Titel: | Lloyd's geräuschloses Flügelgebläse; vom Professor Rühlmann. |
Fundstelle: | Band 157, Jahrgang 1860, Nr. XXIV., S. 102 |
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XXIV.
Lloyd's geräuschloses Flügelgebläse; vom Professor Rühlmann.
Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
1860 S. 82.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Lloyd's geräuschloses Flügelgebläse.
Wiederholt vom polizeilichen Standpunkte aus befragt, ob man nicht Flügel-
oder Centrifugalgebläse für Kupolöfen, Schmiedefeuer, oder auf dasselbe Princip
gestützte Sauger zur Luftreinigung von Fabriksälen etc. zu construiren im Stande
sey, welche nicht wie die meisten derartigen Maschinen bei ihrem Gange ein
abscheuliches, zuweilen fast unerträgliches Geräusch oder Geheul verbreiten, sondern
überhaupt lautlos arbeiten – habe ich mehrfach bemerkt wie wenig das von Lloyd in London angegebene und bereits 1851 im
Industriepallaste ausgestellte Flügelgebläse selbst unter Sachverständigen bekannt
geworden ist, welches die erwähnte Forderung vollständig zu erfüllen vermag. Bei
derselben Veranlassung fand ich zugleich nirgends eine Quelle, wo vernünftig die
Ursache der geräuschlosen Bewegung des Lloyd'schen
Flügels erörtert war, vielmehr oft genug Ansichten ausgesprochen, welche eben so
unklar, unverständlich wie falsch sind.Buckle im Civil Engineer
and Architect's Journal, September 1856, und daraus im polytechn.
Journal Bd. CXCII S. 259.
Auf diese Gründe gestützt schien mir eine Besprechung dieses Flügels in unseren
Mittheilungen, wo er bisher unerwähnt blieb, um so mehr von Interesse und Nutzen, als
ich dabei gleichzeitig ein Exemplar desselben, welches ich kürzlich in den
Werkstätten der königl. Eisenbahnverwaltung zu Harburg arbeiten sah, abgebildet
wiedergeben und dabei bemerken kann, daß dieser Flügel seinen Zweck in jeder
Beziehung vollkommen erfüllt und in der That vollständig
unhörbar arbeitet.
In den vier Abbildungen, Fig. 18 (äußere Ansicht
des Gehäuses etc.), Fig. 19 (Durchschnitt nach der Drehachsenrichtung), Fig. 20 (Grundriß) und
Fig. 21
(äußere Ansicht des Flügels von der schmalen Seite gesehen) sind gleiche Theile
überall mit gleichen Buchstaben bezeichnet.
Für diejenigen unserer Leser, welche den Lloyd-Flügel überhaupt noch nicht kennen, werde vor Allem bemerkt, daß
er als vorzügliche Eigenthümlichkeit ein Flügelrad a
besitzt, welches aus zwei geneigten Scheiben besteht, wodurch überhaupt ein nach dem
äußeren Umfange zu immer enger werdender, von zwei krummen Flächen umschlossener
conoidischer Raum gebildet wird, welchen die bei b
eintretende frische atmosphärische Luft durchströmt um endlich am Ende bei c auszufließen. Dabei sind die Abmessungen so getroffen,
daß die ringförmigen Querschnitte überall dieselben sind und zwar den Flächeninhalt
von der Summe der beiden Eintrittsöffnungen b, b, b, b
haben.Offenbar um den sogenannten Parallelismus der Schichten der ausströmenden
Luft zu erhalten oder dem Satze zu entsprechen, daß sich die
Geschwindigkeiten überall wie umgekehrt die Querschnitte verhalten. An den innersten Kanten der krummen Flügelwände sind verdickte Ringe d, d angebracht, die nach dem Zusammenziehungsgesetze
von Flüssigkeitsstrahlen gehörig abgerundet sind und außerhalb an die Innenkanten
n, n den Oeffnungen des festen Mantels m so scharf anschließen, daß zwar die Umdrehung des
Flügels a noch ohne Reibung erfolgen kann, das
Entweichen der Luft aber zwischen dem Flügelrade und dem Mantel m fast unmöglich gemacht ist. Durch diese Anordnung ist
nun auch die fast unhörbare Bewegung des Flügels erreicht – eine Erscheinung,
der eine doppelte Ursache zu Grunde liegt. Erstens hat
die zu den Saugöffnungen eintretende atmosphärische Luft, längs ihrer Bewegung von
n nach b, a und c hin, überall keine scharfen Kanten zu passiren und
verändert dabei ihre Richtung nur in sanften Uebergängen. Zweitens wird die zufließende Luft nicht von den rasch laufenden
Seitenkanten des Flügels abgeschnitten, wie dieß bei allen Ventilatoren der Fall
ist, wo die bewegte Luft nicht gezwungen wird, zwischen den Wänden a, a des sich drehenden Rades zu bleiben und wodurch ein
nicht geringes Geräusch entstehen muß. Die beim Lloyd'schen Flügel zwischen den geneigten Begrenzungsflächen und den
Gehäusewänden
m in q befindliche Luft
verhält sich dabei offenbar wie ein ruhendes Medium, in welchem sich der Flügel ohne
wesentliche Störung bewegt und ohne dabei Veranlassung zu merklich wahrnehmbarem
Lärmen oder Tönen zu geben.
Der abgebildete Harburger Flügel hat 11 Zoll (englisch) äußeren Durchmesser und am
äußersten Ende eine Austrittsöffnung c von 3/4 Zoll
Weite. Bei etwa 3000 Umgängen pro Minute und 5 Zoll
Wassermanometerstand versorgt derselbe (vier Schmiedefeuer) vier Düsen von 1 1/8
Zoll Durchmesser gehörig mit Wind. Die erforderliche Betriebskraft ist unbedeutend
und würde wahrscheinlich noch geringer seyn, hätte man jeden der drei völlig geraden
Flügel innerhalb gegen die Drehachse gekrümmt und nur am äußersten Ende gerade
gemacht oder radial gerichtet etc., wodurch bekanntlich der Verlust an Arbeit wegen
Richtungs- und Geschwindigkeitsänderung beim Eintritte der Luft zu einem
Minimum herabgezogen wird.Man sehe hierüber Rittinger's Theorie und Bau der
Centrifugal-Ventilatoren, (Wien, 1858) S. 171.