Titel: Maschine zur Fabrication der Stecknadeln; von Conrad Rauschenbach in Schaffhausen.
Fundstelle: Band 157, Jahrgang 1860, Nr. LX., S. 269
Download: XML
LX. Maschine zur Fabrication der Stecknadeln; von Conrad Rauschenbach in Schaffhausen. Aus Armengaud's Génie industriel, Mai 1860, S. 251. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Rauschenbach's Maschine zur Fabrication der Stecknadeln. Die bis jetzt im Gebrauche gewesenen Maschinen zur Stecknadelfabrication sind im Allgemeinen sehr complicirt wegen der verschiedenen Operationen, welche sie verrichten müssen, nämlich: das Abschneiden der Nadeln von einem Metalldraht nach ihrer Länge, das Anköpfen und Anspitzen derselben. Bei dem niedrigen Preise der Nadeln ist es von Wichtigkeit, dieselben mit der größten Schnelligkeit anzufertigen, und zwar mittelst Maschinen, welche hinsichtlich ihrer Theile auf die durchaus nöthige Anzahl beschränkt sind und so gehandhabt werden können, daß eine regelmäßige Fabrication stattfindet. Dieses Ziel hat Rauschenbach bei der Construction der ihm in Frankreich am 24. März 1859 patentirten Maschine zu erreichen sich bestrebt. Fig. 6 ist eine Seitenansicht dieser Maschine; Fig. 7 ein Grundriß derselben, entsprechend der Fig. 6; Fig. 8 eine Vorderansicht der Maschine; Fig. 9 ein verticaler Durchschnitt des obern Theils der Maschine nach der Linie 1–2 des Grundrisses; Fig. 10 ein horizontaler Durchschnitt in der Höhe der Vorrichtungen für das Anköpfen der Nadeln; Fig. 11 ein verticaler Durchschnitt nach der Linie 3–4 des Grundrisses. Die Maschine besteht aus einer starken Grundplatte R, auf welcher die Anwellböcke etc. l, l¹, l², u. t, t¹, t² mit den hauptsächlichsten Bewegungswellen stehen. Diese Grundplatte wird von einem doppelten Gestelle s, s' getragen. Wenn man dem Gange der Fabrication folgt, wird man eine genauere Kenntniß von der Einrichtung der Maschine erhalten. Der zur Verarbeitung bestimmte Draht wird in die Maschine mittelst einer Art von Zange eingeführt, welche aus einem Coulissenstücke a, einem beweglichen Winkelstück oder einer Backe A, und einer an dem Theile a sitzenden zweiten Backe A' gebildet ist (Fig. 7 und 9). Die beiden Stücke A, A' sind durch ein stählernes Schwalbenschwanzband b mit einander fest verbunden. Das eine dieser Winkelstücke oder Backen wird von einem horizontalen Hebel d bewegt, an dessen einem Ende eine Rolle sitzt. Diese vermittelt die Bewegung, welche der Hebel durch den auf die Transmissionswelle B befestigten Zahn oder Knaggen c erhält. Während nun dieser Mechanismus die Vor- und Rückwärtsbewegung des Coulissenstückes a bewirkt, wird der Rückgang desselben auch durch eine Feder g befördert. Bei einem Rotiren der Welle B, welche die beiden Riemenscheiben W (Fig. 8), eine festsitzende und eine lose, sowie das Schwungrad V trägt, wirkt die dadurch veranlaßte Bewegung des Hebels d auf die Backe A, indem sie dieselbe von der Backe A' entfernt, wodurch diese mit dem Coulissenstück a zurückgezogen wird. Bei fortgesetzter Rotirung wird der Hebel d im entgegengesetzten Sinne bewegt, der Draht wird in den Backen A und A' eingeklemmt und daher nach Vorn geschoben, bis das Ende des Hebels die äußerste Spitze des Knaggens c erreicht; dann geht der Hebel wieder zurück, lüftet dabei die Backen und ergreift den Eisendraht von Neuem. Eine Stellschraube f hält das Coulissenstück a auf seinem Rückgange auf und dient daher zur Bestimmung der Länge der Nadeln; der Rückgang wird, wie bereits angeführt worden ist, durch die Feder g bewirkt. Diese Anordnungen sind aus Fig. 7 ersichtlich. Sobald das beabsichtigte Vorschieben geschehen und die Länge der Nadel bestimmt ist, schneidet jedesmal das Messer o (s. Fig. 9) das vorgeschobene Drahtende ab; dieses Messer wird durch den Hebel h und das Excentricum i von der Welle B aus in Bewegung gesetzt (s. Fig. 7, 9 u. 10). Nachdem die Nadel auf diese Weise vorgeschoben und nach der bestimmten Länge abgeschnitten ist, wird sie von zwei Backen D und D' (Fig. 9) erfaßt, von denen eine und zwar die untere D fest sitzt, die andere, obere D¹ beweglich ist. Ist der Draht von diesen beiden Backen ergriffen, welche ihn einklemmen, so erhält er den Stoß eines Stempels E (Fig. 9), welcher den Kopf durch Stauchen des Drahtes formirt und zu diesem Zweck mit einem Stahlpunzen versehen ist, in dessen Ende sich eine halbkugelförmige Vertiefung befindet, welche auch in den Backen D und D' sich fortsetzt. Nach dieser Operation machen der Stempel E und die Backe D' eine Bewegung nach Rückwärts und die halbfertige Nadel setzt sich mittelst einer Art von Sammelrahmens (tiroir-ramasseur) F (Fig. 9 und 11) in Bewegung, um nach einem Theile G zu gelangen und von zwei anderen Nacken H und H' ergriffen zu werden. Während dieser Weiterbewegung der Nadel wird das dem Kopfe entgegengesetzte Ende der Bearbeitung durch den Cylinder I (Fig. 11) unterzogen, welcher an seiner Oberfläche Feilenhiebe hat und in Folge seiner außerordentlich schnellen Bewegung die Nadel gehörig anspitzt. Dieser Feilcylinder oder Fräser hat übrigens einen solchen Mechanismus, daß er gehoben und gesenkt werden kann, um mehr oder minder stark anzugreifen, und daß er auch von der zu bildenden Spitze zurückgezogen werden kann, so daß diese Spitze eine längere oder kürzere wird, je nachdem die Beschaffenheit des Fabricats solches erfordert. Die auf diese Weise gespitzte Nadel gelangt zwischen das zweite Backenpaar H und H', um daselbst einer zweiten Prägung durch den Stempel E' unterworfen zu werden, welche den Kopf der Nadel fertig macht und polirt. Die beiden Backenpaare sind gleichzeitig in Thätigkeit, so daß, während eine Nadel über den Fräser I geht, eine fertige vom Sammelrahmen F fortgeführt wird und über den Theil G passirend, in einen Kasten nach Maaßgabe des Drängens ihrer Nachfolgerin fällt. Das Stück G sitzt vor den unteren Backen D und H, und hat vor jeder dieser Backen eine Rinne, in welche die Nadel während der zur Vollendung ihres Kopfes erforderlichen Zeit sich einlegt. Bei der ersten Bewegung des Rahmens F heben zwei Stangen L und L' die Nadel (Fig. 9 und 11), um ihre Entfernung zu vermitteln und sie auf den Theil G rollen zu lassen. Diese Stangen L u. L' werden durch den Hebel K (Fig. 6) und dieser wieder durch das auf die Welle B gekeilte Excentricum e' (Fig. 10) und zwar um den Drehpunkt k in Bewegung gesetzt. Der Rahmen F wird durch eine an die Welle B gekröpfte Kurbel m bewegt, welche mittelst der Bleuelstange n und der Kurbel o¹ auf die Welle p wirkt. Diese ertheilt wiederum durch die zweite Kurbel o² und die Bleuelstange q dem Nahmen F die Hin- und Herbewegung. Eine Feder r (Fig. 6) drückt fortwährend auf diesen Rahmen, um dadurch dessen Reibung auf dem Theile G zu bewirken. Die gleichzeitige Bewegung der beiden oberen Backen D', H' wird durch den um den Mittelpunkt s' sich drehenden Hebel s veranlaßt, welcher seine Bewegung wieder durch einen auf die Welle B gesetzten Zahn oder durch ein aufgekeiltes Excentricum erhält. Die rückgängige Bewegung des Hebels und somit das Oeffnen der Backen erfolgt durch den Zug der Spiralfeder u. Auf die Bewegungswelle B ist ein Winkelrad v aufgezogen, welches in ein auf die Welle M befestigtes Rad v' eingreift; diese Welle bewegt sich in den Lagerböcken t und t' und trägt die Excentrics n¹ und n², welche die Stempel E und E' treiben. Die Verrichtung derselben ist die Bildung und Vollendung der Nadelköpfe. Der Rückgang dieser Stempel wird durch die Federn x und x' bewirkt. Um den Fräser I, welcher die Nadel anspitzt, zu treiben, ist eine Riemenscheibe y auf das Ende der Welle M gekeilt, welche mittelst eines Riemens die Bewegung auf die auf einer Nebenwelle N sitzende Scheibe y' fortpflanzt. Die Welle N liegt in dem untern Theile des Gestells, welches in Fig. 6 und 8 als abgebrochen gezeichnet ist; man ersieht dieselbe, so wie ihre Riemenscheiben, nur aus Fig. 7. Die Welle N trägt die Scheibe y², welche der Welle N' mit der kleinen Scheibe z und dem Fräsencylinder I eine sehr schnelle Bewegung ertheilt. Aus der obigen Beschreibung ersieht man, daß es schwierig seyn dürfte eine Maschine, welche die große Anzahl der zur Fabrication der Stecknadeln erforderlichen Verrichtungen ausführen soll, einfacher zu construiren und die verschiedenen Theile, aus denen sie besteht, in einen verhältnißmäßig noch engeren Raume zusammen zu drängen.

Tafeln

Tafel Tab.
                                    IV
Tab. IV