung der Schnecke nicht würden widerstreben können. Die
ganze Masse würde so durch die Reibung an dem oberen oder unteren Gange mit
herumgerissen werden, statt nur mit jener, sie an der Drehung hindernden Masse
zusammen keilartig herunter gedrückt zu werden, diese Schnecke somit nicht als
Presse wirken.
Bei Anwendung einzelner langer, gleich breiter Messer, wie man sie in den schon lange
gebräuchlichen Thonschneidern hat, entsteht von Oben an für jeden Thonkegel, sobald
eben das untere Ende eines Messers darüber hingegangen ist, eine vollständige
Unterbrechung des Drucks, bis er unter ein neues Messer gelangt, und während dieser
Unterbrechung wirkt er nur durch seine Schwere und das Anhaften an den zeitweise
daneben unter Druck befindlichen Thon nach unten. Derselbe gestattet alsdann dem
eben daneben oder darunter unter Pressung befindlichen Thon einen Ausweg in sich und
nach Oben, sobald dieser Thon unten stärkeren Widerstand als die Wand jenes lose
liegenden Thons findet. Die zur Verschiebung jener oberen, außer Druck befindlichen
Masse in sich erforderliche Kraft gibt somit die Grenze des Drucks ab, den diese
unter Druck befindliche, resp. die Messer, nach Unten ausüben können.
Die etwaige Befestigung dieser einzelnen Messer in einer Schraubenlinie um die Welle
und die Möglichkeit, durch die äußeren Enden dieser Messer wieder eine solche Linie
construiren zu können, kann weder die Unterbrechung der Wirkung zweier dergestalt
hinter einander folgender Messer auf die darunter befindliche Masse hindern, noch
auch nur die Hintereinanderfolge derer Wirkung darauf sichern. Eine derartig
construirte Schraubenlinie gibt somit dem ganzen Messersystem durchaus nicht den
Charakter und die Wirkung der Schraube; dieses ist vielmehr lediglich ein
Conglomerat von Messern, das ohne inneren Zusammenhang an der Welle sitzt, und deren
jedes für sich innerhalb enger Gränzen der Steifigkeit des Thons und des zu
überwindenden Widerstandes Druck nach Unten ausübt, der schließlich desto
gleichmäßiger und stärker wird, je mehr einzelne Messer hierzu beitragen, und je
mehr Gestalt und Stellung dieser einzelnen Messer zu einander sich denen der oben
beschriebenen Schnecke nähern.
Bei der vollen Schnecke hebt also die durch dieselbe bewirkte Unterbrechung der Masse
die Ununterbrochenheit des Angriffs darauf auf; beim alten Thonschneider gestattet
die Unterbrochenheit des Angriffs keine ununterbrochene Wirkung, es blieb somit nur
übrig, Ununterbrochenheit des Angriffs sowohl wie der Masse herzustellen, um eine
Schnecke für Bewegung plastischer Körper zu gewinnen.
3) Ueber dem Boden des Cylinders, dicht unter der Ausflußöffnung, ist ein zweiter
Boden mit aufsteigendem Rande auf der Welle befestigt, der sich mit letzterer dreht.
Dabei reißt er alle am hinteren geschlossenen Theile des Cylindermantels
herabgedrückte Masse mit herum nach der vorderen Oeffnung, durch deren unteren Theil
diese entweichen muß, weil die hinten stets von neuem herabkommende Masse deren
weitere und beständige Herumdrehung nicht gestattet. Gleichzeitig entweicht der auf
der vorderen Cylinderhälfte herabkommende Thon direct durch den oberen Theil
derselben Oeffnung. Indem also dieser drehbare Boden die Hälfte des herabkommenden
Thons von Unten durch die Oeffnung preßt, wirkt er, als ob dieser Thon von Unten von
einer der oberen entgegengesetzt pressenden Schnecke käme, und führt so einen in der
ganzen Oeffnung gleichmäßigen Druck herbei.
Ohne diesen drehbaren Boden würde der aus der Oeffnung entweichende Thon mit ganz
ungleichmäßigem Druck oben rasch, unten langsam aus der Oeffnung kommen und somit
nicht zum Formen gleichmäßiger Stränge geeignet seyn.
Da nun bis jetzt keine Maschine bekannt ist, die in jeder Dimension, lose
auffallenden Thon jeder Beschaffenheit, ununterbrochen selbstthätig nachzieht,
mischt und mit unbeschränkter Druckkraft ununterbrochen in gleichmäßigem Strahl
auspreßt, so ist in dieser Schnecke eine im Princip und der Wirkung ganz neue Presse
gegeben, die in allen Fällen, wo es auf Mischen, Pressen und Formen plastischer
Substanzen ankommt, verwendbar ist.
Der Verf. geht nun zur Anwendung und praktischen Erprobung dieser Schraube über und
beschreibt in den darauf folgenden Capiteln die Maschinenziegelei mit Anwendung
derselben sowohl für kleine und mittlere Ziegeleien, als zur Massenerzeugung und
endlich in ihrer höchsten Vollendung. Es wird dann noch die Anwendung der Schraube
für Kohle, Torf, Kalk u. dgl. besprochen, und den Schluß, bildet ein Preiscourant.
(Polytechnisches Centralblatt, 1860 S. 827.)