Titel: | Untersuchung und Feststellung der Vorgänge, welche beim Bleichen der wollenen Stoffe mit schwefliger Säure stattfinden; von Hrn. George Leuchs. |
Fundstelle: | Band 157, Jahrgang 1860, Nr. XXXV., S. 134 |
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XXXV.
Untersuchung und Feststellung der Vorgänge,
welche beim Bleichen der wollenen Stoffe mit schwefliger Säure stattfinden; von Hrn.
George Leuchs.Dieser Abhandlung ist von dem Verein zur Beförderung des Gewerbfleißes in
Preußen, in der Sitzung vom 5. December 1859, der vom Verein ausgeschriebene
Preis zuerkannt worden.
Aus den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des
Gewerbfleißes in Preußen, 1860 S. 28.
Leuchs, Untersuchung und Feststellung der Vorgänge, welche beim
Bleichen der wollenen Stoffe mit schwefliger Säure stattfinden.
Einleitung.
Mit dem Namen „Bleichen“ bezeichnet man die Behandlung gefärbter
Körper, welche zum Zweck hat, farbige Theile derselben, die durch bloßes Waschen mit Wasser, Seife
und Alkalien nicht zu entfernen sind, die also in diesen unlöslich sind, zu
beseitigen.
Man kennt bis jetzt hierzu drei Mittel: 1) derartige chemische Umänderung der
färbenden Stoffe, daß sie in Wasser, Seife, Alkalien oder anderen Flüssigkeiten
löslich werden; 2) Zerstörung derselben durch chemische Mittel; 3) Verbindung
derselben mit Körpern, mit denen sie weiße Verbindungen bilden.
Der Zerstörung des Farbstoffs durch chemische Mittel kann man sich nur bei den
Körpern bedienen, die selbst wenig veränderlich sind. Hierzu gehört die
Pflanzen- oder Holzfaser, welche man bleicht, indem man die ihr beigemischten
farbigen Theile durch Gährung, Fäulniß, Verwesung an Luft und Licht sich zersetzen
läßt, wobei dann die Faser im ungefärbten Zustande zurückbleibt, oder indem man jene
Bestandtheile durch Einwirkung von Chlor zerstört, diese Einwirkung aber nicht so
lange fortsetzt, daß das Chlor die Faser zerstört.
Bei der thierischen Faser ist diese Bleichart nicht anwendbar, wegen der leichten
Zersetzbarkeit derselben, und man begnügt sich daher gewöhnlich die löslichen Theile
durch Waschen mit Wasser, Seife und Alkalien zu entfernen, und die so gereinigte
Wolle mit schwefliger Säure weiß zu machen.
Es wird zweckmäßig seyn, die bisher gewöhnliche Behandlung anzugeben, und dann die
Versuche folgen zu lassen, welche die dabei stattfindenden Processe nachweisen.
Erster Abschnitt.Bisheriges Verfahren zum Bleichen der Wolle.
a. Bestandtheile der Wolle.
Die thierische Wolle ist das gekräuselte Haar verschiedener Gattungen von Schafen
und Ziegen.
In chemischer Beziehung besteht die Wolle in ihrer Hauptmasse aus einem
schwefelreichen, eiweißartigen Körper, dem Keratin (Proteïnbisulfid), ist
aber in dem Zustande, wie sie von den Thieren kommt, mit Schweiß, Staub etc.
verunreinigt. Der Schweiß besteht, den Untersuchungen von Chevreul zufolge, aus:
1) einer, in Wasser löslichen, seifenartigen Verbindung mit alkalischer Basis;
2) in Wasser theils löslichen, theils unlöslichen Salzen: kohlensaures Kali, salzsaures Kali,
kohlensaurer Kalk etc.;
3) einem wachsartigen indifferenten
Körper, der in kleinen farblosen Nadeln krystallisirt. Diese
Verbindung löst sich nicht in Wasser und bildet mit den Alkalien keine
Seife, sondern nur eine Emulsion, woraus der wachsartige Körper unverändert
durch Säuren abgeschieden werden kann;
4) ebenfalls einem wachsartigen
Körper, der sich von dem vorhergehenden nur dadurch unterscheidet,
daß er schon bei 15° C. flüssig wird;
5) endlich ist in demselben eine schwefelhaltige Substanz enthalten, die durch Wasser, Weingeist
und Aether der Wolle nicht entzogen werden kann und überhaupt mehr der der
Wolle selbst anzugehören scheint.
Die von dem Schweiß durch Auskochen mit Weingeist und Aether befreite Wolle
besteht nach Scherer aus:
17,710
Stickstoff,
50,643
Kohlenstoff,
7,029
Wasserstoff,
24,603
Sauerstoff,
Schwefel und mineralischen Bestandtheilen.
b. Das
Entschweißen.
Um die Wolle von den anhängenden Unreinigkeiten und dem Schweiße zu befreien,
wird sie gewaschen.
Das Waschen geschieht entweder vor der Schur, indem man die Thiere in fließendes
Wasser bringt und ihre Wolle so lange knetet, bis das Wasser nicht mehr trübe
abläuft, oder nach der Schur, indem man die Wolle mit gefaultem Harn oder Soda
und Seife behandelt.
Diese Behandlung versteht man unter dem Namen des Entschweißens oder Entfettens.
Das Entschweißen wird gewöhnlich vor dem Bleichen der wollenen Stoffe wiederholt,
selbst wenn bereits Waschen und Entschweißen der rohen Wolle vorausgegangen
ist.
Um die Wolle
a) mit gefaultem Harn zu
entschweißen, bringt man sie in ein Bad, das aus 5 Theilen weichen
Wassers und 1 Theil faulen Harns besteht und erwärmt es auf 30 bis 40°
C.
Ist die Wolle gleichmäßig vom Bade durchdrungen, so wird sie nach dem Abtropfen
in fließendes Wasser gebracht, um die Unreinigkeiten zu entfernen. Der
zurückbleibende Urin kann mehrmals zum Beschicken neuer Massen dienen.
Das Entschweißen
b) mit Alkalien kann auf
verschiedene Weise geschehen:
a)mit kohlensaurem Natron und Seife:
Auf 40 Stück
1) Bad (auf circa 40° C.)
11 Kilogr. Soda, 2,8 Kilogr. Seife, dreimal durchnehmen. Bei dem Durchgange
eines jeden Stücks werden noch 300 Gramme Seife zugegeben;
2) Bad (zweimal) in auf 40° C. erwärmtes
Wasser;
3) Bad (dreimal) in ein gleiches Bad, wie bei Nr. 1.
Eine andere Vorschrift nimmt zum Waschen: auf 100 Pfund Wolle 5 Pfund Seife, 1
Pfund Potasche bei 40–50° C., 18–30 Minuten lang; dann
Waschen mit reinem Wasser; zum Entschweißen auf 30 Stück zu 40 Ellen:
1) Walken mit 20 Pfd. Soda oder Potasche 30° C. warm,
1/3 Stunde,
2) Seifenbad von 7–8 Pfund, 40° C. warm, 10
Minuten,
3) Pressen b)mit kohlensaurem Ammoniak undc)mit ätzendem Ammoniak.
c. Das
eigentliche Bleichen.
Das Bleichen der schafwollenen Streichgarne und Gewebe geschieht ausschließlich
vermittelst schwefliger Säure. Die schweflige Säure kann sowohl als Gas, als in
wässeriger Lösung angewandt werden. Will man sich derselben nicht in freiem
Zustande bedienen, so kann sie auch in Form saurer schwefligsaurer Alkalien
verwendet werden. Bei Anwendung von gasförmiger schwefliger Säure müssen die zu
bleichenden Stoffe stets vorher mit Wasser benetzt werden. Daß dieß bei der
wässerigen Lösung, sowie bei den stets als Lösung im Wasser angewendeten sauren
schwefligsauren Alkalien überflüssig ist, versteht sich von selbst. Die
schweflige Säure wird gewöhnlich durch Verbrennen von Schwefel erhalten,
indessen ist dazu jede andere Methode der Erzeugung anwendbar.
Die Dauer der Einwirkung ist in allen Fällen 6–20 Stunden.
Durch die Behandlung mit schwefliger Säure wird die Wolle wohl theilweise, aber
doch nicht haltbar entfärbt; um die Wolle vollkommen weiß zu machen, muß sie zu
verschiedenen Malen in ein Bad, das Soda und Seife enthält, unter Wiederholung
des Schwefelns gebracht werden.
Gewöhnlich wird dann die Wolle noch mit Indigolösung gebläut, dessen Wirkung auf
den physikalischen Gesetzen der Complimentärfarben beruht.
Einige der besseren Bleichverfahren sind, nachdem die Stoffe nach der erstern,
oben angegebenen Vorschrift entschweißt worden sind: auf 40 Stück
1) Aussetzen (12 Stunden) den Dämpfen von 11 Kilogr. brennenden Schwefels,
2) dreimal in ein Bad, wie ad 2 beim
Entschweißen,
3) ein zweites Mal Aussetzen der schwefligen Säure, wie bei Nr. 1.,
4) dreimal in ein Bad, wie ad 2 beim
Entschweißen,
5) einmal in auf 40° C. erwärmtes Wasser,
6) ein drittes Mal Aussetzen der schwefligen Säure (12 Stunden),
7) in warmes, darauf in kaltes Wasser,
8) Bläuung mit Indigocarmin.
Bleichen der Stoffe, die nach der
zweiten Art entschweißt wurden.
Auf 100 Pfund:
1) Schwefeln mit 6–8 Pfund Schwefel, 12–15 Stunden,
2) Wiederholen von 1, 2, 3,
3) Bläuen mit Indigocarmin.
Zweiter Abschnitt.Untersuchung und Feststellung der dabei stattfindenden
Vorgänge.
a. Vorgang beim Entschweißen.
1. Mit gefaultem
Harn.
Das wirkende Princip des faulen Harns ist das durch das Faulen gebildete kohlensaure Ammoniak. Das kohlensaure Ammoniak
hat die Eigenschaft mit den wachs- und fettartigen Körpern, sowie den
eiweißartigen Körpern eine Verbindung einzugehen, die eigentlich in Wasser
unlöslich ist, sich aber darin zu einer Emulsion vertheilt.
Die seifenartige Verbindung und die anderen nur
mechanisch anhaftenden Unreinigkeiten können schon durch Waschen mit Wasser
entfernt werden, sind demnach gleich im Anfange löslich.
Die gelösten seifenartigen Verbindungen zersetzen sich unter dem Einflusse
des Wassers in ein basisches, in Wasser lösliches und in ein saures im
Wasser unlösliches Salz. Ersteres trägt nun seinerseits zur Lösung der
fettartigen Körper bei, unterstützt demnach die Wirkung des kohlensauren
Ammoniaks. Auf gleiche Weise unterstützen die wenigen in dem Schweiße der
Thiere enthaltenen stickstoffhaltigen Verbindungen, deren Endproducte stets wieder
kohlensaures Ammoniak ist, die Wirkung des schon fertig gebildeten.
2. Mit Soda (oder Potasche) und
Seife oder Ammoniak.
Während beim vorhergehenden Proceß außer Lösung auch die zersetzende Kraft
der Fäulniß wirkte, beruht das Entschweißen mit Soda etc. nur auf Lösung.
Die seifen-, wachs- und fettartigen Körper verhalten sich wie
oben, letztere bilden eine Emulsion, der erste indessen wird gelöst.
Der schwefelreiche Körper kommt als Schwefelnatrium in Lösung, was daraus
hervorgeht, daß
1) die alkalische Lösung beim Kochen stets Schwefelwasserstoff entbindet,
2) essigsaures Blei schwarz gefällt wird.
Da kohlensaures Natron nur in geringem Grade die Fähigkeit hat, die
wachs- und fettartigen Körper zu lösen, so ist es begreiflich, daß
stets Seife zugegeben werden muß. Die Wirkung der Seife beruht, wie bereits
oben bemerkt, auf Bildung einer in Wasser löslichen basischen
Verbindung.
Freies Natron ist aus dem Grunde nicht anwendbar, weil es die Faser zerstört,
ebenso wirkt Wärme von mehr als 40–50° C. nachtheilig auf das
darauf folgende Färben.
b. Feststellung des Vorgangs beim Bleichen.
Erklärungsweisen des Vorgangs kennt man vornehmlich zwei, die indessen in gar
keiner Beziehung übereinkommen.
Die erste nimmt an, daß die schweflige Säure unter Einwirkung des Lichts den mit
ihr gemengten Sauerstoff zur Zerstörung, d.h.
Oxydation des Farbstoffs bestimme.
Die zweite hingegen sagt, daß die schweflige Säure mit dem
Farbstoff farblose Verbindungen eingeht, die permanent auf der Faser
haften.
Die erste Theorie gründet sich auf die Eigenschaft der schwefligen Säure leicht
in Schwefelsäure überzugehen, die andere hingegen auf Analogie, indem andere
Farbstoffe, wie die der Rosen, Nelken, Indigo etc. ebenfalls mit der schwefligen
Säure farblose Verbindungen bilden. Daß der Farbstoff z.B. einer Rose nicht
zerstört ist, gehe daraus hervor, daß derselbe durch eine stärkere Säure wieder
hervorgerufen werden könne.
Nach der einen Theorie wird der Farbstoff zerstört, nach der andern nur durch
eine weiße Verbindung verdeckt.
Um nun festzustellen, welche von den beiden Theorien die richtige ist, oder
welche überhaupt stattfindet, finde ich es für gut, denselben Weg einzuschlagen,
dessen sich die zweite Theorie zur Beweisführung bediente.
Es ist demnach festzustellen:
1)ob die Farbstoffe von Rosen, Nelken oder anderen
rothen Blumen, sowie das Indigoblau mit der schwefligen Säure weiße
Verbindungen eingehen, die bei ersteren permanent auf der Faser
haften;
2)ob ein analoger Vorgang auch bei dem Farbstoff der
Wolle stattfindet.
Bevor ich indessen darauf näher eingehe, zeigt schon eine kurze Betrachtung die
Unzulänglichkeit selbst der letzteren Theorie. Damit eine Theorie überhaupt
Anspruch auf Richtigkeit machen könne, müssen sich durch dieselbe alle
Erscheinungen gleich gut erklären lassen. Was soll nun aber die nachfolgende
Behandlung mit Soda und Seife und die oftmalige Wiederholung derselben auf eine
an und für sich schon farblose weiße Verbindung nützen?
Soll sie wahrscheinlich das Festhaften der weißen Verbindung vermehren, oder zur
Entfernung der überflüssigen schwefligen Säure dienen, welcher Zweck durch
einfaches Waschen mit Wasser ebenso vollständig erreicht werden könnte.
Vielmehr wird sie nach ihren Grundsätzen ihr Recht als stärkere Basis geltend
machen und schwefligsaures Salz unter Abscheidung des Farbstoffs bilden
müssen.
Feststellung des Vorgangs beim Schwefeln
rother Rosen und Nelken, des Indigos etc.
Zu diesem Zwecke setzte ich eine Partie Nelken- und Rosenblätter den Dämpfen
flüssiger, schwefliger Säure 6 Stunden lang aus; da die Eigenschaften beider
übereinstimmten, so kann ich sie gleich zusammenfassen.
Die Blumen waren beinahe vollständig weiß. Ich behandelte nun:
a) einen Theil mit Wasser von
40° C.,
b) den andern hingegen ließ ich frisch mit Wasser
angefeuchtet und zur Entfernung der anhängenden schwefligen Säure zwischen
Fließpapier gepreßt, an der atmosphärischen Luft
liegen,
c) ebenso setzte ich die mit Wasser behandelten Blätter
der Luft aus. Das bei a
erhaltene Wasser war vollkommen farblos.
Anmerkung. Diese Flüssigkeit ist indessen nur innerhalb
bestimmter Temperaturgrenzen farblos. Starkes Erkälten sowie Erwärmung brachte eine
röthliche Färbung hervor, auf dieselben Temperaturverhältnisse zurückgeführt,
verschwand sie indessen wieder.
Die Lösung röthete Lackmus und roch stark nach schwefliger Säure, enthielt demnach
freie Säure. Um diese zu entfernen, erhitzte ich die Lösung im Wasserbade 1 Stunde
lang, bis keine Entbindung von schwefliger Säure mehr stattfand, was durch darüber
gehaltenes, mit Veilchensaft gebläutes Papier deutlich nachgewiesen werden
konnte.
Obgleich nun anzunehmen, daß die überschüssige schweflige Säure entfernt ist,
reagirte die Lösung nichtsdestoweniger sauer. Hat sich daher eine Verbindung des
Farbstoffs mit der schwefligen Säure gebildet, so ist sie als saure Verbindung in
Lösung.
Auf Zusatz von Salzsäure, Schwefelsäure, Essigsäure oder jeder anderen stärkeren
Säure tritt intensiv rothe Färbung der Flüssigkeit ein. Es findet dabei bedeutende
Entwicklung von schwefliger Säure statt.
Der Farbstoff konnte außerdem durch Chlor und Jod, durch viel Weingeist (röthlich
opalisirend), dann durch Schwefelwasserstoff und endlich durch Alkalien (violett)
hervorgebracht werden.
Dadurch bestätigt sich, daß der Farbstoff weder zerstört, noch entoxydirt ist; nicht
zerstört, weil stärkere Säuren den Farbstoff wieder hervorbringen; nicht entoxydirt,
da der Farbstoff selbst durch reducirende Mittel, wie Weingeist und
Schwefelwasserstoff, wieder zum Vorschein kommt. Es ist daher anzunehmen, daß sich
eine saure Verbindung der schwefligen Säure mit dem Farbstoff gebildet hat, die
farblos ist und sich leicht in Wasser löst.
Durch diese Reactionen ist wohl das Vorhandenseyn der schwefligen Säure in der Lösung
entschieden, nicht aber, ob nicht etwa Schwefelsäure gleichfalls in derselben
enthalten ist.
Es ist dieses aber insofern nicht möglich, da, wenn solche vorhanden wäre, sogleich
die rothe Färbung eintreten müßte.
Um mich aber bestimmt davon zu überzeugen, bereitete ich eine frische Lösung.
Eine Lösung von Chlorbaryum erzeugte einen weißen Niederschlag, der sich indessen in
verdünnter Salzsäure wieder vollständig löste. Wurde der Lösung vorher Essigsäure
zugegeben und auf 100° C. erhitzt, so entstand auf nun zugesetztes
Chlorbaryum keine Fällung.
Beide Versuche thun klar dar, daß Schwefelsäure nicht zugegen ist, da dann im ersten
Falle der Niederschlag in Salzsäure nicht vollkommen löslich seyn könnte, im zweiten
aber ein Niederschlag entstehen müßte.
Anmerkung. Damit diese Versuche gelingen, hat man
besonders darauf zu sehen, daß 1) die schweflige Säure von Schwefelsäure frei ist;
2) destillirtes vorher ausgekochtes Wasser angewendet wurde; 3) die geschwefelten
Blätter nicht an der Luft gelegen hatten.
Als wässerig concentrirte Lösung ist die Verbindung sehr beständig; in verschlossenen
Gefäßen röthet sich die Flüssigkeit nach Verlauf von 4–6 Wochen noch nicht, und auch die
Schwefelsäure hat sich nicht sehr vermehrt; bleiben aber die Blätter der Luft
ausgesetzt (obiger Versuch b), so werden sie violett und
es hat sich viel Schwefelsäure gebildet.
Die Blätter des Versuchs c waren nur sehr wenig
verändert.
Die mehrfach mit schwefliger Säure behandelten Nelken wurden, wenn sie vorher mit
Wasser von 40° C. behandelt waren, von Schwefelsäure kaum mehr geröthet,
daher ist aller Farbstoff entfernt, d.h. in Lösung übergegangen.
Aus Vorstehendem ergibt sich, daß die Annahme der zweiten Theorie hinsichtlich der
weißen Verbindung wohl richtig ist, nicht aber in Hinsicht der permanenten
Verbindung Geltung hat.
Die Verbindung ist im Gegentheil leicht in Wasser löslich. Die weiße Farbe der mit
Wasser behandelten Faser ist indessen nur durch den weißen Faserstoff
hervorgebracht.
Feststellung, ob derselbe Vorgang auch
bei der Wolle stattfindet.
Wenn dieses wirklich der Fall ist, so müssen alle oben angewandten Reagentien
dieselben, d.h. analoge Reactionen geben.
Dieses zu entscheiden, stellte ich folgende Versuche, sowohl mit Wolle, als daraus
gefertigten Geweben an.
Die auf die gewöhnliche Art entschweißten Gewebe setzte ich 20 Stunden den Dämpfen
brennenden Schwefels aus. Hierauf behandelte ich die Wolle mit Wasser von 40°
C. (ca. 1/4 Stunde) und erhitzte die erhaltene Lösung im
Wasserbade, bis alle freie Säure entfernt war. Die Lösung war vollkommen farblos und
reagirte auf Lackmuspapier sauer (daher ist auch hier der Farbstoff als saure
Verbindung in Lösung).
Zusatz von Salzsäure oder Essigsäure und mäßiges Erwärmen schied in der concentrirten Lösung den Farbstoff in Flocken ab, die
eine gelblichbraune Farbe besaßen. Viel deutlicher bewirkte diese Ausscheidung
Zusatz von Soda oder Alkalien, im Ueberschusse sich zur braunen Flüssigkeit
lösend.
Wurde der Farbstoff durch stärkere Säuren ausgeschieden, so fand bedeutende
Entwicklung von schwefliger Säure statt.
Die übrigen Stoffe, wie Chlor, Jod, Weingeist, Schwefelwasserstoff bewirkten ähnliche
Fällung des Farbstoffs. Weingeist indessen sehr geringe.
Die Anwendung von Chlorbaryum bestätigte auch hier das Vorhandenseyn der schwefligen
Säure und auf Zusatz von Salzsäure die Abwesenheit der Schwefelsäure.
Auch die Wolle bildet geschwefelt, beim Liegenlassen an der Luft, Schwefelsäure, in
wässeriger Lösung ist aber der Farbstoff beständig.
Beim Concentriren durch Kochen der Lösung schied sich ein Theil des Farbstoffs in
Flocken aus, ohne sich wieder beim Erkalten zu lösen; es scheint daher schweflige
Säure fortgegangen zu seyn.
Der auf eine dieser Methoden ausgeschiedene Farbstoff war indessen keineswegs in der
Menge vorhanden, daß totale Lösung der färbenden Theile angenommen werden konnte,
auch war die geschwefelte Wolle noch keineswegs weiß.
Deßhalb behandelte ich die schon mit Wasser ausgezogene, geschwefelte Wolle mit einer
Lösung von Soda, zu der wenig Aetzkali gesetzt wurde, und erhielt eine braune
Lösung. In dieser Lösung, deren Farbe schon den Farbstoff beurkundete, wiesen
Reagentien sowohl die Anwesenheit des Farbstoffs, als die der schwefligen Säure
nach.
Daraus geht hervor, daß die Verbindung des Farbstoffs der Wolle mit schwefliger Säure
wohl löslich in Wasser ist, aber viel leichter von Alkalien, selbst kohlensauren
Alkalien aufgenommen wird.
Eine quantitative Bestimmung der Gewichtsabnahme der Wolle schien mir
interessant.
Ich entschweißte daher 300 Gramme Wolle vermittelst Seife und kohlensaurem Natron.
Sie verlor 100 Gramme. Die übriggebliebenen 200 Gramme wurden nun in zwei Theile
getheilt und der eine Theil, 100 Gramme,
1) zehn Stunden geschwefelt, zwischen Fließpapier gepreßt und bei
15° C. in wasserfreier Luft getrocknet. Die Wolle verlor 3 Gramme;
2) der andere Theil, ebenfalls geschwefelt, darnach mit Wasser
von 40° C. behandelt und wie oben getrocknet, verlor 5 Gramme;
3) sowohl die 97 Gramme von Nr. 1, als die 95 Gramme von Nr. 2,
als ganz neue 100 Gramme Wolle gaben beim Wiegen stets wieder 95 Gramme, wenn
sie vorher mit kohlensaurem Natron behandelt wurden und bei 15° wie oben
getrocknet.
Anmerkung. Um vollkommen sicher zu gehen, stellte ich den
Versuch Nr. 1 noch auf die Weise an, daß ich die geschwefelte Wolle, anstatt
zwischen Fließpapier zu pressen, auf 40° C. rasch erhitzte (um die
überflüssige schweflige Säure zu verjagen) und dann wie oben trocknete. Ich erhielt
ein übereinstimmendes Resultat.
Diese Erscheinung ist auffallend und widerspricht ganz den oben gefundenen
Resultaten, wonach die Wolle beim Behandeln mit kohlensaurem Natron bedeutend an
Gewicht abnehmen müßte.
Sie erklärt sich indessen einfach aus der physikalischen Beschaffenheit der
verschieden behandelten Wolle.
Die geschwefelte und getrocknete oder mit Wasser behandelte Wolle ist spröde und hat
ihre natürliche Weichheit gänzlich verloren. Bei dem jedesmaligen Behandeln mit
kohlensaurem Natron erlangt sie aber die ursprüngliche Geschmeidigkeit wieder.
In dem ersten Falle hatte die Wolle durch Einwirkung der schwefligen Säure Wasser
verloren, im zweiten aber durch die Behandlung mit kohlensaurem Natron wieder
aufgenommen, wie überhaupt alle Alkalien erweichend auf thierische Membranen
wirken.
Hinsichtlich der physikalischen Eigenschaften der Wolle wäre noch anzuführen, daß die
Farbe der mit schwefliger Säure behandelten Wolle durchaus nicht so weiß ist, als
bei Bildung einer weißen, den darunterliegenden Farbstoff verdeckenden Verbindung
angenommen werden könnte. An manchen Stellen, namentlich da, wo sich das Wasser
angehäuft hat, ist sie gelblich. Beim Behandeln mit Wasser von 40° C. werden
diese gelben Stellen in etwas gemindert; noch mehr beim Walken. Wird die mit Wasser
behandelte Wolle nochmals geschwefelt und ein Theil
1)an der Luft trocknen gelassen, nachdem die Wolle
zuvor, zur Verjagung der überflüssigen schwefligen Säure, auf 40° C. erhitzt worden war, der andere aber
2) mit kohlensaurem Natron und Seife
behandelt und nun getrocknet,
so zeigen sie bedeutende Verschiedenheiten: die Wolle auf
erste Art behandelt, ist bräunlich geworden; die nach der
andern Art behandelte aber von rein weißer Farbe.
Hätte sich wirklich eine weiße, permanente Verbindung gebildet, so ist durchaus nicht
einzusehen, warum nicht schon Entfernung der überschüssigen schwefligen Säure
genügt, um die Farbe rein weiß erscheinen zu lassen.
Anmerkung. Dieselbe Erscheinung trat auch beim Behandeln
der Wolle mit Wasser und nachherigem Trocknen ein.
Auch hinsichtlich der Durchsichtigkeitsverhältnisse, da doch anzunehmen, daß diese
bei Bildung einer weißen Verbindung bedeutend gemindert wären, ließ sich vermittelst
der Loupe durchaus nichts entdecken, was für die zweite Theorie sprach, im
Gegentheil schien die Wolle nach dem Schwefeln durchscheinend zu seyn.
Die Art und Weise in der Feststellung des Vorgangs beruhte theils auf directem
chemischem Nachweis, indem ich die Lösung in Wasser und kohlensaurem Natron
untersuchte und dadurch die Analogie beim Bleichen der Farbstoffe der Nelken
nachwies.
Der Vorgang ist bei dem einen wie dem andern ein und derselbe, nur scheint die
Verbindung der schwefligen Säure mit dem Farbstoffe der Wolle etwas weniger löslich
im Wasser zu seyn.
Ein weiterer Beweis für die Richtigkeit meiner gefundenen Resultate wurde dann durch
das Gewicht geliefert und endlich durch die physikalische Beschaffenheit der
Wolle.
Es bliebe nun nur noch der synthetische Weg übrig, d.h. die Verbindung isolirt
darzustellen.
Verschiedene Versuche indessen, die ich zu diesem Behufe machte, mißlangen, da die
Verbindung entweder Schwefelsäure oder Kalk, oder beide zugleich enthielt. Endlich
erreichte ich auf folgende Weise ein ziemlich befriedigendes Resultat.
Reindarstellung der
Verbindung.
Entschweißte Wolle setzte ich, um jede Spur Fett zu entfernen (damit der
Krystallisationsfähigkeit der Verbindung kein Hinderniß im Wege liege), der
Einwirkung von ätzendem Ammoniak aus und schwefelte dann die mit Wasser
ausgewaschene Wolle 6 Stunden lang.
Die Wolle wurde hierauf mit kohlensaurem Natron (in Wasser gelöst) behandelt, die
erhaltene braune Lösung concentrirt und der Farbstoff durch Essigsäure gefällt,
filtrirt und der auf dem Filter befindliche Niederschlag mit Wasser, dem etwas Essig
und Salzsäure zugegeben war, ausgewaschen.
Der Farbstoff war von schmutzig graubräunlicher Farbe; gleich nach dem Aussüßen löste
er sich unvollständig in wässeriger, schwefliger Säure (natürlich
schwefelsäurefreier). Die farblose Lösung wurde nun filtrirt und im Wasserbade so
vorsichtig als möglich eingeengt, bis sich Krusten bildeten.
Beim Erkalten schied sich die Verbindung in krystallinischen Blättchen aus.
Diese Blättchen sind farblos, glänzend, reagiren auf Lackmus sauer, besitzen sauren
Geschmack, sind geruchlos, leicht im Wasser löslich, von alkalischen Lösungen werden
sie braun gefärbt, mit stärkeren Säuren entwickeln sie schweflige Säure. Beim
Erhitzen zersetzt sich die Verbindung, indem der Farbstoff hervortritt.
Die Ausbeute, die ich aus 1 Pfd. Wolle erhielt, wurde so reducirt, daß sie kaum nach
Granen hätte gewogen werden können. Es kommt dieß daher, daß:
1) sich nur ein geringer Theil des durch Salzsäure
ausgeschiedenen Farbstoffs in schwefliger Säure löst (wahrscheinlich in Folge
einer Zersetzung),Vergleiche die auf Seite 140, zu 2 aufgestellte Theorie.
2) sich die Verbindung, selbst wenn bei einer Temperatur von
30° C. eingedampft wurde, theilweise unter Ausscheidung der gelbbraunen
Farbstoffe zersetzt.
Zusammenstellung.
Nicht wie bisher angenommen, beruht das Bleichen mit schwefliger Säure auf Oxydation,
oder auf Bildung einer permanenten weißen Verbindung, die gleichsam die Wolle
bedeckt; die Natur wählt auch hier einfache Wege:
„Bloße Lösung der färbenden Theile durch Bildung einer in Wasser und
Alkalien löslichen Verbindung.“
Daß diese Verbindung farblos ist, ist nur von untergeordneter Bedeutung.Insofern die letzte Behandlung nach dem Schwefeln nur mit Wasser geschah,
kann der Fall eintreten, daß ein kleiner Theil der Verbindung an der Faser
haften bleibt und bei der Haltbarkeit derselben erst nach längerer Zeit in
Schwefelsäure und sich ausscheidenden Farbstoff zersetzt wird. Der unter
diesen Umständen ausgeschiedene Farbstoff ist nur sehr wenig gefärbt, die
Farbe desselben tritt erst bei Behandlung mit Alkalien deutlich hervor.
„Hatte das Entschweißen den Zweck, die fett-, wachs- und
seifenartigen Körper zu lösen und zu gleicher Zeit einen Theil der Farbstoffe zu
entfernen, und endlich die Wolle aufzuweichen und zur Aufnahme der schwefligen
Säure vorzubereiten, so ist es Sache des Schwefelns, den nach dieser Behandlung
noch vorhandenen Farbstoff löslich zu machen. Es geschieht dieß durch Bildung
einer in Wasser löslichen Verbindung. Es ist bei dieser Bildung nicht nöthig,
daß die Flüssigkeit stets farblos ist, es scheint sich sogar ein Theil des
Farbstoffs in der schon gebildeten Verbindung zu lösen und eine gelbe
Flüssigkeit zu bilden.“
„Die nachfolgende, abwechselnde Behandlung mit kohlensaurem Natron, Seife
und schwefliger Säure entfernt nun den Farbstoff total.“
„Die Behandlung mit kohlensaurem Natron hat noch außerdem den Zweck, der
Wolle die durch die schweflige Säure geraubte Geschmeidigkeit wieder zu
geben.“
Da Spuren von zurückgebliebenem Farbstoff sich beim Behandeln mit Soda wieder färben
würden, so ist es auch begreiflich, warum nach dem letzten Schwefeln gewöhnlich nur
mit Wasser nachgewaschen wird.
Um nun Alles zusammenzufassen hat das Schwefeln den Zweck, den an und für sich weißen Faserstoff von den noch mit ihm in Verbindung
gewesenen, unlöslichen farbigen Theilen zu befreien.
Schlußbetrachtung.
Die Praxis eilt der Wissenschaft gewöhnlich weit voraus, und in den meisten Fällen
hat diese nur die schon lange von ihr ausgeübten Processe zu erklären.
Ist aber einmal der wirkliche Vorgang festgestellt, so ist sie auch im Stande, der
Praxis den einzuschlagenden Weg vorzuschlagen oder neue Verbesserungen
anzugeben.
In den meisten Fällen aber, und dieß besonders bei einfachen Processen, ist die
Praxis durch Uebung zu der Vollkommenheit gelangt, daß der Wissenschaft nur wenig
mehr zu thun übrig bleibt.
So auch hier:
daß die Wolle vor dem Schwefeln mit Wasser angefeuchtet werden müsse,
daß, um die Wolle geschmeidig zu machen, die Wolle mit kohlensaurem Natron behandelt
werden müsse, oder,
daß die wässerige Lösung ungleich besser wirkt etc.,
hatte die Praxis, wenn auch unwissend
„warum“, schon längst gewußt.
Die schweflige Säure ist ein Gas, demzufolge in sehr ausgedehntem Zustande, und kann
in diesem Zustande nur ungemein langsam wirken.
Werden nun die Stoffe angefeuchtet der schwefligen Säure ausgesetzt, so muß dieselbe
erst vom Wasser absorbirt werden, wobei dann natürlich immer Verlust an schwefliger
Säure stattfindet. Gibt man hingegen die schweflige Säure der Wolle in wässeriger
Lösung, so wird sie ihr in bedeutend dichterem Zustande gereicht und kann sich
demnach in viel kürzerer Zeit verbinden.
Schwefligsaure Alkalien anzuwenden, wäre in Hinsicht des Kostenpunktes fehlerhaft, da
sie sich ja ohnedem im Verlaufe des Processes bilden.
Schließlich wäre noch der Anforderung Erwähnung zu thun, die man gewöhnlich bei
Aufstellung einer Theorie zur Bestätigung ihrer Richtigkeit beansprucht, nämlich ähnlich
wirkende Körper aufzufinden; es ist mir dieses auch mit einigen chemischen
Verbindungen gelungen; indessen übergehe ich diese, da es nicht in das Bereich der
vorliegenden Frage gehört.
Commissionsbericht über die, auf
Veranlassung des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen
angestellten Versuche, zur Prüfung verschiedener, in der vorstehenden
Preisschrift enthaltenen Angaben.
Zur Prüfung der Angaben über das Bleichen der Wolle mit schwefliger Säure wurden im
Laboratorium des königlichen Gewerbe-Instituts die nachstehenden
Versuchsreihen mit Streichgarn angestellt:
Zunächst wurde das Streichgarn, zur Entfernung des Fettes und der beim Vorspinnen
hineingekommenen fremden Bestandtheile, mit einer verdünnten Lösung von kohlensaurem
Natron und Seife gewaschen und dasselbe hierdurch in derjenigen Weise hergestellt,
wie sie die Wolle in Fabriken nach der Wäsche und vor dem Bleichen zeigt.
Nachdem die Streichgarnprobe gut gespült war, wurde dieselbe in einem hinreichend
geräumigen Glase mit gut schließendem Stöpsel der Einwirkung einer wässerigen Lösung
von schwefliger Säure 24 Stunden lang ausgesetzt, sodann ausgedrückt und wiederum
gespült.
Die durch leichtes Ausdrücken gewonnene, noch viel schweflige Säure enthaltende
Flüssigkeit war vollkommen farblos, wie dieß der Verfasser der Preisschrift angibt;
das Streichgarn selbst aber natürlicher Weise heller, als die nur gewaschene Probe.
Bei einem Zusatz von kohlensaurem Natron lieferte die vorgedachte Flüssigkeit einen
weißen, flockigen Niederschlag, welcher, nach dem Absetzen in dickeren Schichten,
gelblich gefärbt war, wie dieß in der Schrift angegeben ist. Dieser Niederschlag
zeigte sich in Säure löslich, enthielt aber auch etwas kohlensauren Kalk; denn die
von der Garnprobe abgegossene Flüssigkeit gab nach dem Neutralisiren mit Oxalsäure
eine geringe Fällung. Dagegen konnte in der durch Verdampfung concentrirten, von der
freien schwefligen Säure befreiten Flüssigkeit nicht, wie die Schrift angibt, durch
Salzsäure oder Essigsäure eine Fällung des Farbstoffs gewonnen werden; vielleicht,
weil bei dem betreffenden Experiment die Menge des gelösten Farbstoffs eine zu
geringe war. Auch in der concentrirten, farblosen Flüssigkeit brachten Säuren keine
Färbung hervor.
Es wurde nun die gebleichte Garnprobe nach dem Spülen – in kaltem und warmem
Wasser – in ein Bad von Soda oder Soda und Seife von 40° C. gebracht,
und es zeigte sich bei dieser Procedur eine gelbe, bräunliche Flotte. Diese
Wahrnehmung stimmt mit den Angaben des Verf. überein.
Ward sodann die gelbe Garnprobe mit schwefliger Säure nur einige Stunden in Berührung
gebracht, so zeigte sie nunmehr sich im hohen Grade weiß, wurde aber durch Waschen
mit Soda wieder gelb. Die nicht mit schwefliger Säure gebleichten Garnproben wurden
bei ihrer Behandlung mit Sodalösung nicht gelb.
Das mit schwefliger Säure gebleichte Garn, gleich nach dem Schwefeln und Spülen, ohne
vorgängige Behandlung mit Soda, in verdünnte Schwefelsäure gebracht, zeigte keine gelbliche Färbung.
Die Verbindung des färbenden Agens der Wolle mit schwefliger Säure wurde nicht
abgesondert dargestellt. Hierüber dürfte sich übrigens nur bei Anwendung großer
Quantitäten ein sicheres Resultat erwarten lassen.
Aus den vorstehenden Versuchen ist demnach zu folgern:
1) daß der Farbstoff der Wolle mit schwefliger Säure eine
farblose Verbindung bildet, welche in Wasser löslich ist;
2) daß derselbe aus dieser Verbindung durch kohlensaures Natron
etc. – besonders auf der Faser – regenerirt wird und in
alkalischen Lösungen mit bräunlich-gelber Farbe löslich ist, wie dieß vom
Verfasser behauptet wird, daher eine Analogie mit dem Bleichproceß der rothen
Rosen vorliegt; daß aber
3) der Farbstoff in Verbindung mit schwefliger Säure und
besonders auf der Wollfaser durch Schwefelsäure nicht wieder hervortritt. Die
Verbindung mit dieser Säure ist daher vielleicht nur wenig gefärbt.