Titel: | Ueber das Preisverhältniß zwischen Maschinen- und Stichtorf, Schlußerwiderung auf Hrn. Dr. Schröder's Abhandlung über denselben Gegenstand; von Prof. Dr. Aug. Vogel jun. |
Fundstelle: | Band 157, Jahrgang 1860, Nr. LIV., S. 224 |
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LIV.
Ueber das Preisverhältniß zwischen
Maschinen- und Stichtorf, Schlußerwiderung auf Hrn. Dr. Schröder's Abhandlung über denselben Gegenstand;
von Prof. Dr. Aug. Vogel
jun.
Vogel, über das Preisverhältniß zwischen Maschinen- und
Stichtorf.
Es würde die Grenzen eines technischen Journals weit überschreiten, wenn ich die von
Hrn. Dr. Schröder
S. 39 in diesem Bande des polytechnischen
Journals. versuchte Widerlegung meiner Angaben über das Verhältniß zwischen den
Productionskosten des Maschinentorfs und Stichtorfs ausführlich besprechen wollte;
ich beschränke mich daher darauf, nur noch einige positive Thatsachen und
Erfahrungen zu berühren, welche, wie ich hoffe, dazu beitragen können, das Urtheil
des größeren Publicums in dieser Frage festzustellen.
Vor Allem ist zu erwähnen, daß die sogenannte ostfriesische Methode des Torfstechens
keineswegs in Süddeutschland unbekannt ist; sie ist vielmehr allgemein bekannt,
namentlich in Bayern, wird aber nur in sehr wenigen Mooren angewendet, da sie für
die Mehrzahl der Moore weder anwendbar, noch vortheilhaft ist. Da nun Hr. Dr. Schröder seilst angibt,
daß ihm die süddeutschen Moore nicht aus eigener Anschauung bekannt sind, so dürfte
dieser Umstand allein hinreichen, gegen manche seiner Behauptungen und besonders
gegen seine Folgerungen einiges Mißtrauen zu erwecken. Aus diesem Grunde unterlasse
ich es auch, die Natur der Hochmoore und die eigenthümlichen Schwierigkeiten, welche
die Krüppelföhre (pinus pumilio) auf denselben
darbietet, näher zu beschreiben, da nur eine persönliche Ansicht hievon einen
genügenden Begriff geben kann.
Sogar für alle bei der Torfindustrie direct Betheiligten kann es völlig gleichgültig
seyn, ob Hrn. Dr. Schröders
Berechnungsweise oder die meinige die richtige sey, ob die eine oder andere einen
Irrthum enthalte, können ja doch die verschiedenen Localverhältnisse, die Natur der
Moore und des Torfes ungleich größere Differenzen bedingen, als die eine oder andere
Verschiedenheit des Calculs. Bayern ist vielleicht wie kein anderes Land zum Studium
der Torfwirthschaft geeignet, indem es nicht bloß verschiedene Arten von Mooren,
insbesondere Hochmoore und Wiesenmoore unmittelbar nebeneinander, sondern auch diese
Arten in fast allen möglichen Abstufungen besitzt, so daß fast jedes größere Moor
andere Einrichtungen und Manipulationen bedingt und abweichende Resultate liefert. Gleichzeitig
hat sich die höhere Torfindustrie hier mehr ausgebildet als anderswo, und namentlich
hat die Verwaltung der kgl. bayer. Eisenbahnen, die zugleich der bedeutendste
Torfconsument ist, in der mechanischen Torfbereitung mehr geleistet als irgend eine
Privatindustrie. Ihre thatsächlichen Resultate geben den besten Anhaltspunkt und
liefern sicherer als jede Rechnung den unumstößlichen Beweis, daß meine Angaben über
die Productionskosten des Stichtorfes vollkommen richtig sind. Die genannte
Verwaltung bezog nach ihrer unlängst veröffentlichten Betriebsnachweisung pro 1858/59 theils aus ihren eigenen, theils aus
Privatmooren über 9 Millionen Kubikfuß Stich- und Modeltorf und 130,140
Centner Preßtorf zu nachfolgenden Preisen:
a) aus eigenen Mooren
für Stichtorf fl. 48,9 kr. bis 3 fl. 12,4 kr. oder
durchschnittlich
3 fl. per 100 Kubikfuß geschichteten
Torf;
für Modeltorf 3 fl. 9,5 kr. bis 3 fl. 47,5 kr. oder
durchschnittlich
3 fl. 28,5 kr. per 100 Kubikfuß;
für Preßtorf 37,6 kr. per
Zoll-Centner;
b) aus fremden Mooren
3 fl. 35,1 kr. per 100 Kubikfuß.
Das specifische Gewicht dieser Torfsorten variirt zwischen 0,25 und 0,4; rechnet man
wie gewöhnlich 25 Procent Zwischenraum für die Schichtung, so berechnen sich obige
Preise auf Centner reducirt:
bei 0,25 spec. Gew.
u. 3 fl. Preis
zu 13,8 kr. per
Centner
bei 3 fl. 35 kr
„ 16,3 kr.
„
„
bei 0,3 spec. Gew.
u. 3 fl. Preis
„ 11,4 kr.
„
„
bei 3 fl. 35 kr
„ 13,6 kr.
„
„
bei 0,4 spec. Gew.
u. 3 fl. Preis
„ 8,5
kr. „
„
bei 3 fl. 35 kr
„ 10
kr. „
„
Da bei diesen Lieferungen Hunderte von Privaten mit der von der königl.
Generalverwaltung betriebenen Regiebereitung concurriren und ein Stichtorf von
höherem spec. Gewicht als 0,4 wohl zu den Ausnahmen gehört, so ist meine Behauptung,
daß Stichtorf in der Regel nicht viel billiger als etwa zu 12 kr. per Centner hergestellt werden könne, für Süddeutschland
wenigstens, thatsächlich nachgewiesen. Ob die enorme Differenz, die sich hierin mit
den Angaben des Hrn. Dr. Schröder ergibt, der nur 1 Silbergroschen und mit Hinzurechnung der
Bodenrente 2 Silbergroschen per Centner annimmt,
lediglich aus der Unvollkommenheit des süddeutschen Verfahrens, aus der
Verschiedenheit des Torfes oder aus irriger Berechnung hervorgegangen ist, glaube
ich jedem, der sich für diese Frage interessirt, selbst zur Beurtheilung überlassen
zu müssen.
Ob überhaupt Aussicht vorhanden sey, Maschinentorf billiger herzustellen als
Stichtorf, – diese Frage wird wohl endgültig durch keine Berechnung, sondern
nur durch die Praxis gelöst werden können. Schon der Umstand, daß allenthalben, in
England, Frankreich, der Schweiz, in Süd- und Norddeutschland zahlreiche
mechanische Torfwerke entstehen, liefert den Beweis, daß meine Ansicht hierüber sehr
allgemein getheilt wird. Wenn die Generalverwaltung der königl. bayerischen
Staatseisenbahnen, der doch Niemand die ausgedehnteste Erfahrung in der
Torfwirthschaft wird absprechen können, selbst bei einem Preise von 37,6 kr. per Centner Preßtorf, noch mit ihrer Maschinenbereitung
fortfährt und allmählich zu einer solchen Minderung der Kosten zu gelangen hofft,
daß der Preßtorf dem Stichtorfe im Preise gleichsteht, so muß dieselbe von der
Annahme, daß Stichtorf ohne Bodenrente zu 1 Silbergroschen per Centner hergestellt werden könne, doch wohl sehr weit entfernt
seyn.
In wiefern endlich das Torfwerk Staltach und die dortige Methode die Aufgabe einer
zweckmäßigen und wohlfeilen mechanischen Torfbereitung bereits gelöst habe oder
dieser Lösung nahestehe, – auch diese Frage wird unabhängig vor allen
Berechnungen bald thatsächlich beantwortet seyn, da nicht allein jetzt schon dieses
Werk genügende Betriebsresultate ergibt, sondern sogar anderwärts schon das
Staltacher Verfahren adoptirt und in Betrieb gesetzt worden ist. Daß das Staltacher
Werk in Bezug auf Einfachheit und Zweckmäßigkeit der Anlage und des Betriebes vielen
Torfwerken voraus ist und jedenfalls der Lösung der Aufgabe sehr nahe steht, darüber
dürfte wohl bei den vielen Technikern und Sachverständigen, die dasselbe näher
besichtigt haben, kein Zweifel obwalten.