Titel: Goodchild's Trocheidoskop.
Fundstelle: Band 157, Jahrgang 1860, Nr. XLIII., S. 181
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XLIII. Goodchild's Trocheidoskop. Aus dem Practical Mechanic's Journal, April 1860, S. 4. Mit Abbildungen auf Tab. III. Goodchild's Trocheidoskop. Dieses Instrument, welches die Herren Horne und Thornthwaite in London (Newgate Street), neuerlich in den Handel gebracht haben, übertrifft den Farbenkreisel und verspricht so pupulär wie das Kaleidoskop oder Stereoskop zu werden. Es ist eine mechanische Vorrichtung um verschiedene Farbencombinationen herzustellen und dem Auge gefärbte Muster vorzuführen, und dürfte durch seine Resultate für alle diejenigen wichtig werden, welche sich mit Anfertigung von Mustern, Decorationen u.s.w. beschäftigen. Dabei ist es ein optischer Zeitvertreib, der nicht nur durch interessante Erscheinungen das Auge fesselt, sondern auch gewissermaßen grammatische Daten für die Anordnung der Farben in richtiger Harmonie oder dem geeigneten Contrast liefert. Die Wirkungen des Instruments beruhen auf einem bekannten Gesetze der Optik, daß nämlich das Bild eines Gegenstandes auf der Netzhaut zurückbleibt, nachdem der Gegenstand selbst entfernt wurde. Wir besitzen bereits verschiedenes Spielzeug, welches auf diesem Gesetze beruht und dasselbe erläutert. Dahin gehört das Thaumatrop, eine auf den beiden Seiten mit zwei verschiedenen Gegenständen, z.B. einem Hunde und einem Affen bemalte Karte; dreht man dieselbe schnell vermittelst eines an jeder Seite (in der Achse) angebrachten Fadens, so wird der Affe auf dem Rücken des Hundes erscheinen, es werden also scheinbar beide Seiten der Karte zugleich sichtbar. Das Phantoskop, welches ebenfalls auf diesem Gesetze beruht, ist eine sich drehende Scheibe, deren eine Seite mit Figuren bemalt ist; man sieht auf ihrer Rückseite durch eine Oeffnung auf einen derselben gegenüber befindlichen Spiegel, auf welchem Figürchen sich bewegend, tanzend etc. erscheinen. Der Farbenkreisel ist bekanntlich eine Scheibe mit farbigen Abtheilungen, welche beim schnellen Drehen der Scheibe in einander verlaufen und einen einzigen Farbenton bilden, weil in diesem Falle der Netzhaut nicht Zeit gelassen wird die Farben zurück zu halten. Diese Vorrichtung ist kürzlich durch Hrn. Gorbam bedeutend verbessert worden; derselbe benutzt sie nämlich in Verbindung mit einer schwarzen Scheibe, worin die Muster oder Figuren ausgeschnitten sind, welche beim Drehen des Kreisels in mannichfaltigen Farbencombinationen erscheinen. Wir wollen in Kürze die Natur des Lichts und der Farben besprechen, um die Beschreibung des Instruments deutlicher zu machen, dessen Anwendung auf diesen Gesetzen beruht. Weißes Licht, wie das Sonnenlicht, ist aus sieben Farben zusammengesetzt, und kann mittelst des Prismas in sieben Farben zerlegt werden, welche sind: Violett, Indigo, Blau, Grün, Gelb, Orange und Roth. Wenn diese Farben auf einer Scheibe in Abtheilungen in folgender Ordnung und Verhältnissen angebracht werden: Violett 80 Grade         Grün 60 Grade Indigo 40    „ Gelb 48    „ Blau 60    „ Orange 27    „ Roth 45    „ so erscheint als Beweis für die Natur und Zusammensetzung des weißen Lichtes, die Scheibe beim schnellen Umdrehen nahezu weiß. Werden die Verhältnisse geändert oder wird eine Farbe ausgelassen, so muß bei der Drehung der Scheibe ein anderer Farbenton erscheinen, welcher der complementäre zur unterdrückten Farbe ist; lassen wir z.B. Roth aus, so erscheint Grün; lassen wir Blau aus, so erscheint Orangeroth; lassen wir Gelb aus, so erscheint Indigo. In der neueren Zeit hat man das Gesetz des gleichzeitigen Contrastes der Farben (die Farbenharmonie, Anwendung complementärer Farben) mehr berücksichtigt als früher, daher unseren Augen von den Malern und Fabricanten farbiger Waaren nicht mehr so viel Zwang angethan wird wie früher. Durch das Studium dieses Gesetzes wird das Auge in Bezug auf Farben eben so wählerisch, wie es die Geruchsorgane in Bezug auf Düfte und üble Gerüche sind. Der Zweck des Trocheidoskops ist, dieses Gesetz zu versinnlichen und verschiedene Erscheinungen zu zeigen, welche beim Coloriren von Decorationen, bei der Fabrication von farbigen Waaren jeder Art, und überall wo harmonische Färbung anwendbar ist, benutzt werden können. Bei dem neuen Instrumente wendet man, um das Vermischen von Farben auf einer Scheibe zu bewirken, eine Anordnung von Rädern und Getrieben an, so daß durch langsames Drehen eines Kurbelgriffes die Scheibe nach Belieben mit beträchtlicher Geschwindigkeit rotirt. Die Vortheile dieser Einrichtung sind einleuchtend: die Geschwindigkeit kann controlirt und genau abgestimmt werden; man kann bei geringer Geschwindigkeit Wirkungen zeigen, welche mit dem Farbenkreisel nicht zu erzielen sind; die Geschwindigkeit kann abgeändert werden, um verschiedene Wirkungen mit derselben Scheibe zu zeigen. Da das Instrument feststeht, so kann man das geeignete Licht zur Beleuchtung der Farbencombinationen wählen, und da die schwarze Scheibe mit dem ausgeschnittenen Muster unter einem Winkel befestigt ist, so kann viel Licht auf die Farben fallen, welche daher sehr lebhaft erscheinen. A, Fig. 20, ist ein Kästchen mit Schieblade; B die Kammer mit dem Triebwerke; C ist die farbige Scheibe und D die Musterscheibe; E die Spindel; F ein hakenförmiger Arm zum Halten der Schnur oder des Bandes woran die Musterscheibe befestigt ist; G der Kurbelgriff. Während beim Farbenkreisel die Musterscheibe sich mit den Farben dreht, findet dieß bei unserm Instrumente in Folge der Anordnung der Spindel nicht statt, daher man sowohl natürliche Gegenstände, wie Vögel, Schmetterlinge, Blumen etc., als geometrische Zeichnungen mittelst desselben farbig erscheinen lassen kann, ohne daß sie ihre ursprüngliche Form durch Vervielfältigung verlieren. Man wendet nämlich eine excentrische Bewegung an, indem man den Kopf der Spindel E, Fig. 21, mittelst eines Scharniers seitwärts dreht; die Musterscheibe D hängt man an diesen seitwärts gedrehten Kopf, und ertheilt dem Instrument eine hinreichend schnelle Drehung, um das Muster in den lebhaftesten Farben erscheinen zu lassen. Die Farben behalten dann die Anordnung, welche sie in einem gewissen Ausschnitte angenommen haben, unverändert bei. Fig. 21 zeigt im Durchschnitt das Kästchen B, sowie das Räderwerk zum Treiben der Spindel E und der farbigen Scheibe C. Kreisförmige Ausschnitte der Musterscheibe haben die Wirkung, daß sie Ringe mit schwarzem Centrum werden und die Farben der unter ihnen befindlichen Scheibe in regelmäßiger Ordnung um dieses Centrum gereiht zeigen; so bekommt H, Fig. 22, das Ansehen von I. Wenn die kreisförmigen Ausschnitte sich nahe genug bei einander befinden, so bilden sie beim Drehen eine farbige verschlungene Kette. Das Verfahren, um ein (in der schwarzen Scheibe ausgeschnittenes) Muster farbig zu zeigen, ist höchst einfach: man schraubt die farbige Scheibe (mit der gewünschten Anzahl von Farben) an, und hängt das schwarze Muster an den obern Theil der Spindel (Fig. 20 und 21); dann befestigt man die Schnur an dem Haken so, daß sie sich nicht herumdrehen kann und doch lose hängt, ohne daß sie oder das schwarze Muster die farbige Scheibe berührt. Hernach dreht man, und das Muster erscheint vollständig gefärbt. Man kann auch mit diesem Instrument die Complementärfarbe aus der Originalfarbe entwickeln; so bringt Roth Bläulichgrün hervor, Blau bringt Orangegelb hervor. Um dieß zu bewirken, schraubt man eine halb rothe, halb weiße Scheibe, J, Fig. 23, auf, und mit ihr eine schwarze Scheibe, so daß sich das Schwarz über dem Roth befindet, wie die Abbildung zeigt. Beim Drehen geht der äußere Ring von Schwarz in Bläulichgrün über. Ebenso wird man mit Gelb und Weiß ein dunkles Violett erhalten. Interessante Versuche lassen sich mit den farbig erscheinenden Ausschnitten einer schwarzen Scheibe anstellen, wenn die ausgeschnittene Figur durch Schwarz unterbrochen ist. Hierzu schneidet man in der schwarzen Scheibe einfache Figuren aus, wie die Abbildungen Fig. 24 zeigen. Bringt man nun die schwarze Scheibe auf der kurzen Spindel über einer farbigen Scheibe an, so sieht man beim Umdrehen gewisse Farben durch die Ausschnitte; wenn man aber die Vorsprünge K, L, M einen Augenblick mit dem Finger oder einem leichten Stäbchen berührt, so ändern sich die Farben, was einen schönen Effect macht. Die Erklärung dieser Erscheinung ist, daß durch das Berühren der Vorsprünge die Drehung der schwarzen Scheibe momentan verzögert wird, und daher die Farben unter derselben sich ändern; durch das eingeschaltete Schwarz bleiben sie nun aber erhalten und werden belebt, statt verloren zu gehen und in einander zu fließen, wie es ohne das Schwarz der Fall ist.

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